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Veröffentlicht am 12.10.2025

Gespräche unter Männern

Wenn die letzte Frau den Raum verlässt
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Fragen der Gleichberechtigung erhalten mehr Aufmerksamkeit, Diversität wird mehr thematisiert. Frauen in Spitzenpositionen sind noch eher die Ausnahme als die Regel. Gleichzeitig wehren sich viele Männer ...

Fragen der Gleichberechtigung erhalten mehr Aufmerksamkeit, Diversität wird mehr thematisiert. Frauen in Spitzenpositionen sind noch eher die Ausnahme als die Regel. Gleichzeitig wehren sich viele Männer gegen Ambitionen zur Gleichberechtigung. Und hier setzt „Wenn die letzte Frau den Raum verlässt“ an. Die Autoren widmen sich Vorurteilen, Ängsten und skurrilen Aussagen von Männern in einem safe space, in dem diese offen bereit sind über das zu reden, was sie in Anwesenheit von Frauen nie verbalisieren würden.
Männer fühlen sich drangsaliert von Frauenparkplätzen, von kostenlosen Hygieneprodukten auf öffentlichen Toiletten. Und. So. Weiter.
Nun nehmen sich die Autoren den Ängsten der Männer in ihren Unternehmenstrainings durchaus ernst an. In Coachings haben sie es mit Männern zu tun, die sich in eine oder mehrere Kategorien wie den Sexisten, den verunsicherten Mann, den Anti- oder Pseudofeministen, den Wolf im Feministenpelz usw. einteilen. Das Autorenteam gibt Impulse dazu, wie man Männer zu Verbündeten machen kann, denn klar ist – ohne verbündete Männer können wir das Patriarchat nicht abschaffen.

Ich finde das Buch augenöffnend im Hinblick darauf, wie sich die Gespräche unter Männern gestalten, wenn die letzte Frau die Tür von außen hinter sich zu zieht. Die möglichen Lösungsansätze bleiben leider auch das: lediglich Ansätze. Klar ist aber auch, dass Lösungsvorschläge immer nur bis zu einem gewissen Punkt reichen können, ab dem dann die aktive Mitarbeit von Männern gefordert ist.
Ein weiterer, wenn auch kleiner Kritikpunkt, den ich an dem Buch habe, ist dass zwar der Thomas-Kreislauf erwähnt wird, er aber im Buch noch nicht das namentliche Update auf Christian erfahren hat.

In den 160 deutschen börsennotierten Unternehmen gibt es mehr Männer im Vorstand des Namen Thomas als insgesamt Frauen.2024 gab es also mehr Christians als Thomasse in solchen Führungspositionen und eben noch immer weniger Frauen.

Veröffentlicht am 12.10.2025

Phantasievolle Illustrationen, schöne Story!

Unico erwacht (Band 1)
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Als das bezaubernde kleine Einhorn Unico sich im uralten Garten der Göttin Psyche anfreundet, erregt das die Eifersucht der Göttin Venus. Sie verbannt Unico samt seiner Gabe Menschen glücklich zu machen ...

Als das bezaubernde kleine Einhorn Unico sich im uralten Garten der Göttin Psyche anfreundet, erregt das die Eifersucht der Göttin Venus. Sie verbannt Unico samt seiner Gabe Menschen glücklich zu machen aus dem Himmel. Zephyrus, der Westwind, wird von seiner Meisterin Venus damit beauftragt, die Verbannung auszuführen. Sie trägt Unico durch die Zeiten, lässt ihn für eine Weile bei den Menschen, freundet sich mit ihnen an, verändert ihr Leben, um dann vom Westwind wieder davongetragen zu werden und alles zu vergessen. Zephyrus hat Mitleid mit Unico und will den Kreislauf brechen. Sie lässt Unico in einer Großstadt unserer Zeit und wird von der Katze Chloe gerettet, die bald darauf ganz eigene Probleme bekommt, bei denen Unico ihr hilft. Gemeinsam kommen die beiden bei einer älteren Frau unter, bis Venus nach tausenden Jahren dem kleinen Einhorn erneut nachstellt.

Ein absolut hinreißender Comic aus der Feder des Erfinders von „Astro Boy“ oder „Kimba, der weiße Löwe“ (den ich unglaublich gerne in meiner Kindheit geschaut habe!).
Die Figuren bei Unico sind so phantasievoll gestaltet wie aufwendige Cosplay-Kostüme, es ist einfach ein Augenschmaus, sich durch die Geschichte zu schauen.
Ich freue mich riesig auf den bald erscheinenden zweiten Band der Unico-Comic-Reihe und möchte gerne verfolgen, ob Venus es schafft, Unico aufzuspüren oder seine unbekannte Beschützerin es schafft, gegen ihre Herrin zu handeln und das kleine Einhorn zu beschützen!

Veröffentlicht am 12.10.2025

Dokumentation der Glanzzeit feministischer Buchhandlungen

Sand im patriarchalen Getriebe
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1975, also vor genau 50 Jahren, wurde in Deutschland der erste Frauenbuchladen eröffnet. Diesem folgten mit schnellen Schritten weitere Neueröffnungen, ebenso wurden die ersten reinen Frauenverlage in ...

1975, also vor genau 50 Jahren, wurde in Deutschland der erste Frauenbuchladen eröffnet. Diesem folgten mit schnellen Schritten weitere Neueröffnungen, ebenso wurden die ersten reinen Frauenverlage in Deutschland gegründet, von denen z.B. der Aviva-Verlag, der Verlag Ulrike Helmer und entfernt der Orlanda-(Frauenbuch-)Verlag heute noch existieren.

Doris Hermanns arbeitet eine regelrechte Dokumentation aus von dem, was eine Glanzzeit feministischer Buchhandlungen gewesen sein muss. Frauenbuchläden als Beratungszentren, in denen es um weit mehr ging als nur um Buchtipps; Networking mit Frauen, welche die eigenen Werte und Ziele teilten; internationale Vernetzung zur Planung von Frauenbuchmessen, die auf der ganzen Welt stattfanden; Projekte zur Förderung von weiblicher Kunst; Rückzugsorte, an denen man unter sich bleiben konnte – denn in vielen Frauenbuchläden haben die Inhaberinnen Gebrauch ihres Hausrechts gemacht und Männern den Zugang verweigert.

Ein bisschen wehmütig liest sich dieses Buch, denn von den einst 30 Frauenbuchläden in Deutschland sind nur zwei geblieben; Xanthippe in Mannheim und Thalestris in Tübingen (und keiner davon in meiner Nähe). Die Erzählungen lesen sich für mich wie Orte der Schwesternschaft, an denen Frauen ihre Erfahrungen ausgetauscht haben, um festzustellen, dass ihre Probleme nicht privaten sondern strukturellen Ursprungs sind, wie etwa (Partnerschafts-)gewalt.
Hoffnung gibt das Buch auf den letzten Seiten, denn 2024 wurde in Berlin die FrauenLesbenBuchhandlung eröffnet.

Am 10. Mai hatte ich das Glück, dass hier in Bochum bei Mirhoff & Fischer eine Lesung von Doris Hermanns stattfand, die unterstützt wurde des feministischen Archivs ausZeiten und des queerfeministischen Archivs Lieselle an der Ruhr-Uni. Die anschließende Diskussionsrunde machte auf mich den Eindruck eines Wiedersehens alter Bekannter und war nebst heimelig auch unheimlich informativ!

Veröffentlicht am 21.06.2025

Sogar noch besser als "Das Kind in dir muss Heimat finden"

Trauma und Beziehungen
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Ich habe mal wieder etwas gelesen, um Therapiezwischenräume zu füllen, und mit „Trauma und Beziehung“ wurden im Titel von Verena Königs Buch direkt zwei meiner Schwerpunkte genannt.
In meiner Ausgabe kleben ...

Ich habe mal wieder etwas gelesen, um Therapiezwischenräume zu füllen, und mit „Trauma und Beziehung“ wurden im Titel von Verena Königs Buch direkt zwei meiner Schwerpunkte genannt.
In meiner Ausgabe kleben viele Haftzettel, damit ich mir für mich wichtige Stellen markiert habe.

Die Autorin beginnt an der Basis; sie erläutert verschiedene Formen von Gewalt, die Eltern ihren Kindern antun, und aus denen unsichere kleine Menschen und später unsichere Erwachsene werden. Verständlich erklärt sie die unbewussten Strategien, die ein menschliches Hirn erlernt und anwendet, um als hilfloses soziales Wesen in einer destruktiven Umgebung überleben zu können. Aus solchen Traumatisierungen resultieren unsichere Bindungen, die auch im Erwachsenenalter spiegeln, was in der Kindheit erlernt wurde.
Aus ihrer Therapiepraxis fügt König Fallbeispiele zwischen ihre Erklärungen, bei denen ich manchmal gedacht habe: Diese Person da im Buch, das ist doch eine Schablone von mir!
Was mir ein besonderer Balsam auf die Seele war, dass König zu passenden Gelegenheiten im anhält, nachsichtig gegenüber seinen Schutzmechanismen und erlernten Verhaltensweisen zu sein, «Menschen, die reflexhaft beschwichtigen, sich anpassen und unterwerfen, sind nicht etwa schwach oder unfähig, sondern im Gegenteil, ihr Überlebenswille und ihre soziale Intelligenz sind enorm ausgeprägt. Hinter der tief verankerten Überlebensstrategie und ihren zugehörigen Verhaltensmustern stehen ein großes Einfühlungsvermögen, hohe soziale Kompetenz und beeindruckende Wahrnehmungsfähigkeiten.»

Wie immer ersetzt kein Buch eine richtige Therapie, aber Verena König zeichnet in ihrem Buch einen heilsamen Weg, den man sich wünscht, schon gegangen zu sein und hinter sich gebracht zu haben. Noch am Anfang des Weges streut das Buch Hoffnung darauf: Es wird besser.
Ich habe auch die Bücher von Stefanie Stahl gelesen, die zu meinen inneren Themen passen, und im direkten Vergleich fühle ich mich von „Trauma und Bindung“ mehr verstanden und gesehen.

Veröffentlicht am 21.06.2025

netter Jugendkrimi, bei dem man das Hirn nicht sehr anstrengen muss

Tod im Samtmantel
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Durch Zufall findet Grace mit ihrer Freundin Suzy in einem 2nd Hand Shop einen dringend benötigten Mantel. Aus ihrem ist sie eigentlich schon herausgewachsen, aber das Geld für ein neues Kleidungsstück ...

Durch Zufall findet Grace mit ihrer Freundin Suzy in einem 2nd Hand Shop einen dringend benötigten Mantel. Aus ihrem ist sie eigentlich schon herausgewachsen, aber das Geld für ein neues Kleidungsstück hat Grace' Mutter auch nicht mal eben so locker sitzen. Der schöne Samtmantel kostet auch nur wenig, so dass sie direkt zuschlägt.
Kaum trägt sie den Mantel, wird sie von Visionen heimgesucht. Immer wieder taucht dasselbe Mädchen in den Visionen auf, und weder Suzy noch Grace halten das für einen Zufall. Die beiden Mädchen stellen Nachforschungen an und landen bei einem ungelösten Fall aus den 1960ern. Die damals etwa gleichaltrige Liv ist damals plötzlich verschwunden, eine Leiche wurde nie gefunden. Durch die Visionen wissen Suzy und Grace, dass Liv getötet wurde. Sie kommen der Lösung des Mordfalls immer näher, doch der Täter wohnt in der Nähe, und ihm bleibt nicht verborgen, dass die beiden Mädchen sich näher an sein Geheimnis heranschnüffeln...

Ich bin durchs Cover auf das „Tod im Samtmantel“ aufmerksam geworden, weil ich es ansprechend fand. Ein netter Jugendkrimi, bei dem man das Hirn nicht sehr anstrengen muss. Hat auf jeden Fall Unterhaltungswert.
Das einzige, was mir an diesem Buch missfallen hat, ist die Art und Weise, wie Grace' Mutter in diesem Buch agiert. Diese Workaholic Mom glänzt die meiste Zeit eher durch Abwesenheit und wird erst dann aktiv, als ihre Tochter in Gefahr gerät.