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Veröffentlicht am 07.03.2018

Autobiographischer Jugendroman - Flucht aus Syrien, ankommen in Deutschland - Informativ und bewegend

Aus Syrien geflüchtet
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Seif ist 20 und lebt seit fast zwei Jahren als Flüchtling in Deutschland. Als 2011 die Unruhen in Syrien entstehen und sich zu einem schrecklichen Krieg ausweiten, ist Seif gerade 14. Das Leben wird täglich ...

Seif ist 20 und lebt seit fast zwei Jahren als Flüchtling in Deutschland. Als 2011 die Unruhen in Syrien entstehen und sich zu einem schrecklichen Krieg ausweiten, ist Seif gerade 14. Das Leben wird täglich gefährlicher. Seine Mutter und er fliehen über die Türkei und Griechenland weiter nach Deutschland. Die Flucht ist lebensgefährlich und voller schwerer Entscheidungen. Seif muss unglaublich viel Verantwortung tragen, Ängste und Schwierigkeiten bewältigen sowie mit Einsamkeit und Verlust umgehen, bis er schließlich sicher in Deutschland lebt.

Hier beginnt eine Geschichte von Integration und Zukunftsplänen: Seif lernt in kürzester Zeit Deutsch und integriert sich gut in seiner neuen Heimatstadt. Er erfährt Hilfsbereitschaft und Unterstützung, aber wird auch mit Vorbehalten, Ausländerfeindlichkeit und bürokratischen Problemen konfrontiert. (Quelle: Verlag an der Ruhr)

Reflektionen:

Die K.L.A.R.-reality Reihe des Verlags an der Ruhr veröffentlicht autobiografische Geschichten von Jugendlichen für Jugendliche. Dabei sind die Jungautoren teils mit schweren Einzelschicksalen konfrontiert. Die Reihe wird in der Sekundarstufe als Schulbuchlektüre eingesetzt. Sie zeichnet sich besonders dafür aus, da kurze Kapitel, in große Schrift und eine einfach angewandte Sprache die spannenden Geschichten aus dem Real Life verständlich rüberbringen.

Seif Arsalans Geschichte berührt. Auf leider nur 143 Seiten erzählt er von seiner Familie und Kultur und teils von seinen schwierigen Familienverhältnissen in Syrien. Er schildert wie er den Kriegsbeginn als 14jähriger in Syrien erlebt und empfunden hat und spätestens ab da, können wir behüteten Deutschen kaum die Schrecken gedanklich verarbeiten, die Seif schildert. Letztendlich haben vielschichtige Faktoren dazu geführt, dass sich Seif mit seiner Mutter zur Flucht entschieden hat und doch war es in erster Linie die politische Verfolgung des Bruders, die plötzlich ein lebensgefährliches Risiko für die Familie darstellte. Mit nur geringen finanziellen Mitteln begaben sich Mutter und Sohn auf die Flucht. Sie flüchten von der Türkei aus über Griechenland, wo mehrere Fluchtversuche übers Meer scheiterten. Sie waren menschenunwürdigen Situationen ausgesetzt und standen immer wieder vor großen Entscheidungen, die ihr zukünftiges Leben beeinflussen würden.

Seif Arsalan beschreibt seine emotionalen Entscheidungsfindungen, die er auf der Flucht oftmals allein treffen musste, sehr eindrücklich. Es berührt sehr zu lesen, was sich in seinem jungen Kopf abgespielt hat, vor allem da nicht jede Entscheidung vernünftig erschien. Zudem ist es beeindruckend wie er, in Deutschland angekommen, die bürokratischen Hürden besiegte. Sein Ehrgeiz die deutsche Sprache schnellst möglichst zu erlernen hat ihm viele Türen geöffnet. Er hat früh erkannt, dass er sich über die Sprache am ehesten integrieren kann.

In seinem kleinen Buch beschreibt er immer wieder die Hilfsbereitschaft, die ihm viele Menschen entgegengebracht haben und er wertschätzt jeden Strohhalm, den man ihm entgegengehalten hat. Das hat ihn unglaublich bestärkt, das in der Türkei erfolgreich absolvierte Abitur, das in Deutschland nicht anerkannt wurde, in Deutschland zu wiederholen. Die Idee zum Buch war früh da und es sollte eine Überraschung für seine Mutter sein. Sie darf sehr stolz sein, auf ihren Sohn, und ich bin mir sicher, dass Seifs Geschichte nicht nur eine interessante und spannende Real Life-Geschichte für jugendliche Schüler ist, sondern unglaublich viel dazu beitragen kann, dass auf Schulhöfen und in unserer Gesellschaft das Verständnis füreinander wächst und bestärkt wird.

Ich wünsche Seif, dass er seine ehrgeizigen, beruflichen Ziele erreicht und zukünftig gut mit seinen Erinnerungen leben kann.

Fazit und Bewertung:

Seif Arsalan ist mit seiner Mutter aus Syrien geflüchtet. Er erzählt eindrücklich und berührend von seiner Flucht und von seiner ehrgeizigen Integration in Deutschland. Aus Syrien geflüchtet ist nicht nur eine interessante und spannende Real Life-Geschichte für jugendliche Schülerinnen und Schüler. Sie kann unglaublich viel dazu beitragen, dass auf Schulhöfen und in unserer Gesellschaft das Verständnis füreinander wächst und bestärkt wird.

©nisnis-buecherliebe.de

Veröffentlicht am 26.02.2018

Bluthunger - Spannend, absurd, düster

Das Böse, es bleibt
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Wenn die Schrecken der Vergangenheit zum Grauen der Gegenwart werden

Südtirol, im Winter. Marlene ist auf der Flucht, panisch steuert sie ihr Auto durch den Schneesturm. Im Gepäck: ein Beutel mit Saphiren, ...

Wenn die Schrecken der Vergangenheit zum Grauen der Gegenwart werden

Südtirol, im Winter. Marlene ist auf der Flucht, panisch steuert sie ihr Auto durch den Schneesturm. Im Gepäck: ein Beutel mit Saphiren, den sie ihrem skrupellosen Ehemann aus dem Safe entwendet hat. Wegener ist der Kopf einer mafiösen Erpresserbande, und Marlene weiß, dass er seine Killer auf sie hetzen wird. Da stürzt ihr Wagen in eine Schlucht. Marlene erwacht in einer abgelegenen Berghütte, gerettet von einem wortkargen Alter. Bei ihm und seinen Schweinen glaubt sie sich in Sicherheit vor ihrem Mann. Bald jedoch stellt sie mit Entsetzen fest, dass von dem Einsiedler eine noch größere Gefahr ausgeht …

Der Autor:

Luca D'Andrea wurde 1979 in Bozen geboren, wo er heute noch lebt. Er stieg mit seinem ersten Thriller sofort in die Riege der internationalen Top-Autoren auf: "Der Tod so kalt" erschien in rund 40 Ländern, wurde zum Bestseller und stand wochenlang unter den ersten 5 der Spiegel-Liste. Gegenwärtig wird "Der Tod so kalt" verfilmt. Sein zweites Buch, "Das Böse, es bleibt", ist seit Erscheinen in Italien auf der Bestsellerliste und wurde mit dem Premio Scerbanenco, dem renommiertesten italienischen Krimipreis, ausgezeichnet. Wie D'Andreas Erstling führt auch dieser Thriller in seine Heimat Südtirol. (Quelle: DVA Verlag)

Reflektionen:

Das Böse es bleibt ist der zweite Thriller von Luca D'Andrea. Etwa vor einem Jahr erschien das Thriller-Debüt Der Tod so kalt, der mit einer außergewöhnlichen Thematik, jedoch mit ein paar Schwächen, den Büchermarkt rasant eroberte. Luca D'Andrea bleibt in Das Böse es bleibt seinem Stil treu und bedient sich erneut einer außergewöhnlichen Thematik, die der Grundstein für eine düstere und abtrünnige Handlung mit Tiefe darstellt, ohne die der Roman jedoch leichthin in die Klischeekiste abrutschen könnte. Vermutlich hätte ich mir diese Buchauswahl sogar überlegt, wenn mir die Thematik bekannt gewesen wäre, denn es geht um Schweine.

Riesengroße. Mehrere hundert Kilogramm schwere.
Und um die Liebe zu ihnen. Zu diesen Monstern.

Vor allem zu Lissy.

"Süße Lissy. Kleine Lissy." (Zitat)

Trotz des mir absolut unsympathischen Themas, war ich beeindruckt, von der fundierten und detailreichen Recherche des Autors. Allein durch sie und der Verknüpfung der Handlung, bin ich interessiert drangeblieben, denn weder die Flucht Marlenes, noch Hintergründe, noch nationalsozialistisch angehauchte Ausflüge in die Vergangenheit der wenigen kriminellen Figuren allein, hätten mich außergewöhnlich gefesselt.

Eine Glanzleistung hingegen ist die Figur des Einsiedlers in den Bergen, der Marlene nach ihrem Unfall rettet und in Obhut nimmt. Neben dieser Figur, bleiben die weiteren eher blass, obwohl Luca D'Andrea interessante und lesenswerte Legenden für sie erschaffen hat.

Leider nimmt der Klappentext der Spannung etwas vorweg, in dem er verrät, dass von Marlenes Retter, eine große Gefahr ausgehen wird. So wie D'Andrea die Figur des liebenswerten, etwas kauzigen und hilfsbereiten Einsiedlers entwickelt hat, wäre es ohne die Information aus der Inhaltsangabe eine höchst spannende und dramatische Figurentwicklung mit Überraschungseffekt gewesen. So aber wartet man förmlich darauf, bis das Böse der Figur nach außen gekehrt wird und das hemmt ein wenig den Nervenkitzel.

Luca D'Andrea schreibt in einem äußerst flüssigen Stil und man findet leicht in die Story hinein, die mit mehreren Perspektiven auf watet. Erst mit der Entwicklung der Handlung kristallisiert sich ein Haupterzählstrang heraus, der dann die Säule des Thrillers bildet.

Dieser Thriller ist in keiner Weise vorhersehbar. Zu außergewöhnlich ist das Zusammenspiel zwischen Schweine-Thematik, zutiefst abscheulichen Abgründen, die auf Grund von Unterwerfung, irrationalem Glauben, Schicksal, Schuld und Gottvertrauen in einem Wust aus emotionalen Absurditäten münden.

Trotz, dass Luca D'Andrea kaum einen Thriller-Wohlfühleffekt zaubern kann, fesselt er den Leser und zieht ihn in einem hohen Tempo durch die Seiten. Wer Der Tod so kalt gelesen hat, dem wird zudem die literarische Weiterentwicklung des Autors bewusst und man darf gespannt sein, was folgen wird.

Fazit und Bewertung:

Das Böse es bleibt ist ein durchaus faszinierender Titel. Spannend in Szene gesetzt, vor allem durch eine außergewöhnliche und gut recherchierte, abstruse Thematik, fesselt dieser kaltblütige und blutige Thriller, bis die letzte Seite gelesen ist.

©nisnis-buecherliebe

Veröffentlicht am 23.02.2018

Die Lüge im Blick - Spannender, solider Kriminalroman

Totenweg
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Eine junge Polizistin. Ein Kriminalhauptkommissar kurz vor der Pensionierung. Nichts verbindet sie - außer dem nie aufgeklärten Mord an einem jungen Mädchen. Für ihn ist es ein Cold Case, der ihn bis heute ...

Eine junge Polizistin. Ein Kriminalhauptkommissar kurz vor der Pensionierung. Nichts verbindet sie - außer dem nie aufgeklärten Mord an einem jungen Mädchen. Für ihn ist es ein Cold Case, der ihn bis heute nicht loslässt. Für sie: ein Albtraum ihrer Kindheit. Denn sie fand damals die Leiche und verbirgt seither ein furchtbares Geheimnis. Achtzehn Jahre hat sie geschwiegen - bis ein weiteres Verbrechen geschieht und die Vergangenheit sie einholt …

Die Autorin:

ROMY FÖLCK wurde 1974 in Meißen geboren. Sie studierte Jura, ging in die Wirtschaft und arbeitete zehn Jahre für ein großes Unternehmen in Leipzig. Mit Mitte dreißig entschied sie, ihren großen Traum vom Schreiben zu leben. Sie kündigte Job und Wohnung und zog in den Norden. Mit ihrem Mann lebt sie heute in einem Haus in der Elbmarsch bei Hamburg, wo ihre Romane entstehen. Ihre Affinität zum Norden kommt nicht von ungefähr, verbrachte doch ihr Vater seine ersten Lebensjahre in Ostfriesland. TOTENWEG ist der erste Band ihrer Krimiserie um die beiden Ermittler Frida Paulsen und Bjarne Haverkorn. (Quelle: Bastei Lübbe)
Reflektionen:

Nachdem der Vater der jungen Polizisten Frida niedergeschlagen wurde und im Koma liegt, entschließt sich Frida Urlaub zu nehmen, um auf den wirtschaftlich geschwächten Apfelhof der Eltern zurückzukehren. Fridas Verhältnis, zu ihren Eltern ist nicht besonders nah, da sie ihnen bis heute nicht verziehen hat, dass man sie nach dem Tötungsdelikt, an ihrer Freundin aus Kindertagen, auf ein Internat weit fortschickte. Frida fühlte sich abgeschoben, ungeliebt und einsam, dabei hätte sie ihre Eltern mehr denn je gebraucht. Dass diese das Internet nur wählten, um sie zu schützen, erklärt sich erst im Verlauf des Romans und Frida findet erneut einen emotionalen Zugang zu ihren Eltern.

Zurück an ihrem Heimatort, wird sie bald von ihrer Vergangenheit eingeholt und der Mord an ihrer Freundin Marit, ist dauerhaft präsent. Frida zermürbt es, dass sie damals den Täter gesehen hat, bis heute darüber geschwiegen hat und dass sie niemandem erzählt hat, was sie damals grausames erlebt hat.

Kommissar Bjarne Haverkorn, hat damals ermittelt und vermutet, dass Frida lügt und etwas verschweigt, und als er nun die Ermittlungen im versuchten Tötungsdelikts ihres Vaters aufnimmt, treffen die beiden erneut aufeinander. Kommissar Bjarne, dem Marits Tod sehr nahegegangen ist, übernahm mit diesem Kindsmord damals seinen ersten Mordfall. Am Tag des Mordes geschah für ihn zudem ein dramatisches und trauriges Ereignis, unter dem er und seine erheblich depressive Frau noch heute leiden.

Romy Fölck gelingt es spielend leicht, einen Kriminalroman in Szene zu setzten, bei dem man bis fast zu Letzt nicht weiß, wer Täter und wer Opfer ist. Viele Legenden und Schicksale der zahlreichen Figuren, sind intelligent miteinander verflochten und es ist kaum vorhersehbar, wie sich die dramatischen Ereignisse in Form von Wendungen noch zuspitzen.

Der Einstieg in die Geschichte gelingt mühelos, da die Autorin in einem angenehm flüssigen Stil schreibt. Die leichte, schnörkellose Sprache erlaubt es jedem, den Geschehnissen des intelligent verschachtelten Kriminalromans zu folgen, der perspektivisch immer wieder auch aus vergangener Sicht Fridas erzählt wird.

Totenweg ist ein solider Kriminalroman, der definitiv spannende Unterhaltung schenkt. Nur wenige Szenen sind blutig, so dass auch etwas zartbesaitete Leser diesen Krimi genießen dürfen, obwohl die Geschichte mit einigen Verbrechen aufwartet.

Romy Fölck hat zahlreiche Figuren engmaschig charakterisiert und ihnen eine gewisse Tiefe zugeschrieben, die sie durch intensive Emotionen, wie Angst, Eifersucht, Rache, Liebe und Zorn äußerst lebendig darstellt. Es mach Freude diesem Kriminalroman zu folgen und doch hätte ich mir persönlich doch etwas mehr literarisches Feuer, Pfeffer und Tempo gewünscht.

Fazit und Bewertung:

Totenweg ist ein spannender und solider Kriminalroman. Auch etwas zart besaitete Leser, dürfen einen wenig blutigen Roman genießen. Engmaschig charakterisierte Figuren glänzen durch Tiefe und sie überraschen mit unvorhersehbaren Wendungen, die mit interessanten Legenden, schicksalsträchtig miteinander verknüpft sind.

©nisnis-buecherliebe

Veröffentlicht am 14.02.2018

67 Stufen zum Glück - Unterhaltsam und emotional. Einfach zauberhaft.

Mein Herz in zwei Welten
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"Trag deine Ringelstrumpfhosen mit Stolz. Führe ein unerschrockenes Leben. Fordere dich heraus. Lebe einfach."

Diese Sätze hat Will Louisa mit auf den Weg gegeben. Doch nach seinem Tod brach eine Welt ...

"Trag deine Ringelstrumpfhosen mit Stolz. Führe ein unerschrockenes Leben. Fordere dich heraus. Lebe einfach."

Diese Sätze hat Will Louisa mit auf den Weg gegeben. Doch nach seinem Tod brach eine Welt für sie zusammen. Es hat lange gedauert, aber endlich ist sie bereit, seinen Worten zu folgen und wagt in New York den Neuanfang. Die glamouröse Welt ihrer Arbeitgeber könnte von Lous altem Leben in der englischen Kleinstadt nicht weiter entfernt sein. Dort ist ein Teil ihres Herzens zurückgeblieben: bei ihrer liebenswert chaotischen Familie und vor allem bei Sam, dem Mann, der sie auffing, als sie fiel. Während Lou versucht, New York zu erobern und herauszufinden, wer Louisa Clark wirklich ist, muss sie feststellen, wie groß die Gefahr ist, sich selbst und andere auf dem Weg zu verlieren. Und am Ende muss sie sich die Frage stellen: Ist es möglich, ein Herz zu heilen, das in zwei Welten zuhause ist?

Die Autorin:

Jojo Moyes, geboren 1969, hat Journalistik studiert und für die "Sunday Morning Post" in Hongkong und den "Independent" in London gearbeitet. Der Roman "Ein ganzes halbes Jahr" machte sie international zur Bestsellerautorin. Weitere Nr. 1-Bestseller folgten. Jojo Moyes lebt mit ihrem Mann und ihren drei Kindern auf dem Land in Essex. (Quelle: Rowohlt Wunderlich)

Reflektionen:

Als Fan hochspannender Thriller und nervenaufreibender Kriminalromane, bin ich vor kurzem zufällig über das Hörbuch Ein ganzes halbes Jahr von Jojo Moyes gestolpert, obwohl ich in diesem Genre normalerweise überhaupt nicht zuhause bin und der komplette Jojo Moyes-Hype vollständig an mir vorbeigegangen ist. Ich habe hineingehört, es amüsant empfunden, vor mich hingelächelt und habe mich letztendlich in der Geschichte um Lou sehr pudelwohl gefühlt. Als nun der 3. Teil der Reihe um Lou erschien, habe ich mich bewusst für dieses Buch entschieden, jenseits meiner Genre-Vorlieben und war voller Erwartungen.

Nach nur wenigen Seiten ist man in der kleinen, beschaulichen Welt der bescheidenen Lou gefangen, die nach dem Tod von Will, den sie ein halbes Jahr betreut und gepflegt hat, endlich nach vorn schauen will. Will hat Lou darin bestärkt sich in der Welt zu bewegen, mutig zu sein, vor allem sie selbst zu sein und sich nicht vor neuen Erfahrungen zu verschließen. Dazu gehört auch das Tragen von farblich irren Ringelstrumpfhosen, die sie über alles liebt, die in ihrer Umgebung jedoch nur komische Gesichter hervorbringen.

Lou wird mutig, entschließt sich nach New York zu gehen und nimmt eine Stellung bei der gut betuchten Familie Gopnik an. Zurück lässt sie ihre Liebe, den Sanitäter Sam, und hofft, dass auch eine Fernbeziehung funktionieren wird.

Jojo Moyes hat die liebenswerte, etwas naive Figur der Lou unglaublich intensiv, fein und facettenreich gezeichnet. Als Leser dieses Romans fühlt man Lous Emotionen, teilt ihre Sorgen und glücklichen Momente. Als sie in die Welt der reichen Gopniks eintaucht, verlässt sie jedoch bald ihr eigenes Leben. Sie richtet sich im Laufe der Handlung vollständig auf das Leben dieser Familie ein, orientiert sich ausnahmslos an deren Wünschen und Bedürfnissen, beginnt sich darin zu verlieren und steuert unaufhaltsam einem Unglück entgegen.

Jojo Moyes schildert diese Entwicklung vielschichtig, authentisch und sehr lebendig. Sie vermittelt, wie Lou von außergewöhnlichen Situationen förmlich zerrissen wird, nur noch marionettenhaft und selbstlos handelt und sich nirgends mehr zuhause fühlt.

Als die Gopniks Lou eine ungerechtfertigte, kriminelle Handlung unterstellen und ihr kündigen ist Lou am Boden zerstört, aber sie findet dadurch in kleinen Dingen wieder zu den Freuden des Lebens zurück. Langsam, ganz langsam muss Lou erkennen, dass sie sich von Menschen in ihrem Umfeld hat beeinflussen lassen und plötzlich erkennt sie wieder das Gute im Menschen, das äußerlich unscheinbar oder gar nicht sichtbar war.

Lous Leben und Emotionen stehen in diesem Roman völlig auf dem Kopf und Jojo Moyes gelingt es spielend leicht, die alltäglichen Handlungen und Erlebnisse Lous hochspannend zu verpacken. Die Geschichte um Lou lässt einen einfach nicht mehr los, bis die letzte Seite gelesen ist.

Besonders gut gefällt mir die Tiefe, die Jojo Moyes intelligent in der Handlung verwebt. Jeder Satz der Autorin sprüht vor Dynamik, Feingefühl und Lebendigkeit. Mein Herz in zwei Welten ist also nicht nur eine unterhaltsame (Love-) Story, sondern eine authentisch gezeichnete Geschichte, in der wir uns und die Werte der Gesellschaft wiederfinden. Darüber hinaus bestärkt dieser Roman jede graue Maus niemals aufzugeben, mutig zu sein und so zu leben, wie es gefällt. Fern ab von allen Erwartungen anderer, auch wenn diese es gut meinen.

Fazit und Bewertung:

Jenseits meiner Genre-Vorlieben habe ich mich bewusst für diesen Roman entschieden und einen unglaublich guten Roman voller Emotionen, Tiefe und Dynamik genossen. Die Charakterzeichnungen sind Jojo Moyes sehr gut gelungen und zurück bleibt die Vorfreude auf einen weiteren Roman der Autorin.

©nisnis-buecherliebe

Veröffentlicht am 14.02.2018

Surrealer Wettstreit um zwei entführte kleine Mädchen - Hochspannend. Intelligent. Ein perfekter Krimi.

Lost Girls – Was kostet ein Leben?
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Als die Freundinnen Charlie und Amy nicht nach Hause kommen, beginnt für ihre Familien ein wahrer Albtraum. Eine SMS lässt wahr werden, was alle befürchteten: Die zwei neunjährigen Mädchen wurden entführt. ...

Als die Freundinnen Charlie und Amy nicht nach Hause kommen, beginnt für ihre Familien ein wahrer Albtraum. Eine SMS lässt wahr werden, was alle befürchteten: Die zwei neunjährigen Mädchen wurden entführt. Nur das Paar, das den höchsten Betrag zahlt, wird seine Tochter wiedersehen. Das andere nicht. Längst tickt die Uhr für Detective Inspector Kim Stone und ihr Team, doch die Täter sind ihr immer einen Schritt voraus. Von Stunde zu Stunde verringert sich die Chance, die beiden unversehrt zu ihren Familien zurückzubringen. Stone gibt ihr Äußerstes, um den Fall zu lösen. Sonst muss eines der Kinder den höchsten Preis für ihr Versagen zahlen - sein Leben.

Die Autorin:

Angela Marsons ist im Black Country, einer von Bergbau und Industrie geprägten Region Englands, geboren und aufgewachsen. Mit ihrer Partnerin lebt sie auch heute noch dort. Sie arbeitete lange Jahre in der Sicherheitsbranche, schreibt seit ihrer Jugend und veröffentliche mehrere erfolgreiche Kurzgeschichten. (Quelle: Piper Verlag)

Reflektionen:

Lost Girls von Angela Marsons ist der dritte Kriminalfall für Detective Inspector Kim Stone und ihr Team. Die Fälle der Kim Stone können durchaus als stand alone gelesen werden, doch ich empfehle sie der Reihe nach, da immer wieder Verbindungen zu vergangenen Kriminalfällen hergestellt werden und die persönliche, schicksalsträchtige Story der taffen Ermittlerin immer wieder präsent wird.

Mit Silent Scream und Evil Games hat sich Angela Marsons längst in die Herzen der Krimi-Fans geschrieben. Mit starken Charakteren, einem geschickten psychologischen Aufbau und mit außergewöhnlichen Kriminalfällen, überzeugt sie spielend leicht und garantiert absolut spannende Unterhaltung.

Die knisternde Spannung, eine Handlung, die bis zur letzten Seite fesselt und ein Täter, der erst auf den letzten Seiten enttarnt wird, verantwortet ein rasantes Lesetempo.

Obwohl Kim Stone eine Eigenbrötlerin ist, niemanden an sich heranlässt, emotional kaltherzig wirkt und auch ein Lächeln nur selten ihrer Mimik entspringt, ist sie eine sympathische, wohlgeformte Figur, die ihr Team ohne vieler Worte sicher führt. Es gibt hunderte Ecken und Kanten an ihr, manchmal voller Klischees, und manchmal weit entfernt jenseits von ihnen. Angela Marsons findet stets das richtige Maß, um die taffe Figur der Polizistin Kim darzustellen, ohne die Geschichte zu überlagern. Kims furchtbare Kindheitserinnerungen schwelen im Hintergrund und sie poppen nur dann auf, wenn Flashbacks oder besonders emotionale Momente Kim in die Vergangenheit zurück katapultieren.

In Lost Girls verschwinden zwei junge Mädchen, die Kim um jeden Preis zurück nach Hause bringen will. Einziger Anhaltspunkt, der Fall ähnelt einem Entführungsfall der 13 Monate zurückliegt. Damals waren ebenfalls zwei Mädchen verschwunden und nur eines lebend zurückgekehrt. Als sich die Entführer bei den Eltern melden, wird klar, dass diese Forderungen Familien und Freundschaften für immer zerstören wird.

"Wie sehr lieben Sie Ihre Tochter? Bestimmen Sie es in Pfund. Ein gesunder Wettstreit bringt das Beste im Menschen hervor. Die Eltern, die die höhere Summe bieten, werden ihre Tochter wiedersehen. Die unterlegenen Eltern nicht. So lauten die Regeln, daran ist nicht zu rütteln. Ich melde mich wieder. Seien Sie gewiss:

Ein Kind wird sterben." (Zitat)

Angela Marsons stattet ihren Kriminalroman mit vielen Perspektiven aus. Man beobachtet die authentischen Ermittlungen der einzelnen Polizisten, des Verhandlers, der Profilerin, der Opferschutzbeamtin und taucht ein in die abscheulich brutale Gedankenwelt der Täter. Als Leser wird man Zeuge wie Familien zerrissen werden und Freunde zu Rivalen werden, wie die Eltern der entführten Kinder leiden und sich sogar gegeneinander ausspielen. Besondere emotional und berührend wird es, wenn die Perspektive zu den entführten, hilflosen Kindern schwenkt. Man kann die Angst und den seelischen Schmerz der Kinder mitempfinden und man hofft, bis zu Letzt.

Knackige, rasante Dialoge, wechseln sich mit intelligenten Schlussfolgerungen der Ermittler ab, die sich nicht alle ganz grün sind und sich gegenseitig Spitzfindigkeiten entgegenfeuern. Angela Marsons sprachlicher Ausdruck und Stil sorgen für den Pfeffer und das Tempo der Geschichte, die man wirklich nicht mehr aus der Hand legen kann.

Der Showdown ist Fulminat und Kim Stones Ermittlungen rücken auf den letzten Seiten überraschend einen weiteren Täter in den Fokus. Ein kleines Fünkchen überführt den Täter, doch dieser Teil kommt leider etwas zu kurz.

Fazit und Bewertung:

Lost Girls ist ein hochspannender, intelligent inszenierter Kriminalroman, der bis zur letzten Seite fesselt. Interessant und intensiv gezeichnete Charaktere, mit vielschichtigen Legenden, und ein außergewöhnlicher Entführungsfall, sorgen für ein hohes Lesetempo und zur absoluten Zufriedenheit des Lesers.

©nisnis-buecherliebe