Das Böse — im Deckmantel des Glaubens.
Blutvogel… wenn der Glaube als Ausrede dient.
Auch in ihrem neuen Psychothriller bedient sich Astrid Korten einer wahren Begebenheit und baut der Geschichte über die Familie Wolkows dadurch eine erschreckende ...
… wenn der Glaube als Ausrede dient.
Auch in ihrem neuen Psychothriller bedient sich Astrid Korten einer wahren Begebenheit und baut der Geschichte über die Familie Wolkows dadurch eine erschreckende Grundlage, die Gänsehaut verursacht.
Greift die Autorin doch wieder Themen auf, die gerne übersehen werden — wie oft wird unter Verschleierung des Glaubens Strafe begangen?
Mittlerweile dement, hat der Vater, den wir in rückblickenden Schilderungen als grausamen, strengen und gewalttätigen Menschen kennenlernen, bleibenden Schaden bei seinen fünf Kindern angerichtet. Während ein Teil dieser im Erwachsenenalter gottesfürchtig lebt, hat sich David der Bibel entsagt und macht aus seiner Verachtung keinen Hehl. Aljona, das Mädchen, das für einen Tanz im Wald grauenvoll bestraft wurde, ist für die Pflege ihres tyrannischen Vaters verantwortlich. Die Routine der Familie wird jäh unterbrochen, als Aljona einem Unfall zum Opfer fällt, der Aufklärungen ins Rollen bringt, die erschüttern.
Erzählt wird aus verschiedenen Perspektiven, was zu Beginn etwas schwierig ist, denn auch die Sicht der ermittelnden, äußerst interessanten, LKA Beamtin Hilke Fuchs, die hofft, mit diesem komplexen Fall noch einen längst vergangenen aufklären zu können, gesellt sich in den Strudel aus Eindrücken. Von Beginn war eine Atmosphäre gegeben, die lauernd wirkt, Anspannung auslöst, schwer und düster. Der nüchterne Ausdruck, der die Geschehnisse, damalige sowie aktuelle, samt Gedanken detailliert wiedergibt, spiegelt eine Palette unterschiedlicher Emotionen wider und unterstützt die authentische Inszenierung. Fragen werden aufgeworfen, nach Wahrheiten und Antworten gesucht, Geheimnisse, die lange verschwiegen wurden, dringen ans Licht — Taten, verborgen unter dem Deckmantel des Glaubens, verheimlicht, von gottesfürchtigen Monstern.
Sehr bewegend fand ich die klaren Zeilen, die Aljona in den Briefen an ihren Vater formulierte. Diese ermöglichen dem Leser ein eindringliches Gefühl der verlorenen Kindheiten, geprägt aus Angst und Vorsicht. Aber auch von dem, was sich im Inneren verändert hat. Was solch einschränkende, gewaltvolle Erziehung, die Vermittlung falscher — ja, falscher! — Werte auslösen ist tragisch und zeigt sich in den verschiedensten Charakteren dieses Buchs. Hass, Wut, Rachegelüste schwelen in „Blutvogel“, bis sie überbrodeln.
Gelungen ist der Aufbau sowie die nicht immer ausformulierte, doch ausreichend angedeutete, erschütternde Grausamkeit. Das Unheil wiegt schwer. Denn, vergesst nicht, es ist real.
Packender Psychothriller, der mitleiden lässt.