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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 06.08.2023

Eine verrückte Konstellation

Das Baby ist meins
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Lagos während der Corona-Pandemie 2020: Mitten im Lockdown findet Bambis Freundin heraus, dass er sie betrogen hat. Obwohl die Bevölkerung unter Hausarrest steht und es verboten ist für etwas anderes als ...

Lagos während der Corona-Pandemie 2020: Mitten im Lockdown findet Bambis Freundin heraus, dass er sie betrogen hat. Obwohl die Bevölkerung unter Hausarrest steht und es verboten ist für etwas anderes als Lebensmitteleinkäufe auf die Straße zu gehen, hat Mide kein Problem damit, Bambi hinauszuwerfen. Da er nirgendwo anders hin kann, glaubt er sich ungestört in das Haus seines kürzlich am Virus verstorbenen Onkels zurückziehen zu können, da er seine Tante, die ein Baby bekommen hat, bei irgendwelchen Verwandten vermutet.
Umso überraschend für Bambi, als er nicht nur seine Tante in dem Bungalow antrifft, sondern auch die Geliebte des Onkels. In ihrer Mitte befindet sich ein Baby, von dem beide Frauen felsenfest behaupten, dass es ihres ist.
Während die beiden Frauen mal einträglich zusammenleben, mal einander bitter bekriegen, versucht Bambi aus den Schilderungen schlau zu werden und zuzuordnen, wer wirklich die Mutter des Babys ist und gerät dabei zwischen die Fronten.

Nun, ich sag mal: Das war ein interessantes Konstrukt, das Oyinkan Braithwaite kompakt auf 125 geklöppelt hat. Das Buch wurde als feministisch gepriesen, eher entdecke ich darin das zynische Gegenteil – ein Mann dringt in das Leben der Frauen ein und schwingt sich ungefragt zu deren Richter auf. Dabei hat er kein Problem damit, sich aushalten, verpflegen und bedienen zu lassen. Die Kurzgeschichte wird zwar aus Sicht des Mannes erzählt, der in den zwei rivalisierenden Frauen eine Gefahr für das Baby sieht, allerdings haben die Frauen bis zum Auftauchen Bambis die bisherige Zeit des des Lockdowns gemeistert ohne einander totzuschlagen. Aber ein Mann im Haus tut, was ein Mann im Haus tut...
Ist es eine augenzwinkernde Gesellschaftskritik? Egal, wie man das Buch lesen will, es ist in jedem Fall eine interessante Grübelei im Anschluss garantiert!

Veröffentlicht am 06.08.2023

Reihenauftakt für Erstleser

Drachenmeister Band 1 - Kinderbücher ab 6-8 Jahre (Erstleser Mädchen Jungen)
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Zeit seines Lebens kannte Drake nichts anderes als das Zwiebelfeld seiner Eltern. Eines Tages kommt ein Reiter vorbei im Auftrag König Rolands, der Drake kurzerhand mitnimmt. Der König eröffnet ihm, dass ...

Zeit seines Lebens kannte Drake nichts anderes als das Zwiebelfeld seiner Eltern. Eines Tages kommt ein Reiter vorbei im Auftrag König Rolands, der Drake kurzerhand mitnimmt. Der König eröffnet ihm, dass er ein Drachenmeister ist und zusammen mit anderen Kindern eine geheime Spezialeinheit für den König bilden soll. Dass es überhaupt Drachen gibt, wusste Drake nicht, und ist umso erstaunter, als er Bo, Ana und Rori und ihre Drachen kennenlernt. Der Zauberer Griffith übergibt Drake einen Drachenstein. Mit diesem soll es ihm möglich sein mit seinem eigenen Drachen zu kommunizieren. Als Drake seinen Drachen endlich kennenlernt, freut er sich sehr. Gleichzeitig hegt er Zweifel, ob er es schaffen wird den Erwartungen an sich gerecht zu werden. Doch trotz aller Anforderungen gibt es auch jede Menge Spaß mit den anderen Drachenmeistern zu erleben!

Eine tolle Fantasygeschichte für Leseanfänger für alle Kinder, die Drachen lieben! Die kurzen Kapitel mögen sich für Kinder anfühlen, als hätten sie gut was weggelesen, und die schönen Illustrationen tragen zusätzlich zum Flair der Geschichte bei. Ein richtig schöner Reihenauftakt, finde ich!

Veröffentlicht am 06.08.2023

Zur Enttabuisierung des Schwangerschaftsabbruchs

(K)eine Mutter
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Zwölf Frauen vereint Jeanne Diesteldorf in ihrem Buch. Sie alle eint der Umstand, dass sie einen Schwangerschaftsabbruch vorgenommen haben. Doch damit enden die Gemeinsamkeiten, denn jede von ihnen hat ...

Zwölf Frauen vereint Jeanne Diesteldorf in ihrem Buch. Sie alle eint der Umstand, dass sie einen Schwangerschaftsabbruch vorgenommen haben. Doch damit enden die Gemeinsamkeiten, denn jede von ihnen hat andere Erfahrungen in ihrer höchstpersönlichen Entscheidung gemacht. Einige von diesen Frauen haben heute Kinder, andere würden sich auch heute nach wie vor für ein Leben ohne Nachwuchs entscheiden. Unterschiedlich waren auch die Hürden, die sie überwinden mussten, um die ungewollten Schwangerschaften abzubrechen. Die Lebenserfahrungen dieser Frauen bereiten auf Fragen vor, die man sich noch gar nicht gestellt hat.

“(K)Eine Mutter” ist gerade im Hinblick auf die USA sehr aktuell, wo das Abtreibungsrecht im Juni 2022 gekippt wurde. Dieses Buch hat den Anspruch seinen Teil zur Enttabuisierung eines Themas beizutragen, das ein Grundrecht jeder Frau sein sollte. Die darin enthaltenen Geschichten jedoch zeigen, dass wir als Gesellschaft davon noch immer weit entfernt sind. Die Schwierigkeiten, die eine Frau hat, eine ungewollte Schwangerschaft und nachfolgende 18 Jahre Verantwortung zu beenden, sind zu hoch. Gerade, wenn man bedenkt, dass der Lösung des Problems ein Countdown von zwölf Wochen anhängt.
So gut ich es finde, dass dieses Buch sich der Thematik annimmt, war es mir noch differenziert genug. Beispielsweise waren nahezu alle (weißen, privilegierten) Frauen in diesem Buch Studentinnen, und als solche bekommt man von der Krankenkasse seinen Abbruch finanziert. Frauen anderer Kulturkreise und Frauen mit begrenzten Mitteln sind in diesem Buch gar nicht repräsentiert. Es fehlt ein wenig an der breiten Vielfältigkeit der weiblichen Seite Deutschlands auf den Seiten dieses ansonsten wirklich informativen und interessanten Sachbuchs.

Veröffentlicht am 06.08.2023

Eine Dystopie des optimierten Körpergewichts

Shape Me
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Nena lebt ein so normales Leben, wie das in einer Kaloriendiktatur eben möglich ist. Neueuropa hat eine zweite Währung, deren Wohlstand sich an den Körpermaßen ablesen lässt. Alle Bürger:innen haben ein ...

Nena lebt ein so normales Leben, wie das in einer Kaloriendiktatur eben möglich ist. Neueuropa hat eine zweite Währung, deren Wohlstand sich an den Körpermaßen ablesen lässt. Alle Bürger:innen haben ein wöchentliches Kalorienkontingent – ein Konto ohne Dispo.

Nena hat sowieso schon immer Schwierigkeiten ihr Kalorienlimit mit zwei ebenfalls hungrigen Katzen einzuhalten. Von einem auf den anderen Tag funktioniert dann allerdings ihr ID-Chip nicht mehr, woraufhin sie sich gar keine Lebensmittel mehr kaufen kann. Von den zuständigen Behörden erhält sie keine Hilfe, und so werden die folgenden Wochen für Nena zur Qual. Doch es kommt schlimmer, und eines morgens wacht sie in einem Körper auf, der ihr nicht gehört und auch nicht gehorcht.
Auf der Suche nach den Verantwortlichen gerät sie zwischen die Fronten eines hochgradig diskriminierenden Systems... “Shape me” ist eine Dystopie des Bodyshamings, in der schlank sein die Norm ist und übergewichtig nur Foodjunkies sind, die vom Rest der Bevölkerung verachtet werden. Doch wie in jeder düsteren Realität erkaufen sich die Reichen zusätzliche Privilegien, die dem Normalbürger verwehrt sind, und rebellische Einzelkämpfer gegen dieses System ankämpfen.

Davon handelt diese Geschichte, und man verfolgt neben Nena auch noch eine Art Gegenpol, nämlich Tess. Tess ist überzeugt vom System und bei der Shape Me Corporation angestellt, wo sie über einen Körpertausch mit einem straffen Trainingsprogramm die Körper der Kund:innen in Form bringt, während diese mit ihrem eigenen als Leihkörper herumlaufen. Das Buch hat mir sehr gut gefallen und mich zum Nachdenken angeregt. Von mir gibt’s daher eine klare Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 06.08.2023

Dieses Buch gibt neue Impulse

Was Männer kosten
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ch habe bisher einige Bücher über den Feminismus und die Kritik am Patriarchat gelesen. Was Boris von Heesens “Was Männer kosten” nun zu etwas Besonderem macht, sind fundierte Zahlen in Euro, in denen ...

ch habe bisher einige Bücher über den Feminismus und die Kritik am Patriarchat gelesen. Was Boris von Heesens “Was Männer kosten” nun zu etwas Besonderem macht, sind fundierte Zahlen in Euro, in denen er aufrechnet, was toxische männliche Verhaltensweisen an Kosten verursachen. Andere Bücher mit dieser Thematik arbeiten zwar auch mit Zahlen, die aber häufig zu abstrakt bleiben. Jeder von uns rechnet seine Ausgaben täglich in Euro durch, und das macht von Heesens Recherchen so fassbar.
Dabei greift er in seinen Überlegungen Dinge auf, über die ich mir zuvor noch nie Gedanken gemacht habe – beispielsweise dass die patriarchal geprägte Erziehung und Sozialisierung Männer davon abhält Zugang zu ihren negativen Gefühlen zu bekommen, was dazu führt, dass Männer in Lebenskrisen wenig Zugang zu geschlechtsspezifischen Betreuungs- und Therapiehilfen haben, was im Extremfall im Suizid enden kann. Was dieses Beispiel und ähnliche an volkswirtschaftlichen Schäden (ganz zu schweigen von den emotionalen) anrichten, rechnet der Autor vor. Bei all dem lässt er nicht außen vor, dass nicht nur Frauen sondern auch Männer selbst unter dem gesellschaftlichen Korsett des Patriarchats leiden.
In der zweiten Hälfte des Buches beschäftigt von Heesen sich mit möglichen Zukunftsstrategien auf dem Weg zur Geschlechterparität mit Vorschlägen, welche sich vor allem auch die Politik näher anschauen sollte.