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Nilchen

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Veröffentlicht am 09.07.2022

Nahtod oder Vampir?

Ewig währt am längsten – Tante Ernas letzter Tanz
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Ich kannte Markus Orths bisher nur aus vereinzelten Romanen, die allesamt gute Literatur sind, daher habe ich mich natürlich auch hier gefreut wieder etwas von ihm zu lesen, aber es ist so ganz anders. ...

Ich kannte Markus Orths bisher nur aus vereinzelten Romanen, die allesamt gute Literatur sind, daher habe ich mich natürlich auch hier gefreut wieder etwas von ihm zu lesen, aber es ist so ganz anders. Klar, der Autor ist vielfältig unterwegs, schreibt er doch auch erfolgreich die Kinderbuch-Reihe um den smarten Billy Backe.
Nun also „Tante Ernas letzter Tanz“. Das knallige Cover und der „Übertitel“ mit `Ewig währt am längsten` hätte es mir schon verraten sollen. Dieser Roman reiht sich nicht ein in die Romane der guten Literatur. Diesmal erkundet Markus Orths nun die Bühne der komödiantischen Geschichten.
Dieser dünne Band ist in der Tat ein Stück Klamauk und ich meine es nicht despektierlich, aber nicht so ganz meines. Der Sohn von Paul und Irma kommt wie des Öfteren übers Wochenende in das beschauliche Kaff seiner Kindheit am Niederrhein. Er ist auch die Erzählstimme im Buch. Klärchen, die Nachbarin mit direktem Durchbruch wohnt nebenan mit der 99-jährigen Tante Erna und ist praktisch wie Familie. Und weil Klärchens Tochter Sibille nie heimkommt, versuchen sie es mit einem Trick.
Ich habe in der Tat auch an der ein und anderen Stelle gelacht, aber der rheinische Humor liegt mir genauso wenig wie Fasching. Wobei es durchaus in bekannter Markus Orths-Manier sehr gut geschrieben ist und sein Feinsinn für Satire hier deutlich wird. Ich habe da auch schon einige Verwandte im Hinterkopf, die hier ihre Freude haben werden. Daher bin ich mir sicher nicht meins, aber der Geschmack vieler anderer!

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Veröffentlicht am 20.06.2022

Ein intellektueller Spaziergang

Papyrus
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Das dicke Werk mit über 660 Seiten bibelartiger Seiten ist in der Tat eine Bibel. Die Geschichte der Bücher, ein Loblied auf die Entstehungsgeschichte, den Wert und die Weiterentwicklung des Buches in ...

Das dicke Werk mit über 660 Seiten bibelartiger Seiten ist in der Tat eine Bibel. Die Geschichte der Bücher, ein Loblied auf die Entstehungsgeschichte, den Wert und die Weiterentwicklung des Buches in der Antike. Die spanische Autorin Irene Vallejo nimmt uns mit auf eine Reise in diesem Buch über die Bücher und vor allem über das was es für den Leser und die Leserinnen ausmacht. Es ist übrigens übersetzt von Maria Meinel und Luis Ruby. Dieses Werk hat zwar viel mehr Sachbuchcharakter als Roman, aber so recht lässt es sich trotzdem nicht in DIE eine Schublade zwängen.
Denn dieses Buch mäandert sich durch Raum und Zeit und zwar mit sehr sehr starkem Fokus auf die Antike. Zunächst wird das antike Griechenland beleuchtet und dann folgt der Abschnitt der uns mit nach Rom nimmt. Es kommen unzählige Referenzen vor, wer hier stark bewandert ist, liest das Buch sicherlich mit erfrischender Leichtigkeit. Der Durchschnittsleser wird so seine Schwierigkeiten haben, wenn weniger humanistische Bildung vorliegt.
Und hier denke ich, liegt auch ein wenig das Problem der Erwartungshaltung an dieses Buch mit dem doch sehr eindeutigen Titel im Original: „El infinito en un junco: La invención de los libros en el mundo antiguo“ Hier steht die ‚Welt der Antike‘ im Titel und die Irreführung für die Leserschaft ist weniger gegeben.
Fazit: Es kann bereichern oder belasten – je nach Ausgangslage ist die dieses Buch Fluch oder Segen.

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Veröffentlicht am 09.02.2022

Wenig Lebensfreude auf 193 Seiten

Damenbart
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„Manche Sterne fallen leise, manche laut und mit Feuerschweif.“ (S. 166)
Sarah Pines, Autorin verschiedenster deutschsprachiger journalistischer Medien hat ihr literarisches Debüt in Form einer Kurzgeschichtensammlung ...

„Manche Sterne fallen leise, manche laut und mit Feuerschweif.“ (S. 166)
Sarah Pines, Autorin verschiedenster deutschsprachiger journalistischer Medien hat ihr literarisches Debüt in Form einer Kurzgeschichtensammlung publiziert. In 17 eigenständigen Kurzgeschichten präsentiert sie uns ihr Schreibtalent.
„Draußen zog die Tonspur der Nacht vorüber, Gläserklirren irgendwo, das Geräusch von Mopeds, Frauen lachen, grölende Jugendliche, Hundegebell.“ (S. 57)
Alle Geschichten eint eine antriebslose, deprimierende Grundstimmung, die ihren Ursprung in der Vergangenheit der Protagonisten hat. Alle Charaktere hadern und es fehlt an Sinn und Perspektive. Höhst trostlos und brutal melancholisch.
Was als Gegengewicht zu dem wiederkehrenden Motiv der einsamen Frau steht, ist die stets wechselnde Perspektive: mal ein anderes Land, eine andere Zeit, ein anderes Milieu. Zu den sezierten Damen gesellt sich nur eine Ausnahme und das ist „Zugenäht“. Diese Geschichte auch mein Favorit in dieser Sammlung.
„derjenige, der am meisten schimpft, hat nicht notwendigerweise am meisten unrecht.“ (S. 83)
Spannend sind die Geschichten zu lesen, denn in jeder musss man sich sprachlich neu orientieren. Sahra Pines, studierte Literaturwissenschaftlerin spielt mit ihren Möglichkeiten. Einerseits zeichnet sie sehr raue Bilder, die zugleich aber fragil sind. Besonders interessant fand ich persönlich die fast lyrische Sprache die machen Sätze zusammenhält. Manch anderes Mal ist es die Syntax, die einen eigenwilligen Rhythmus vorgibt. Die Wortwahl auch mal karg, aber auf den Punkt. Oft stellen sich genau die unbehaglichen Gefühle ein, die die jeweiligen Geschichten transportieren.
„In der Ferne verschleierte Nebel die Unendlichkeit des irgendwann nahenden Sommers." (S. 21)

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Veröffentlicht am 23.01.2022

Szenen aus einem flirrenden Sommer Roms

Der letzte Sommer in der Stadt
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Leo Gazzarra verlässt Mailand um in Rom sein Glück zu suchen, wie einst der Autor, Gianfranco Calligarich, selbst. Aus Leos Erzählperspektive erleben wir Rom der 70er Jahre und wie er dort mehr Verlierer ...

Leo Gazzarra verlässt Mailand um in Rom sein Glück zu suchen, wie einst der Autor, Gianfranco Calligarich, selbst. Aus Leos Erzählperspektive erleben wir Rom der 70er Jahre und wie er dort mehr Verlierer als Gewinner trunken durchs Leben stolpert und die Nächte zum Tag macht. Er hat zunächst Arbeit und beginnt beim „Corriere dello Sport“, aber auch das wie vieles andere in seinem Leben ist nicht von langer Dauer, denn es kracht auch mit der Liebe seines Lebens: Arianna. Immer wieder ist der Roman bitterböse und dann doch voller Leben. Ein Gegensatz zwischen zwei Buchdeckeln.
So fern ist das was man dort liest von der eigene Realität weit entfernt und das nicht nur, weil er in den 70er Jahren spielt. Es ist eine Welt in sich, zwar gibt es wunderbare Liebeserklärungen im Roman an Rom und sein Flair, aber wir lernen eher die Halunken und Träumer der Stadt in den angesagten Bars kennen als die Normalen. Leo können wir beim Abbauen zusehen, denn sein Umfeld setzt ihm zu, es wird gestorben und nicht alles was brennt, wird ausgesprochen.
Dieser Roman wurde zum ersten Mal 1973 in Italien publiziert und avancierte zum Kultbuch. Daher war auch meine Erwartungshaltung eventuell eine zu hohe. Es ist ein Roman mit wenig Spannungsbogen. Wir folgen Leo durch die Stadt, fast Mosaikartig setzt sich ein Panorama der Stadt um die Hauptfigur zusammen. Die Hitze quilt förmlich aus den Seiten, das mäandernde spiegelt auch den Seelenzustand von Leo wieder. Warum also Kultbuch? Aus meiner Sicht die simple Sicht auf das Leben, dass es zeitlos kaputt zugeht. Auch heute könnte man diese Zeilen verorten. Das macht den Roman literarisch interessant, Spannung gibt es aus meiner Sicht weniger.
Aber interessant könnte das Buch für alle Besucher der Ewigen Stadt sein, in Mitten des Trubels hat der Roman sicher eine ganz andere Magie!

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Veröffentlicht am 30.09.2021

Kann sie gerettet werden?

Die Tochter des Präsidenten
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Weder Bill Clinton noch James Patterson muss man vorstellen! Jeder ein Schwergewicht seiner Klasse und nun gemeinsam schreibend! ‚Die Tochter des Präsidenten‘ ist bereits der zweite Thriller den die beiden ...

Weder Bill Clinton noch James Patterson muss man vorstellen! Jeder ein Schwergewicht seiner Klasse und nun gemeinsam schreibend! ‚Die Tochter des Präsidenten‘ ist bereits der zweite Thriller den die beiden gemeinsam vorlegten. Der erste Megaseller war ‚The President is missing‘ – nicht wundern, auch im Deutschen heißt das Buch genauso wie im Englischen.
Auch ‚Die Tochter des Präsidenten‘ hat wieder einen klassischer Petersson-Aufbau, denn die Kapitel sind super kurz, zum größten Teil nur 3 Seiten lang und da sammelt sich einiges an zu 136 Kapitel mit 554 Seiten. Es ist ein klassischer Pageturner und die Spannung steigt von Seite zu Seite! Und bei so kurzen Kapiteln denkt man schon: „Ach, ein Kapitel geht noch!“ und schwups sind wieder 50 Seiten inhaliert!
Der ehemalige Präsident wird von einer äußerst unsympathischen neuen Präsidentin abgelöst, hier sind sehr klar die Parallelen zu Bill Clinton und seinem Nachfolger Bush junior zu erkennen. Die Tochter des Ex-Präsidenten wird entführt und die neue Frau im Amt will dem ganzen nicht die nötige Aufmerksamkeit schenken, also muss der alte Präsident selbst ran. Kein Problem, er ist ja auch ehemaliger Soldat. Hier wurde etwas übertrieben was das „Super Hero“ image des Ex-Präsidenten anging. Trotz aller Spannung hätte auch weniger Militärsprache gut getan, jede Waffe und jeden Helikopter mit Typ zu benennen ist für mich persönlich too much. Das hätte weniger sein können und die Geschichte wäre weiterhin super spannend.
Klar, man sollte hier nicht die komplexesten Charaktere erwarten oder das Unwartbare per se, aber unterhaltsam ist es definitiv. Beeindruckend fand ich die Details zum Sicherheitsapparat und die politischen Interessenskonflikte, das sicher in dem Detailgrad ohne Bill Clinton nicht möglich gewesen wären.
Fazit: Klassischer Patterson mit viel Militär-Lingo!

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