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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 02.08.2023

Ein philosophischer Politthriller über den Syrienkrieg 2012

Ich rette die Welt - aber erst mal eine rauchen
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Wir befinden uns im Jahr 2012 in Syrien. Lea ist als Reporterin in dem kriegsgepeinigten Land. Gemeinsam mit ihr sind unter anderem Hannes und Nathan als Kriegsfotografen unterwegs. Zwischen Bombenanschlägen, ...

Wir befinden uns im Jahr 2012 in Syrien. Lea ist als Reporterin in dem kriegsgepeinigten Land. Gemeinsam mit ihr sind unter anderem Hannes und Nathan als Kriegsfotografen unterwegs. Zwischen Bombenanschlägen, dem Marsch der Soldaten und blutüberströmten Zivilopfern versucht sie einen Sinn in all dem menschgemachten Elend zu sehen. Dabei versucht sie nicht zu sterben, denn zu Hause wartet ihr Verlobter auf sie. Ob sie als dieselbe Person nach Deutschland zurückkehren wird, als die sie aufgebrochen ist...?

“Ich rette die Welt – aber erst mal eine rauchen” ist ein Politthriller mit vielen philosophischen Gedanken, welche die Protagonistin mit ihren Begleitern bei einer selbstgedrehten Zigarette teilt. Während Lea noch einen Sinn im Handeln zu sehen, sind viele der Menschen um sie herum längst desillusioniert und sehen die Kriegshandlungen und deren Ursprünge empathielos an sich vorbeiziehen.

In die Handlung und Lea als Hauptfigur steigt man als Leser:in direkt mit Explosionen und Verwundungen ein. Im weiteren Verlauf tauschen Lea und ihre Begleiter sich häufig versonnen über ihre Gedanken zum Syrienkrieg aus. Ich muss gestehen, für meinen persönlichen Geschmack ist der Verlauf der Geschichte teilweise zu theoretisch gewesen, und ich hätte mir mehr Handlung gewünscht. Eventuell bin ich aber auch mit den falschen Vorstellungen an dieses Buch gegangen. Für mich war es eher ein philosophischer Politthriller. Das Buch schließt allerdings verblüffend ab, also darf man wohl mit einer Fortsetzung rechnen und gespannt sein, wohin Leas Weg sie weiterführt.

Veröffentlicht am 02.08.2023

Feminismus im Jugendformat

Rules For Being A Girl
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Marin ist eine Vorzeigeschülerin an ihrer Schule. Ihr Studium am Ivy League College ist ihr eigentlich schon sicher. Zusammen mit ihrer besten Freundin Chloe ist sie im Redaktionsteam der Schülerzeitung. ...

Marin ist eine Vorzeigeschülerin an ihrer Schule. Ihr Studium am Ivy League College ist ihr eigentlich schon sicher. Zusammen mit ihrer besten Freundin Chloe ist sie im Redaktionsteam der Schülerzeitung. Chloe und sie sind beide ein bisschen in ihren Englischlehrer und Leiter der Schülerzeitung verliebt. Mr Beckett ist aber auch ein verdammt cooler Typ und immer so locker. Alles andere als locker sind aber die Regeln, die vor allem für die Schülerinnen an der Schule gelten, wie der Schuldirektor immer wieder exemplarisch vorführt, wenn wieder ein Mädchen gegen die hochheilige Kleiderordnung verstoßen hat, während die Jungs sich sämtliche Fehltritte erlauben können. Hat sich Marin darüber mit den anderen immer ein wenig lustig gemacht, ist damit spätestens Schluss, als sie selbst Opfer eines sexuellen Übergriffs wird. Fortan fallen ihr so viele Dinge auf, die gravierend falsch laufen, und die sie ändern möchte. Doch Marin stellt auch fest, dass es alles andere als leicht ist diese starren und unfairen Zustände zu ändern...

Candace Bushnell dürfte für viele ein Begriff aus “Sex and the City” sein, und auch in diesem Buch für junge Leser:innen widmet sie sich feministischen Themen. Manchmal fand ich Marins feministische Wendung ein wenig forciert, grundlegend habe ich ihre Entwicklung aber gerne verfolgt. Die Story offenbart einige Wendungen, mit denen ich so nicht gerechnet hätte, das hat es nochmal interessanter gemacht.

Veröffentlicht am 02.08.2023

20 Years after 9/11

9/11
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Als ich erstmals in dieses Buch hineingelesen habe, war ich in unserer Buchhandlung. Zwischendurch musste ich hoffen, dass mich niemand anspricht, denn mir liefen Tränen die Wangen herunter. Es sollte ...

Als ich erstmals in dieses Buch hineingelesen habe, war ich in unserer Buchhandlung. Zwischendurch musste ich hoffen, dass mich niemand anspricht, denn mir liefen Tränen die Wangen herunter. Es sollte sich noch einige Male beim Lesen dieses Buches wiederholen...

Mitchell Zuckoff hat einerseits eine durch und durch nachvollziehbare Chronik der Ereignisse vom 11. September 2001 zusammengestellt, andererseits ein Werk geschaffen, dass einem so durch und durch an die Nieren geht. Dabei beleuchtet er auch die Ereignisse, die sich nicht unmittelbar in den zwei Flugzeugen und den Türmen des World Trade Center abgespielt haben, sondern wendet sich auch dem United-Airlines-Flug 93 zu, der von Passagieren zum Absturz gebracht wurde und damit von den Terroristen nicht sein Ziel treffen konnte. Auch rekonstruiert Zuckoff, was sich von der Vorbereitung der Terroristen herausfinden ließ und bietet weitere Einblicke, die ich zumindest vorher in die Geschehnisse von 9/11 nicht hatte.

Zuckoff hat ein umfassendes Werk zu den Ereignissen, die zum 11. September 2001 geführt haben, und die sich unmittelbar in der Katastrophe ereignet haben, geschaffen. Es fesselt einen, gleichzeitig ist es ein Buch, das man nicht einfach liest und dann vergisst.

Veröffentlicht am 02.08.2023

Das Ende des amerikanischen Traums

Nomaden der Arbeit
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Selbst wenn der Film „Nomadland“ nicht mit einem Oscar prämiert worden wäre, ist seine Buchvorlage „Nomaden der Arbeit“ ein äußerst lesenswerter Einblick in das Ende des US-amerikanischen Kapitalismus. ...

Selbst wenn der Film „Nomadland“ nicht mit einem Oscar prämiert worden wäre, ist seine Buchvorlage „Nomaden der Arbeit“ ein äußerst lesenswerter Einblick in das Ende des US-amerikanischen Kapitalismus. Seit dem Platzen der Immobilienblase 2008 endet der amerikanische Traum für viele beim Aufwachen auf einem Parkplatz an einem neuen Ort. In einer Welt, in der bezahlbarer Wohnraum immer rarer wird, werden Menschen einfallsreich in der Frage, wie sie den größten Kostenfaktor abschaffen können: Die Miete. Für einen Transporter, ein Wohnmobil oder gar ein geräumiges Auto muss man keine Miete aufbringen. Zeitgleich ist man mobil genug, dorthin zu reisen, wo es (saisonale) Arbeit gibt.

Jessica Bruder hat für ihr Buch eine Reihe von US-Amerikanern, die diese Lebensweise gewählt haben, über mehr als drei Jahre begleitet und für Interviews getroffen, um zu recherchieren. Überraschend oft sind es Senioren, die als Wanderarbeiter durchs Land fahren, weil die soziale Absicherung nicht reicht und sie gezwungen sind in häufig prekären Jobs weiterzuarbeiten. Von den Menschen im Zentrum dieser Reportage wurde Bruder kritisch beäugt, denn sie hatten Bedenken als obdachloser White Trash dargestellt zu werden. Sie sehen sich nicht als homeless, also obdachlos, sondern als houseless. Äußerst einfühlsam und mit viel Verständnis berichtet Bruder von den Träumen, Wünschen, Sorgen und Nöten der selbsternannten Vandweller – Menschen, die größtenteils in ihren Fahrzeugen leben. Sie begleitet sie bei ihrer Arbeit, bei ihren Reisen und lernt - eigentümlich fasziniert von der Lebensweise, als sie sich selbst im Vandwelling versucht – die Gefahren kennen, der die Menschen ausgesetzt sind, die auf Parkplätzen wohnen.

Dieses Buch ist ein augenöffnender Roadtrip der ganz anderen und vor allem besonderen Art, wenn der Aufenthalt auf den Highways nicht nur der Weg, sondern auch das Ziel ist.

Veröffentlicht am 02.08.2023

Was sind Männer ohne Frauen?

Von Männern, die keine Frauen haben
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“Von Männern, die keine Frauen haben” ist eine Kurzgeschichtensammlung, deren Kern Männer stehen ohne Frauen stehen. Diese Männer werden innerhalb der Erzählung von unterschiedlichen Frauen ergänzt, entweder ...

“Von Männern, die keine Frauen haben” ist eine Kurzgeschichtensammlung, deren Kern Männer stehen ohne Frauen stehen. Diese Männer werden innerhalb der Erzählung von unterschiedlichen Frauen ergänzt, entweder weil sie diese begehren oder generell einsam zu sein scheinen. Typisch Murakami sind von Melancholisch über Normal bis Skurril wieder diverse Facetten dabei.

Tja, war ich die richtige Person für dieses Buch? Ich bin nicht der größte Fan von Kurzgeschichten, aber dieses Buch hat mich so gar nicht erreicht. An mir sind die einzelnen Geschichten vorbeigezogen wie eine flüchtige Begegnung mit einem Fremden auf der Straße; noch bevor ich einen Sinn in ihnen erkennen konnte, waren sie auch schon zu Ende. Entsprechend ungerührt haben mich die Geschichten zurückgelassen. Gerade, wenn es sich da um einen Murakami handelt, von dem ich normalerweise sehr angetan bin, ist das besonders enttäuschend. Meine Hoffnung: Mein nächstes Buch von ihm wird hoffentlich besser!