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Veröffentlicht am 28.10.2016

Überzeugender Trilogieauftakt

Die Blausteinkriege 1 - Das Erbe von Berun
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Nach dem Tod des Kaisers von Berun geht das Land seinem Untergang entgegen, denn der Thronfolger ist schwach und unfähig. In den Vasallenstaaten gibt es Abspaltungstendenzen, es kommt zu Aufständen, Nachbarstaaten ...

Nach dem Tod des Kaisers von Berun geht das Land seinem Untergang entgegen, denn der Thronfolger ist schwach und unfähig. In den Vasallenstaaten gibt es Abspaltungstendenzen, es kommt zu Aufständen, Nachbarstaaten versuchen die Umstände auszunutzen.

Das Schicksal mehrerer Menschen verbindet sich mit dem Geschehen: Die Diebin Sara tritt, nachdem sie der Mutter des Kaisers unbeabsichtigt einen Gefallen erwies, in deren Dienst und damit mitten ins Geschehen. Der Schwertkämpfer Marten muss auf Grund seines lasterhaften Lebenswandels Berun verlassen und verdingt sich als Kriegsknecht. Messer, ein Auftragsmörder, erhält die Aufgabe verschiedene Personen, die mit dem Kaiserhaus in Verbindung stehen, zu töten – das sind nur drei der Charaktere, die die Handlung tragen und aus deren Perspektiven erzählt wird. Dem Leser bleibt lange unklar, wie die Charaktere miteinander verbunden sind, ja, wohin überhaupt die Geschichte führen soll.

Das finde ich persönlich nicht weiter schlimm, denn die einzelnen Geschichten sind interessant und spannend erzählt und nach und nach erschließen sich zumindest Gemeinsamkeiten bzw. Verknüpfungen. Die Frage nach dem großen Ganzen der Geschichte stellte sich mir nur am Rande und wird sich wohl erst mit dem letzten Band endgültig erschließen. Dennoch gibt es auch hier schon einige Aha-Erlebnisse, z. B. wenn persönliche Hintergründe aufgedeckt werden. Überrascht wird der Leser zudem immer wieder durch unerwartete Wendungen, Entwicklungen und Verbindungen.

Die Charaktere finde ich durchweg gut gelungen, die Charakterisierung ist nicht immer tiefgehend, dafür aber pointiert ausgefallen, keiner wirkt blass oder eindimensional, es gibt nahezu keine reine Schwarz-Weiß-Zeichnung, Protagonisten wie Antagonisten besitzen fast alle gute und schlechte Charakterzüge.

Die Welt, die die Gebrüder Orgel entwickelt haben, gefällt mir gut, es ist eine Fantasywelt, jedoch sind die Fantasyelemente, zumindest bisher, dezent gesetzt. Einige Menschen haben „Talente“, besondere Eigenschaften (z. B. Beherrschen des Elementes Wasser), die durch Blaustein verstärkt werden können und in Berun als widernatürlich angesehen werden. Gut gefällt mir auch die dahinter stehende Mythologie/Religion, ebenfalls sehr gelungen ist die Tierwelt, von deren Vertretern wir hoffentlich in den Folgebände weitere kennen lernen werden.

Der Roman wartet mit einer Karte und einem Personenverzeichnis auf, beides sehr nützlich. Schön wäre noch ein Glossar gewesen, es gibt einige Worte, die einer (früheren) Erklärung bedurft hätten (z. B. Metis oder Vibel).

„Das Erbe von Berun“ ist der erste Teil einer Trilogie und in meinen Augen sehr viel versprechend. Ich bin sehr gespannt auf die weiteren Teile und die Entwicklungen, die Berun und die Charaktere durchlaufen werden. Von mir gibt es volle Punktzahl und eine Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 09.10.2016

Band 1 war deutlich besser

His Dark Materials 2: Das Magische Messer
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Der 12jährige Will ist auf der Flucht und landet dabei in einer anderen Welt. Dort trifft er Lyra, die aus einer weiteren Welt stammt und nach Antworten sucht. Die Welt, in der sich beide treffen, scheint ...

Der 12jährige Will ist auf der Flucht und landet dabei in einer anderen Welt. Dort trifft er Lyra, die aus einer weiteren Welt stammt und nach Antworten sucht. Die Welt, in der sich beide treffen, scheint von Kindern bewohnt – und von Gespenstern, die von Kindern nicht wahrgenommen werden, aber für Erwachsene eine große Bedrohung sind.

In Lyras Welt sind derweil der Aeronaut Lee Scoresby und die Hexe Serafina Pekkala ebenfalls auf der Suche nach Antworten.

Der zweite Teil der Trilogie setzt nicht direkt am Vorgängerband ein, sondern führt zunächst einen neuen Protagonisten ein: Will, der anscheinend in unserer bekannten Welt lebt. Will hat früh lernen müssen, seinen Mann zu stehen, sein Vater, ein Forschungsreisender, ist schon seit Jahren verschwunden, seine Mutter psychisch instabil.

Schon beim Vorgänger hatte ich Anfangsschwierigkeiten, und es dauerte etwas, bis der Band mir Lesefreude beschwerte. Auch „Das magische Messer“ machte es mir nicht leicht – und leider hielt sich das bis zum Ende. Lyras Welt hat mir gut gefallen, Philip Pullman hat sie mit viel Phantasie ausgearbeitet und bildreich von ihr erzählt. Die beiden neuen Welten sind weniger gut ausgearbeitet, nun, unsere eigene Welt kennen wir, da war das auch nicht weiter nötig. Die Welt der Gespenster allerdings blieb mir fremd und es fehlte mir an Hintergründen. Gut, dass manche Szenen in Lyras Welt spielen und mit Lee und Serafina altbekannte Charaktere auftreten. Lyra, die nun nicht mehr der Mittelpunkt der Geschichte ist, der Fokus liegt meines Erachtens mehr auf Will, ist mir immer noch nicht wesentlich sympathischer geworden. Wirklich interessante Charakterneuzugänge gibt es in diesem Roman eigentlich nur einen, jemand, den man eigentlich tot wähnte und der sogar eine doppelte Überraschung ist. So tolle Charaktere wie der Bär Iorek fehlen in diesem Band.

Die Geschichte selbst erscheint mir verworren und mit erheblichen Längen, wodurch ich mehr als einmal dazu verführt wurde, quer zu lesen, Philip Pullman erzählt sehr ausschweifend, so dass man dadurch nicht unbedingt etwas verpasst. Wirkliche Spannung kam bei mir nur selten auf, doch hin und wieder hat mich eine Szenenfolge doch gepackt, z. B. als Lyra das Alethiometer gestohlen wird und Will es mittels eines raffinierten Tricks zurückholen will.

Lange habe ich überlegt, welche Botschaft Philip Pullman mit dem Roman vermitteln will. Kirchenkritik? Kritik an Machtausübenden? Sozialkritik? Klar ist, dass die Kirche in Lyras Heimat eine verheerende Rolle inne hat, sie hat die Macht in Händen, bestimmt die Gesetze und handelt selbst sehr zweifelhaft. Wollte Pullman Machtausübung an sich kritisieren, warum bedient er sich dann der Kirche als kritisiertem Machtinhaber? Der Roman ist ein Jugendbuch (laut Verlag ab 12 Jahre geeignet) und ich finde es sowieso schon sehr düster und brutal für ein solches, dazu noch diese Botschaft macht es für mich nicht mehr für jüngere Jugendliche geeignet. Religion ist ein schwieriges Thema, wie ich finde und dieser Roman scheint mir nicht geeignet, sich damit auseinanderzusetzen.

Der Roman hat mich nach dem spannenden und phantsievollen ersten Band enttäuscht. Pullman erzählt weniger phantastisch, dafür immer verworrener, worunter auch die Spannung leidet. Trotzdem werde ich die Trilogie zu Ende lesen, vielleicht überrascht mich ja der dritte Band positiv. Für Band 2 gibt es 2,5 Sterne, die ich, wie immer aufrunde, aber keine Leseempfehlung. Ob die gesamte Trilogie empfehlenswert ist, entscheide ich nach dem Lesen des Abschlussbandes.

Veröffentlicht am 08.10.2016

Ein Ermittler, der auf sein Bauchgefühl vertraut

Dein finsteres Herz
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Ein toter Banker und ein toter Obdachloser, beide auf gleiche Art getötet, stellen DC Max Wolfe, neu bei der Mordkommission, vor manches Rätsel. Womit schafft man es, Kehlen so präzise und schnell zu ...

Ein toter Banker und ein toter Obdachloser, beide auf gleiche Art getötet, stellen DC Max Wolfe, neu bei der Mordkommission, vor manches Rätsel. Womit schafft man es, Kehlen so präzise und schnell zu durchtrennen und wer könnte es auf so unterschiedliche Menschen abgesehen haben?

Der erste Band der Reihe um den allein erziehenden Ermittler Max Wolfe führt diesen gekonnt ein: Max arbeitet zunächst noch bei einer Terrorermittlungseinheit und ist hinter einem Bombenleger her. Schon hier setzt er sich über Befehle hinweg und verlässt sich ganz auf seine Intuition. Dass er dabei sich selbst in Gefahr bringt, obwohl er eine kleine Tochter hat, die ihn braucht, ist vorübergehend vergessen. Ich habe bereits den Nachfolgeband gelesen und dort ist dieser Charakterzug Max' noch viel deutlicher zu spüren als hier, es gibt zwar auch in „Dein finsteres Herz“ mehr als eine Szene, in der er zu bemerken ist, außer in der Eingangsszene hält es sich aber noch in Grenzen.

Max, den der Autor selbst erzählen lässt, ist mir nicht unsympathisch, ich mag es vor allem, wie er mit seiner Tochter Scout (und deren Hund) umgeht. Scout ist nach wie vor mein Liebling, sie ist bezaubernd und lockert den Roman immer wieder auf. Man fragt sich lange, was wohl mit Scouts Mutter passiert ist, die Auflösung ist nicht die von mir erwartete, für Max und vor allem Scout aber dennoch traumatisch. Max' Privatleben nimmt einigen Raum im Roman ein, mir gefällt das, es macht auch den Kontrast zu seinem zeitweiligen beruflichen Handeln deutlich. Neben Max und Scout sind die übrigen Charaktere weniger tiefgehend gezeichnet, bei manchen Ermittlerkollegen hatte ich Schwierigkeiten, sie auseinander zu halten, etwas mehr in die Tiefe geht der Autor bei den weiteren möglichen Opfern, denn schließlich ergibt sich eine Verbindung zwischen den beiden ersten Toten, die auf weitere Gefährdete schließen lässt.

Das Motiv scheint mit dem Prolog, der Jahre vor den Morden spielt, bereits klar zu sein, für den Leser geht es in erster Linie um das „Wer war es?“. Die Ermittler müssen auf die Verbindung erst noch kommen, nach und nach erschließen sich die Hintergründe und führen von einem Puzzlestück zum nächsten. Die Medien haben längst einen Täter ausgemacht, der sich online mit den Taten brüstet – aber ist die Lösung wirklich so einfach? Nicht nur der Leser zweifelt.

Leider muss man bereits hier, wie schon im Nachfolgeband, immer wieder an der Kompetenz der Ermittler zweifeln. Auf mich wirken die Ermittlungen halbgar und nicht immer authentisch, dazu passt auch, dass Max eigentlich nur ein kleines Rädchen im Ermittlungsteam ist, aber dennoch derjenige, der, teilweise gegen den Widerstand der Vorgesetzten, den Fall löst. Dass der Druck von außen zu Druck von oben führt und dadurch die Ermittlungen beeinflusst werden, ist dagegen durchaus glaubhaft. Da ist es fast gut, dass Max seinen Intuitionen mehr vertraut als Anweisungen.

Man kann gut spekulieren, wer hinter den Morden steckt, ich selbst bin erst recht spät auf die (nachvollziehbare) Lösung gekommen. Der Roman ist bis zum Ende gut zu lesen und hat mich gut unterhalten. Ich werde die Reihe auf jeden Fall weiter verfolgen und vergebe für diesen Band 4 Sterne.

Veröffentlicht am 07.10.2016

Der Mirror, dein bester Freund?

Mirror
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Nachdem Carl Poulsen zusammen mit einem Freund den „Mirror“ entwickelt hat, kann er seine Firma für so viel Geld an einen Konzern weiterverkaufen, dass er bis an sein Lebensende ausgesorgt hat. Dennoch ...

Nachdem Carl Poulsen zusammen mit einem Freund den „Mirror“ entwickelt hat, kann er seine Firma für so viel Geld an einen Konzern weiterverkaufen, dass er bis an sein Lebensende ausgesorgt hat. Dennoch bleibt er der Firma verbunden und arbeitet weiter am Mirror, eine Art Weiterentwicklung des Smartphones, mit vielen für den User hilfreichen Features. Die Mirror sind über das MirrorNet verbunden, das Daten sammelt, um die Geräte immer weiter zu verbessern. Das oberste Ziel ist dabei den Nutzen für die User zu optimieren.

Andy bekommt einen Mirror zum Geburtstag geschenkt, zuerst ist er nicht gerade begeistert, denn sein Haupthobby sind Onlinespiele, dafür scheint der Mirror aber nicht unbedingt geeignet zu sein. Doch Andy entdeckt schnell den Nutzen des Gerätes für sich, denn er hat das Asperger-Syndrom und sein Mirror hilft ihm dabei, die Gesichtsausdrücke seiner Mitmenschen zu deuten und gibt ihm damit die Möglichkeit, deren Stimmungslage zu erkennen. Tatsächlich traut sich Andy seit langer Zeit einmal wieder unter Menschen und besucht ein Einkaufszentrum, wo er Viktoria kennenlernt und sich sogar mit ihr anfreundet. Doch diese Freundschaft scheint seinem Mirror nicht zu gefallen.

Nicht nur Andys Handicap wird vom Mirror kompensiert, auch die blinde Marna erlebt, wie hilfreich das Gerät für sie ist, und auch Lukas, dem es an Intelligenz mangelt, profitiert von seinem Mirror, der sein Leben innerhalb kurzer Zeit verbessert – ihn aber auch von sich abhängig macht. Jack ist ein kleiner Dealer, der untertauchen muss, der Mirror, der in seine Hände gelangt, wird ihm dabei gute Dienste leisten. Die Journalistin Freya entdeckt, dass ihr Mirror Gefühle zu haben scheint oder zumindest eigenständig agiert. Sie beginnt nachzuforschen und stößt damit in ein Wespennest.

Die Geschichte spielt in Deutschland und den USA (Carl und Jack) und wird mit Hilfe vieler Perspektivewechsel und damit verbundener Cliffhanger zügig erzählt. Als Leser ist man mitten in der Geschichte, fühlt mit den Charakteren oder ärgert sich über sie, schnell ist einem aber auch klar, wohin das Geschehen steuert. Die Spannung hält sich insgesamt in Grenzen, wenn auch manche Abschnitte recht spannend sind. Trotz der techniklastigen Geschichte ist die Sprache einfach und verständlich, technische Details werden eher am Rande erwähnt.

Die Charaktere sind zum Teil ganz gut gelungen, besonders Andy gefällt mir, man kann gut nachvollziehen, was in ihm vorgeht. Auch die Gefühlswelt der anderen Charaktere beschreibt der Autor anschaulich, teilweise sind mir diese aber zu klischeehaft beschrieben, vor allem Lukas ist ein reiner Stereotyp. Da es in der Geschichte aber weniger um die Charaktere geht, sondern mehr um die künstliche Intelligenz und ihre Vor- und Nachteile, ist das zu verschmerzen, die Charaktere sollen nur die Story tragen und anschaulich machen. Wirklich stört mich aber, wenn Charaktere unlogisch handeln, z. B. erst mirrorkritisch, intelligent und vernünftig sind, und dann doch alles glauben, was das Gerät ihnen sagt und sich zu entsprechendem Tun verleiten lassen, selbst wenn ein bisschen gesunder Menschenverstand Zweifel schüren müsste.

Im Übrigen finde ich es schade, dass die Charaktere aus dem Prequel im Roman keine Rolle spielen und noch nicht einmal die dortigen Rätsel aufgeklärt werden (allen voran das Attentat auf den Zug), sicher hätte man das „nebenbei“ auch noch mit aufnehmen können.

Leider hat für mich aber auch die Geschichte an sich ihre Probleme. Manche Storyentwicklungen scheinen mir zu sehr aus dem Hut gezaubert. Vor allem gefällt mir das Ende nicht. Die Grundgeschichte, nennen wir es „was passiert, wenn künstliche Intelligenz zu intelligent wird“, ist ein alter Hut, da gibt es einige Geschichten, die davon handeln, und ich hatte von „Mirror“ etwas Neues, Innovatives erwartet, zumal Karl Olsberg in Anwendungen Künstlicher Intelligenz promoviert hat. Leider wurde meine Erwartung diesbezüglich enttäuscht, vor allem das Ende der Geschichte erscheint mir sehr klischeehaft. Gegen Ende zieht sich die Geschichte immer mehr. Dass es dann noch einen Todesfall innerhalb der Charaktere geben muss, scheint einem Soll geschuldet und ist in meinen Augen unnötig.So habe ich den Roman letztlich eher unzufrieden aus der Hand gelegt, weswegen ich auch nur 3 Sterne vergebe.

Vielleicht werde ich langsam alt, habe schon zu viel gelesen und gesehen, und kann deshalb manchen Romanen einfach nicht mehr genug abgewinnen? „Mirror“ ist mir letztlich zu klischeehaft und bietet nichts wirklich Neues. Sicher kann der Roman aber nachdenklich machen, wenn es um den Umgang mit technischen Fortschritten geht und der Überlegung, ob alles, was möglich ist, auch gemacht werden sollte. Aber auch diese Frage ist für mich nicht Neues.

Veröffentlicht am 03.10.2016

Gelungene Fortsetzung, die den ersten Teil noch übertrifft

Nachtschatten 2: Ungebrochen
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Lily und ihre Freunde sind weiterhin auf der Flucht, sie werden gejagt durch die anderen Jägergruppen, kein Versteck scheint sicher genug, immer wieder werden sie aufgespürt und fast scheint es, als hätten ...

Lily und ihre Freunde sind weiterhin auf der Flucht, sie werden gejagt durch die anderen Jägergruppen, kein Versteck scheint sicher genug, immer wieder werden sie aufgespürt und fast scheint es, als hätten sie einen Verräter in ihrer Mitte.

Neben diesen Problemen wird Lily von Alpträumen geplagt, die auf ihre Vergangenheit zu verweisen scheinen, offenbar kehrt ihre Erinnerung langsam wieder, doch Adrian, ihr Schutzengel, ist noch immer nicht bereit, über die Ereignisse zu sprechen, die Lilys Gedächtnislücke auslösten.

Es ist schon etwas her, dass ich den ersten Teil der Trilogie gelesen habe und ich hatte einige Probleme, mich wieder zurecht zu finden, zumal der Roman direkt mit einer Rückblende beginnt, die aber als solche nicht klar zu erkennen ist. Auch viele der Namen konnte ich zunächst nicht zuordnen – hier wäre ein kleiner Rückblick zu Beginn oder ein Glossar, das nicht nur die einzelnen Personen, sondern auch diverse Hintergründe, z. B. zu den einzelnen Wesen oder der speziellen Mythologie der Geschichte, beinhaltet, schön.

Nach einigen Seiten ist man dann aber wieder in der Geschichte angelangt und wird auch schnell gepackt, zum Einen erzählt Juliane Seidel sehr spannend, zum Anderen erhält man schnell die Gelegenheit mitzurätseln, und wer aufmerksam liest, kann das Geheimnis um Lily und Adrian zumindest zum Teil selbst lösen – ich mag es, wenn meine Überlegungen den richtigen Pfad erwischen.

Ich mag auch die Welt, die die Autorin entworfen hat, die verschiedenen Wesen, Werwesen, Vampire, Sidhe, Magier, Schutzengel – vor allem Letztere faszinieren mich. Der für mich interessanteste Charakter, Adrian, ist einer davon. Er ist Lily zugeordnet und anders als die anderen Schutzengel, warum, das wird sich in diesem Roman klären, die Auflösung ist gut gelungen, wie ich finde.

Leider kann die Protagonistin, Lily, selbst am wenigsten bei mir punkten. Schon im ersten Teil der Trilogie war sie mir nicht sehr sympathisch und auch jetzt wieder benimmt sie sich in meinen Augen stellenweise einfach nur schrecklich, sie ist sehr egoistisch und ungeheuer zickig. Gut, dass es neben ihr einige wesentlich interessantere Charaktere gibt. Etwas nervig finde ich die Vierecksbeziehung Lily-Silas-Radu-Adrian, es kommt hier teilweise zu unüberlegtem Verhalten, das ich nicht nachvollziehbar finde, vor allem, wenn sich ein Vampir, der schon viele Jahrzehnte alt ist, wie ein Teenager benimmt. Allerdings entstehen durch diese Konstellation auch ein paar schöne Szenen, die das Herz berühren, ohne dass ich sie als zu kitschig empfand.

Hin und wieder fand ich das Verhalten der Charaktere sehr oberflächlich, offensichtliche Dinge werden nicht thematisiert, manche Überlegung nicht weiterverfolgt, warum wird z. B. nicht darüber gesprochen, wer der Vampir war, der bei Radu angetroffen wurde. Die Gruppe wird verfolgt, aber keiner, auch nicht die erfahrenen Mitglieder, ist sensibel genug, Dinge auch mal zu hinterfragen. Manche Beobachtungen werden einfach nicht angesprochen.

Nichtsdestotrotz hat mich der Roman sehr gut unterhalten und ich bin sehr gespannt auf den Abschlussband der Trilogie, auch wegen des Appetizers am Ende dieses Teils. „Nachtschatten – Ungebrochen“ ist sehr spannend und beantwortet bereits einige Fragen. Mir gefällt dieser Teil besser als der erste, ich freue mich auf die Fortsetzung und spreche gerne eine Empfehlung aus, Urban Fantasy-, aber vor allem Engelfans werden Freude an der Geschichte haben. Von mir gibt es 4 verdiente Sterne.