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Nilchen

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 16.09.2021

Das Inselleben West-Berlins

Treue Seelen
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Wir schreiben das Jahr 1986. Die Republik ist weiterhin geteilt. In diesem Frühjahr machen sich Achim und seine Frau Barbara auf nach Berlin. Sie nehmen alle Vorteile mit, die man damals bekam, wenn man ...

Wir schreiben das Jahr 1986. Die Republik ist weiterhin geteilt. In diesem Frühjahr machen sich Achim und seine Frau Barbara auf nach Berlin. Sie nehmen alle Vorteile mit, die man damals bekam, wenn man nach West-Berlin zog: Beamtenstatus beim Bundesamt für Materialprüfung, Zulagen von 8% (!) und sie erhoffen sich ein wenig mehr Glamour als in Bonn/Bad Godesberg. Tja, aber dann sollte man vielleicht nicht nach Zehlendorf ziehen und bequem bleiben, sondern eher nach Kreuzberg….nur eines der differenziellen Aspekte des Romans!
Aber keine Sorge, es wird anderweitig spannend, denn da gibt es die aus Ostberlin stammende Marion in der Nachbarschaft, die Achim, dem Protagonisten, den Kopf verdreht und damit auch vieles unerwartete ins Rollen bringt, Achim landet sogar in Hohenschönhausen und über allem hängt die dicke Tschernobylwolke – je nach Osten und Westen anders interpretiert.
Till Raether hat mit ‚Treue Seelen‘ aus meiner Sicht einen sehr gelungenen Roman über das Leben auf der Insel West-Berlin geschrieben und auch den Osten aus der Westbrille beleuchtet (soweit ich das beurteilen kann, bin auch eine West-Berliner Kind). Wie ein Krimiplot im Berlin der 80er Jahre geht er hier mit seinem Protagonisten durch die Straßen.
Eingängig, gut und unterhaltsam geschrieben. Es ist für mich auch ein Roman der Perspektiven, sei es die Innenansicht aus Ostberlin oder Westberlin. Auch Marions Perspektive, die als Teenager aus dem Osten kam und dann wurde just die Mauer gebaut, ist eine andere Perspektive als die des Wessis Achim aus Bonn.
Wiedermal ein deutsch/deutscher Roman, aber er ergänzt vorhandene Lektüren gut und natürlich erfreut es einen das selbst erlebte noch einmal Revue passieren zu sehen, auch wenn es damals aus Kinderaugen war. Ich bin gespannt wie meine Eltern den Roman lesen/erleben werden!
Taugt für die „breite Masse“ und ist zugleich aber doch sehr speziell. Gelungen!

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Veröffentlicht am 13.09.2021

Zu viel Klischees aus Ballerfilmen der 80er

Der Libanese
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Wenn man weiß, dass Clemens Murath eigentlich Drehbuchautor ist und sonst sehr seichte 20 Uhr-Krimis schreibt für den Massenmarkt, dann wundert man sich ein wenig über diese 180 Gradwendung zum Hardboiled ...

Wenn man weiß, dass Clemens Murath eigentlich Drehbuchautor ist und sonst sehr seichte 20 Uhr-Krimis schreibt für den Massenmarkt, dann wundert man sich ein wenig über diese 180 Gradwendung zum Hardboiled Thriller, aber könnte sich auch freuen. So weit so gut.
In ‚ Der Libanese‘ dem Debüt in Romanform von Clemens Murath geht es zu wie in einem anachronistischen 80er Jahre Ballerfilm. Da ist der harte Polizist, viel Gewalt, Sex, Drogen und die Welt ist einfach schlecht und dreckig in allerlei Hinsichten. Seufzt. Mich haben diese Klischees mächtig genervt und auch wenn man mal ein Retrobuch dieser Kategorie lesen möchte, dann doch bitte echte 80er Jahre und nicht ein überfälliges Szenario in der Gegenwart - was mächtig out of date ist! Sprich, dann gleich James Ellroy oder Elmore Leonard. Das spricht übrigens auch für die Sprache, recht abgedroschen und wenig innovativ. Nur ab und an kommt gelungener makabrer Humor zu Tage, das hat dann doch an der ein und anderen Stelle Spaß gemacht!
Das Ganze spielt in Berlin und der LKA-Kommissar Frank Bosmann will die Clanbrüder Arslan und Tarik Aziz einbuchten, denn die haben alles in der Hauptstadt in der Hand mit dem sich gut Kohle machen lässt: wieder mal Drogen, Gambling und Prostituierte. Aber auch er kommt in Bedrängnis.
Ich hatte insgesamt mehr Raffinesse erhofft und war daher recht enttäuscht vom Buch. Es kann gut sein, dass Murath mit diesem doch sehr eindeutigen LKA-Ermittler mit seiner Art eine Fangemeinde aufbaut, ich gehöre (leider) nicht dazu.

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Veröffentlicht am 10.09.2021

Unbequeme Ansichten auf ein Mutterdasein

Der Verdacht
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Wenn euch die beiden Bücher: ‚We need to talk about Kevin‘ (Wir müssen über Kevin sprechen) von Lionel Shriver und Leila Slimanis ‚Dann schlaf auch du‘ begeistern konnte, dann lasst euch auch auf ‚Der ...

Wenn euch die beiden Bücher: ‚We need to talk about Kevin‘ (Wir müssen über Kevin sprechen) von Lionel Shriver und Leila Slimanis ‚Dann schlaf auch du‘ begeistern konnte, dann lasst euch auch auf ‚Der Verdacht‘ von Ashley Audrain ein! Für mich fallen alle 3 Bücher in eine Kategorie von Büchern, die das Glück Kinder zu haben in ein anderes Licht rückt, wenn es manches Mal weh tun kann und bitter ehrliche Gedanken zutage fördert!
Zunächst eine kleine Familie – Mutter, Vater & Wunschkind. Das ist die Ausgangsbasis. Aber Mutter Blythe ist nach der Geburt ihrer Tochter Violet nicht überflutet mit positiven Glücksgefühlen, nein, sie spürt regelrecht eine Abneigung gegen das Kind. Der Vater Fox wacht mit Argusaugen über den Beiden und ihr Leben nimmt seinen Lauf. Es passiert Jahre später etwas und die Tragödie ist da und es gibt noch viel mehr zu erzählen und das tut Blythe. Sie erzählt Fox retroperspektivisch was passiert ist und arbeitet dabei das ‚Warum‘ auch für sich auf.
Das Buch behandelt diese Tochter-Mutter-Beziehung auf eine brutal ehrliche Weise und leuchtet schamlos aus was Blythe empfindet und wie es im Kontext ihrer Mutter-Tochter-Beziehung steht und den davor liegenden. Wie man unbewusst Dinge von Generation zu Generation voranschleppt und den Nachkommen in die Gefühlswelt kippt.
Großartig geschrieben von Ashley Audrain, die es gut versteht sich in diese Situation hineinzudenken. Ich stelle mir das sehr schwer vor und musste beim Lesen auch ab und an Schlucken. Der Stil ist fast unterkühlt, hart, im Stakkato gehen wir durch die Geschichte, aber es passt.
Erstaunt hat mich als ich nach der Lektüre erfahren habe, dass dies ihr Erstlingswerk ist und freue mich, dass wieder einmal eine neue tolle Autorin das internationale literarische Parkett betreten hat!
Dieses Buch wühlt auf und lässt einen auch Tage später noch sinnieren über so viele Beziehungen, die von außen perfekt wirken, vor allem wenn es um die Eltern und deren selbstverständliche Liebe zu ihren Kindern geht. Aber sollten wir als Gesellschaft nicht auch Ehrlichkeit schätzen und zulassen, dass es auch andere Empfindungen gibt?
Absolut lesenswert – wirkt horizonterweiternd und unterstützt mehr Verständnis zu Gewinnen für das „Warum“ der Anderen.

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Veröffentlicht am 09.09.2021

Kalimera Norbert!

Ein Zwergmammut verschenkt man nicht
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Das wäre doch was! Ein Zwergmammut als Haustier! Abgefahren und genau so ist es und zwar bei Henry. Bei ihm lebt das niedliche Tier namens Norbert und fühlt sich da seit Band 1 ‚Nur mal schnell das Mammut ...

Das wäre doch was! Ein Zwergmammut als Haustier! Abgefahren und genau so ist es und zwar bei Henry. Bei ihm lebt das niedliche Tier namens Norbert und fühlt sich da seit Band 1 ‚Nur mal schnell das Mammut retten‘ (den wir nicht kennen) pudelwohl! Machte gar nix, dass wir erst zu der jüngeren Fangemeinde gehören und die Vorgeschichte noch nicht kannten, denn auf den ersten Seiten wird für eingefleischte Fans wiederholt und für Frischlinge ein wenig Einblick gegeben was im ersten Band geschah.
In ‚Ein Zwegmammut verschenkt man nicht‘ fliegt Henry mit seiner Granny (Oma) und Norbert nach Kreta und erkundet die Heimat der Zwergmammuts. Dort will der König dieses seltene Exemplar am liebsten für sich behalten und Harry kommt ganz schön ins Schwitzen, dass zu verhindern. Was der Situation nicht sonderlich hilft, aber das Chaos komplett macht: Norbert verschwindet und Henry wird sehr traurig. Findet selbst heraus, ob Henry es mit Hilfe seiner neuen Bekannten Aliki schafft Norbert wieder zu finden und ob das Zwermammut am Schluss in Griechenland bleibt oder wieder mit Henry nach Hause fliegt!
Knut Krüger hat ein wirklich niedliches Kinderbuch vorgelegt. Er hat wunderbar das Geschehene beschrieben und die Gefühle, die Sorgen und Ängste nachvollziehbar transportiert. Wirklich eine rundum gelungene Geschichte!
Das bringt mit dazu die Altersempfehlung von 8 Jahren des Verlags nur als Anhaltspunkt zu betrachten. Denn, dieses Buch kann wunderbar zum Vorlesen als Familienlektüre genutzt werden, wenn verschiedene Altersspannen beieinander sitzen und einer Geschichte lauschen wollen. Hier nehmen schon die 4-5jährigen was mit und die „Großen“ mit 8 Jahren sehen ganz andere Aspekte und können sich mit Henry und Aliki identifizieren. Zum Selbstlesen in der Grundschule sollten die Lesekenntnisse schon fortgeschritten sein, denn es ist recht viel Text und minimal bebildert – eigentlich gar nicht – zu Beginn des Kapitels.
Wer Lust hat sich noch intensive zu informieren vor oder nach der Lektüre, dem ist die eigens für das Mammut eingerichtete Website zu empfehlen:
https://www.dtv.de/special-knut-krueger-nur-mal-schnell-das-mammut-retten/start/c-1349

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Veröffentlicht am 06.09.2021

Muss nicht sein

Radikale Selbstfürsorge. Jetzt!
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Mich hat dieses Buch nicht sonderlich vom Hocker gehauen. Ist es doch recht Basic in den Ansagen und ja, sicherlich fangen manche mit dem Self-Care gerade erst an und brauchen diese Mini-Steps für den ...

Mich hat dieses Buch nicht sonderlich vom Hocker gehauen. Ist es doch recht Basic in den Ansagen und ja, sicherlich fangen manche mit dem Self-Care gerade erst an und brauchen diese Mini-Steps für den Zugang zum Thema ohne Frage. Ich fand es gut geschrieben, dass ist ja nun auch Svenja Gräfen große Leidenschaft und macht sie super, wie sie an die Themen herangeht. Ich konnte dem ganzen nicht viel mehr für mich rausziehen. Und der feministische Anteil hält sich aus meiner Sicht auch in Grenzen.
Klar, sie macht noch mal schöne Gedanken und Überlegungen auf, wie „Ist Prokrastination etwas schlechtes?“ und vieles vieles andere wie „Is it helping or harming me?“
Was aus meiner sehr persönlichen Sicht unnötig ist, hier auch noch mal wieder die fehlende Selbstliebe auf den Kapitalismus zu schieben. Da bin ich nicht bei der Autorin, es heilt nicht alles Schlechte in der Welt, wenn der Kapitalismus weg ist.
‚Radikale Selbstfürsorge jetzt!‘ Ist ein Buch für Menschen, die sich dem Thema Selbstfürsorge noch nie genähert haben und hier einen ersten Kontakt auf intellektuelle Art und Weise haben möchten.

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