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Veröffentlicht am 08.11.2016

Comeback mit Konsequenzen - 3. Band der Myron Bolitar-Reihe

Der Insider - Myron Bolitar ermittelt
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Myron Bolitars Karriere als NBA-Basketballer wurde durch einen folgenschweren Unfall zerstört. Zurück im Leben baut er sich eine neue Existenz als Sportagent auf und staunt daher nicht schlecht, als ihn ...

Myron Bolitars Karriere als NBA-Basketballer wurde durch einen folgenschweren Unfall zerstört. Zurück im Leben baut er sich eine neue Existenz als Sportagent auf und staunt daher nicht schlecht, als ihn der Manager des NBA-Teams zurück in die Mannschaft holen möchte. Öffentlich erscheint dies als Bolitars Comeback, doch in Wirklichkeit ermittelt Bolitar in einem geheimnisvollen Vermisstenfall als Insider und taucht zudem auch tief in seine eigene, für ihn längst noch nicht abgeschlossene Vergangenheit ein.

Der Autor:

Harlan Coben wurde 1962 in New Jersey geboren. Nachdem er zunächst Politikwissenschaft studiert hatte, arbeitete er später in der Tourismusbranche, bevor er sich ganz dem Schreiben widmete. Seine Thriller wurden bisher in über 40 Sprachen übersetzt und erobern regelmäßig die internationalen Bestsellerlisten. Harlan Coben, der als erster Autor mit den drei bedeutendsten amerikanischen Krimipreisen ausgezeichnet wurde – dem Edgar Award, dem Shamus Award und dem Anthony Award – gilt als einer der wichtigsten und erfolgreichsten Thrillerautoren seiner Generation. Er lebt mit seiner Frau und seinen vier Kindern in New Jersey. (Quelle: Goldmann Verlag)

Reflektionen:

Harlan Cobens Thriller „Der Insider“, der 3. Band der Reihe um den Sportagenten Myron Bolitar, wurde im September 2016 neu aufgelegt. Der Insider begleitete mich als mein erstes eBook überhaupt mehr als 10.000 Flugkilometer in Richtung Süd-Ost.

Der Schreibstil des Autors ist gewohnt gut und leichtfüßig, sodass man flüssig durch die Buchseiten gleitet. Humorvolle sowie ironische Dialoge würzen die Handlung dieses Myron Bolitars, den man wirklich sehr gut auch als „stand alone“ lesen kann. Ich hatte zu keiner Zeit das Gefühl, dass mir Informationen aus den vorherigen Bänden fehlen.

Harlan Cobens Figuren sind gewohnt gut und feingliedrig charakterisiert. Die einen sympathisch, die anderen boshaft unsympathisch.

Mit dem Sportagenten Myron Bolitar ist Harlan Coben eine äußerst authentische und sympathische Figur gelungen. Myron agiert und ermittelt mit seinem Freund Win, Windsor Home Lookwood III, einem Börsenmakler. Die beiden ergänzen sich, wobei Win doch schon gern einmal eiskalt drauf haut. Die beiden haben sich an der Universität kennengelernt und teilten sich ein Zimmer. Später waren sie gemeinsam „kurz“ beim FBI beschäftigt.

Nachdem Myron Bolitar nach einem Unfall seine aktive Basketballkarriere aufgeben musste, baut er sich eine neue Existenz als Sportagent auf. Als ein Super-Star der NBA spurlos verschwindet wird Myron Bolitar als neuer Spieler in die Mannschaft aufgenommen, um im Geheimen als Insider zu ermitteln. Offiziell feiert Myron sein Comeback in der NBA. Myron kommen Zweifel auf ob er diesen Job annehmen und vor allem ob er ihn gesundheitlich, mit einem zertrümmerten Knie, durchziehen kann. Doch letztendlich nimmt er den Auftrag an und unterzeichnet den Vertrag als Spieler.

Die Menschen in Myrons Umfeld reagieren auf dieses späte Comeback mit Zurückhaltung und Argwohn, aber es gibt auch alte Fans, die erneut an ihn als Spieler glauben.

Den inneren Konflikt, den Myron mit sich selbst austrägt, hat Harlan Coben brillant erzählt und dargestellt. Er durchzieht die Handlung wie einen roten Faden. Die Handlung des Insiders ist gewohnt gut ausgearbeitet und die Idee der Geschichte äußerst ansprechend. Dennoch fehlte mir in diesem Thriller der gewisse Pfiff, den ich sonst in Harlan Cobens Büchern so genieße. Ich hatte einfach nicht das Gefühl einen Thriller zu lesen, auch wenn die Elemente dafür durchaus eingearbeitet waren und die Spannung knisterte.

Alle Kapitel waren sehr angenehm zu lesen und informativ, doch sie boten mir nicht genug kriminalistisches Input für ein feuriges Vorankommen in der Handlung eines Thrillers. Nur langsam, mit wenig Tempo, ließen sich die Puzzleteilchen des Vermisstenfalls zusammensetzen, obwohl gesunde Perspektivwechsel bereicherten, bis die Story in einem überraschenden Ende mündet.

Zusammengefasst und auf den Punkt fehlt mir in diesem Thriller das Tempo und eine ansteigende Spannungskurve. Da können Ermittlungen authentisch in Szene gesetzt sein, Wendungen hinters Licht führen, Mord, Eifersucht und Erpressung brutal und rätselhaft erscheinen und sarkastische Dialoge, mit einem Hauch von Witz, wie ein Lesehighlight wirken, doch ohne Tempo und fesselnde Spannung bleibe ich dieses Mal etwas enttäuscht zurück.

Fazit und Bewertung:

Dieser Thriller ist für mich ein schwächelnder Harlan Coben. Der Insider ist definitiv lesenswert, doch mir fehlte Tempo und eine ansteigende Spannungskurve.

Veröffentlicht am 07.11.2016

Unverheilte Wunden. Geliebt. Geirrt.

Im dunklen, dunklen Wald
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Überraschend erhält Nora eine Einladung zum Junggesellinnenabschied ihrer ehemaligen Schulfreundin Clare. Nora kann Clares Einladung nicht nachvollziehen, denn seit den schmerzlichen Ereignissen von vor ...

Überraschend erhält Nora eine Einladung zum Junggesellinnenabschied ihrer ehemaligen Schulfreundin Clare. Nora kann Clares Einladung nicht nachvollziehen, denn seit den schmerzlichen Ereignissen von vor zehn Jahren hatten sie keinen Kontakt mehr miteinander. Erst als Noras Freundin Nina zusagt, nimmt sie die Einladung mit einem unguten Bauchgefühl an und begibt sich damit in ein ungewisses Wochenende und in ein Haus, in einem dunklen, dunklen Wald in Nordengland.

Die Autorin:

Ruth Ware wuchs im südenglischen Lewes auf und lebte nach ihrem Studium an der Manchester University eine Zeit lang in Paris. Sie hat als Kellnerin, Buchhändlerin, Englischlehrerin und Pressereferentin für einen großen Verlag gearbeitet und wohnt jetzt mit ihrer Familie in Nordlondon. (Quelle: dtv Verlag)

Reflektionen:

Den Thriller „Im dunklen, dunklen Wald“ von Ruth Ware habe ich im Rahmen einer Blog-Aktion des dtv Verlags gelesen. Gemeinsam mit Kasin & crumb von KeJas-BlogBuch und vielen weiteren Lesern und Bloggern haben wir eine spannende und lustige Lesenacht verbracht. Auf KeJas-BlogBuch und auf Twitter unter #dunklelesenacht könnt ihr alle Beiträge und Kommentare dazu nachlesen.

Der Einstig in die Geschichte ist mir sehr leicht gelungen, da die Debüt-Autorin in einem angenehmen, sanften und flüssigen Stil schreibt. Für die Hauptfigur Nora wählte sie die Ich-Perspektive, die so ein besonders tiefes Eintauchen in deren Leben, Psyche und Gedankenwelt erlaubt.

Als Nora die Einladung zu Clares Junggesellinnenabschied erhält, ist diese so verwundert und zugleich verunsichert, dass ihr Alltag aus dem Gleichgewicht gerät. Nora hat seit den damaligen Ereignissen, dessen Wunden nie ganz verheilt sind, keinen Kontakt mehr zu Clare gepflegt, sodass sie die Einladung regelrecht verwirrt. Nora, die ein äußerst zurückgezogenes Schriftstellerleben in London führt, entschließt sich dennoch, wenn auch mit einem unwohlen Bauchgefühl, die Einladung anzunehmen.

Die geladenen Partygäste staunen, als sie den Ort der Party erblicken. Inmitten des dunklen Waldes ragt ein Gebäudekonstrukt aus Glas und Stahl aus dem Waldboden, weit abseits von funktionierendem GPS. Nackt, kalt und anonym. Ein skurriles Bild. Das Ferienhaus ist rundherum vollständig verglast, sodass es von allen Seiten uneingeschränkt einsehbar ist. Es wirkt unheimlich, wie ein gläserner Käfig, der jedes Leben darin vollständig entblößt.

Ruth Ware lässt die Party mit bizarren Spielen beginnen, die die Persönlichkeiten der Gäste durch vorsätzliche Grausamkeit und Niedertracht immer weiter offen legen. Sie zeichnet so einen psychologisch guten Aufbau, der die Handlung zu einem emotionalen Drama heranwachsen lässt. Ruth Wares schriftstellerisches Talent glänzt bei der Erschaffung ihrer Charaktere, sodass ich als Leser sehr tiefe Einblicke in die Psyche der Protagonisten gewährt bekomme bis der Showdown die Figuren gläsern und durchscheinend offen legt.

Zitat:
Menschen ändern sich nicht, sie werden nur besser, ihr wahres Ich zu verbergen“

Flo, Trauzeugin und Organisatorin der Party, hält Clare für das schönste und perfekteste Wesen auf Erden. Sie eifert ihr in allem nach und setzt sich zum Ziel den perfektesten Junggesellinnenabschied ever zu gestalten. Dabei überschreitet sie maßlos alle denkbaren Grenzen, droht, ist hysterisch und wirkt krankhaft besessen. Daneben erscheint Melanie, junge, glückliche Mutter, wie ein zartes und stilles Mauerblümchen. Tom, homosexueller, gut gekleideter Theatermensch, der mit Kokain die Party in Gang bringen möchte, ist der einzige Mann auf der Party.

Clare und Nora verbindet eine lange Freundschaft und ein Ereignis, das zehn Jahre zurückliegt. Nora hat es lange Jahre verdrängen und vergessen wollen. Clare war damals der Sonnenschein, in deren Schatten sich die immerzu defensive Nora einigermaßen stark und dazugehörend fühlte. Clare strotzte schon immer vor Selbstbeherrschung und sie nutzte ihr Talent und Faible für das Erfinden von Geschichten stets so wie es ihr gerade passte, auch wenn sie ihre Freundinnen damit verletzte.

Die letzte im Bunde ist die kratzbürstige Nina. Ärztin mit brasilianischen Wurzeln, die sich durch ihren Sarkasmus vor dem Leben schützt. Sie alle haben Geheimnisse, die in der Handlung geschickt miteinander verwoben sind. Als Unheimliches und ein Mord geschieht, besitzt der Leser genug Informationen, um mögliche Motive abzuwägen. Für mich stellten sich das Ende und die Auflösung jedoch als eine Überraschung dar, die ich so nicht erwartet hätte.

Während die Handlung leider nur sehr langsam vorangetrieben wird, in der eine unheimliche Grundstimmung nur gleichmäßig existiert, wird diese abwechselnd um Kapitel ergänzt, in denen Nora nach einem Unfall im Krankenhaus liegt. Nora kann sich allerdings nicht erinnern was passiert ist. Ihr fehlt zunächst jede Erinnerung.

Dieses Debüt ist lesenswert, doch für mich persönlich beherbergte es nicht ausreichend genug Thrill, um mich restlos zu überzeugen. Die Idee der Geschichte hat mir gefallen, ins Besondere die Zeichnungen der Charaktere, doch der Leseweg durch die Handlung war mit seinen Längen für mich eine Herausforderung. Denn erst weit nach der Mitte des Buchs stieg die Spannungskurve an, sodass ich gefesselt weiter las.

Fazit und Bewertung:

Im dunklen, dunklen Wald ist ein lesenswertes Debüt, dem einiges mehr an Tempo und Thrill gut getan hätte. Ruth Ware hat talentiert und ideenreich geschrieben und ich bin mir sicher, dass sie in ihrem nächsten Buch ihr schriftstellerisches Potenzial noch besser bündelt.

Veröffentlicht am 27.10.2016

Intelligente Täter und abscheuliche Verbrechen – 5. Teil der Smoky Barrett Reihe

Die Stille vor dem Tod
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„Komm her und lerne“,

lautet die mit Blut geschriebene Botschaft für Smoky Barrett, die sie und ihr Team am Tatort der ermordeten fünfköpfigen Familie Wilton lesen muss. Die Familie Wilton bleibt nicht ...

„Komm her und lerne“,

lautet die mit Blut geschriebene Botschaft für Smoky Barrett, die sie und ihr Team am Tatort der ermordeten fünfköpfigen Familie Wilton lesen muss. Die Familie Wilton bleibt nicht das einzige Opfer eines scheinbar intelligenten Täters, der Smoky durch die Botschaft mit der Lösung des Verbrechens beauftragt, denn in unmittelbarer Nachbarschaft wurden zwei weitere Familien auf grausamste Weise ausgelöscht. Die Tatorte zeugen von einer imposanten Inszenierung, deren Sprache in einem bizarren Lernprozess über das Böse und Abtrünnige entschlüsselt werden muss.

Smoky Barrett ist zurück.

Doch die Ermittlungen führen sie dieses Mal an die Grenze des Ertragbaren.

Der Autor:

Cody Mcfadyen wurde 1968 in Fort Worth, Texas (USA) geboren. Er wuchs in mehr als einfachen Verhältnissen auf, fühlte sich in der Schule unterfordert und interessierte sich bereits in seiner Kindheit für das Schreiben.

Mit 16 Jahren brach Cody Mcfadyen seine High-School-Ausbildung ab und widmete sich sozialer Arbeit für Drogenabhängige und unterstützte Selbsthilfegruppen.
Er unternahm als junger Mann mehrere Weltreisen und arbeitete danach in den unterschiedlichsten Branchen z.B. als Webdesigner, bis er sich mit 35 vollständig dem Schreiben hingab. Mit 37 Jahre erfand er die Protagonistin seiner sensationell erfolgreichen Thriller-Reihe - Smoky Barrett.

„Die Blutlinie“ war sein erster Thriller, mit dem er direkt weltweit für großes Aufsehen sorgte, was sein Leben über Nacht komplett veränderte. Mit den Bestsellern „Der Todeskünstler“, „Das Böse in uns“ und „Ausgelöscht“ hat er die außergewöhnliche Thriller-Reihe um Smoky Barrett fortgesetzt. Seine Protagonistin jagt brutale Mörder und psychopathische Serienkiller, wird jedoch auch selbst nicht vom Schicksal verschont und verliert geliebte, ihr nahestehende Menschen.

Im Jahr 2011 erschien - außerhalb der Smoky-Barrett-Reihe - der Thriller "Der Menschenmacher", in dem Opfer Selbstjustiz üben, um den Täter zu beseitigen. Cody Mcfadyens Thriller sind nichts für schwache Nerven, denn was er dem Leser serviert ist hart, zuweilen brutal und immer atemlos spannend.

Seine Bücher sind im deutschsprachigen Raum sehr beliebt und seine Fan-Gemeinde hierzulande ist rasant gewachsen.

Cody Mcfadyen lebt zurückgezogen und schreibt seine Bücher gern in einer privaten und häuslichen Umgebung. Er ist zum zweiten Mal verheiratet, Vater einer Tochter und lebt mit seiner Familie in Südkalifornien. (Quelle: Bastei Lübbe Verlag)

Reflektionen:

Cody McFadyen hat uns Leser lang auf eine Fortsetzung seiner erfolgreichen Reihe um die FBI-Agentin Smoky Barrett und ihr Team warten lassen, daher war meine Vorfreude auf dieses Buch unglaublich groß. Meine Erwartungen an eine großartige schriftstellerische Leistung schwebten auf einem sehr hohen Niveau, denn schließlich wurden wir Leser bisher mit gigantischen Plots, hochspannenden Handlungen und einer rundherum anspruchsvollen Schreibkunst verwöhnt.

Nachdem ich das Buch nun beendet habe, bleibe ich enttäuscht zurück. Enttäuscht über mich selbst? Oder enttäuscht von Cody McFadyen? Ich glaube ein bisschen von beidem. Meine Erwartungshaltung gegenüber dem neuen Cody war einfach zu hoch, doch, darf man nicht nach vier sehr gelungenen Thrillern eine in etwa gleichbleibende Qualität an Story, Plot und schriftstellerischer Leistung erwarten? Ich glaube schon.

„Die Stille vor dem Tod“ ist ganz bestimmt kein schlechtes Buch, aber es reicht bei Weitem nicht an die vier Vorgänger heran und darüber sollte man sich vor dem Kauf dieses hochpreisigen Thrillers bewusst sein. Und wer die Reihe weiter verfolgen möchte, der muss dieses Buch lesen, denn das Wissen über die Geschehnisse in diesem Thriller wird für einen weiteren Band sicher erforderlich sein.

Dennoch, auch in diesem Thriller beherrscht Cody McFadyen es, den Leser mit unfassbarer Gewalt zu konfrontieren. Es ist nicht das Blut das durch die Buchseiten rinnt und den Leser gruselt oder ihn bis an seine Grenze des Ertragbaren bringt sondern es sind die bis ins Letzte ausgeklügelten und dramatisch inszenierten Verbrechen und die hoch intelligenten Täter, die dem Leser den Atem rauben. Niemals, auch nicht in meinen schlimmsten Alpträumen, könnten Verbrechen a‘la CodyMcFadyens extremer Fantasie auftauchen.

Cody McFadyen ist ein Künstler des scheinbar unerschöpflichen, bösartigen Ideenreichtums an Gewalttätigkeiten und es ist für mich unvorstellbar, wie diese extremen, detailliert ausgearbeiteten Ideen aus einem gesunden Kopf sprudeln können. Seine dramatischen, teilweise animalischen Inszenierungen strotzen vor Action, Gigantismus bis hin zur Perversion und sie treiben den Leser atemlos an die Grenze des ertragbaren Lesens.

Ideen extrem. Ganz Cody. Mehr geht nicht.

Cody McFadyens Schreibstil ist seitenweise der alte, aber leider nicht kapitelweise. Anfangs empfand ich Sätze sogar sehr holperig und manch ein ungeschickt verschachtelter Satz musste erneut gelesen werden. Mit dem Auftauchen der bereits bekannten Figuren liest man zwar hin und wieder im alten Stil und genießt die fein charakterisierten Protagonisten und wähnt sich im neuen Cody McFadyen angekommen zu sein, doch dann verliert er sich in unendlich langen, sinnierten Gedanken, Träumen und Rückblicken und verzichtet gar auf rasante Dialoge.

Positiv empfand ich die Vorherhebung von sehr persönlichen Emotionen der Smoky Barrett. Cody McFadyen gewährt in diesem Band tiefe Einblicke in Smokys Psyche und er erlaubt ihr Schwächen zu besitzen. Dies ist durchaus eine angenehme Weiterentwicklung dieser Figur, doch für mich waren diese Emotionen nicht maßvoll genug eingesetzt.

Sicherlich ist es schön in einem Mehrteiler an Vergangenes erinnert zu werden, doch es waren für mich zu viele Rückblenden. Die Träume und Rückblenden hinderten mich daran in der Handlung gewohnt zackig voranzukommen.

In diesem Thriller schockt Cody McFadyen erneut damit, dass er durchaus liebgewonnene Figuren plötzlich auf die andere Seite der Legalität schubst. Man sollte annehmen, dass Protagonisten die dem Leser in vier Bänden ans Herz gewachsen sind, weiterhin die gute Seite bereichern, aber Cody nimmt dem Leser auch diese Vision. Auch die Authentizität der Polizeiarbeit und des überhaupt Möglichen ließ mich immer mal wieder stolpern.

Mein Fazit:

Meine Lese-Erwartungen sehe ich nicht erfüllt.

„Die Stille vor dem Tod“ ist sicher kein schlechtes Buch, denn Cody schreibt schon sehr talentiert. Dennoch, ich habe eine fesselnde, hoch spannende und gigantische Handlung erwartet. Die Idee der Geschichte war sehr gut, aber ihre Umsetzung ist Cody McFadyen diesmal bedauerlicherweise nicht gut genug gelungen.

Veröffentlicht am 29.09.2016

Die Zeit des unsichtbaren Schutzengels – Emotionaler Thriller ohne viel Blutvergießen

Krähenmutter
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Eine junge Mutter testet in der Kosmetikabteilung eines Supermarktes Lippenstifte und lässt ihren kleinen Sohn Henry, der im Kinderwagen friedlich schlummert, nur einen kleinen Augenblick aus den Augen. ...

Eine junge Mutter testet in der Kosmetikabteilung eines Supermarktes Lippenstifte und lässt ihren kleinen Sohn Henry, der im Kinderwagen friedlich schlummert, nur einen kleinen Augenblick aus den Augen. Als sie sich umdreht ist der Kinderwagen samt ihrem Baby spurlos verschwunden.

Für die betuchten Eltern bricht eine Welt zusammen. Sie warten vergeblich auf eine Lösegeldaufforderung. Als diese jedoch ausbleibt, stellt sich der Fall für die LKA-Ermittlerin Laura Kern und ihren Partner Max äußerst rätselhaft dar. Auch das Verhalten der Eltern gibt ihnen Rätsel auf, so dass die Vermutung nahe liegt, dass sie womöglich mit den Tätern gemeinsame Sache machen. Da Mathias Nussbaum ein angesehener Unternehmer ist, dessen Kontakte bis in die Politik reichen, stehen dem Ermittlerteam bereits das Innenministerium im Nacken.

Während Laura und ihr Team mit widersprüchlichen Zeugenaussagen beschäftigt sind, verschwindet plötzlich der Vater des Kindes und die verbleibende Zeit verrinnt gefährlich schnell.

Die Autorin:

Catherine Shepherd, geboren 1972, stammt ursprünglich aus Berlin und lebt heute mit ihrer Familie in Zons am Rhein. Nach dem Abitur studierte sie Wirtschaftswissenschaften und arbeitete anschließend bei einer großen Bank. Doch ihre Leidenschaft für Kreativität und Phantasie trat immer stärker hervor, bis sie eines Tages zum Stift griff und ihren ersten Thriller schrieb. Seitdem hat sie schon eine Million Leser mit ihren Büchern begeistert. (Quelle: Piper Verlag)

Reflektionen:

Ich war mir zunächst nicht ganz sicher, ob ich Krähenmutter lesen wollte oder nicht, denn schließlich offenbart der Titel deutlich, dass es in dieser Geschichte um Kinder geht. Um kleine Kinder, denn das Cover zeigt einen Kinderwagen, auf dessen Griff eine schwarze Krähe posiert. Als Mutter wägt man dann immer ab, ob man sich den Emotionen einer solchen Geschichte hingeben möchte oder nicht. Ich war dann mal stark und begann meinen ersten Chatherine Shepherd zu lesen. Es wurde Zeit.

Die Erzählung startete mit einer emotionalen Szenerie, in der von einem kleinen, namenlosen Jungen die Rede ist. Er lebt mit seiner Mutter und den Babys in einem Haus, dass er nur selten verlassen darf. Er liebt seine Mama abgöttisch, aber er kann das Babygeschrei fast nicht mehr ertragen. Was es mit dem kleinen Jungen auf sich hat, spoilere ich hier natürlich nicht, aber so viel vor ab, man darf spannende Lesestunden erwarten.

Chatherine Shepherd hat mich mit ihrem angenehmen Schreibstil sehr schnell in den Bann gezogen. Er ist klar und ausdrucksstark und er zerrinnt förmlich auf der Zunge, so dass man sein Lesetempo merklich erhöht. Da sich verschiedene und hoch spannende Perspektiven im Wechsel ablösen, trägt sich die Spannung fast von allein. Allerdings legt Chatherine Shepherd so viele Emotionen in ihre Sprache, dass die Spannung immer weiter ansteigt, bis sie in einem fulminanten, emotionalen und schlüssigen Showdown endet.

Die wohl pointierten Emotionen spielen in diesem Thriller mit den Nerven der Leser. Wer bleibt schon still sitzen, wenn es um kleine Kinder geht. Die Autorin beschreibt die Sorgen und Ängste der Eltern, die knisternde und rätselhafte Spannung und on top die grausamen Erinnerungen der Ermittlerin, die in ihrer Kindheit ein grausames Erlebnis allein durchlebt hat, die ihr noch heute furchtbare Alpträume bescheren.

Die „meisten“ Figuren sind sehr lebendig gezeichnet. Tiefe Einblicke in die Psyche der Figuren bringen sie mir sehr nah. Ob sympathisch oder nicht, ob gut oder böse, mir gefällt die Zeichnung der Charaktereigenschaften, die mir eine persönliche Einordnung und Einschätzung der Protagonisten erlauben, die ich zum Entschlüsseln der rätselhaften Kriminalfälle in dieser Geschichte benötige. Aber, es gab genau so Figuren dir mir zu blass erschienen, deren Handlungen für mich nicht nachvollziehbar oder authentisch genug waren.

Trotz dass ich überrascht werde, einige mögliche Motive zum Entschlüsseln präsentiert bekomme, geschickte Wendungen genießen darf und die Handlung unvorhersehbar erscheint, wirkt mir Krähenmutter leider etwas zu sehr konstruiert.

Dieser Thriller kommt maßvoll ohne großartiges Blutvergießen aus, da die Autorin Kraft ihrer Worte ausreichend gruselige Spannung und Nervenkitzel erzeugt.

Fazit und Bewertung:

Krähenmutter ist ein hoch spannender und emotionaler Thriller, der nur wenig Blutvergießen benötigt, um den Leser in den Bann der Geschichte zu ziehen. So kann ich diesen Thriller auch denen empfehlen, die blutrünstige Thriller gänzlich ablehnen.

Veröffentlicht am 26.09.2016

Die Maske hinter der Maske - Hoch spannend und sprachgewaltig

DIE WAHRHEIT
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Der Vermögende Unternehmer Philipp Petersen verschwindet spurlos während einer Geschäftsreise in Südamerika. Sieben Jahre lang fehlt jede Spur von ihm. Während dessen zieht Sarah Petersen, die Ehefrau ...

Der Vermögende Unternehmer Philipp Petersen verschwindet spurlos während einer Geschäftsreise in Südamerika. Sieben Jahre lang fehlt jede Spur von ihm. Während dessen zieht Sarah Petersen, die Ehefrau des vermeintlichen Entführungsopfers, ihren achtjährigen Sohn Leo allein auf. Sarah lebt zurückgezogen, arbeitet als Lehrerin, leistet ehrenamtliche Hilfe in einer Flüchtlingsunterkunft und kümmert sich aufopfernd um ihren Sohn.

Als sie sich entschließt einen Neuanfang zu wagen, ihren Ehering feierlich im Garten vergräbt, wärt ihr neu gesetztes Ziel nicht lange, denn ein Anruf vom Auswärtigen Amt kündigt die langersehnte Rückkehr Philipps an.

Er lebt.

Sarah weiß mit dieser langersehnten Situation kaum umzugehen. Gefühle des Glücks wollen sich nicht einstellen und als ihr Ehemann Philipp einen Skype-Anruf verweigert, jedoch darum bittet ihren gemeinsamen Sohn Leo nicht mit zum Flughafen zu bringen, ist sie schwer verunsichert.

Sarah beobachtet wie sich die Türen des Flugzeugs langsam öffnen. Sie sieht die wenigen Passagiere aussteigen, die Crew, doch wo ist Philipp?

Und dann steht er vor ihr.
Er ist ein Fremder.
Er ist nicht Sarahs Ehemann Philipp!

Die Autorin:

Melanie Raabe wurde 1981 in Jena geboren, wuchs in einem 400-Seelen-Dorf in Thüringen und einer Kleinstadt in NRW auf, studierte Medienwissenschaft und Literatur in Bochum und lebt inzwischen in Köln – als Journalistin, Drehbuchautorin, Bloggerin, Performerin und Theaterschauspielerin. Sie betreibt ihren eigenen Interview-Blog (www.biographilia.com) und erhielt bereits mehrere Preise für ihr Schreiben. Die Rechte an ihrem Roman "Die Falle" wurden bereits vor Erscheinen international verkauft, u.a. nach Frankreich, Italien, die Niederlande, Spanien und das englischsprachige Ausland. (Quelle: btb Verlag)

Reflektionen:

Nach dem Lesen von Melanie Raabes „Die Falle“ war ich mir sehr sicher, dass mich „Die Wahrheit“ ebenso begeistern würde, obwohl ich von Geschichten, die wie Kammerspiele wirken, etwas ermüdet war. Gone Girl, Girl on the Train und viele andere, in denen nur wenige Protagonisten agieren, die psychisch labil durch ihre Welten gehen, hinterlassen bei mir leider manchmal eine Lese-Schwerfälligkeit. „Die Wahrheit“ würde ähnlich wirken, verriet mir der Klappentext, aber ich freute mich erneut auf Melanie Raabes literarisch anmutige Sprachgewalt und ihren unverwechselbaren und anspruchsvollen Stil.

Ich liebe es wenn es klein in klein, detailverliebt und ausdrucksstark einhergeht. Wenn ich an den Gedanken der Figuren teilhaben darf, ihre innere Zerrissenheit spüren und das Erzittern ihrer Verunsicherung gegenüber ihrem Umfeld erfühlen kann, ohne von einer blumigen Sprache erdrückt zu werden.

Melanie Raabe gelingt es schriftstellerisch grazil, dem Leser auf besondere Weise die inneren Konflikte der Figuren, zwischen deren Gedankenwelten und dem dann folgenden handeln, bis ins kleinste Detail nah zu bringen und zu erläutern. Die Hauptfiguren, die beide neben einer no0rmalen Lebensweise eine tiefdunkle Seite besitzen, wirken dadurch unendlich zerrissen, niedergeschlagen, aber auch motiviert und angetrieben. Durch die Teilhabe an den Gedanken der Figuren und der intensiven Ich-Erzählweise sind die Charaktereigenschaften sehr deutlich und präsent, so dass ich als Leser ein sehr klares Bild von ihnen vor mir habe.

Die Konflikte und die durchlebten Emotionen der Figuren sowie die Perspektiven, die sich zwischen Sarah und dem „Fremden“ abwechseln, heben die psychologisch aufgebaute Spannung auf ein hohes Niveau an. Der rote Faden Spannung riss für mich niemals ab und trotz dass hier hauptsächlich nur zwei Figuren auf ihre Weise kämpfen, war ich sehr gefesselt und von zahlreichen gut pointierten Cliffhangern angetrieben und fasziniert zu gleivh. Eventuell wirkt die Geschichte so außergewöhnlich intensiv auf mich, da ich die Möglichkeit besaß, Seite um Seite mit kaum einer Unterbrechung lesen zu können.

Betrachtet man als Leser die Handlungsweise der Figuren, dann würde man es persönlich eigentlich anders machen. Der gesunde Menschenverstand gibt beispielsweise vor in einer bestimmten Situation die Polizei aufzusuchen. Doch Melanie Raabe gelingt es spielend leicht dem Leser die erforderliche Akzeptanz abzugewinnen, das die Figuren nur so handeln können und erhält so die Authentizität der Geschichte, dessen schlüssiges Ende dann sogar schon fast banal wirkt.

„Die Wahrheit“ ist kein blutiger Thriller der mit Action vollgepackt ist, sondern vielmehr ein psychologisches Verwirrspiel, dass sich in atmosphärischer Dichte in den Köpfen der Protagonisten abspielt. Die Brutalität in „Die Wahheit“ spiegelt sich einzig in der Betrachtung der menschlichen Abgründe wieder, die in dieser hoch emotionalen und geheimnisvollen Geschichte eine tragende Rolle spielen.

Dennoch, ich bin überzeugt dass „Die Wahrheit“ die Leser in zwei Lager auf splitten wird. Man wird sie mögen oder nicht, aber ein Dazwischen wird es kaum geben.

Zitat:

Ich sehe mich um, das Badezimmer hell erleuchtet durch das einfallende Tageslicht, erinnert mich in seinem strengen Weiß plötzlich an einen Operationssaal. Zittrig will ich mich auf den Rand der Badewanne setzten, streife dabei eine schlanke Phiole mit Schaumbad, die scheppernd und klirrend in die Wanne fällt. Das Geräusch erscheint mit unnatürlich hoch und laut, mir knacken die Ohren, dann wird das linke Ohr taub, schließlich höre ich einen hohen Piepton. Ich sehe dem Fläschchen zu, wie es in der Wanne hin- und herrollt, endlich liegenbleibt. Das Piepen in meinem Ohr wird lauter, helle Flecken breiten sich in meinem Gesichtsfeld aus, und kurz macht nichts mehr einen Sinn. Meine Blicke schweifen rastlos umher, ich versuche, einen Zusammenhang zwischen den Dingen zu erkennen, die ich sehe. Weiß, alles weiß und glatt. Weiße kalte Fliesen. Die glatte, weiße Oberfläche einer Badewanne. Ein weißes Waschbecken. Die weiße Orchidee, weiße Handtücher, weiße Seifenspender, ein weißer Duschvorhang. Nur ein paar Farbtupfer. Die schmale Flasche, die in der Badewanne liegt und mit einer Flüssigkeit gefüllt ist: saphierblau. Eine kleine Taucherbrille mit Schnorchel, neongrün. Eine winzige Darth-Vader-Figur aus Plastik, tiefschwarz. Ein Quitscheendchen, pink. Und ich. Ich blicke an mir herab. Auf meine braungebrannten Beine, die unter meinem weißen Kleid hervorragen, meine kirschroten Zehennägel. Ich blinzle. Spüre die kühle, glatte Oberfläche unter mir, fühle, wie eine Gänsehaut die Härchen an meinen Armen aufstellt, starre auf die Fliesen vor mir. Das Weiß flimmert vor meinen Augen. Ein Wasserhahn tropft, plitsch, plitsch, plitsch, das Geräusch wird immer lauter plitsch, plitsch, plitsch, plitsch, aber ich kann nicht aufstehen und ihn abstellen, ich muss hier sitzen und warten, bis die Taubheit vorbeigeht, der Tremor, der Schwindel. Der leichte Geruch einer Duftkerze, die auf dem Rand der Badewanne steht, steigt mir in die Nase, ich habe vergessen, was so riecht, vielleicht Vanille? Zitrone? Amber?

Mein Herzschlag beruhigt sich langsam.

Fazit und Bewertung:

Die Wahrheit ist ein unblutiger Thriller, der emotional und sprachgewaltig als psychologisches Verwirrspiel die Seiten füllt. Ich empfehle ihn all denen, die sich nicht scheuen, von nur wenigen Figuren durch eine geheimnisvolle Handlung geführt zu werden, die hauptsächlich in atmosphärischer Dichte in den Köpfen der Protagonisten spielt.