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Veröffentlicht am 15.09.2016

Ein Ostfriesland-Krimi – Debüt - Spannend und angenehm kurzweilig

dollart-fuck.de
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Ostfriesland: Im „Großen Meer“ bei Riepe, unweit von Emden entfernt, wird die Leiche einer jungen Frau aufgefunden. Die Schwester der seit zwei Jahren vermissten Toten, bittet den jungen Privatdetektiv ...

Ostfriesland: Im „Großen Meer“ bei Riepe, unweit von Emden entfernt, wird die Leiche einer jungen Frau aufgefunden. Die Schwester der seit zwei Jahren vermissten Toten, bittet den jungen Privatdetektiv und professionellen Gitarristen Jo „Blueskohl“ um Hilfe. Dabei stößt er bald auf erste Spuren, die ihn auf die Internetseite dollart-fuck.de führen. Scheinbar hat sich die Tote am Schweinchenstrand am Dollart ihr Taschengeld aufgebessert und begegnete ihrem Mörder im Forum auf dollart-fuck.de.

Jo’s Ermittlungen führen ihn bis an seine Grenzen und sein Leben stets plötzlich Kopf.

Der Autor:

Rainer Kottke, Jahrgang 1969, lebt im Landkreis Leer in Ostfriesland. Er ist Inhaber eines kleinen Fachgeschäfts für Gitarren und Zubehör. DOLLART-FUCK.DE ist sein Debüt.

Reflektionen:

Rainer Kottke ist ein spannendes und kurzweiliges Krimi-Debüt gelungen. Auf leider „nur“ 160 Seiten liest sich die Geschichte um den jungen Privatdetektiv fesselnd und kurzweilig.

Jo steht am Anfang seiner Karriere als Privatdetektiv. Ihn beschäftigen noch Gründungsproblematiken, die der Autor hier sehr menschlich und authentisch dargestellt hat. Da Jo ein zweites Standbein besitzt, nämlich seine Band mit der er als Gitarrist hohe Ziele anstrebt, muss er definitiv noch dazu verdienen, um seine Träume erfüllen zu können. Als die Schwester der aufgefundenen Toten ihn um Hilfe bittet, beginnt er zu ermitteln. Doch anfänglich erscheinen seine Ermittlungen eher wie ein kleines, unbedarftes Abenteuer, das sich dann aber zu einer wirklich großen und gefährlichen Sache entwickelt.

Diese Geschichte habe ich wirklich gern gelesen. Im flüssigen, leichten Stil erzählt Rainer Kottke eine ansprechende Geschichte. Ausdruck und Sprache habe ich als sehr angenehm empfunden. Seine stets maßvoll eingesetzte bildhafte Sprache beschreibt Schauplätze und Örtlichkeiten in Ostfriesland, die mir dadurch sehr bekannt vorkommen. Der Schauplatz des Verbrechens bescherte mir dadurch auch eine fiese Gänsehaut.

Anfänglich hatte ich persönlich Schwierigkeiten zwei Figuren auseinanderhalten zu können. Ob ich ein entscheidendes Detail überlesen hatte? Vermutlich hat mir meine Konzentration vorübergehend einen Streich gespielt.

Rainer Kottkes Protagonisten sind sehr autark. Sie könnten meine Nachbarn sein. Sympathisch kommen viele der Figuren daher, doch fehlte es mir etwas mehr an Tiefe. Die Figur des Jo’s wartete hingegen mit einer interessanten und informativen Legende auf, die rückblickartig erzählt wurde. So konnte ich mich gut an ihn herantasten und ihn kennenlernen. Seine Charakterzüge waren mir so näher, als die manch einer anderen Figur.

Der Haupterzählstrang liest sich aus Sicht des Jo und ab und zu poppt die Perspektive des vermeintlichen Täters auf. Dadurch wird die Spannung jeweils gepuscht. In diesem Krimi herrscht eine durchaus gesunde und knisternde Grundspannung, die mich wissbegierig durch die Seiten drängt. Ich ermittele mit, befinde mich im Miträtsel-Modus und ich fiebere der Auflösung entgegen.

Das Tempo in dem der Autor erzählt, finde ich äußerst angenehm, doch es fehlte einfach noch inhaltlich ein bisschen mehr Power um die Spannung auf einem hohen Niveau agieren zu lassen. Die Szenen die von der Brutalität des Verbrechens eingenommen sind, zeugen deutlich davon, wie viel Potenzial in Rainer Kottkes schriftstellerischem Talent schlummert, um den Leser in eine Welt zu entführen, aus der sie nur von Privatdetektiv Jo befreit werden können. Ich würde sicher einen zweiten Kriminalroman von Rainer Kottke genießen.

Ich bedanke mich recht herzlich bei Rainer Kottke, der mit freundlicherweise dieses Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte. Ich muss leider gestehen, dass ich mich in einer Buchhandlung nicht von dem Cover angesprochen gefühlt hätte. Doch so, kam ich dennoch in den Genuss dieses Debüts.

Fazit:

Dollart-Fuck.de ist ein kurzweiliger Kriminalroman, der spannend und mit einer ansprechenden Handlung unterhält. Auf Grund der niedrigen Seitenzahl eignet er sich hervorragend für zwischendurch und ich empfehle ihn sehr gern.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Das Gift des Misstrauens – Ein großartiges Thriller-Highlight

Zwei Sekunden
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Zweiter Fall des Ermittlerteams um Kommissar Eugen de Bodt.

In Berlin wird ein Terroranschlag auf die deutsche Bundeskanzlerin und den russischen Präsidenten verübt, die den Terrorakt nur um „zwei Sekunden“ ...

Zweiter Fall des Ermittlerteams um Kommissar Eugen de Bodt.

In Berlin wird ein Terroranschlag auf die deutsche Bundeskanzlerin und den russischen Präsidenten verübt, die den Terrorakt nur um „zwei Sekunden“ überleben.

Es gibt kein Bekennerschreiben. Die Russen vermuten dass tschetschenische Terroristen hinter dem Anschlag stecken. Der Druck der Öffentlichkeit und der Politik ist so enorm, dass Verfassungsschutz und Bundeskriminalamt dem unliebsamen Kommissar Eugen de Bodt erlauben, neben der ins Leben gerufenen Task Force, eigene Ermittlungen einzuleiten. Eine Vernunftentscheidung, die mit einem guten Ermittlungsergebnis ein funktionierendes Staatsgebilde suggerieren würde. Liefert de Bodt keine Ergebnisse, wird er derjenige sein, auf dessen Schultern das Versagen der Ermittlungsorgane lasten wird.

Lange tappen de Bodt und sein Team im Dunkeln. Die Task Force und Kollegen arbeiten gegen sie. Es muss einen Maulwurf geben und sie sind bald sicher, dass dieser Fall ausschließlich durch intelligentes Handeln zu lösen ist. Doch bis dahin, setzt de Bodt riskant sein eigenes Leben aufs Spiel.

Zitat:

Ein Schlag hob den Wagen von der Straße. Die Straße explodierte. Die Detonation zerriss die Panzerung des Wagenbodens. Schoss Trümmer und Splitter wie ein Schrapnell in den Audi. Der Wagen stand einen Augenblick in der Luft, drehte sich zur Beifahrerseite und knallte dumpf auf die Straße.

Da waren die Insassen längst zerfetzt.

Der Autor:

Christian v. Ditfurth, geboren 1953, ist Historiker und lebt als freier Autor in Berlin. Zuletzt hat er neben Sachbüchern und Thrillern (Das Moskau-Spiel, 2010) Kriminalromane um den Historiker Josef Maria Stachelmann veröffentlicht, die auch in den USA, in Frankreich, Spanien und Israel veröffentlicht wurden. Zuletzt erschienen Das Dornröschen-Projekt und Tod in Kreuzberg. (Quelle: carl’s books Verlag)

Reflektionen:

Christian von Ditfurth hat mich schon vor vielen Jahren mit seinen Stachelmann Kriminalromanen begeistert. Darin habe ich es besonders genossen, den Historiker von Ditfurth erkennen zu dürfen. Dann kam Heldenfabrik, Eugen de Bodts erster Fall. Genial, intelligent und rasant. Klar, dass ich Zwei Sekunden sehnsüchtig erwartet habe.

Zwei Sekunden ist noch besser. Noch intelligenter, noch viel rasanter und brisanter und, thematisch aktueller denn je. Die Authentizität des am Anfang stehenden Terrorakts hätte gestern oder heute genau so geschehen sein können.

Und das schockt.

Gut dass es sich um eine fiktive Geschichte handelt, aber immer wieder verliere ich mich in Gedanken, die mich erinnern, dass diese Form des Terrors leider inzwischen bitterer Alltag in unserer Welt ist.

Die Inhaltsangabe verspricht politische Dramaturgie. Ich lese sehr gern Polit-Thriller, vor allem wenn sie so realistisch erzählt werden, und doch kann ich versichern, dass die politischen Machenschaften in diesem komplexen Thriller angenehm maßvoll beleuchtet werden. Im Großen geht es hier bis zu Letzt um eine unglaublich rasante Jagd nach Motiven und Tätern.

Wunderbar interessant dargestellt empfinde ich die Konflikte zwischen de Bodts Ermittlungsteam und der Task Force, der nicht nur das BKA, der Verfassungsschutz sondern auch die Russen angehören. De Bodt wittert einen Maulwurf in diesen eigenen Reihen und so muss das Team jeden Schritt den sie tun gewissenhaft austaxieren. Sie fahren ein enormes Risiko, aber ihr kleines Team ist so perfekt aufeinander abgestimmt, dass hundertprozentiges Vertrauen und intelligente Überlegungen zielführend sind.

Die Hauptfigur Eugen de Bodt hasst es Polizist geworden zu sein. Dementsprechend verbindet ihn emotional nichts mit Kollegen und Vorgesetzten, außer mit seinem Team. Er tickt anders als alle und er zieht alles so durch, wie er es für richtig hält. Neid und Missgunst seiner Kollegen und Vorgesetzten sind im stets gewiss. So eigenbrötlerisch wie de Bodt auch ist, er ist ein äußerst intelligenter Sympathieträger. Philosophisch fundierte Einlagen seinerseits sind ein Augenschmaus. Selbst Teammitglied Yussuf, ein blonder Zappelphilipp-Türke, beginnt inzwischen zu philosophieren, wenn er mal nicht gerade mit spitzfindigen Bemerkungen und Kommentaren Kollegen nervt. Die dritte im Bunde ist Silvia Salinger, die manchmal unnahbar erscheint und dann wieder de Bodts Nähe sucht. Dieses Ermittlungsteam stemmt fast Unmögliches. Sie sind fachlich absolut kompetent, agieren authentisch, akzeptieren unorthodoxe Ermittlungsmethoden und sind ein richtig gut aufeinander abgestimmtes Team.

Von jedem Ermittler fließen auch sehr persönliche Dinge mit in die Handlung ein. Angenehm auflockernd, nach dem die tempogeladene Story und die kontinuierliche Spannung kaum Zeit zum Verschnaufen vorhält. Darüber hinaus gibt es auch einige humorvolle Dialoge, die mir ein ums andere Mal ein Lächeln ins Gesicht zaubern.

Die Geschichte lebt von geschickten Perspektivwechseln, die Christian von Ditfurth intelligent mit Verstrickungen und Wendungen versorgt, die wiederum explosionsartige Spannungshöhepunkte produzieren.

Es geht brutal zu und es fließt einiges an Blut.

Christian von Ditfurth schreibt in einem literarisch anspruchsvollen Stil. Seine Sprache ist ausdrucksstark und auf dem Punkt. Die dichte Handlung hat es nicht nötig mit Tam Tam und drumherum Geschreibe aufzuwarten. Tiefgründigkeit, Komplexibilität, Authentizität und Hochspannung gelingen dem Autor scheinbar spielend leicht.

Zwei Sekunden kann man sehr gut als „stand alone“ lesen, doch ich würde für einen runden Lesegenuss zuerst das lesen von Heldenfabrik empfehlen.

Fazit und Bewertung:

Zwei Sekunden ist ein intelligenter und hochspannender Thriller. Er ist komplex, doch man widmet ihm sehr gern seine volle Konzentration. Für mich ist dieser Thriller definitiv ein Lese-Highlight 2016, dass ich sehr gern und ausdrücklich weiterempfehle. Ich möchte dieses Buch unbedingt verfilmt sehen.

Einfach großartig!

5 Sterne Lese-Highlight 2016

Veröffentlicht am 15.09.2016

NSU-Polit- Thriller - Brisant, intelligent und aufrüttelnd authentisch

Wolfsspinne
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2011 in Eisenach:

Zwei Männer werden in einem Wohnmobil tot aufgefunden. Alles deutet zunächst auf einen Selbstmord hin. Doch dann wird klar, diese beiden Männer gehörten zu einem rechtsextremen Trio, ...

2011 in Eisenach:

Zwei Männer werden in einem Wohnmobil tot aufgefunden. Alles deutet zunächst auf einen Selbstmord hin. Doch dann wird klar, diese beiden Männer gehörten zu einem rechtsextremen Trio, das im „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) agierte. Der dritte Mann ist Ronny Vogt. Er beobachtete den NSU für den Verfassungsschutz.

„Aktion Wolfsspinne“

Er kennt die Wahrheit, doch er muss für immer schweigen.

Heute in Düsseldorf:

Melli Franck wird in ihrem Promi-Restaurant brutal ermordet aufgefunden. Erste Spuren führen Hauptkommissar Vincent Veith ins Drogenmilieu, denn bei Melli Franck werden Drogen gefunden, die sie selbst auch konsumierte. Merkwürdig auch, dass Melli Francks Ex-Ehemann weiter in das heruntergewirtschaftete Restaurant investierte. Vincent Veith steht zunächst vor einem großen Rätsel, bis weitere Morde geschehen. Im Zuge dieser Ermittlungen berühren Spuren den „Nationalsozialistischen-Untergrund“ weit in der Vergangenheit. Als Vincent Veith seinen entfernten Cousin Ronny Vogt im Zusammenhang mit einem der Morde befragt, holt ihn dessen Vergangenheit mit dem mörderischen NSU-Trio ein und seine Tarnung droht aufzufliegen.

„Ein hochbrisanter Politthriller vor dem Hintergrund von Flüchtlingszuwanderung und Pegida, der die offizielle Version zum Thema NSU infrage stellt.“

Der Autor:

Horst Eckert, 1959 in Weiden/Oberpfalz geboren, lebt seit 29 Jahren in Düsseldorf. Er studierte Politische Wissenschaft und arbeitete fünfzehn Jahre als Fernsehjournalist. 1995 erschien sein Debüt «Annas Erbe». Seine Romane gelten als «im besten Sinne komplexe Polizeithriller, die man nicht nur als spannenden Kriminalstoff lesen kann, sondern auch als einen Kommentar zur Zeit» (Deutschlandfunk). Sie sind in mehrere Sprachen übersetzt sowie preisgekrönt (u.a. Friedrich-Glauser-Preis für «Die Zwillingsfalle», Krimi-Blitz für «Schwarzer Schwan»).

Bei Wunderlich erschienen bisher seine Politthriller «Schwarzlicht» und «Schattenboxer» um den Düsseldorfer Ermittler Vincent Che Veih. (Quelle: Wunderlich Verlag)

Reflektionen:

Wenn ich Bücher lese, dann liegt stets ein Notizbuch neben mir, in dem ich all das notiere, was ich später in meine Rezension fließen lassen möchte. Als ich Wolfsspinne las, füllten sich meine Seiten im Hand umdrehen, so dass ich nun vor einer großen Flut von Notizen für diese Rezension sitze. Es sind so außergewöhnlich viele Notizen geworden, da Horst Eckert die Seiten seines intelligenten Polit-Thrillers auf jeder Seite mit Informationen garniert, die ich süchtig lesend in mich hineinsauge.

Er spielt mit mir als Leser, denn seine Geschichte tanzt auf Messers Schneide. Absichtlich drückt er den Leser in Selbstzweifel, denn was ist Realität und was Fiktion? Was ist Fakt oder was reales Zeitgeschehen und was ist Horst Eckerts Version, wie alles gewesen sein könnte?

Horst Eckerts glaubwürdige Version ist weit entfernt von einer Verschwörungstheorie, aber sie strotzt nur so vor brutaler Authentizität und das ist es was diesen hochspannenden Thriller so interessant und erschreckend zugleich macht. Selbst wenn man die NSU-Affären in der Presse aufmerksam verfolgt hat, kommt man trotzdem mit seinen abgespeicherten Informationen und den verbliebenen, unermesslich vielen Spekulationen arg ins Schleudern, denn wir alle wissen sicher, dass man uns Bürgern nicht die reine Wahrheit vorgesetzt hat. Wolfsspinne ist also nicht nur ein sehr spannender Thriller, sondern auch eine brisante Möglichkeit der Aufklärung.

Niemand braucht sich sorgen dass die Geschichte möglicherweise langweilt, weil man erneut und erneut von der NSU liest. Ganz im Gegenteil, spannender kann ein Polit-Thriller mit realem Bezug absolut nicht sein und der Spagat zwischen Fiktion und Realität ist genial gelungen.

Daneben hat Horst Eckert Protagonisten erschaffen, deren Legenden die Hauptrollen spielen. Er versucht aber auch mit Hilfe seiner schriftstellerischen Freiheit die damaligen Täter kennenzulernen bzw. aufzudecken was sie warum taten und beleuchtet wie sie heute leben könnten.

Die Lebensläufe der vielschichtigen Figuren weisen viele Parallelen zu Mundlos, Tschäpe, Böhnhardt & Co. auf, aber sie führen dennoch ein von ihnen unabhängiges Leben, dass immer wieder, dann authentisch, die Bundesregierung, BKA, LKA und vor allem den Verfassungsschutz angenehm taktlos und kritisch kreuzt. Es ist deutlich zu lesen, wie der Autor das Ergebnis der Bundesanwaltschaft anzweifelt, bei der sich die Widersprüche im NSU-Prozess, offensichtlich nicht verfolgte Spuren und merkwürdige Todesfälle von Zeugen summieren. Überhaupt wird beim Lesen erneut deutlich, wie wenig man als Bürger die Wahrheit kennt.

In Wolfsspinne ermittelt erneut der sympathische Vincent Veith, dessen Mutter einst selbst als Terroristin agierte. Daraus ergeben sich immer wieder interessant in Szene gesetzte Konflikte, die Veiths Polizistenlaufbahn kontinuierlich stören. Auch wenn dieser Ermittler bereits zum dritten Mal Geschichte schreibst, so meine ich, dass man Wolfsspinne auch ohne die Vorgänger vorher gelesen zu haben als „stand alone“ sehr gut genießen kann ohne etwas Vergangenes zu vermissen.

Host Ecket hat Wolfsspinne zwei Perspektiven geschenkt, die erfrischend im Wechsel harmonieren. Wendungen und Verstrickungen beleben den komplexen Thriller, den man sehr bewusst genießen sollte. Genuss ist darüber hinaus auch der Schreibstil des Autors. Knackig, faktisch, sehr gewissenhaft recherchiert, nüchtern, aber durchaus auch emotional und mit einem Hauch von Humor.

Fazit und Bewertung:

Wolfsspinne ist ein hochbrisanter, intelligenter und komplexer Polit-Thriller. Für mich ein Lese-Highlight 2016. Ich empfehle ihn den Liebhabern von Polit-Thrillern und Fans von Vincent Veith.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Ein abscheulicher Frevel - Auge um Auge - Ein spannender Kriminalroman

Küstenbrut
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Im kleinen Ort Niederwiek, an der deutschen Ostseeküste, wird die Leiche brutal ermordeten Galeristin Dana Wolff aufgefunden. Erste Spuren führen den Polizisten Bert Mulsow zu Kunsthistoriker Professor ...

Im kleinen Ort Niederwiek, an der deutschen Ostseeküste, wird die Leiche brutal ermordeten Galeristin Dana Wolff aufgefunden. Erste Spuren führen den Polizisten Bert Mulsow zu Kunsthistoriker Professor Richard Gruben, dessen Visitenkarte mit persönlicher Nachricht versehen, bei der Toten gefunden wird. Mulsow kontaktiert Gruben, doch dieser ist sich sicher, dass er die Tote nicht kennt. Da Mulsow und Gruben ein Jahr zuvor bereits gemeinsam einen Kriminalfall gelöst haben, bittet ihn Mulsow an die Küste, um die Bilder der Ermordeten zu begutachten. Professor Richard Gruben ahnt nicht, welch dramatische und unmenschliche Intrigen ihn erwarten.

Die Autorin:

Anja Behn, geboren 1972 in Rostock, studierte Bauingenieurwesen und arbeitet in einer Rostocker Baufirma. Sie lebt mit ihrer Familie in einem kleinen Dorf in Mecklenburg. Küstenbrut ist ihr zweiter Kriminalroman.

Neugierig auf mehr? Auf meinem Blog Nisnis's Bücherliebe findet ihr ein Interview mit der Autorin aus Januar 2016.

Reflektionen:

Mit großer Freude habe ich den zweiten Kriminalroman der Autorin Anja Behn erwartet. Ihr Krimi-Debüt „Stumme Wasser“ hat mir sehr gut gefallen und deshalb war meine Erwartungshaltung gegenüber ihrem neuen Werk sehr hoch.

So viel vorweg:

Anja Behn hat es mit Leichtigkeit geschafft, mich erneut zu begeistern.

Den sympathischen Kunsthistoriker Richard Gruben und den Polizisten Bert Muslow kannte ich bereits aus „Stumme Wasser“. Die beiden Figuren verloren kein Tröpfchen ihrer sympathischen Charaktereigenschaften. Die Figur Richard Gruben kam mir nun aber noch viel näher, da anfangs auch sein Privatleben maßvoll, aber noch intensiver, in die Geschichte einfloss. Nach der Geburt seines Sohnes kam es zur Trennung von seiner Frau Charlotte, die mit dem Baby in eine andere Stadt zog. Um als Vater für sein Kind da zu sein, pendelt Gruben. Doch der ständige Streit und zusätzlich der Alltagsstress lösen einen Hörsturz aus und folglich leidet er an einem Tinnitus.

Im Verlauf der Handlung wundert man sich schon, dass Professor Gruben als Kunsthistoriker fast gänzlich ohne polizeiliche Unterstützung auskommt, als er einen Mord und weitere Verbrechen aufzuklären versucht, aber ich kann diese etwas unrealistische Vorgehensweise augenzwinkernd und mit Leichtigkeit akzeptieren. Meine Akzeptanz basiert auf eine rundherum harmonische Geschichte. Von Polizist Bert Mulsow hätte ich gern noch mehr gelesen, denn er erscheint ebenso sympathisch und kompetent wie Richard Gruben, aber er bleibt als Figur doch noch etwas blass.

Die Geschichte spielt an der Ostseeküste Deutschlands in einem kleinen Ort. Entsprechend dramatisch wird die Ermordung der Galeristin Dana Wolff empfunden. Die Polizei vermutet zunächst einen brutalen Serienvergewaltiger, der die Menschen im Ort in Angst und Schrecken versetzt. Merkwürdig nur, dass die Visitenkarte Richard Grubens bei der Toten aufgefunden wird, auf der Gruben die Nachricht: „Du schuldest mir eine Nacht. Ruf mich an R.“ notiert hatte. Gruben kennt Dana nicht, aber es handelt sich definitiv um seine Handschrift. Zunächst tappen Mulsow und Gruben im Dunkeln, und dann tun sich im Umfeld der Toten Abgründe auf, die nur nach und nach ans Licht kommen. Einige der involvierten Figuren besitzen nachweislich ein Mordmotiv, doch die Handlung ist so verstrickt, dass sehr lange unklar bleibt, wer den Mord an Dana begangen hat. Meine eigenen Überlegungen, wer der Täter sein könnte, werden von der Autorin immer wieder mit geschickten Wendungen außer Betrieb gesetzt. Weitere Verbrechen Geschehen. Die Spannung knistert kontinuierlich.

Außer dem Schein meiner Leselampe ist es dunkel. Ich höre plötzlich merkwürdige Geräusche, unsere Hündin hebt den Kopf, ich halte den Atem an und es läuft mir ein kalter Schauer über den Rücken. Nein, es ist nichts. Aber, es hätte ja etwas sein können…! Danke Anja Behn, für dieses gruselige Gefühl!

Ich mag die Schauplätze dieses Kriminalromans, die mir Anja Behn mit einem Hauch eines wunderbaren Ostsee Flairs näher bringt.

Die Hauptprotagonisten sind intensiv und ausdrucksstark gezeichnet, aber sie bleiben trotzdem beabsichtigt undurchsichtig und geheimnisvoll. Nur häppchenweise gibt die Autorin die Charakterzüge der Figuren preis und so erscheinen deren Legenden rätselhaft, kriminell bis hin mysteriös. Als Leser kann ich mich kaum festlegen, welche Figur welches Verbrechen begangen haben könnte und dieser Umstand beschert mir sehr spannende Lesestunden im Krimi-Rätsel-Modus.

Besonders gut dargestellt fand ich Danas hinterbliebene Tochter Lena. Das Mädchen im Teenageralter verschweigt etwas sehr gravierendes. Etwas abscheuliches und frevelhaftes hat Dana ihrer Tochter hinterlassen, doch diese schweigt auf Biegen und Brechen, auch noch als sie längst ernsthaft in Gefahr schwebt. Die inneren Konflikte des Mädchens haben mich mitunter auch sehr berührt und am liebsten hätte ich sie geschüttelt, damit sie endlich erzählt welche grausamen Geschehnisse ihr Leben so sehr belasten.

In diesem Kriminalroman begeistern mich nicht nur die spannende Story oder die sorgfältig erschaffenen Figuren, sondern auch der gefestigte Schreibstil und der Ausdruck der Autorin. Vergleiche ich den Stil vom Debüt-Krimi „Stumme Wasser“ mit „Küstenbrut“, kann ich an dieser Stelle nur ein „Wow!“ von mir geben, denn man erkennt deutlich die angenehme, literarische Entwicklung der Autorin. Anja Behn geht noch mehr ins Detail, sie geht bis ins Kleine und sie verwebt die Perspektiven geschickt durch ihren anspruchsvollen Ausdruck. Dadurch erlebe ich den Krimi äußerst intensiv, so dass ich bis zur letzten Seite sehr gefesselt bin.

Allen Lesern die sich nun fragen ob sie eventuell erst „Stumme Wasser“ lesen sollten, kann ich beruhigend versichern, dass man „Küstenbrut“ genießen kann, ohne den Vorgänger gelesen zu haben.

Fazit und Bewertung:

Küstenbrut ist ein sehr spannender und anspruchsvoll geschriebener Kriminalroman, den ich sehr gern empfehle. Man darf interessante Figuren und eine rundherum runde Geschichte erwarten, die fesselnd unterhält.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Im Märchenwald wird alles gut, oder? Spannender und fesselnder Thriller

Märchenwald
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Im Märchenwald wird alles gut, oder?

Berlin: Der 9 jährige Max und seine 4 jährige Schwester Elli werden von ihrer Mutter mitten in der Nacht geweckt. Sie sollen sich in der Kammer verstecken und still ...

Im Märchenwald wird alles gut, oder?

Berlin: Der 9 jährige Max und seine 4 jährige Schwester Elli werden von ihrer Mutter mitten in der Nacht geweckt. Sie sollen sich in der Kammer verstecken und still sein. Um Ellie die Angst zu nehmen, erzählt Max seiner kleinen Schwester, dass sie von nun an ein Spiel im Märchenwald spielen, bevor sie sich auf den Weg zum Großvater machen.

Zeitgleich erwacht eine junge Frau zwischen Müll und Unrat. Sie ist verletzt und kann sich nicht mehr erinnern was ihr geschehen ist. Plötzlich taucht jemand auf, der ihr nichts Gutes will und sie muss flüchten.

Ein mysteriöser Fall für Kriminalhauptkommissar Paul Kalkbrenner und Kriminalkommissarin Sera Muth.

Der Autor:

Martin Krist ist das Pseudonym des erfolgreichen Autors Marcel Feige. Geboren 1971, arbeitete er als leitender Redakteur bei verschiedenen Zeitschriften und lebt seit 1998 als Schriftsteller in Berlin. (Quelle: Ullstein Buchverlage)

Reflektionen:

Martin Krist traf mich an meiner empfindlichsten Stelle, als die Perspektive über die kleinen Kinder, Max und Ellie, ihren Lauf nimmt. Zwei kleine Kinder versuchen zu ihrem Opa zu gelangen, ohne den weiten Weg vorher jemals allein zurückgelegt zu haben. Natürlich verlaufen bzw. verfahren sie sich und sie erfahren auf ihrer verzweifelten Reise Gutes und Böses. Sie sind allein unterwegs, da ihre Mutter spurlos aus der Wohnung verschwunden ist. Nur einen großen Blutfleck hat sie dagelassen. Max, der ältere, kümmert sich rührend um die kleine Ellie, der er erzählt, dass im Märchenwald alles gut werden wird.

Diese Perspektive berührt zutiefst, während sie sich mit zwei weiteren Erzählsträngen zunächst abwechselt, bevor diese später immer mehr ineinanderfließen.

Die Geschichte der Zoe fesselt ähnlich stark. Sie erwacht inmitten von Müll und Unrat und sie kann sich an nichts erinnern. Plötzlich steht Gee vor ihr, der sie Zoe nennt. Zoe erkennt schnell, dass Gee ihr nicht wohlgesonnen ist und sie muss flüchten. Doch wohin? Einsam irrt sie durch die Stadt und versucht ihrem Gedächtnisverlust auf den Grund zu gehen. Sie empfindet zu Recht Angst und ist fast panisch. Diese Emotionen hat Martin Krist intelligent und realistisch beschrieben.

Der dritte Handlungsstrang beginnt mit dem Auffinden des Toten Dieppe, der scheinbar unter normalen Umständen ums Leben kam. Zufällig schaut ein Sanitäter in die Kühltruhe des Rentners und muss eine gruselige Entdeckung machen. In der Truhe ist Menschenfleisch eingefroren. Als Paul Kalkbrenner und Sera Mut ihre Ermittlungen aufnehmen, ahnen sie nicht wohin sie dieser rätselhafte Fall führen wird.

Der Erzählstrang um den Rentner Dieppe erreichte fast meine Grenze zum Ekel, denn Kannibalismus gehört thematisch nicht zu meinen Lieblingsthemen in einem Buch. Martin Krist beschreibt diese Szenen geschickt, sodass alles um dieses Thema auf noch erträgliche Weise zu lesen ist. Doch zukünftig werde ich mich wohl beim Öffnen meines Gefrierschranks an diesen Thriller erinnern. Das was Dieppe getrieben hat, ist entsetzlich. Das gesamte Umfeld von Dieppe wird durchleuchtet, doch bis dahin ist es ein weiter Weg für die Ermittler.

Martin Krists Schreibstil hat mir sehr gut gefallen. Er liest sich sehr flüssig bis maßvoll detailverliebt und er zuppelt damit immer wieder an meinen Emotionen. Von Berührtheit bis Ekel ist alles dabei. Seine Wortwahl ist ansprechend und hinterlässt ein harmonisches Bild der Geschichte, auch wenn die Story alles andere als harmonisch ist. Besonders gelungen sind die Beschreibungen der Schauplätze. Auch als Nichtberliner erkenne ich diverse Örtlichkeiten in Berlin wieder und ich kann mir ein sehr gutes Bild in den Kopf zaubern lassen.

Die Spannung agierte auf einem recht hohen Niveau und trieb mich sehr an, bis ein paar Verschmelzungen von Perspektiven holperig und zu sehr geplant wirkten, als würden sie zu schnell auf den Punkt kommen müssen. So wird zum Beispiel Kalkbrenner Tochter entführt und Punkt. Es gibt keine Geschichte um diese Tatsache herum. Dies änderte nichts an meinem Lesefluss und nichts an meinem Interesse, doch ich nahm es wahr und fand es sehr schade.

Die Figuren der Kinder sind besonders liebevoll kreiert. Ihre Charaktere produzieren empfindsames Lesen. Die kindliche Sprache und ihre Handlungen sind authentisch dargestellt.

Ermittler Paul Kalkbrenner ist mir sehr sympathisch. Seine persönlichen Konflikte und seine Ermittlungsmethoden konnte ich jederzeit nachvollziehen. Um mich mit der Figur Kalkbrenner auseinandersetzen zu können, erhielt ich ausreichend Informationen. Doch nicht alle Figuren erschienen mir so offen. Einige Figuren blieben bis zuletzt total blass. Es gibt Nebenfiguren die stärker charakterisiert sind, als beispielsweise Kalkbrenners Kollegin Sera Muth. Sie hätte auch einfach nicht anwesend sein können, sie würde mir nicht fehlen.

Dennoch kann ich hier schreiben, dass dies sicher nicht mein letzter Thriller von Martin Krist ist.

Fazit und Bewertung:

Ein spannender, fesselnder und gleichzeitig berührender Thriller, dem gegen Ende etwas mehr Input für eine abgerundete Handlung gut getan hätte. Auf Grund des Themas Kannibalismus, eignet sich dieser Thriller nur für „nicht“ zart besaitete Leser.