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Nilchen

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Veröffentlicht am 30.06.2022

Wie sabotiert man ein Wochenendhaus?

Wir alle sind Widerlinge
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Da Spanien dieses Jahr 2022 Gastland der Frankfurter Buchmesse sein wird, widme ich mich nun verstärkt diesem literarisch starken Land. Ein Roman ist darunter ‚Wir alle sind Widerlinge‘ von Santiago Lorenzo, ...

Da Spanien dieses Jahr 2022 Gastland der Frankfurter Buchmesse sein wird, widme ich mich nun verstärkt diesem literarisch starken Land. Ein Roman ist darunter ‚Wir alle sind Widerlinge‘ von Santiago Lorenzo, der sich in Spanien schon über 250.000 verkauft hat. Das macht neugierig.
Santiago Lorenzo ist geborener Baske und lebte sehr lange in Madrid als Filmemacher. Seit geraumer Zeit lebt er in einem kleinen Dorf und widmet sich dem Schreiben.
‚Wir alle sind Widerlinge‘ ist bereits sein vierter Roman. Wir begeben uns in das Jahr 2015, Madrid. Die Lage für junge Menschen im Land ist desolat, wenn es um ihren beruflichen Werdegang geht. Absolventen bekommen keine Jobs und hangeln sich durch. So auch Manuel. Er gerät mit einem Polizisten aneinander, weil er für einen aggressiven Demonstranten gehalten wird und entflieht der Szene, da er glaubt dem Polizisten großen Schaden zugefügt zu haben. Er flüchten in eines der „Geisterdörfer“ nördlich von Madrid, versteckt sich und bekommt nur durch seinen Onkel Lebensmittel und einen Job am Telefon.
Dieser Onkel ist eine zentrale Figur, denn er ist der allwissende Erzähler hier in diesem Roman. Es passt nicht so recht was er alles weiß über Manuel, da er nur telefonisch Kontakt hat, aber die Perspektive wie sie erzählt ist, hat Charme.
Nachdem nun Manuel sich ein neues Leben eingerichtet hat, wird seine friedliche Ruhe von Wochenendhaus Tyrannen aus Madrid regelmäßig gestört und es macht ihn rasend. Mit viel Fantasie und unerhörten Mitteln macht er sich an dem Haus in ihrer Abwesenheit zu schaffen. Eine Sabotage folgt der Nächsten und wir Leser:innen wohnen dem amüsanten Spektakel bei.
Auch hier, wie bei der Erzählperspektive, könnte man die Absurdität und die surrealen Gegebenheiten monieren, aber als Leserin habe ich mich entschieden es als künstlerisches Element und Freiheit des Denkens zu nehmen. Wenn nicht in der Literatur – wo dann?
Sprachlich ist der Roman nicht immer ganz einfach und eben auch hier waltet große Kreativität, denn Santiago Lorenzo reibt sich an Sprache und erfindet auch gerne mal Wörter neu. Das hat natürlich die Übersetzung vor besondere Herausforderungen gestellt und wurde meisterlich von Daniel Müller und Karolin Viseneber übersetzt.
Fazit: Die Filmrechte sind verkauft, da bin ich gespannt, dass wird ein Spaß! Ich fand es eine erfrischende und witzige Lektüre, auch wenn es manches Mal über das Ziel hinausschießt was Inhalt und Sprache angeht.

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Veröffentlicht am 27.06.2022

Pommersche Fischerteppiche

Fischers Frau
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Da ich bereits ‚Bergsalz‘ von Karina Kalisa gelesen hatte, hat mich ‚Fischers Frau‘ natürlich auch gereizt. Dieser Roman ist eine Kombination aus historischer Aufarbeitung und einer Lebensgeschichte bzw ...

Da ich bereits ‚Bergsalz‘ von Karina Kalisa gelesen hatte, hat mich ‚Fischers Frau‘ natürlich auch gereizt. Dieser Roman ist eine Kombination aus historischer Aufarbeitung und einer Lebensgeschichte bzw eine Liebesgeschichte. Es werden die Lebensgeschichten zweier Frauen verwoben. Das eine ist in der Gegenwart von Mia Sund, sie ist eine Faserarchäologin in Greifswald. Sie bekommt einen pommerschen Fischerteppich auf den Tisch und beginnt diesen zu prüfen. Denn er wirkt so anders als die ihr bekannten, schimmert in den schönsten Grüntönen.
Sie entdeckt den Namen Nina auf diesem Teppich und das ist die vergangene Ebene zu Beginn der 1920er Jahre. Zu dieser Zeit gab es an Teilen der Ostsee ein Fischfangverbot und die Fischer brauchten eine neue Einkommensquelle. Extrem innovativ wie sie waren, begangen sie sogenannten pommerschen Fischerteppiche zu weben.
Und hier durch diesen Teppich verbindet sich vergangenes und historisches mit dem Gegenwärtigen. Mia muss sich aus ihrer Komfortzone schälen und aufbrechen, sich auf die Suche begeben um das Geheimnis dieses einen Teppichs zu lüften.
Gelungen ist diese Verwebung von historischem und erfundenem, der Gegenwart und der Vergangenheit und der beiden Frauen.

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Veröffentlicht am 24.06.2022

Hitze, Campingplatz – und neue Chancen im Leben

Ein unendlich kurzer Sommer
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Es ist das was wir immer öfters erleben, ein Sommer der heiß und hitzig ist. Nur, dass dieser Sommer, „ein unendlich kurzer Sommer“ war. Das gleichnamige Buch der Autorin Kristina Pfister spielt hauptsächlich ...

Es ist das was wir immer öfters erleben, ein Sommer der heiß und hitzig ist. Nur, dass dieser Sommer, „ein unendlich kurzer Sommer“ war. Das gleichnamige Buch der Autorin Kristina Pfister spielt hauptsächlich auf einem Campingplatz. Das Kristina Pfister eine Kennerin dieser doch sehr speziellen Welt ist, merkt man jeder Zeile dieses Buches an. Ich als bekennender Nicht-Camper fand es übrigens großartig, dass ich auf diese Weise eintauchen konnte!
Aber mal zum Inhalt. Wir begleiten Lale, der ihr Leben über den Kopf wächst, steigen mit ihr in einen Zug, der viel Raum zwischen sie und ihrem alltäglichen Leben bringen soll. Sie landet auf einem Campingplatz an einem See, ein traumhafter Ort, nur ist der Campingplatz etwas abgerockt. Mit Gustav, dem Besitzer, bringt sie den Platz in Schwung und verliert sich im Lokalen und kann wieder atmen. Bis auch Christoph hier auftaucht auf der Suche nach seinem Vater, er will die Lebenslüge verarbeiten und sich der Wahrheit näher. Auch nähert er sich Lale und beide tauchen ab. Aber auch ein wenig Chaos ist vorprogrammiert und das Dorf kommt in Schwung.
Es ist ein Sommerroman, ohne Frage, auch wenn draußen keine 32 Grad im Schatten sind, fängt man förmlich an zu schwitzen beim Lesen. Trotz aller Leichtigkeit und fluchtartiger Reaktionen der Hauptfiguren hat der Roman zum Glück Tiefe, die der Geschichte sehr gut tut.
Eine sehr intensive Geschichte, die einen nachdenklich machen über Geschehenes, Verbliebenes und den Ausblick auf die nächsten Schritte im Leben. Dieser eine Sommer – den nehmen wir mit in unsere Herzen und lassen uns von dem guten Erzählton von Kristina Pfister verführen.

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Veröffentlicht am 13.06.2022

Traumfabrik zum Retten!

Sansaria 1. Träume der Finsternis
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Sansaria ist eine neue Reihe aus der Feder von Tania Messner und beginnt mit dem Band 1 „Träume aus der Finsternis“. Oft kommt die Frage ob man Bücher aus Reihen auch ohne Folgebände lesen kann, da kann ...

Sansaria ist eine neue Reihe aus der Feder von Tania Messner und beginnt mit dem Band 1 „Träume aus der Finsternis“. Oft kommt die Frage ob man Bücher aus Reihen auch ohne Folgebände lesen kann, da kann ich bei diesem nur von Abraten. Denn die rasante Reise auf die uns der Protagonist Leonard Federspiel mitnimmt, ist am Ende dieses Bandes bei weitem nicht zu Ende und es bleiben ein paar Fragezeichen offen. Also eine gute Sache für kleine Leseratten, die gerne Mehrteiler inhalieren. Denn dieses Buch ist sooooo was von rasant erzählt und spannend, dass es wirklich schwer war dem Kind das Buch abends zu entreißen. Spricht also für sich.
Nun mal zu Leonard Federspiel. Der gute lebt mit seiner Mutter in einer Villa, bloß fehlt den beiden oft das Geld zum Leben so müssen sie nach und nach ihr Hab und Gut veräußern. Leonard ist der Protagonist und landet eines nachts in Sansaria, die Welt in der unsere Träume erschaffen werden. Und er ist nun mitten drin und hat dann auch noch die glorreiche Aufgabe der Retter dieser Welt zu werden.
Die Strukturen sind recht komplex und erfordern aus meiner Sicht das Lesen von längeren Abschnitten am Stück. Ist also wirklich eher was für lange Vorlesestunden mit 3. & 4. Klässlern oder zum Selbstlesen ab frühstens 10 Jahren. Wer Harry Potter aushält, kann auch Sansaria! Da schneiden sich ja auch die Geister…
Im Buch gibt es keine weiteren Illustrationen, nur diese netten kleinen Wesen, die zu Beginn jedes Kapitel neben der Kapitelüberschrift auftauchen. Ach und wer das Buch gelesen hat, entdeckt auf dem Cover vorne und hinten einiges wieder.
Fazit: Wir haben es gerne gelesen und freuen uns auch schon auf Band 2!

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Veröffentlicht am 09.06.2022

Fassungslos!

Unter den Augen des Staates
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Als der Cum-Ex-Skandal durch das zusammengeschlossene Investigativteam von WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung publik wurde und im vergangenen Jahr auch als Dokumentation aufgearbeitet, war ich persönlich ...

Als der Cum-Ex-Skandal durch das zusammengeschlossene Investigativteam von WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung publik wurde und im vergangenen Jahr auch als Dokumentation aufgearbeitet, war ich persönlich fassungslos wegen des schieren Ausmaßes. Einer dieser Journalisten, Massimo Bognanni, hat nun zum Thema das passende Buch geschrieben um uns das Ausmaß noch mal vor Augen zu führen mit „Unter den Augen des Staates – Der größte Stuerraub in der Geschichte der Bundesrepublik“.
Eine Geschichte die mir unbegreiflich ist, wie der Fiskus hier Milliarden an Steuerbetrug verlor und das auch noch systematisch. Da ich zugegebenermaßen sicherlich mehr Hintergrundwissen hab was die Finanzströme angeht als andere, viel es mir leichter dieses enorme Ausmaß zu verstehen. Und hier liegt aus meiner Sicht auch das größte Problem. Die Bevölkerung echauffierte sich nicht als Masse, weil es so komplex ist und sich nicht so vereinfachen lässt um es auf eine „Bild-Zeitungsformel“ runterzubrechen.
Daher greift bitte zu diesem Buch! Lasst euch krimi-artig dieses hochkomplexe Konstrukt erklären und erkennt die schieren Summen die hier an Steuergeldern veruntreut wurden. Es ist spannend geschrieben und zieht einen trotz des sachlichen Themas in den Bann. Im Mittelpunkt steht, entsprechend wie in der Doku, die Staastanwältin Anne Brorhilker und wie es zur Anklage kam.
Klar, das Buch hat einen Sachstand der im November 2021 endete, aber es lohnt sich dieses Buch zu lesen um zu verstehen wie der Anfangsverdacht zustande kam und die staatsanwaltliche Ermittlung Fahrt aufnahm. Hier wird ein eklatantes Strukturversagen der deutschen Behörden aufgezeigt. Und die Geschichte ist noch nicht zu Ende, es ist kein Thema von gestern! Ich gehe davon aus, dass hier eine aktualisierte Version in 2023 oder später folgt um die Geschichte zu vervollständigen.
Fazit: Auch die deutschen Behörden müssen sich aus ihren verkrusteten Strukturen verabschieden und auch für smartes Personal attraktiv sein um solche Skandale und Milliardenverluste in der Zukunft verhindern zu können.

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