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Veröffentlicht am 16.12.2017

Für mich enttäuschend

Schnee
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Der türkische Dichter Ka kehrt anlässlich des Todes seiner Mutter nach Jahren in Deutschland in die Türkei zurück, zunächst nach Istanbul, später reist er nach Kars/Ostanatolien, vorgeblich um über die ...

Der türkische Dichter Ka kehrt anlässlich des Todes seiner Mutter nach Jahren in Deutschland in die Türkei zurück, zunächst nach Istanbul, später reist er nach Kars/Ostanatolien, vorgeblich um über die Selbstmorde junger Frauen und die regionalen Wahlen zu berichten, in erster Linie jedoch um seine Jugendliebe Ípek wiederzusehen und vielleicht für sich zu gewinnen.

Kaum ist Ka in Kars angekommen, wird der Ort durch starken Schneefall von der Umwelt abgeschnitten und Ka wird in die Probleme der verschiedenen örtlichen Gruppierungen – Säkularisten, Islamisten, Kurden, religiöse junge Frauen, Vorbeter- und Predigerschüler etc. – hineingezogen. Schließlich kommt es sogar zu einer Revolution.

Orhan Pamuk, der 2006 den Nobelpreis für Literatur erhielt, hat diesen Roman bereits 2002 geschrieben. Als Leser erfährt man viel über die Geschichte der Türkei und ihre Probleme, es wird viel diskutiert über Religion und Glauben, der Roman bietet Stoff zum Nachdenken und animiert durchaus dazu, sich selbst ein bisschen weiter zu informieren.

Was genau der Autor mir sagen will, konnte ich jedoch nicht ermitteln, klar scheint jedoch eine sozialkritische Komponente zu sein. Es fiel mir sowieso relativ schwer, den Roman zu Ende zu lesen, denn Orhan Parmuk schreibt sehr ausführlich, geradezu ausschweifend, kommt oft nicht zum Punkt, einiges wiederholt sich, manches erscheint mir wenig nachvollziehbar, dann wieder kommen Passagen, die mich doch fesseln und zum Weiterlesen bringen. In der Mitte des Buches kommt sogar so etwas wie Spannung auf, es wird geschossen, Menschen sterben, es gibt eine Revolution, leider hält diese Spannung nicht lange an.

Leider blieben mir alle Charaktere seltsam fremd, fast schienen sie Stereotypen und keine echten Menschen zu sein. Die gesellschaftlichen Probleme nehmen den größten Teil der Handlung ein, die Liebesgeschichte wirkt daneben fast schon störend, etwas interessanter sind da schon die Selbstfindungsprobleme Kas. Nicht Ka ist der – oft vorgreifende – Erzähler, sondern Pamuk selbst, der einige Jahre nach den Ereignissen auf Kas Spuren wandelt, Ka persönlich gekannt haben will und nun die Geschehnisse aufzeichnet. Gut gefallen hat mir der Humor, der immer wieder zu erkennen ist, leider hat auch er die Geschichte nicht gerettet.

Die Geschichte selbst ist eigentlich interessant und spannend, leider nimmt die Erzählweise nahezu jegliche Spannung und dem Leser auch ein gut Teil Lesefreude. Ich vergebe daher nur 2,5 Sterne. Empfehlen kann ich den Roman nicht, obwohl es sicher Leser geben wird, die ihn gerne lesen.

Veröffentlicht am 09.12.2017

Eine etwas andere Geschichte

Die Schöpfer der Wolken
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2021: Der Tod des Schriftstellers Koba Gunn bedrückt seine Schwester Ciara sehr, war er doch der einzige, der ihre besondere Fähigkeit kannte. Kobas Testament führt Ciara nach Shanghai, wo nicht nur das ...

2021: Der Tod des Schriftstellers Koba Gunn bedrückt seine Schwester Ciara sehr, war er doch der einzige, der ihre besondere Fähigkeit kannte. Kobas Testament führt Ciara nach Shanghai, wo nicht nur das Wetter, sondern auch bald die Zeit verrückt spielt. Doch das ist erst der Anfang, denn bald steht die Welt vor ihrem Untergang.

In Shanghai treffen weitere Menschen mit besonderen Fähigkeiten aufeinander. Sie alle scheinen in die apokalyptischen Geschehnisse involviert zu sein, doch erst nach und nach erfahren sie, und mit ihnen der Leser, die Hintergründe.

Sehr interessant sind die Fähigkeiten der Protagonisten, die alle mit der besonderen Hintergrundlegende der Welt, die Marie Graßhoff erschaffen hat, verbunden sind. Das macht auch die Charaktere besonders, allerdings kamen sie mir menschlich und emotional nicht nahe, manche, wie z. B. Ciara blieben für mich sehr blass und berührten mich kaum. Das ist schade, aber mir erscheint die Geschichte wichtiger als die Charaktere, so dass es letztlich nicht ganz so stark ins Gewicht fällt.

Marie Graßhoffs Roman ist spannend, keine Frage, und die Geschichte sorgt dafür, dass der Leser den Roman nur ungern aus der Hand legt. Die Autorin hält einige Überraschungen bereit, wer aufmerksam liest, kann sich aber so einiges selbst zusammenreimen. Es brauchte allerdings ein bisschen, bis ich mich eingelesen hatte, manchmal geht der Roman etwas zu sehr auf die philosophische Ebene und stellenweise wird es sehr surreal, für mich insgesamt ein Touch zu viel.

Wer gerne Buchzitate sammelt, wird hier überdurchschnittlich fündig, sprachlich ist an „Die Schöpfer der Wolken“ nichts auszusetzen.

Insgesamt hat mir der Roman gut gefallen, ich habe ihn regelrecht gebannt gelesen. Ich vergebe daher 4 Sterne und eine Leseempfehlung für jene, die sich von etwas anderen Geschichten nicht abschrecken lassen. Ich bin jetzt gespannt auf weitere Werke der Autorin.

Veröffentlicht am 08.12.2017

Gelungener Abschluss der Trilogie

Nachtschatten 3 : Unbezwingbar
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Das Team um Lily reist nach Siebenbürgen, um weitere Informationen über den magischen Vampir Nazar zu bekommen. Für Radu ist dies besonders schwer, denn er muss sich seiner Vergangenheit stellen. Auch ...

Das Team um Lily reist nach Siebenbürgen, um weitere Informationen über den magischen Vampir Nazar zu bekommen. Für Radu ist dies besonders schwer, denn er muss sich seiner Vergangenheit stellen. Auch Lily hat es nicht einfach, Adrian, ihr Schutzengel ist verschwunden.

Schließlich steht noch eine Auseinandersetzung mit Rasmus und dem Orden Tenebrae bevor. Hier gilt es sensibel zu sein, denn Rasmus hat Lilys Schwester Rose in seiner Gewalt. Und auch hier, zurück in Deutschland, muss sich jemand aus dem Team seiner Vergangenheit stellen. Und auch Lilys Vergangenheit wird noch einmal Thema.

Endlich ist der Abschlussband der Nachtschatten-Trilogie erschienen, der die Geschichte zu einem runden Ende bringt. Mir hat von Anfang an die Schutzengel-Interpretation der Autorin gut gefallen und so mochte ich auch diese Wesen bis zum Ende am liebsten – vor allem Adrian ist ganz besonders, im wahrsten Sinne des Wortes, wie sich bereits in Band 2 herausgestellt hat. Dass er hier zunächst fehlt, ließ mich sehr um ihn bangen – und ich werde auch nicht verraten, ob er wieder aufgetaucht ist. In diesem Zusammenhang hatte die Autorin übrigens eine hübsche Idee und sie hat sich auch die Leserkritiken zu Herzen genommen, was ich besonders schön finde.

Das war dann auch ein Grund mit, dass Lily in diesem Band endlich mein Herz erreicht hat, sie hat die Zickerei aufgegeben und sich auf Dinge besonnen, die wichtiger sind. Besonders gut gefallen hat mir, dass die Storyline um Rose und Lilys Familie noch einmal aufgegriffen und zu einem gelungenen Ende geführt wird.

Auch dass Nele aus dem Spinoff-Roman „Fuchsgeister“ in diesen Band miteinbezogen wird, gefällt mir gut, es macht zudem die Gesamtgeschichte zusätzlich rund. Wer ein bisschen Probleme hat, sich an die verschiedenen Charaktere zu erinnern oder sie nicht direkt einordnen kann, findet im Anhang übrigens ein sehr nützliches Personenregister.

Juliane Seidel ist ein spannender, unterhaltsamer und zufriedenstellender Abschluss der Nachtschatten-Trilogie gelungen, der Lust macht, auch andere Werke der Autorin kennen zu lernen und vielleicht später sogar einmal wieder in dieses Universum einzutauchen. Ich bin gespannt auf das nächste Werk der Autorin und darauf, wohin sie uns dann entführt.

Lesen sollte man die Trilogie, die ich sehr gerne weiter empfehle, unbedingt der Reihe nach! Von mir gibt es gute 4 Sterne.

Veröffentlicht am 06.12.2017

Beste Thrillerunterhaltung

Schattenboxer
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Hauptkommissar Vincent Che Veih bekommt es mit mehreren Fällen zu tun. Ein Mordfall wird neu aufgerollt, da eine Entlastungszeugin des verurteilten Mörders auftaucht, nahezu parallel wird auf dem Grab ...

Hauptkommissar Vincent Che Veih bekommt es mit mehreren Fällen zu tun. Ein Mordfall wird neu aufgerollt, da eine Entlastungszeugin des verurteilten Mörders auftaucht, nahezu parallel wird auf dem Grab Pia Zieglers, Augenzeugin des Mordes und damals schwer verwundet, eine Leiche gefunden.

Rückblicke führen den Leser in das Jahr 1991 zum Mord an einem Treuhandchef, für den die RAF verantwortlich gemacht wurde.

Ob und wenn ja, wie das alles miteinander zu tun hat, erfährt der Leser im Laufe der Lektüre des Romans, der immer wieder mit neuen Informationen und überraschenden Wendungen aufwartet, und dem Leser eine Menge Spannung bietet.

„Schattenboxer“ ist der zweite Fall mit Vincent Veih, der nicht nur mittlerweile Leiter des Düsseldorfer KK 11, sondern auch der Sohn einer RAF-Terroristin ist. Mit seiner Mutter, inzwischen aus der Haft entlassen und mit verschiedenen Projekten auch weiterhin bekannt, will er möglichst wenig zu tun haben, was allerdings nicht immer gelingt, wie auch sein aktueller Fall wieder zeigt.

Auch für mich war es der zweite Band mit Vincent Veih, allerdings las ich von hinten nach vorne (der erste Band wird demnächst folgen). Horst Eckert gelingt es überzeugend, deutsche Vergangenheit, Politik und fiktiven Kriminalfall zu einem komplexen und spannenden Roman zu verbinden. Als Leser, vor allem als nicht mehr ganz junger, wird eine ganze Reihe Erinnerungen geweckt, die RAF und die deutsche Wiedervereinigung sind u. a. Themen dieses Romans. Jedem Kapitel ist eine Rückblende vorangestellt, die zunehmend mehr Informationen liefert und es dem Leser ermöglicht, sich über das Geschehen und die Kriminalfälle seine eigenen Gedanken zu machen. Die Ermittlungsergebnisse des aktuellen Falls ergänzen diese perfekt, so dass es dem Leser ermöglicht wird, die Rätsel schon vor dem Ermittler lösen zu können, ohne ihm die Spannung zu nehmen.

Die Charaktere wirken authentisch, vor allem Vincent Veih gefällt mir gut. Die Lösung des aktuellen Kriminalfalls ist womöglich etwas zu abgehoben, aber nicht völlig unrealistisch, die Lösungen der älteren Fälle dagegen überzeugen sofort. Der Leser kann, wenn er will, recherchieren, inwiefern vor allem die Rückblenden fiktiv sind bzw. auf welchen historischen Ereignissen oder Persönlichkeiten der Autor hier aufsattelt. Schade finde ich, dass der Roman kein Nachwort Horst Eckerts enthält, in dem er zur Thematik Stellung nimmt bzw. von seinen Recherchen erzählt.

Mir hat der Roman sehr gut gefallen, ich bin durch die Seiten geflogen, habe mich über das Geschehen und manche Charaktere geärgert, mit anderen gebangt und den Roman am Ende zufrieden zugeklappt. Von mir gibt es 4,5 Sterne, die ich gerne aufrunde, und eine Leseempfehlung, für jene, die gerne spannende Kriminalromane und Thriller lesen und vor politischen Hintergründen nicht zurückschrecken.

Veröffentlicht am 25.11.2017

Kopfkino pur

Der Herr der Bogenschützen
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John Holland wird nach dem Tod seines Vaters von seiner Mutter getrennt und wächst bei Pflegeeltern auf. Titel und Besitz sind mit dem Vater untergegangen, doch John, obwohl noch sehr jung, lässt sich ...

John Holland wird nach dem Tod seines Vaters von seiner Mutter getrennt und wächst bei Pflegeeltern auf. Titel und Besitz sind mit dem Vater untergegangen, doch John, obwohl noch sehr jung, lässt sich nicht unterkriegen. Als König Henry den Krieg mit Frankreich wieder aufleben lässt, ist John dabei.

Der Krieg Englands mit Frankreich, der später der Hundertjährige genannt wird, geht in eine neue Phase, und schließlich taucht eine Frau auf, die bis heute unvergessen ist: Jehanne Darc, bekannt als Jeanne d'Arc oder die Jungfrau von Orléans.

John Holland ist kein fiktiver Protagonist, sondern eine historische Persönlichkeit – das muss man wissen, bevor man den Roman liest, sonst würde man dem Autor womöglich unterstellen, zu viel Unwahrscheinliches in dieses Leben hineingedichtet zu haben. Ein großer Teil der geschilderten Ereignisse ist aber genau so geschehen, und wo Lücken zu füllen waren, hat der Autor sie so zu füllen versucht, wie es hätte passiert sein können. Näheres dazu erläutert der Autor in seinem historischen Nachwort.

Ob John wirklich ein so sympathischer und charismatischer Mensch war, wie er als Protagonist dieses Romans wirkt, kann man natürlich nicht wissen, es ist aber auch egal, denn dies ist eben ein Roman und keine Dokumentation. Ich mag es, von diesem faszinierenden Mann zu lesen, und gerade weil man als Leser ständig mit ihm fühlt, hofft und bangt, entwickelt der Roman eine regelrechte Sogwirkung. Auch die anderen Charaktere sind Mac P. Lorne wunderbar gelungen, egal ob Freund oder Feind, alle sind gut ausgearbeitet und wirken echt – und John ist beileibe nicht der einzige, mit dem man sich als Leser anfreundet und um den man deshalb bangt. Ich habe (neben John) ein besonderes Faible für Mathew Gough entwickelt, der ebenfalls, wie fast alle teilnehmenden Personen, historisch belegt ist, wie man auch dem Personenverzeichnis, das den Roman einleitet, entnehmen kann.

Jehanne Darc dürfte eine der historischen Persönlichkeiten jener Zeit sein, von der jeder schon einmal gehört hat, und um die sich die meisten Legenden ranken. Ihre Rolle in diesem Roman ist nicht ganz so glänzend, dafür aber womöglich wesentlich realistischer. Auch dazu hat der Autor sich im Nachwort geäußert. Jehannes Rolle im Roman ist die einer Antagonistin, aber auch die einer Frau, die benutzt wird. Ich finde es gut, dass man als Leser angeregt wird, über sie nachzudenken.

Sehr gut hat mir auch Mac P. Lornes Erzählstil gefallen, der sehr bildhaft und mitreißend ist, so dass man nur so durch die Zeilen fliegt und das Kopfkino dauerhaft arbeitet. Sehr gefällt mir, wie viel Hintergrundwissen mit einfließt, so z. B. die Entstehung eines Bogens. Naturgemäß sind einige Schlachten enthalten, auch hier zeigt der Autor, wie spannend man diese erzählen kann, aber auch, wie grausam Krieg ist – und zwar nicht nur bei den Schlachten.

Neben dem bereits erwähnten Personenregister und den historischen Anmerkungen rundet eine Karte, eine Zeittafel, ein Glossar und eine Bibliographie die Zusatzausstattung dieses Romans ab – perfekt.

Wer gerne gut recherchierte historische Romane liest, sollte hier unbedingt zugreifen, er erhält eine packende Geschichte, mit historisch belegten Prota- (und Antagonisten), mit denen man mitfühlen kann, die bildgewaltig und spannend erzählt ist, und die man nur ungern wieder verlässt.