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Veröffentlicht am 05.02.2017

Bizarres Ritual Atemlos und überzeugend - 2. Fall für Christine Léneve

Das Hospital
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Berlin im Hochsommer: In der Spree wird die Leiche der brillanten Hackerin Nana Reinhardt entdeckt. An der Stelle wo ihre Lippen waren, klafft ein dunkles Loch. Die investigative Journalistin Christine ...

Berlin im Hochsommer: In der Spree wird die Leiche der brillanten Hackerin Nana Reinhardt entdeckt. An der Stelle wo ihre Lippen waren, klafft ein dunkles Loch. Die investigative Journalistin Christine Lenève nimmt eigene Ermittlungen auf, denn Lebensgefährte Albert kannte Nana und ihre siebenköpfige Hacker-Gruppe. Albert und Christine vermuten, dass Nana einem Hochrangigen auf die Füße getreten ist und man sie deshalb zum Schweigen gebracht hat.

Erkenntnisse führen Christine sehr bald auf die Spur des Killers, der in einem alten Hospital brutale Morde vor Publikum bester Gesellschaft inszeniert. Fast hätten sie ihn stellen können, doch der Täter nutzt sein intelligentes Potenzial und treibt ein gefährliches und brutales Psychospiel.

Der Autor:

Oliver Ménard wurde 1965 in Berlin geboren. Er studierte Regie und Dokumentarfilm in Madrid und New York, danach folgte ein Hochschulstudium der Germanistik und Publizistik in Deutschland. Er arbeitet seit über zwanzig Jahren als Fernsehjournalist und lebt heute in Berlin. (Quelle: Droemer Knaur Verlag)

Reflektionen:

Das Hospital ist der zweite Fall für die investigative Journalistin Christine Lenève und ihren Lebensgefährten Albert, einem rationalen Geist und Wirtschaftsjournalisten. Oliver Ménard hatte mich bereits mit seinem Debüt Federspiel überzeugt und sehr spannend unterhalten und so war ich mir sicher, dass Das Hospital ebenfalls von der blühenden und nicht gerade gewaltfreien Fantasie des Autors profitieren würde.

Federspiel und Das Hospital sind zwei in sich abgeschlossene Handlungen, die unabhängig voneinander gelesen werden können. Alle wichtigen Informationen zu den Hauptfiguren webt Oliver Ménard erneut geschickt in seine Geschichte ein.

Während ich Federspiel als ein beispielloses Aha-Erlebnis empfunden habe, da die Idee zum Buch so außergewöhnlich erschien, punktet Das Hospital für mich vor allem sprachlich. Sprachgewaltig inszeniert Oliver Ménard seine Handlung, sodass ich die literarische Seite dieses Thrillers noch über den Genuss der hoch spannenden Handlung stelle. Ganze Kapitel empfand ich als literarische Perlen, bis mich die brutale Geschichte erneut einholte und mich atemlos vorantrieb.

Zitat:

Ein dunkelblauer Schmetterling mit weißen Flecken flatterte um eine Lavendelblüte herum, setzte sich und saugte den Nektar der Pflanze auf.

Blitzschnell packte er den Falter und ballte seine Finger zur Faust. Er spürte die schlagenden Flügel und die zarten Fühler an seiner Haut. Vielleicht war er wie der Schmetterling in seiner Hand. Einen Sommer würde er fliegen, bevor ihn die Hornissen mit ihren giftigen Stacheln töteten. Er drückte kräftiger zu. Die Flügel bewegten sich nicht mehr. Gefangen auf engstem Raum und keine Fluchtmöglichkeit. Seine Gegner würden ihn erbarmungslos jagen, jetzt, wo er mit seinen Taten aus dem Schatten herausgetreten war. Doch er war ihnen viele Schritte voraus. Sie würden ihn nicht zu Fall bringen.

Er öffnete die Hand, und der Schmetterling torkelte durch die Luft, fing sich und stieg auf in die Höhe, bis er zwischen den Zweigen der Bäume verschwunden war.

Oliver Ménard scheint nicht gern einfach nur geradeaus zu schreiben, obwohl er es definitiv gut kann. Er hat stets einen Blick für das Kleine, das Nebensächliche und das scheinbar Unbedeutende. Besonders dieser umherschweifende Blick schenkt dem Leser eine besondere Harmonie in der Story, ohne jegliches too much. Oliver Ménards klarer Ausdruck, manchmal angenehm im Detail verliebt, zeichnet seinen angenehm flüssigen Schreibstil aus, der es einem leicht macht in die Geschichte einzutauchen.

Gut pointierte Wechsel der zahlreichen Perspektiven erfordern anfangs etwas mehr Aufmerksamkeit, bis sie dann zu dem Motor der Spannung werden, der mit einigen Spannungshöhepunkten aufwartet.

Christine Lèneve ist nicht unbedingt eine Sympathieträgerin. Ihre leicht überhebliche Art hinterlässt ein zwiespältiges Gefühl, ob man sie mögen soll oder nicht. Aber, ihre Figur ist hoch interessant gezeichnet, sodass man sie doch noch irgendwie ins Herz schließt. Christine ist knallhart, kompromisslos, ehrgeizig, eine unnachgiebige Jägerin und lebt eine Sucht nach Wahrheit. Sie besitzt die Fähigkeit Wahrheiten zu entdecken, die sich in kleinen Details von versteckten Unstimmigkeiten offenbaren. Christines emotionale Seite, die zwar nur äußerst selten das Licht der Buchseiten erblickt, macht sie dann doch noch irgendwie liebenswert.

Ihr Gegenpart ist Lebensgefährte Albert, der zwanzig Minuten für einen Apfel benötigt, alles bewusst tut und sich in allem Zeit lässt. Er hinterlässt den Eindruck Christine zu verehren, er liebt sie und doch verbirgt er vor ihr Geheimnisse, sodass es fast zu einem Vertrauensbruch zwischen ihnen kommt. Darüber hinaus wird der sympathische Albert von seinem Chef, einem diktatorischen Chefredakteur, empfindlich unter Druck gesetzt.

Die Getötete, Nana, war eine charismatische, skrupellose Hackerin, die intelligent und selbstherrlich, wie eine regierende Königin, ihre Hackergruppe regierte und regelmäßig Konzernen Angst gemacht hat. Als Leser vermutet man den Kern des Motivs hier zu finden, denn Nana leitet außerdem, über ihren Tod hinaus, die Ermittlungen in eine ganz bestimmte Richtung.

Immer mal wieder taucht Kommissar Tobias Dom kurz in der dramatischen Geschichte auf, doch die Figur des Kommissars bleibt insgesamt blass. Man hinterfragt im Stillen die Authentizität von Christines Ermittlungen, aber man kann die nicht gänzlich realistische Handlungsweise augenzwinkernd akzeptieren.

Der Täter wirkt wie ein sensibler Feingeist, der eine künstlerische Ader auslebt. Sein bizarres Tötungsritual lässt den Leser erschaudern. Zum einen tritt er als höflicher, gepflegter und attraktiver Mann in Erscheinung, der in Sehnsucht nach dem Schönen lebt und sich zum anderen als eiskalter Killer herausstellt. In seiner Kindheit wurde er auf grausamste Weise gedemütigt und abgelehnt. Als Erwachsener sucht er auf narzisstische Weise die Vollendung und modelliert unter anderem mit Hilfe von Rilkes Versen die Schönheit und Perfektion der Tötung.

Fazit und Bewertung:

Das Hospital ist ein Thriller, der an brutalen Grausamkeiten kaum zu überbieten ist. Interessant gezeichnete Charaktere und ein sprachlich ansprechender Stil garantieren eine knisternde Spannung, die durch eine intelligente Handlung führt.

Veröffentlicht am 27.01.2017

Ausgelöscht – Ein rasantes und spannendes Thriller-Debüt

Kalte Erinnerung
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Ausgelöscht – Ein rasantes und spannendes Thriller-Debüt

Bewährungshelferin Zoe erwacht eines morgens und sieht sich ihrem geschundenen Körper gegenüber, der mit Verletzungen und Hämatomen übersät ist. ...

Ausgelöscht – Ein rasantes und spannendes Thriller-Debüt

Bewährungshelferin Zoe erwacht eines morgens und sieht sich ihrem geschundenen Körper gegenüber, der mit Verletzungen und Hämatomen übersät ist. Kurz darauf erhält sie einen mysteriösen Drohanruf. Eine verzerrte Stimme verlangt von ihr die Wahrheit der vergangenen Nacht, doch Zoe kann sich nicht erinnern. Die letzten zwei Tage sind wie gelöscht. Für Zoe beginnt ein Kampf ums Überleben und sie ahnt noch nicht, dass die Wahrheit nicht bitterer sein könnte.

Die Autorin:

Patricia Walter, geboren 1974, studierte in München Statistik und arbeitet in der Versicherungsbranche. In ihrer Freizeit betreibt sie neben dem Schreiben Kampfsport, insbesondere Judo und Kung Fu. In Judo hat sie den zweiten Schwarzgurt und ist ehrenamtlich als Trainerin tätig. Sie lebt in München. „Kalte Erinnerung“ ist ihr erster Roman. (Quelle: Bastei Entertainment)

Reflektionen:

Aus Patricia Walters Feder sprüht literarisches Feuer in einem Tempo, das dem eines zündelnden Feuers entspricht, das lodernde Flammen entstehen lässt. Der Schreibstil und Ausdruck der Autorin ist klar, äußerst flüssig und willkommen schnörkellos. Der Einstieg in die Geschichte erfolgt federleicht für jedermann.

Ihren Lesern räumt sie kaum eine Atempause ein und hetzt sie mit ihren Worten geschickt durch die Seiten. Es sind die Emotionen der Hauptprotagonistin, die im Vordergrund der Handlung stehen und die das rasante Vorwärtskommen in der Geschichte erheblich beeinflussen. Ein Lesestillstand ist bei diesem Thriller einfach schlichtweg nicht vorgesehen.

Bewährungshelferin Zoe ist eine sympathische und authentische Figur, die plötzlich der Situation ausgeliefert ist, verletzt und voller Hämatome aufzuwachen und ohne jede Erinnerung an die letzten zwei Tage zu sein. Wenig später erhält sie einen Anruf, in dem ihr der Anrufer mit verzerrter Stimme droht und „die Wahrheit“ der letzten Nacht verlangt. Kurz darauf erhält sie ein Paket, dessen Inhalt sie würgen und zittern lässt.

Zoe befindet sich in einem absoluten Ausnahmezustand. Sie wird verfolgt, fühlt sich zur Recht unter Beobachtung und ihre Angst schwappt bald in Panik über. Geplagt von Selbstzweifeln quält sie sich nun und weiß nicht wem sie vertrauen darf und wem nicht. Die Emotionen die Zoe empfindet, projiziert Patricia Walter intelligent auf den Leser. Dadurch wird die Story mit nur einem einzelnen Handlungsstrang nicht nur zu einem hoch spannenden Lesevergnügen, sondern auch zu einem Leseerlebnis mit Gänsehautfaktor.

Die Charakterzeichnungen der Figuren lässt Patricia Walter nur nach und nach in die Geschichte einfließen, sodass man als Leser viel Gedankenfutter für das rätseln möglicher Motive besitzt.

Der einfühlsame Ehemann David Drexler ist zunächst für Zoe nicht greifbar, aber Freund Marco Ries soll Zoe beschützen. Die Schauspielerin und Nachbarin Jasmin und Zoes Freundin Nicole stehen ihr bei, während der Nachbar von Gegenüber stetig alles beobachtet. Und dann gibt es noch den Straftäter Sebastian Baumgartner, der vor ihrem Haus herumlungert. An all diesen Menschen in Zoes Umfeld muss sie nun zweifeln, denn einer von ihnen spielt ihr auf grausame und bösartige Weise übel mit. Die glaubwürdige Auflösung ist bitter und brutal.

Zitat:

Dunkelheit drang in sie ein, breitete sich aus wie dichter Nebel und erstickte jede Hoffnung auf Leben.

Ihr Blick verengte sich zu einem schmalen Tunnel. Das Pfeifen des Windes erstarb plötzlich, und eine nie gekannte Stille breitete sich in ihrem Kopf aus. Die Kälte auf Gesicht und Händen wich Taubheit.

Verzweifelt versuchte sie, den Sturz abzubremsen, doch sie fiel und fiel und fiel ...

Fazit und Bewertung:

Kalte Erinnerungen ist ein spannendes und rasantes Debüt, in dem die Autorin Patricia Walter die Emotionen der Hauptfigur geschickt auf den Leser projiziert. Gänsehautfaktor pur. Leseempfehlung für Thriller-Fans.

Veröffentlicht am 26.01.2017

Niemand ist frei von Schuld – Anspruchsvoller, überzeugender und sehr spannender Kriminalroman

Der letzte Pilger (Ein Fall für Tommy Bergmann 1)
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In einem Wald, in der Nähe von Oslo, werden die skelettierten Leichen von zwei Erwachsenen und einem Kind entdeckt. Sie haben dort viele Jahrzehnte unentdeckt gelegen. Ein paar Tage später wird der ehemalige ...

In einem Wald, in der Nähe von Oslo, werden die skelettierten Leichen von zwei Erwachsenen und einem Kind entdeckt. Sie haben dort viele Jahrzehnte unentdeckt gelegen. Ein paar Tage später wird der ehemalige Held und Widerstandskämpfer Carl Oscar Krogh auf bestialische Weise ermordet aufgefunden.
Kommissar Tommy Bergmann ermittelt und findet bald heraus, dass die Toten scheinbar in Verbindung mit der Widerstandsagentin Agnes Gerner in Zusammenhang stehen. Tommy Bergmanns scharfsinnige Ermittlungen führen zurück bis in die Jahre um 1940, doch es ist alles andere als einfach, die mysteriösen und weitreichenden Verstrickungen dieser ungelösten Fälle zu lösen.
Der Autor:

Gard Sveen, geboren 1969, ist Staatswissenschaftler und arbeitet als Seniorberater im norwegischen Verteidigungsministerium. DER LETZTE PILGER ist sein Debüt in der Serie um Tommy Bergmann und wurde mit dem Rivertonpreis 2013 und dem Glass Key Award 2014 ausgezeichnet, dem wichtigsten skandinavischen Krimipreis. Gard Sveen lebt in Ytre Enebakk, einem kleinen Ort in der Nähe von Oslo. (Quelle: List Verlag / Ullstein Buchverlage)

Reflektionen:

Der letzte Pilger ist als bester Kriminalroman Skandinaviens ausgezeichnet worden. Zu Recht wie ich finde. Wenn ich es nicht besser wüsste, hätte ich niemals angenommen, dass es sich bei Der letzte Pilger um das Debüt des Autors handelt. Gard Sveen ist es meisterhaft gelungen eine höchst spannende Handlung bis ins Kleinste zu verstricken, sodass eine seiner Hauptfiguren, Kommissar Tommy Bergmann, nur mit Klugheit und Intelligenz, diese geheimnisvollen Tötungsdelikte aufklären kann und der Leser alle Mühe hat, sich gedanklich nicht in die Irre führen zu lassen.

Knisternde Spannung zieht sich gnadenlos bis zur letzten Seite fort, sodass man diesen 544 Seiten starken Kriminalroman nur schwer bei Seite legen kann. Gard Sveen spielt geschickt mit der Neugierde des Lesers, indem er seine Geschichte in zwei Handlungssträngen erzählt. Die beiden Perspektiven wechseln vom Hier und Jetzt zu den historischen Jahren um 1940, die die Wirren der Nachkriegszeit und der Widerstandskämpfer gut recherchiert darstellen.

Der letzte Pilger besitzt durch zahlreiche agierende Figuren eine gewisse Komplexität, die dem Leser einiges an Konzentration abverlangt, um die umfassende Story als Lesegenuss zu empfinden.

Gard Sveens Schreibstil ist sehr harmonisch und fließend. Er beschreibt maßvoll Schauplätze und lässt Historisches der NS Nachkriegszeit dezent einfließen. Sein Hauptaugenmerk liegt auf den stilvollen Charakterzeichnungen, die mir als Leser unglaublich wichtig sind. Sie besitzen Authentizität und viele von ihnen sind sehr sympathisch. Einige von ihnen wachsen dem Leser sogar ans Herz, doch dann geschehen Dinge in der Fortführung der Handlung, die brutal erschrecken und entsetzten und man muss einsehen, dass Gard Sveen den Leser geschickt und klug hinter Licht geführt hat.

Die beiden Hauptfiguren kreieren entsprechend die beiden Handlungsstränge. Während Kommissar Tommy Bergmann solide und klug ermittelt, kämpft er mit einem angeknacksten Selbstbewusstsein, was private Beziehungen angeht. Zudem zermürbt ihn sein Gewissen, da er seine Frau geschlagen hat. Diese inneren Konflikte sind Nebenschauplätze, bereichern aber die Handlung und lassen sie dadurch noch lebendiger werden.

Agnes Gerner zeichnet die Perspektive um 1940 herum. Sie ist Agentin des Widerstands in der Nachkriegszeit. Ihre Ausbildung endete mit einem Schuss auf ihren eigenen Hund, zudem sie genötigt wurde. Entlassen in die Welt der Spionage leistet sie Großartiges, doch wo Liebe eine Rolle spielt wandeln sich die Ereignisse schnelllebig. Die Figur der Agnes kitzelt viele Emotionen beim Lesers hervor, denn Agnes lebt ständig in der Angst enttarnt zu werden und sie spielt ein zweischneidiges Spiel, dass einfach nicht gutgehen kann. Dieser Handlungsstrang hat mir unwahrscheinlich gut gefallen, da die Persönlichkeit und die Handlungen von Agnes sehr interessant und äußerst spannend erzählt werden. Die politische Vergangenheit von einigen Figuren spielt eine maßgebliche Rolle in der Geschichte und sie liefert das Motiv. Am Ende ist der anspruchsvolle Kriminalroman schlüssig und glaubhaft aufgelöst, sodass man als zufriedener Leser zurückbleibt und hofft, es möge bald einen weiteren spannenden Fall für Tommy Bergmann geben.

Fazit und Bewertung:

Ein gelungenes, anspruchsvolles Debüt, das ich sehr gern denjenigen empfehle, die vollmundige, komplexe Handlungen und stilvolle Charakterzeichnungen mögen.

Veröffentlicht am 20.01.2017

Geboren zum Jagen und Töten - 4. Band der Reihe um den Serienkiller Francis Ackerman junior

Ich bin der Zorn
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USA/Arizona: Gefängniswärter Jerry Navarro wird von dem psychopathischen Serienkiller „Judas“ erpresst und erschießt mehrere Menschen und einen Gefängniswärter. Bundesermittler Special Agent Marcus Williams ...

USA/Arizona: Gefängniswärter Jerry Navarro wird von dem psychopathischen Serienkiller „Judas“ erpresst und erschießt mehrere Menschen und einen Gefängniswärter. Bundesermittler Special Agent Marcus Williams und sein Team nehmen die Ermittlungen auf. Marcus entschließt sich den gefährlichsten und unberechenbarsten Serienkiller Francis Ackerman junior, seinen eigenen Bruder, in die Ermittlungen einzubeziehen. Er soll undercover unter den Häftlingen recherchieren und Informationen sammeln. Doch bald ist gewiss, dass der Judaskiller nicht einfach nur mordet, sondern ein größeres Ziel verfolgt.

„Mein Zorn ist gewaltig. Er bringt den Tod. Auch dir.“

Der Autor:

Ethan Cross ist das Pseudonym des amerikanischen Thriller-Autors, der eigentlich Aaron Brown heißt.

Schon immer war er fasziniert von Geschichten und wusste bereits früh, dass er Schriftsteller sein will. Bereits zu Schulzeiten schreib er ein komplettes Drehbuch und versuchte auch in der Filmindustrie Fuß zu fassen. Doch seine Liebe zur Musik war damals stärker. Er lebte diesen Traum als Sänger und Gitarrist, doch das Schreiben ließ ihn nie los.

Seinen ersten Thriller „The Shepherd“ veröffentlicht er schließlich 2011. Zwei Jahre später erscheint das Buch in Deutschland unter dem Titel „Ich bin die Nacht“. Damit beginnt eine erfolgreiche Thriller-Reihe um die ungleichen Protagonisten Francis Ackerman junior und Marcus Williams.

Ethan Cross lebt mit seiner Frau und drei Kindern in Illinois, USA. (Quelle: Bastei Lübbe)

Reflektionen:

Mein erster Thriller von Ethan Cross hat mich nicht vollständig überzeugt. Nach zahlreichen überschwänglichen Rezensionen der Shepherd-Vorgänger, habe ich etwas Großartiges erwartet und nicht angetroffen. Die Grundidee der Story ist ansprechend, doch in der Umsetzung haperte es stellenweise, sodass Längen eine Herausforderung darstellten. Die Geschichte nahm kaum Fahrt auf und entwickelte sich nur langsam. Bei einigen Nebenschauplätzen stellte ich mir die Frage nach dem Sinn.

Trotz, dass mir die Vorgänger-Bände nicht bekannt sind, bin ich gut in der Geschichte zurechtgekommen, da Ethan Cross kurze, erläuternde Abstecher ins Zurück einbaute. Die Herausforderung vielen Handlungssträngen zahlreicher Protagonisten folgen zu können, nehme ich stets gern an und es gelang mir auch hier. Doch ich kann mir vorstellen, dass die zahlreichen Wechsel der Perspektiven nicht jedermanns Sache und Konzentration sind.

Gut gefallen hat mir die Zeichnung der faszinierenden und angenehm intelligenten Figur Ackerman junior. Ausgestattet mit allem was einen brutaleren Serienkiller ausmacht, der auf bestialischste und kaltblütigste Weise tötet, gab ihr Ethan Cross ein gesundes Maß an Humor und Witz mit. Einige Male musste ich sehr über den Mann schmunzeln, der keine Furcht kennt. Diese Figur gab dem Thriller ordentlich Pfeffer, sodass man aus dem stupiden Lese-Rhythmus stolperte, doch leider hat man nicht sehr viel von ihm gelesen.

Special Agent Marcus Williams, der seinen Bruder undercover einsetzt, befindet sich in einem inneren Konflikt bei der Frage, ob es richtig ist einen Serienkiller bei der Jagd nach einem Serienkiller einzusetzen. Diese Problematik und seine Konflikte, ob er ein guter Vater sei, fand ich gut umgesetzt.

Die Figuren dieses Thrillers sind schnörkellos. Durch die Darstellung von Stärken und Schwächen punkten sie in der Authentizität, doch einige von ihnen kamen viel zu kurz, obwohl sie interessante Persönlichkeiten waren. Besonders die Ermittler bzw. die Figuren der guten Seite waren zu blass und mit zu wenig charakterlicher Tiefe ausgestattet.

Der Schreibstil des Autors ist angenehm flüssig und trotz der bestialischen Verbrechen die geschehen wählt er eine Sprache die maßvoll und angemessen ist.

Der Showdown ist zwar fulminant, doch nach meinem Empfinden enttäuschend, da die Inszenierungen des Killers weit in der Vergangenheit liegen und nicht im Hier und Jetzt enden.

Den Hype um diese Reihe kann ich bei weitem nicht nachvollziehen, doch es könnte schließlich möglich sein, dass die Vorgänger in einer anderen literarischen Liga spielen.

Fazit und Bewertung:

Ich bin der Zorn ist ein lesenswerter und spannender Thriller, doch er kann sich mit dem inszenierten Hype nicht messen.

Veröffentlicht am 19.01.2017

Verstörend – Kurzweiliger und spannender Thrill für Leser mit starken Nerven

Weiße Hand wie Schnee
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Fünf Geschwister wähnen sich in einer alten Burg, die sie ihr Zuhause nennen, in den dichten Wäldern Schottlands, in Sicherheit. Sie sind vor einem von Missbrauch geprägtem Leben geflohen, dass ihre Seelen ...

Fünf Geschwister wähnen sich in einer alten Burg, die sie ihr Zuhause nennen, in den dichten Wäldern Schottlands, in Sicherheit. Sie sind vor einem von Missbrauch geprägtem Leben geflohen, dass ihre Seelen zerstört hat.

Zeitgleich gewährt ein Psychiater einem Straftäter Freigang, von dem dieser nicht zurückkehrt. Gemeinsam mit einer Kollegin macht er sich auf die Suche nach seinem überfälligen Patienten. Dabei treffen die beiden Psychiater fatalerweise auf die fünf Geschwister.
Der Autor:

Alexandra Huß studierte Creative Writing an der VHS Duisburg und absolvierte verschiedene Praktika in der Buchbranche. Sie lebt mit ihrer Familie im schaurig-schönen Ruhrgebiet und verfasst unter anderem Texte für Touristikportale. Auf Mallorca, ihrer zweiten Heimat, tankt sie Energie für neue Projekte.

Als Autorin ist Alexandra Huß wirklich vielseitig unterwegs. Zwar steckt sie »noch in den Schuhen eines Waisenkindes, auf der Suche nach ... Papier, Stift und dem fliegenden Teppich«, wie sie es selbst beschreibt. Gleichzeitig aber ist sie auch ohne fliegenden Teppich schon in den verschiedensten Genres aktiv.

»Kurzgeschichte, Hörbeitrag, Hörspiel, Kinder-/Jugendliteratur, Krimi, Kurzkrimi, Thriller, lesbisch/schwule Literatur, Lyrik, Märchen, Sagen, Mythen, Mundart, Novelle, Prosa, Kurzprosa, Roman« - alles das interessiert sie, vieles davon hat Alexandra Huß schon praktisch für sich erprobt. In der Ganymed Edition soll es ganz viel davon zu lesen geben. Den Anfang machen wir im Juni 2016 mit einem wahrlich finsteren Thriller (›Weiße Hand wie Schnee‹) und kurz danach mit einem Kinderbuch (›Der magische Teekessel‹). (Quelle: www.alexhussde.de)

Reflektionen:

Im vergangenen November lernte ich die sehr sympathische Autorin Alexandra Huß, während einer Wohnzimmerlesung kennen. Bei dieser Veranstaltung las sie Auszüge aus Weiße Hand wie Schnee. Sehr schnell war ich fasziniert von ihrem außergewöhnlichen Stil und einem rasanten Tempo. Ich konnte nicht wiederstehen und trug nach der Lesung mein neu gekauftes Buch nach Hause.

Nachdem ich das Buch heute ausgelesen habe, bleibe ich mit gemischten Gefühlen zurück, die ein Einerseits und ein Andererseits in mir hinterlassen.

Die Geschichte des nur 212 Seiten langen Werks ist äußerst verstörend. Inhalte der Handlung können kaum erwähnt werden, ohne sie zu spoilern. Nur so viel sei gesagt, es handelt sich bei den Geschwistern um schwer missbrauchte Seelen, die sich auf einem Rachefeldzug befinden und dabei auf einen Serienkiller treffen, der nach einem Freigang nicht in die psychiatrische Klinik zurückkehrt.

Einerseits:

Alexandra Huß, verwendet in ihrer Geschichte einen Stil, der ein unglaubliches Tempo an den Tag legt. Als Leser prescht man durch die Seiten. Angetrieben von kurzen, prägnanten und aussagekräftigen Sätzen, ohne jeden Schnörkel. Die Autorin fängt den Leser ein und fesselt allein schon durch ihre Sprache. Dadurch gelingt es ihr meisterhaft, eine sehr düstere und schaurige Stimmung zu zeichnen, die sich hochspannend und zuverlässig bis zum Ende hält und immer wieder für Gänsehaut sorgt.

Andererseits:

Ich bin Liebhaberin wirklich harter Thriller, doch dieser hier ist mir in seiner Sprache einen Hauch zu obszön und vulgär. Sicherlich passt dieser Stil in die verstörende Lebensgeschichte der missbrauchten Geschwister, die derartig kaputte Seelen sind, sodass sich ihr Gedankengut bizarr und vulgär in ihrem Ausdruck und in ihren Handlungen widerspiegelt. Diese Umsetzung ist der Autorin sehr gut gelungen. Doch es sind nicht nur die Interaktionen der Geschwister, die mir dieses too much – Gefühl vermitteln, sondern auch die weiterer Figuren, die Unmenschliches und Ekelhaftes praktizieren, das hier nicht niedergeschrieben stehen sollte, falls sich ein minderjähriger kleiner Mensch hier her verirrt.

Zitate

Den Pullover durchtrenne ich mit einem Messer, ihre schlabbrigen Titten liegen frei. Mit Daumen und Zeigefinger hebe ich eine an, es ist ekelhaft. Weich und ohne Festigkeit, wie ein Waschlappen. In ihrem Gesicht zeichnet sich etwas ab. Erkenntnis. Doch bevor ihre grauen Gehirnzellen das ganze genau kapiert haben, habe ich die Titte abgesäbelt und an die kalte Burgmauer geklatscht. Ein Knurren ertönt, der Hund hat wieder Appetit bekommen.

**
Mit einem Trichter, einem gelben, gieße ich Treibstoff in sie hinein, bis der letzte verschwunden ist. Art stellt sich zu mir, er hat das Feuerzeug schon in der Hand. XXX pisst vor Angst und auch an ihrem Arsch tritt etwas aus.
*
Die Arme über den Kopf gezogen und an zwei Haken fixiert. Es blutet aus einer Wunde am Bauch. Es sieht nach einem Schnitt aus. Pisse und flüssige Kacke vermischen sich und tropfen auf den Höhlenboden.
**
Alexandra Huß spielt mit dem Leser, indem sie die Perspektiven geschickt abwechseln präsentiert. Zunächst durchschaue ich nicht sofort, wer darin agiert, da nicht nur die weibliche Hauptfigur Scout in der Ich-Erzählweise durch die Seiten wandert, sondern noch eine weitere Figur. Aber nach ein paar Kapiteln, konnte ich mich auf diesen Stil zufrieden einlassen.

Während des Lesens fiel mir kaum auf, dass die Geschichte nicht in allen Punkten authentisch ist. Erst nach beenden des Buchs geistert mir der ein oder andere Gedanke durch den Kopf, der mir Fragen stellt, die ich nicht beantworten kann. Trotzdem wird Weiße Hand wie Schnee noch länger in mir nachhallen und das schafft noch lange nicht jeder Autor mit seiner Geschichte.

Diesen Thriller mit Sternen zu bewerten fällt mir unglaublich schwer. Einerseits hat mich die Geschichte durch einen außergewöhnlichen Stil bis zum Schluss gefesselt und äußerst spannend unterhalten. Wie Alexandra Huß hier mit Sprache und Ausdruck spielt, hat mir sehr gut gefallen und zeugt von einem schriftstellerischen Talent, dass sicher noch einiges an Potenzial zu bieten hat. Andererseits war mir die Story eine Spur zu vulgär und ließ Authentizität vermissen.

Fazit und Bewertung:

Wer einen kurzweiligen Thriller in rasantem Tempo sucht, wen Brutales und Vulgäres nicht abstoßen und wer gute Nerven hat, der hat mit Weiße Hand wie Schnee eine verstörende Story vor sich, die bis zu Letzt spannend unterhält.