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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 04.08.2023

Von Verlust und Freundschaft

Kitchen
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Ein paar Bücher von Banana Yoshimoto habe ich schon gelesen, jetzt kam ich dazu ihr Debüt mal zu lesen. Wenn ich eine Einteilung vornehmen müsste, könnte man das Buch in zwei Geschichten einteilen. Die ...

Ein paar Bücher von Banana Yoshimoto habe ich schon gelesen, jetzt kam ich dazu ihr Debüt mal zu lesen. Wenn ich eine Einteilung vornehmen müsste, könnte man das Buch in zwei Geschichten einteilen. Die erste ist etwas länger und nimmt gut 2/3 des Buches ein. In dieser begegnet man Mikage, die nach dem Tod ihrer Großmutter die letzte Verwandte verloren hat. Sie erhält einen Anruf von Yuichi, der ihre Großmutter gut kannte. Er bietet Mikage an, dass sie doch zu ihm und seiner Mutter ziehen könnte, da sie doch ohnehin aus der Wohnung ihrer Großmutter müsse. Mit Yuichi verbindet Mikage bald darauf ein besonderes aber immer auch fragiles Band. Zu Eriko, Yuichis Mutter, schaut Mikage auf, denn diese hat einen ungewöhnlichen und beschwerlichen Lebensweg gehabt. Aus dem Dreiergespann wird eine ungewöhnliche Familie. Mikage lernt ihren Verlust zu überwinden und wieder auf eigenen Füßen zu stehen. Monate später wird sie erneut einen Menschen verlieren und mit Yuichi durch den Verlust tiefer verbunden sein.
In der zweiten und etwas kürzeren Geschichte des Buches steht Satsuki im Mittelpunkt. Auch sie hat einen wichtigen Menschen verloren, ihren Freund Hiroshi. Da sie nachts nicht besonders gut schläft, hat sie sich angewöhnt früh morgens joggen zu gehen. Bei ihrer festen Runde begegnet ihr eine Frau namens Urara, die Satsuki auf eine gänzlich mysteriöse Weise hilft über den Tod Hiroshis hinwegzukommen.

Ich mag die Art wie Banana Yoshimoto Geschichten erzählt. Es ist immer etwas Zartes zwischen den Zeilen, und ihre Beschreibungen sind in bestimmten Momenten der Handlung richtiggehend poetisch. Manche Bücher hauen einen in ihrer Heftigkeit um – nicht so “Kitchen”. Es war mir eine sanfte Decke oder Umarmung, die mich in der Melancholie, welche die Geschichte beherrscht, umwickelt hat.

Veröffentlicht am 04.08.2023

Spannendes Jugendbuch zum Thema Verschwörungstheorien!

Shelter
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Benny lebt noch nicht so lange in der neuen WG, ist noch neu in der Stadt und fühlt sich im Freundeskreis zwischen Liv, Nando, Till, Manuel und Darya ziemlich wohl. Während die Clique beim Feiern abends ...

Benny lebt noch nicht so lange in der neuen WG, ist noch neu in der Stadt und fühlt sich im Freundeskreis zwischen Liv, Nando, Till, Manuel und Darya ziemlich wohl. Während die Clique beim Feiern abends beisammen sitzt und sich an einen ehemaligen Kumpel erinnert, der durch seine neue Freundin mittlerweile in Verschwörungskreisen unterwegs ist, kommen einigen Freunden die Idee selbst mal eine Verschwörungstheorie in die Welt zu setzen. Liv, die sich kurz vor Abschluss ihres Psychologiestudiums befindet, nimmt die Idee begeistert als Projekt für ihre Bachelorarbeit auf. Heiter zieht die Gruppe spät in der Nacht los und pflastert die Stadt mit einem ausgedachten Erkennungszeichen, das schon bald in den sozialen Medien geteilt wird. Mit ein paar Fake-Accounts streut die Clique eine Verschwörungsgeschichte aus einem Kampf zwischen guten und bösen Aliens in Menschenkörpern ins Netz, die sich schon bald verselbstständigt.

Benny, der schon während der Aktion nicht wohl beim vorsätzlichen Täuschen anderer Menschen war, sieht sich in einem Netzwerk jemandem gegenüber, der sich die ausgedachte Verschwörungsgeschichte zu eigen macht und als eine Art Guru auftritt. Er versucht die Geschichte aufzuklären, stößt aber auf heftige Gegenwehr bei den Anhängern des Gurus. Als dann einzelne Freunde der Clique auf der Straße offen angegriffen werden, ist Benny derjenige, der am meisten darunter zu leiden hat – mental und körperlich.

Mehr darf ich an dieser Stelle eigentlich gar nicht verraten, um nicht zu spoilern. Wer Ursula Poznanski kennt, der weiß, dass sie ein wahnsinniges Talent dafür hat Spannung zu erzeugen, der man sich nicht entziehen kann. Man will einfach unbedingt wissen wie es sich auflöst, und das letzte Viertel von Shelter habe ich vor dem Schlafengehen innerhalb von drei Stunden durchgesuchtet. Und am Ende, auch das kennt man von Poznanski, lässt sie eine Bombe von solch einer Überraschung platzen, dass man die Worte gar nicht schnell genug lesen kann vor lauter Neugier! Erinnerte mich ein wenig an Morton Rhues „Die Welle“. Das war mal wieder Jugendthriller vom feinsten!

Veröffentlicht am 04.08.2023

Wenn ich ehrlich bin, ist dieses Buch für uns alle notwendig

Warum ich nicht länger mit Weißen über Hautfarbe spreche
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Ich habe in diesem Buch der britischen Autorin Reni Eddo-Lodge einige neue Dinge erfahren, vor allem über Hautfarbe und Großbritannien. Ihr Buch ist aus einem Blogbeitrag von 2014 heraus entstanden, in ...

Ich habe in diesem Buch der britischen Autorin Reni Eddo-Lodge einige neue Dinge erfahren, vor allem über Hautfarbe und Großbritannien. Ihr Buch ist aus einem Blogbeitrag von 2014 heraus entstanden, in dem sie kritisiert hat wie sehr viele (nicht alle) weiße Menschen noch immer die Existenz (und damit gelebte Alltagsrealität vieler PoC) von strukturellen Rassismus und seiner Symptome leugnen. Eddo-Lodge konnte und wollte sich nicht mehr emotional und intellektuell damit verausgaben, Menschen von etwas zu überzeugen, die gar nicht willens sind zuzuhören. Dieser Blogbeitrag hat eine Welle des Zuspruchs für Eddo-Lodge ausgelöst und es kamen sogar die Bitten von weißen Leser:innen, sie möge ihre Überzeugungsarbeit nicht aufgeben, ihre Stimme wäre notwendig.
Und so schrieb sie weiter.

In dem Kapitel "Geschichte" konnte mir das Buch neues Wissen vermitteln, z.B. im Hinblick auf die Auswirkungen des Sklavenhandels oder auch die Beteiligung der Commonwealth Nations (insb. Jamaika, Indien, Karibik) am 2. Weltkrieg. Amerika hat eine gut dokumentierte Geschichte seiner Kultur, und über Großbritannien (immerhin bis in die 1940er hinein noch immer Kolonialmacht) wusste ich bisher so gut wie nichts.

Über einen sehr wichtigen Punkt im Kapitel "White Priviledge" habe ich mir nie Gedanken gemacht. Interethnische Kinder (ein weißes und ein schwarzes Elternteil) sind Teil der Vielfalt des Schwarzseins, die oftmals weniger bedacht wird. Die feglende Erfahrung weißer Elternteile mit Rassismus macht diese blind für die Schwierigkeiten des Kindes, das sich mit den Vorurteilen der Welt in Bezug auf seine Hautfarbe allein und ohne die Hilfe der Eltern auseinandersetzen muss.
Hier wurde ich mir sehr klar meines weißen Privilegs bewusst, dass mir dieser Gedanke darum nie gekommen ist.
Wenn man über strukturellen Rassismus spricht, kommt man um Intersektionalität und Feminismus nicht herum, und auch zu diesen Themen hat Eddo-Lodge wichtige Dinge zu sagen.


Alles in allem hat mich das Lesen der Inhalte schon sehr bereichert. Kann ich mich von Rassismus freisprechen? - Ich denke nicht. Wie der Klappentext schreibt, liegt der Rassismus vor allem im Herzen der achtbaren Gesellschaft. Solange Menschen anderer Hautfarben und Kulturen benachteiligt und offen angegriffen werden, solange wird es für weiße privilegierte Menschen wie mich notwendig sein Bücher wie dieses zu lesen.

Veröffentlicht am 04.08.2023

Lest mehr Gedichte!

Feine Pflänzchen
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𝐅𝐫𝐞𝐦𝐝𝐥ä𝐧𝐝𝐢𝐬𝐜𝐡 𝐝𝐮𝐟𝐭𝐞𝐭 𝐝𝐞𝐫 𝐉𝐚𝐬𝐦𝐢𝐧,
𝐃𝐨𝐜𝐡 𝐛𝐥ü𝐡𝐭 𝐞𝐫 𝐚𝐮𝐜𝐡 𝐢𝐧 𝐆𝐫𝐨ß-𝐁𝐞𝐫𝐥𝐢𝐧.
𝐖𝐞𝐫 𝐎𝐫𝐜𝐡𝐢𝐝𝐞𝐞𝐧 𝐳ü𝐜𝐡𝐭𝐞𝐭 𝐢𝐬𝐭,
𝐄𝐢𝐧 𝐎𝐫𝐜𝐡𝐢𝐝𝐞𝐚𝐥𝐢𝐬𝐭.

Ab und zu mal ein Gedicht, das erheitert den Geist. Da ich noch nie was von Mascha Kaléko ...

𝐅𝐫𝐞𝐦𝐝𝐥ä𝐧𝐝𝐢𝐬𝐜𝐡 𝐝𝐮𝐟𝐭𝐞𝐭 𝐝𝐞𝐫 𝐉𝐚𝐬𝐦𝐢𝐧,
𝐃𝐨𝐜𝐡 𝐛𝐥ü𝐡𝐭 𝐞𝐫 𝐚𝐮𝐜𝐡 𝐢𝐧 𝐆𝐫𝐨ß-𝐁𝐞𝐫𝐥𝐢𝐧.
𝐖𝐞𝐫 𝐎𝐫𝐜𝐡𝐢𝐝𝐞𝐞𝐧 𝐳ü𝐜𝐡𝐭𝐞𝐭 𝐢𝐬𝐭,
𝐄𝐢𝐧 𝐎𝐫𝐜𝐡𝐢𝐝𝐞𝐚𝐥𝐢𝐬𝐭.

Ab und zu mal ein Gedicht, das erheitert den Geist. Da ich noch nie was von Mascha Kaléko gelesen habe und mich jetzt so langsam mal nach dem Frühling sehne, schien mir "Feine Pflänzchen" genau richtig.
Die Gedichte sind kurz, manchmal nur zwei Zeilen lang, und doch steckt trotz der Knappheit immer etwas Neckisches darin. Die Illustrationen in dieser Ausgabe von dtv tragen ihren Teil dazu bei! Ein nettes kleines Bändchen!

»𝐍𝐞𝐢𝐧, 𝐌ö𝐡𝐫𝐞𝐧 𝐬𝐢𝐧𝐝 𝐳𝐮 𝐨𝐫𝐝𝐢𝐧ä𝐫,
𝐅𝐞𝐢𝐧 𝐢𝐬𝐭 𝐧𝐮𝐫 𝐝𝐢𝐞 𝐊𝐚𝐫𝐨𝐭𝐭𝐞!«
𝐒𝐨 𝐬𝐩𝐫𝐚𝐜𝐡 𝐌𝐚𝐝𝐚𝐦𝐞 𝐝𝐞 𝐏𝐨𝐦𝐩𝐚𝐝𝐨𝐮𝐫,
𝐃𝐢𝐞 𝐊𝐨𝐤𝐨𝐤𝐨𝐤𝐨𝐤𝐨𝐭𝐭𝐞.

𝐊𝐚𝐫𝐨𝐭𝐭𝐞𝐧 𝐠𝐚𝐛 𝐞𝐬 𝐢𝐧 𝐕𝐞𝐫𝐬𝐚𝐢𝐥𝐥𝐞𝐬
𝐒𝐨𝐠𝐚𝐫 𝐳𝐮𝐦 »𝐋𝐞𝐢𝐩𝐳𝐠𝐞𝐫 𝐀𝐥𝐥𝐞𝐫𝐥𝐚𝐢𝐥𝐥𝐞«.
- 𝐃𝐨𝐜𝐡 𝐝𝐢𝐞 𝐠𝐞𝐦𝐞𝐢𝐧𝐞𝐧 𝐌ö𝐡𝐫𝐞𝐧
𝐓𝐚𝐭 𝐝𝐚𝐬 𝐧𝐢𝐜𝐡𝐭 𝐰𝐞𝐢𝐭𝐞𝐫 𝐬𝐭ö𝐫𝐞𝐧.

Veröffentlicht am 04.08.2023

Lehrer:innen, nehmt dies als Schullektüre auf! (Und alle anderen: Lest es auch!)

Fette Sau
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Lore hat ziemliches Übergewicht und geht genau deswegen täglich durch die Hölle in ihrer Schule. Von ihren Mitschülerinnen wird sie aufs Übelste gemobbt. Freundinnen, die ihr zur Seite stehen, hat sie ...

Lore hat ziemliches Übergewicht und geht genau deswegen täglich durch die Hölle in ihrer Schule. Von ihren Mitschülerinnen wird sie aufs Übelste gemobbt. Freundinnen, die ihr zur Seite stehen, hat sie nicht, und auch unter bei Lehrkräften findet sie keine Hilfe. Um sich abzulenken, flüchtet sie sich meistens in Handyspiele.
Nachdem es wieder mal besonders schlimm war, entschließt Lore sich, dass sie dringend abnehmen muss. Für ein halbes Jahr fährt sie in eine abgelegene Klinik im tiefsten Bayern, begegnet dort auch übergewichtigen Kindern und erfährt, wie es ist nicht ständig Angst vor anderen mehr haben zu müssen. Dort lernt sie auch die schlagfertige Julia kennen, die Lore mit ihrer Berliner Schnauze zeigt wie viel mehr in ihr steckt. In Julia findet sie erstmals eine Freundin, mit der sie sprichwörtlich durch dick und dünn geht. Die Mädchen verlieren mit jeder Woche Gewicht, und Lore darf wieder nach Hause. In der Schule wird sie von den anderen kaum wiedererkannt, und doch stellt sie fest, dass sich nichts geändert hat – die anderen mobben sie noch immer auf die grausamste Weise, an der sie fast verzweifelt und nur noch einen Ausweg weiß.

Christiane Kromp hat ein wichtiges, ein relevantes Buch geschrieben. Lores tägliches Mobbing wird hautnah beschrieben, und man fühlt als Leser:in, was mit dem Mädchen in ihrem Innersten passiert. Es macht wütend und man selbst spürt die Verzeiflung von Lore. „Fette Sau“ sollte meiner Meinung nach unbedingt als Unterrichtslektüre in Schulen aufgenommen werden, um ein stärkeres Bewusstsein für Mobbing zu schaffen.