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Veröffentlicht am 01.05.2017

Wieder ein überzeugender Gablé-Roman

Die fremde Königin
3

951: Die italienische Königin Adelheid wird nach dem Tod ihres Ehemannes von Berengar von Ivrea gefangen gehalten, sie soll dessen Sohn Adalbert heiraten und Berengar so die Macht in Italien sichern. Gaidemar, ...

951: Die italienische Königin Adelheid wird nach dem Tod ihres Ehemannes von Berengar von Ivrea gefangen gehalten, sie soll dessen Sohn Adalbert heiraten und Berengar so die Macht in Italien sichern. Gaidemar, ein Panzerreiter Ottos I., erhält den Auftrag Adelheid zu befreien. Das führt zu einer tiefen Verbundenheit zwischen den beiden, die anhält, auch nachdem Adelheid sich wieder verheiratet hat. Adelheid ist allerdings klar, dass an erster Stelle ihr Gemahl, ihre Kinder und ihr Land kommen.

Gaidemar, illegitimer Sohn von königlichem Blut, hat es nicht einfach: Keinen Namen, keinen Titel, die Frau, die er liebt ist unerreichbar und nicht jeder schätzt ihn. Zudem trägt die politische Situation mehr als einmal dazu bei, dass er um Leib und Leben fürchten muss, nicht nur auf dem Schlachtfeld.

Über 11 Jahre erzählt Rebecca Gablé ein weiteres Stück deutscher Geschichte. Im Mittelpunkt steht dieses Mal Gaidemar, ein typischer gabléscher Held, sympathisch aber problembeladen, mit unerreichbarer Liebe, mehreren, zum Teil mächtigen Gegenspielern, und ein bisschen stört mich das schon, Gaidemars Geschichte kommt mir oft altbekannt vor und hat deshalb nur wenige Überraschungen zu bieten, neben dem Protagonisten aus dem Vorgängerband („Das Haupt der Welt“), Tugomir, wirkt er zudem ziemlich 08/15. Dennoch gewinnt man Gaidemar schnell lieb und bangt und hofft mit ihm, so dass mich seine Geschichte trotzdem schnell packt und nur an manchen Stellen wirkt sie für mich etwas aufgesetzt, z. B., als er Gefühle für Adelheid entwickelt. Gaidemar passt zudem gut in die geschichtlichen Hintergründe.

Als zweite, nahezu gleichwertige Protagonistin tritt Adelheid auf. Im Gegensatz zu Gaidemar hat sie tatsächlich gelebt. Auch bei ihr gelingt es der Autorin sehr gut, sie lebendig und authentisch wirken zu lassen, ihr Denken und Fühlen könnte genau so gewesen sein.

Weitere historische und fiktive Persönlichkeiten bevölkern den Roman, wobei die historischen eindeutig überwiegen, wie auch das vorangestellte Personenverzeichnis zeigt. Viele davon kennt man bereits aus dem Vorgängerband, wie Otto I, seine Brüder Brun und Henning und seine Söhne Liudolf und Wilhelm. Auch einige der fiktiven Personen des Vorgängerbandes haben Auftritte, worüber ich mich sehr gefreut habe.

Obwohl ich den Vorgängerband kenne, brauchte ich doch ein bisschen, mich wieder heimisch zu fühlen, es lag einfach zu viel Zeit dazwischen. Erzählerisch packte der Roman mich jedoch bereits mit dem ersten Satz. Erzählt wird sowohl aus Adelheids als auch aus Gaidemars Perspektive und hin und wieder auch aus anderer. Vieles ist historisch so vorgegeben, aber es bleibt ausreichend Platz für überraschende Wendungen und eine spannende Erzählung.

Im Nachwort erfährt man etwas über Fiktion und Fakten und tatsächlich ist einiges, was ich im Bereich Fiktion erwartet hatte, historisch verbürgt. Leider lässt das Nachwort auch vermuten, dass es keine Fortsetzung, jedenfalls keine zeitnahe (bezogen auf die historische Zeit) geben wird, denn man erfährt hier bereits, wie es weiterging. Aber, womöglich überrascht uns die Autorin doch noch und wir treffen Otto I. oder Otto II. und andere Charaktere, oder zumindest deren Nachfahren, noch einmal wieder. Ich würde mich freuen.

Insgesamt hat mich auch dieser Roman der Autorin wieder überzeugt, Geschichte wurde spannend verpackt und mir ein Stück deutscher Geschichte, über das ich noch wenig wusste, nahe gebracht. Ich vergebe 4,5 Sterne, die ich, wie gehabt, aufrunde. Wer sich gerne in historische Zeiten entführen lässt und spannend und interessant erzählte geschichtliche Lehrstunden verbunden mit authentisch wirkenden Charakteren und einer spannenden Erzählung mag, ist bei Rebecca Gablé immer richtig.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Charaktere
  • Gefühle
  • Recherche
  • Schreibstil
Veröffentlicht am 30.04.2017

Gelungener historischer Roman

Die Festung am Rhein
0

Nach der Niederlage der Franzosen bei Waterloo wird das Rheinland preußisch und Koblenz soll in eine Feststadt umgewandelt werden. Über der Stadt entsteht die Festung Ehrenbreitstein, bei ihrem Bau werden ...

Nach der Niederlage der Franzosen bei Waterloo wird das Rheinland preußisch und Koblenz soll in eine Feststadt umgewandelt werden. Über der Stadt entsteht die Festung Ehrenbreitstein, bei ihrem Bau werden modernste Techniken angewendet. Der preußische Ingenieuroffizier Rudolph Harten ist an diesem Bau beteiligt und sehr stolz auf das, was hier geschaffen wird.

Als Baupläne der Festung verschwinden, wird der Halbfranzose Christian Berger verdächtigt. Christians Schwester Franziska tut alles dafür, die Unschuld ihres Bruders zu beweisen, und trifft dabei immer öfter auf Rudolph Harten. Die Ressentiments gegenüber dem jeweils anderen sind groß, Preußen und Rheinländer bzw. Preußen und Franzosen passen wohl einfach nicht zueinander – oder etwa doch?

Maria W. Peter nimmt den Leser mit in eine Zeit, die noch gar nicht so lange her ist, gerade in diesem Jahr ist das 200jährige Jubiläum der Festungsstadt Koblenz. Der Autorin gelingt es gut, dem Leser die Atmosphäre, die in Koblenz (stellvertretend für das Rheinland) geherrscht haben muss, die Rückschritte, die mit den Preußen ins Land kamen, die Einengung, die nicht nur tatsächlich durch den Bau einer Stadtumwallung entstand, sondern auch durch die rückschrittliche Gesetzgebung der Preußen, durch das Aufoktroyieren der preußischen Lebensart. Dem gegenüber die Preußen, die ihre Art zu Leben als richtig und wichtig empfanden, hierarchisch dachten und voller Vorurteil gegenüber den Franzosen waren. Beide Aspekte kommen zum Tragen durch die beiden Protagonisten, durch sie wird außerdem aufgezeigt, dass es durchaus möglich ist, aufeinander zuzugehen. Sehr zur Atmophäre des Romans tragen die verschiedenen Dialekte und Sprachen bei, man hört die rheinischen, französischen, schottischen, aber auch ostdeutschen Klänge regelrecht.

So sind die Charaktere der Autorin sehr gut gelungen, man entwickelt Verständnis und Sympathie sowohl für Franziska als auch für Rudolph. Auch die weiteren Charaktere sind gut ausgearbeitet, wenn auch manchmal etwas klischeebehaftet, wie etwa der unsympathische Feldwebel Bäske oder der Onkel der Geschwister. Besonders im Gedächtnis geblieben ist mir Alasdair McBaird, ein schottischer Rheinreisender und Künstler, der dem Leser schnell sehr sympathisch wird, der aber auch eine eher düstere Seite hat. Ein weiterer erinnerungswürdiger Charakter ist Rudolphs Bursche Fritz, der Frische und Lebensmut versprüht.

Die Begegnungen zwischen Rudolph und Franziska sind, vor allem zu Beginn, immer wieder recht amüsant, der Roman hat aber auch düsterere Szenen, die manchmal regelrecht traurig machen. Manche Wendung sorgt für Überraschungen und der fast krimiartige Plot für einiges an Spannung. Natürlich fehlt auch eine Liebesgeschichte nicht, diese passt aber sehr gut in das Geschehen und fühlt sich richtig an. Die Auflösung schließlich hat mich ein bisschen geschockt, aber sie ist letztlich nachvollziehbar. Trotzdem hätte ich mir hier ein etwas anderes Ende gewünscht.

Als Leser erfährt man viel über das damalige Leben und ist mit Franziska und Rudolph nicht nur in Koblenz sondern auch in Köln unterwegs. Letzteres ist vor allem für jene faszinierend, die die beiden Orte näher kennen. Der Roman ist nicht nur unterhaltsam sondern auch lehrreich, dabei aber nie trocken oder gar langatmig.

In einem historischen Roman erwarte ich grundsätzlich eine gewisse Zusatzausstattung, wie etwa Karten oder ein Personenregister. Beides ist hier vorhanden, außerdem ein umfangreiches und nützliches Glossar, Zusatzinformationen zu den historischen Personen, Reise- und Stöbertipps (nicht nur) zu Köln und Koblenz und ein sehr ausführliches und informatives Nachwort der Autorin. Auch anhand der Danksagung kann man erkennen, wie umfassend Maria W. Peter recherchiert haben muss. Insgesamt eine absolut perfekte Zusatzausstattung!

Ich vergebe 4,5 Sterne, die ich wie gehabt aufrunde. Freunde historischer Romane bekommen eine spannende, interessante und gefühlvolle Geschichte, die gekonnt historische Hintergrundinformationen vermittelt – sehr empfehlenswert!

Veröffentlicht am 23.04.2017

Könnte spannend sein, wäre da nicht das ganze Beziehungs-Blabla

Gilde der Jäger - Engelszorn
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In der Zufluchtsstätte der Engel soll Elena, nachdem sie aus dem Koma erwacht ist, wieder zu Kräften kommen und ihre neuen Fähigkeiten kennen lernen. Wirkliche Erholung ist ihr aber nicht gegönnt, denn ...

In der Zufluchtsstätte der Engel soll Elena, nachdem sie aus dem Koma erwacht ist, wieder zu Kräften kommen und ihre neuen Fähigkeiten kennen lernen. Wirkliche Erholung ist ihr aber nicht gegönnt, denn es werden mehrere grausame Gewalttaten verübt, und da ist auch noch die Einladung von Zhou Lijuan, der Ältesten (und Gefährlichsten) der Erzengel. Wer steckt hinter den barbarischen Taten? Und wie gefährlich kann Lijuan Elena werden?

Den zweiten Band dieser Reihe habe ich nur gelesen, weil ich ihn schon auf besaß, denn bereits der erste Band konnte mich nicht überzeugen. Ein bisschen Hoffnung war auch im Spiel, denn die Hintergrundstory um (Erz)Engel, Vampire und Jäger klingt ziemlich spannend und hat viel Potential. Doch leider könnte ich meine Meinung zu Band 1 einfach kopieren, auch Band 2 hat mich enttäuscht.

Das liegt vor allem an der Liebesgeschichte zwischen Elena und dem Erzengel Raphael, die viel zu viel Platz einnimmt, es gibt viel zu viel Beziehungs-Blabla und viel zu viele Sexszenen zu lesen, wodurch der Roman enorm an Spannung verliert, wozu auch noch diverse Wiederholungen beitragen. Denn Spannung findet sich schon, immerhin sind Engel und Vampire und auch Elena alles andere als harmlos und leben ihre Gefährlichkeit auch schon einmal sehr brutal aus. Faszinierend sind vor allem die Engel, über die es noch viel zu erfahren gibt, wobei dieser Band schon manches preis gibt, auch über Raphaels Vergangenheit erfährt der Leser einiges.

Der Autorin gelingt es nicht, mich für die Charaktere einzunehmen. Am ehesten kann ich noch Gefühle für den Engel Illium aufbauen und Interesse an Raphaels Vorgeschichte entwickeln, Elena dagegen ist mir recht egal, so dass ich auch nicht um sie bangen kann.

Da relativ wenig auf den Vorgängerband eingegangen wird, bzw. Geschehnisse und Namen vorausgesetzt werden, ist es sinnvoll, diesen bereits zu kennen. Insgesamt umfasst die Reihe (bisher) 9 Bände.

Für mich ist die Reihe mit diesem Band beendet. Wer in Fantasy-Romanen einen erheblichen Anteil Liebe und Erotik mag, könnte vielleicht Gefallen daran haben, mir war es einfach viel zu viel. Wegen der interessanten Hintergrundgeschichte und den einzelnen Spannungsmomenten, die mich dann doch am Roman bleiben ließen, vergebe ich 3 Sterne.

Veröffentlicht am 23.04.2017

Interessanter Plot, enttäuschend umgesetzt

Gilde der Jäger - Engelskuss
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Die Welt wird von Erzengeln beherrscht. Elena gehört zur Gilde der Jäger, die abtrünnige Vampire jagt. Eines Tages erhält sie vom Erzengel Raphael den Auftrag, einen anderen Erzengel zu jagen, ablehnen ...

Die Welt wird von Erzengeln beherrscht. Elena gehört zur Gilde der Jäger, die abtrünnige Vampire jagt. Eines Tages erhält sie vom Erzengel Raphael den Auftrag, einen anderen Erzengel zu jagen, ablehnen ist nicht möglich und so muss Elena sehen, wie sie diesen mehr als lebensgefährlichen Auftag meistern kann.

Der Roman ist der Beginn einer Serie über die Gilde der Jäger. Mich hat diese wirklich sehr interessante Idee, die sich die Autorin hier hat einfallen lassen, sofort angesprochen. Ich finde Engel als Buchcharaktere sehr spannend, dazu gibt es hier eine neue Erklärung für die Entstehung von Vampiren und mit der Gilde der Jäger kommen Menschen ins Spiel, die besondere Fähigkeiten haben. Leider hat Nalini Singh mich mit der Umsetzung dieser Idee enttäuscht. Statt die Vorteile der Geschichte zu nutzen, verfängt sie sich darin, unbedingt eine Liebesgeschichte unterbringen zu müssen, statt einer spannenden Geschichte erzählt sie zu viel von einem sehr konstruiert wirkenden Liebesdrama.

Die Charaktere sind eher durchwachsen gestaltet. Elena ist mir zu stereotyp, sie ist die toughe aber einsame Frau, die sich dagegen sträubt, sich zu verlieben, dann aber mit Haut und Haaren verfällt. Sie agiert oft unüberlegt und ist recht zickig im Umgang mit anderen, speziell Männern und ganz besonders Raphael. Raphael wirkt zunächst recht düster und bedrohlich und hat noch einiges an Hintergrundgeschichte, das noch nicht erzählt wurde (was sich sicher in den weiteren Romanen nach und nach ändern wird). Dass er sich in Elena verliebt und für sie sogar Opfer bringt, ist für mich nicht nachvollziehbar. Unter den weiteren Charakteren gibt es einige, die ich recht interessant finde, aber auch einige, die eher Klischees bedienen.

Die Liebesgeschichte nimmt für mich viel zu viel Platz ein, was leider immer wieder zu Langeweile führt, die genretypischen Sexszenen wirken auf mich deplatziert und überhaupt nicht erotisch, mir scheint, sie wurden nur eingefügt, weil es „eben sein muss“. Dass sich Engel und Jägerin ineinander verlieben, erscheint mir wenig authentisch und nicht zu den beiden Charakteren passend, die ganze Storyline daher sehr aufgesetzt. Das Ende hat mich dann fast zum Lachen gebracht, das war einfach zu viel. Da ich noch einen weiteren Band der Serie besitze, bin ich mal gespannt, wie die Geschichte nun weiter gesponnen wird.

Erzählt wird größtenteils aus Elenas Perspektive, hin und wieder auch einmal aus Raphaels, wobei ich vor allem dessen Passagen recht interessant finde. Außerdem gibt es noch Passagen aus Sicht des Antagonisten, die allerdings die Handlung nicht wesentlich weiterbringen, man kann sie eher vergleichen mit Passagen aus Thrillern, wenn aus Sicht des Täters geschrieben wird, vor allem, um dessen „kranke“ Denkweise und die Gefahr, die auch den Protagonisten durch ihm droht, zu verdeutlichen.

Insgesamt hat mich der Roman eher enttäuscht, vor allem, weil ich mir vom Plot sehr viel versprach. In meinen Augen muss es nicht in jeder Geschichte eine Liebesgeschichte geben, gerade, wenn man eine Serie andenkt, kann man diese sich erst entwickeln lassen. Wer gerne Liebesgeschichten in Fantasy-Gewand liest, kann aber einen Blick riskieren. Wegen der interessanten Idee und weil doch zumindest stellenweise durchschien, was für eine tolle Story es hätte werden können, vergebe ich wohlwollende 3 Sterne.

Veröffentlicht am 22.04.2017

Sehr spannend!

Des Teufels Gebetbuch
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Tadeus Boch, ein ehemaliger Spieler, gerät in den Sog um ein rätselhaftes Kartenspiel, dessen Ursprung in Leipzig des Jahres 1768 liegt.

Ohne den Namen Markus Heitz hätte mich ein Roman zum Thema Kartenspiel ...

Tadeus Boch, ein ehemaliger Spieler, gerät in den Sog um ein rätselhaftes Kartenspiel, dessen Ursprung in Leipzig des Jahres 1768 liegt.

Ohne den Namen Markus Heitz hätte mich ein Roman zum Thema Kartenspiel kaum interessiert. Ich bin ein großer Fan des Autors, auch wenn mir nicht alle seine Romane uneingeschränkt gefallen haben. Mit „Des Teufels Gebetbuch“ hat er es wieder einmal geschafft, mein Leserherz zu erfreuen. Bereits der Prolog ist spannend und eröffnet einige Fragen – und bis zum Ende lässt die Spannung nicht nach, im Gegenteil.

Bereits der erste Blick auf den Roman ist positiv, das Cover gefällt und das Buch hat eine auffällige aber angenehme Haptik. Auf den Buchdeckelinnenseiten wird das Kartenspiel „Supérieur“, das im Roman eine besondere Rolle spielt, erklärt, wer will und ein Kartenspiel zur Hand hat, kann direkt losspielen, allerdings besser ohne die „historischen Regeln“. Im umfangreichen Anhang findet man u. a. Informationen, welche Romanfiguren reale historische Persönlichkeiten waren und über die historischen Hintergründe des Kartenspiels an sich – sehr informativ und lesenswert!

Sehr gut gefallen haben mir die Charaktere, egal ob Pro- oder Antagonist, sie sind sehr gut charakterisiert und nicht bei jedem ist direkt klar, welchem Lager er zuzuordnen ist. Durchgehend sympathisch ist keiner, dafür aber mehr als einer sehr interessant. Mein Lieblingscharakter ist Tadeus, ich finde es bewundernswert, wie er sich seiner Sucht stellt, um ihn habe ich am meisten gebangt, denn er schlägt einen Weg ein, der ins Unglück führen kann. Hyun, die neben Tadeus die zweite Hauptrolle spielt, kam ich nicht wirklich nahe, interessant ist sie dennoch, denn sie hat besondere Fähigkeiten. Der interessanteste Charakter des Romans ist sicher Odette, die greise Restauratorin, die für mehr als eine Überraschung gut ist.

Ein Teil des Romans spielt in der Vergangenheit, im Leipzig des Jahres 1768. Neben dem Kartenmacher Bastian Kirchner tritt hier kein geringerer als Johann Wolfgang von Goethe auf – und wer seinen Faust kennt, wird hier eine Menge Anspielungen finden, die sehr dazu betragen, dass dieser Part unterhält, zumal es auch einige Zitate zu entdecken gibt. In diesen Abschnitten hat mir außerdem sehr gut gefallen, wie sich die Sprache der Zeit anpasst.

Markus Heitz erzählt, wie von ihm gewohnt, sehr ausführlich, aber auch sehr spannend, und ies gelingt es ihm, den Spannungsbogen durchgehend hoch zu halten und den Leser immer wieder zu überraschen. Das Ende allerdings kommt etwas zu plötzlich und ist eher unglaubwürdig, vor allem, weil Charaktere immer mehr zu unsterblichen Superhelden mutieren – schade. Der Roman ist nichts für zarte Gemüter, aber das erwartet man vom Autor auch nicht. Gestorben wird reichlich und auch sonst gibt es viele blutige und grausame Szenen, die aber immer in den Kontext passen und nicht nur dem Effekt dienen.

Sehr gut gefallen mir die kapiteleinleitenden Zitate, die alle etwas mit dem Thema (Karten)Spiel zu tun haben und von ganz unterschiedlichen Menschen stammen, so haben u. a. Platon, Arthur Schopenhauer, Jack London und Oscar Wilde etwas beizusteuern. Auch historische Hintergrundinformationen verstecken sich zwischen dem spannenden Geschehen, wie etwa über das Farbholzraspelprivileg des Armenhauses in Leipzig oder den Bunkertunnel in Arras.

Dem Autor ist wieder einmal ein hochspannender Pageturner gelungen, der nur am Ende nicht mehr ganz überzeugen kann, weswegen ich „nur“ 4,5 Sterne vergeben, die ich aber, wie gewohnt, aufrunde. Genrefans sollten unbedingt zu diesem Roman greifen!