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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 28.12.2022

Alle lieben Harry

Blutmond (Ein Harry-Hole-Krimi 13)
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Harry Hole ist zurück, kaputter denn je. Dennoch hat er sein Charisma behalten, das nicht nur mich als Leserin sondern auch einige wenige seiner ehemaligen Kollegen begeistert. Aber eine Rückkehr zu seiner ...

Harry Hole ist zurück, kaputter denn je. Dennoch hat er sein Charisma behalten, das nicht nur mich als Leserin sondern auch einige wenige seiner ehemaligen Kollegen begeistert. Aber eine Rückkehr zu seiner alten Abteilung ist nicht möglich. Dennoch ermittelt er! Im Auftrag des Hauptverdächtigen. Eine ungewöhnliche Konstellation, die nicht jeden erfreut. Doch Harry ist noch immer der Beste!

Jo Nesbø überzeugt auch in seinem neuesten Thriller mit viel Fachwissen und einem brillanten Schreibstil. Blutmond ist sehr kompakt und inhaltlich so fundiert, dass es eine Freude ist, zu lesen. Das ist eher selten bei Thrillern, wo das Hauptaugenmerk auf die Spannung gelegt wird. Blutmond ist auch spannend, manchmal so sehr, dass ich regelrecht Herzklopfen bekommen habe. Aber Blutmond ist auch ein absoluter Lesegenuss.

Jo Nesbø führt mich ganz schön an der Nase herum. Manchmal scheint die Lösung auf der Hand zu liegen und dann ist doch wieder alles ganz anders. Das ist schon genial. So verzeihe ich ein paar Längen, die sich einschleichen, wenn Jo Nesbø zu ausschweifend seine Lieblingsthemen wie z. B. Musik zelebriert. Jo Nesbø ist nur ein wenig älter als ich und daher teilen wir einige Vorlieben und auch Gedanken. Das heißt nicht, dass auch jüngere Leser seine Bücher mögen. Aber es ist schon cool, dass ein Gleichgesinnter die Feder geschwungen hat. Gleichzeitig brilliert er mit viel Wissen zu allen möglichen Dingen. Das ist einerseits lehrreich und ich weiß das zu schätzen, aber auch das geht ein bisschen zu Lasten der Spannung. Als regelmäßige Nesbø Leserin weiß ich das, aber manch einen, der nur mal schnell Spannung konsumieren möchte, mag das stören.

Für mich ist Blutmond so viel mehr als ein Thriller!

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Veröffentlicht am 20.08.2021

Eine würdige Fortsetzung mit viel Gefühl und Spannung

Revolution der Träume
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Ich konnte es kaum erwarten, dieses Buch zu lesen, denn schon der erste Teil war ein absolutes Highlight für mich. Und schon der Klappentext hat mir Gänsehaut gemacht. Der Krieg ist vorbei und die 3 Freunde, ...

Ich konnte es kaum erwarten, dieses Buch zu lesen, denn schon der erste Teil war ein absolutes Highlight für mich. Und schon der Klappentext hat mir Gänsehaut gemacht. Der Krieg ist vorbei und die 3 Freunde, die ich im ersten Band: „Schatten der Welt“ kennen und lieben gelernt habe, treffen sich in Berlin wieder. Zuerst tritt Isi in den Vordergrund und zwar im wahrsten Sinne des Wortes und da war dann schon der nächste Gänsehautmoment, der sich sofort wiederholt, als Artur auftaucht. Wow, was für ein vielsprechender Anfang, aber nichts Anderes habe ich erwartet.

Isi, Artur und auch Carl haben sich weiter entwickelt und auch verändert, aber ihre bedingungslose Freundschaft zueinander ist geblieben. Und so meistern sie zusammen die unruhigen Zeiten. Es passiert viel und Andreas Izquierdo hat die privaten Tragödien gekonnt mit der historischen Realität verbunden.
Andreas Izquierdo trifft immer die richtigen Worte, die mitten ins Herz gehen und so kullerte manches Tränchen meinen Wangen hinunter. Aber auch die Spannung ist auf einem sehr hohen Level, was durch die außergewöhnlichen Cliffhanger noch verstärkt wird: „Wir wollten Frieden. Und bekamen Krieg“. Manchmal sind es genau diese kurzen Sätze, die so eindringlich sind.

Eines haben alle Bücher von Andreas Izquierdo gemeinsam: die besondere, poetisch anmutende Sprache. Und die geht mir jedes Mal unter die Haut. Dieses Mal besonders heftig, denn es ist nicht nur eine Geschichte, die er erzählt, sondern es ist die Geschichte unserer Vergangenheit. Andreas Izquierdo hat bei der Recherche ganze Arbeit geleistet und brilliert mit Details, die mir gar nicht so bewusst waren. Mal steht die persönliche Geschichte von meinen 3 Freunden im Vordergrund und dann rückt der historische Hintergrund nach vorne. Es ist ein brillantes Wechselspiel!

Ich bekomme durch Isi Einblicke in die politischen Hintergründe, tauche mit Artur ein in die unfeinen Machenschaften der Berliner Unterwelt und Carl nimmt mich mit in die schillernde Welt der Ufa. Als großer Filmfan hat mir das besonders gut gefallen. Carl mag auf den ersten Blick etwas langweilig erscheinen im Gegensatz zu Isi und Artur, aber er ist der ruhende Gegenpol und dafür mag ich ihn genauso sehr wie Isi und Artur.

Das Buch endet genau so wie es begonnen hat: mit einer heftigen Gänsehaut. Und ich weiß, dass es ein Wiedersehen geben wird mit Isi, Artur und Carl und das kann ich jetzt schon kaum erwarten.

Man kann das Buch natürlich lesen ohne den Vorgänger zu kennen, denn ein guter Autor sorgt schon dafür, dass man alle wichtigen Hintergründe erfährt. Aber man sollte es nicht tun, denn dann verpasst man die Kennenlernphase der 3 Freunde und das wäre doch zu schade! Ich habe den ersten Teil genauso geliebt wie die „Revolution der Träume“ und ich kenne keinen Autor, der so vielseitig ist wie Andreas Izquierdo und mich jedes Mal aufs Neue begeistert!

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Veröffentlicht am 21.06.2020

Unbeschreiblich intensiv

Das wirkliche Leben
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Wenn Bücher von der Presse hochgelobt werden, bin ich meistens skeptisch. Aber hier geschieht das zu Recht. Schon lange hat mich ein Buch nicht so sehr überrascht, berührt und gleichzeitig fasziniert. ...

Wenn Bücher von der Presse hochgelobt werden, bin ich meistens skeptisch. Aber hier geschieht das zu Recht. Schon lange hat mich ein Buch nicht so sehr überrascht, berührt und gleichzeitig fasziniert.

Die Story ist hart und auch sehr brutal. Aber die Sprache ist gleichzeitig wunderschön und poetisch und auf den Punkt gebracht. Kein langes Drumherum, sondern akzentuiert und präzise.

Dabei lässt Adeline Dieudonne ihre Hauptfigur, das zehnjährige Mädchen, dessen Namen ich nicht erfahren werde, aus ihrer Sicht erzählen. Sie bleibt die ganze Zeit die Stimme aus dem Off, was hier sehr viel Nähe und Authentizität bringt. Das junge Mädchen erzählt sehr offen und schonungslos, ihre Gefühle und auch ihr Verhalten kann ich gut nachvollziehen. Und ihre Panik! Ganz zu Anfang passiert etwas, was der Geschichte eine komplett andere Wendung gibt, dieser Vorfall ist der Auslöser von so viel Unheil und Unglück. Und dann passiert etwas, was selbst mich als Leser komplett aus der Bahn geworfen hat. Ich konnte kaum glauben, was ich da gelesen hatte …

Adeline Dieudonne spielt gekonnt mit meinen Gefühlen und auch mit meinen Ängsten und obwohl ich ja nur zuschaue, bin ich dennoch mittendrin in diesem familiären Gefühlschaos. Das ist so eine Geschichte, wo es schwer fällt, einfach weiter zu lesen. Man möchte eingreifen, helfen, warnen und der Geschichte eine andere Richtung geben. Und dann konnte ich mich wieder fallen lassen in die wunderschöne Sprache.

Es ist ein Buch der Gegensätze, es ist ein Buch der brutalen Realität und ganz weit weg von der schönen heilen Welt. Und gerade dafür habe ich es geliebt!

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Veröffentlicht am 09.06.2020

Dramatisch, spannend und emotional

Die sardische Hochzeit
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Im Mittelpunkt dieser interessanten und emotionalen Geschichte stehen zwei junge Menschen, die unterschiedlicher nicht sein könnten, aber die die Liebe zur Musik verbindet. Leo ist ein junger Mann, der ...

Im Mittelpunkt dieser interessanten und emotionalen Geschichte stehen zwei junge Menschen, die unterschiedlicher nicht sein könnten, aber die die Liebe zur Musik verbindet. Leo ist ein junger Mann, der sehr unter den Nachwirkungen seines Fronteinsatzes leidet. Er ist nicht nur seelisch beeinträchtigt, er wird sehr oft von Albträumen heimgesucht, aber auch körperlich leidet er immer noch unter den Folgen. “Überlebende. Außen und innen Beschädigte. Die den Krieg zwar gewonnen, ihren Frieden aber verloren haben“. Solche Sätze gehen unter die Haut und beschreiben mit wenigen, aber eindringlichen Worten, was der Krieg mit so vielen gemacht hat.

Leo kommt nach Sardinien, einerseits um sich zu verbergen und um vielleicht ein bisschen Ruhe zu finden. Aber auch in Sardinien brodelt es zu dieser Zeit schon gewaltig und Leo wird schon von Anfang an Zeuge der Unruhen, die durch die Faschisten verursacht werden.

Grit Landau hat den politischen und historischen Hintergrund perfekt in ihre Geschichte eingebettet. Ich kenne so wenig von der italienischen Vergangenheit und bin erstaunt, wie sehr sie doch unserer Vergangenheit ähnelt.

Gioia passt so gar nicht in ihre Familie, die sich durch Egoismus und falschen Idealen auszeichnet. Und sie soll heiraten, um den Frieden zwischen zwei Familien zu sichern und das Blut vergießen zu beenden. Aber dann begegnet sie Leo und das Schicksal nimmt seinen Lauf.

Das klingt nach einer dramatischen Liebesgeschichte, aber das ist nur ein kleiner Teil dieses wundervollen Buches, das jedem Leser auch die sardische Kultur und natürlich Vergangenheit sehr nahebringt. Die Romantik kommt nicht zu kurz, aber sie ist eher dramatisch und nicht zuckersüß. Und genau das finde ich genial.
Jedem Kapitel ist ein Einblick in die sardische Mythologie vorangestellt, mal wird ein Fabelwesen vorgestellt, mal sind es kleine Geschichten, die sich mit dem Aberglauben der Sarden beschäftigen. Das und die vielen italienischen und sardischen Redewendungen, die mir immer wieder begegnen, geben dem Buch ein wunderbares authentisches Flair. Das mag ich besonders gerne.

Grit Landau ist eine brillante Erzählerin, die sich sprachlich auf hohem Niveau bewegt und es ist eine Freude, mit ihr tief in die Vergangenheit Sardiniens einzutauchen. Sie verknüpft sehr geschickt die politischen Entwicklungen, die der Geschichte Spannung und Tiefe geben mit den Schicksalen der beiden sardischen Familien und der Liebe zwischen Gioia und Leo. Ich habe regelrecht mitgelitten und mitgefiebert und am Ende, ja da habe ich glücklich geseufzt und ein Tränchen verdrückt.

Es war mir eine Freude, wieder einem Mitglied der Familie Lanteri zu begegnen und mich mit Grit Landau auf eine Zeitreise nach Sardinien zu begeben. Mille grazie und A cent’annos!

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Veröffentlicht am 02.06.2020

Überleben reicht nicht

Der Knochengarten
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Mein erstes Buch von Val McDermid war leider nicht so spannend, wie ich es erhofft hatte. Ok, ich bin im 11. Teil einer Reihe eingestiegen, aber das fand ich gar nicht so schlimm, weil ich die wichtigen ...

Mein erstes Buch von Val McDermid war leider nicht so spannend, wie ich es erhofft hatte. Ok, ich bin im 11. Teil einer Reihe eingestiegen, aber das fand ich gar nicht so schlimm, weil ich die wichtigen Informationen so nach und nach bekommen habe.

Die Story an sich ist nicht besonders neu oder aufregend. Die Vergangenheit solcher Waisenhäuser wurde schon oft nicht nur in der Spannungsliteratur verwendet.

Hier wird in mehreren Strängen erzählt. Einen Verdächtigen lerne ich schon ganz am Anfang kennen und das nimmt mir schon ein wenig von der Spannung. Es ist natürlich immer noch interessant, wie man dem Täter auf die Schliche kommt, aber mir ist es immer lieber, wenn ich ihn nicht schon so früh kennen lerne.
Tony begleite ich durch seinen Knastalltag und auch das finde ich nicht sonderlich spannend, zumal es ja mit dem eigentlichen Fall gar nichts zu tun hat. Es geht nur um ihn, wie er die neue Situation bewältigt und um sein Buch. Ganz besonders um sein Buch, denn jedem Kapitel sind Ausschnitte aus diesem Buch vorangestellt. Manchmal besteht ein offensichtlicher Bezug zu dem Kapitel, aber nicht immer. Manchmal war es deshalb eine richtig gute Einstimmung auf das nächste Kapitel. Aber manchmal eben auch nicht.
Ein anderer Strang ist Carol Jordan gewidmet. Auch sie beobachte ich beim Meistern ihrer neuen Situation und bei einer neuen Aufgabe. Das wiederum fand ich recht interessant, wenn auch nicht megaspannend.

Am besten gefallen hat mir Paula McIntyre. Sie ist taff, sie ist cool und eine richtig gute Ermittlerin. Für mich hatte sie die tragende Rolle in diesem Kriminalroman. Ihr Chef ist genau das Gegenteil, ein richtig unsympathischer Fiesling. Die Polizistenarbeit wird sehr realistisch dargestellt, manchmal mit einem Augenzwinkern, das sich sowieso durch das ganze Buch zieht und mir sehr gut gefallen hat.

Val McDermid schreibt schon toll. Da merkt man die lange Erfahrung. Sie schreibt akzentuiert, intelligent und eindringlich und es ist eine Freude, zu lesen. Ich hatte auf ein bisschen mehr schottisches Flair gehofft, aber da wurde ich leider enttäuscht. Dafür gab es aber einige heftige Cliffhanger, die meistens den Paula Strang abgeschlossen haben. Das beherrscht Val McDermid richtig gut.

Und so ist es am Ende ein sehr intelligenter Kriminalroman, den ich gerne gelesen habe. Aber mehr wegen McDermids Art zu erzählen und nicht wegen der Spannung.

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