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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 31.07.2023

In der Ruhe liegt die Kraft dieser Erzählung

Liebe am Papierrand
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Eine junge Frau hat ein seltsames Ohrenleiden und befürchtet, der Gehörlosigkeit anheim zu fallen. Sie lernt einen Stenographen kennen, in dessen Gegenwart ihr Leiden kleiner zu werden beginnt. Fasziniert ...

Eine junge Frau hat ein seltsames Ohrenleiden und befürchtet, der Gehörlosigkeit anheim zu fallen. Sie lernt einen Stenographen kennen, in dessen Gegenwart ihr Leiden kleiner zu werden beginnt. Fasziniert von seinen Händen bittet sie ihn ihre Lebensgeschichte aufzuschreiben. Die Gespräche mit ihm scheinen sie zu heilen, doch sie stellt fest, dass ihre gemeinsame Zeit begrenzt ist, denn irgendwann wird das Papier aufgebraucht sein...


Dies ist für mich bisher eine der unscheinbarsten Geschichten von Yoko Ogawa, für mich eine Meisterin der zarten Wortwahl. Ich bin eine Liebhaberin dieser Autorin, aber auf Ogawa muss man sich einlassen können. Nicht die Handlung ist der Fokus ihrer Erzählungen, sondern die verwendeten Worte, die im Geiste gemächlich dahinfließen wie köstlicher Honig. Auch in diesem Buch passiert gewohnt wenig, doch ihre Beschreibungen, wie beispielsweise die Finger des Stenographen, die fragile Ohrmuschel der jungen Frau, sind ein literarischer Genuss, der sich nur schwer mit anderen Autoren und Autorinnen vergleichen lässt.

Veröffentlicht am 31.07.2023

Willkommen zum actiongeladenen Finale der Vanitas-Reihe!

VANITAS - Rot wie Feuer
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Nachdem im zweiten Teil der Reihe Carolin von ihren Dämonen in Wien aufgespürt wurde, hat ihre Flucht sie zurück nach Frankfurt getrieben, der Stadt, in der so viel Schreckliches passiert ist. Doch sie ...

Nachdem im zweiten Teil der Reihe Carolin von ihren Dämonen in Wien aufgespürt wurde, hat ihre Flucht sie zurück nach Frankfurt getrieben, der Stadt, in der so viel Schreckliches passiert ist. Doch sie erträgt die ständige Furcht nicht mehr von dem Karpin-Clan aufgespürt zu werden und beschließt sich ihren Ängsten zu stellen und von der Gejagten zur Jägerin zu werden. Unter neuer Identität und in vielen Maskeraden gelingt es ihr, einzelne Mitglieder des russischen Clans aufzuspüren, und sie grübelt wie sie aus diesen Erkenntnissen einen Plan formen kann. Da es mehr als eine Mafiagruppierung in Frankfurt gibt, die im Drogen- und Menschenhandel mit den Karpins konkurriert, intrigiert sie zwischen den verfeindeten Clans – eine sehr gefährliche Sache, denn sie weiß, dass weder der eine noch der andere Clan zimperlich mit jenen umgeht, die ihnen in die Quere kommen, und so lässt sie sich auf ein riskantes Spiel um Leben und einem sehr qualvollen Tod ein. Es beginnt ein Katz-und-Maus-Spiel mit einigen Überraschungen...


Wie hab ich beim Abschluss dieser Reihe mitgefiebert! Fesselnd von Seite 1 an hat mich Carolins Finale nicht losgelassen, und so hat sich vor lauter Spannungsgier sogar mein Lesetempo gesteigert!
Waren die ersten zwei Bände der Vanitas-Reihe von Ursula Poznanski noch in einem gemächlichen Tempo, so ändert sich das mit diesem actiongeladenen Abschluss. Es reiht sich Adrenalin an Adrenalin, während Carolin sich ihren Dämonen stellt, und der Lauf ihrer Geschichte hält hier noch so manche Wendungen bereit, mit denen man nicht rechnet. „Rot wie Feuer“ ist ein berauschender Abschluss der hervorragenden Thriller-Reihe, die man unbedingt von Band 1 an lesen sollte, um der Handlung angemessen folgen zu können!

Veröffentlicht am 31.07.2023

Klug und wissenschaftlich Leser und Lektüre unter die Lupe genommen!

Die Unruhe der Bücher. Vom Lesen und was es mit uns macht
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Ein gebildeter Mensch, dieser Sascha Michel, das erkenne ich auf den ersten Seiten, denn ich hab keine Ahnung, was "Kontoguitätsrelation" oder "Metonymie" bedeuten (und bei dem raschen Aufeinanderfolgen ...

Ein gebildeter Mensch, dieser Sascha Michel, das erkenne ich auf den ersten Seiten, denn ich hab keine Ahnung, was "Kontoguitätsrelation" oder "Metonymie" bedeuten (und bei dem raschen Aufeinanderfolgen dieser Fachbegriffe habe ich ehrlicherweise keine Lust nachzuschauen). Ich kann allerdings Sätze wie diesen hier voll und ganz nachvollziehen und unterschreiben:

Das Lesen gedruckter Bücher mag gesellschaftlich und medienhistorisch immer mehr zum Nischenphänomen werden. Das Leben selbst ist aber alles andere als ein Nischenphänomen. [...] Auch die Frage, ob digital oder analog gelesen werden sollte, ist weniger wichtig, als oft behauptet wird. Wichtiger ist [...] zunächst einmal schlicht die Lesesozialisation: Vorlese-Erfahrungen in der Kindheit, das Lernen von Konzentration, ob am Bildschirm oder mit Papier, und ein lebendiger Deutschunterricht.
Und weiter:
"dafür brauchen wir die Bücher: damit uns immer wieder schockartig bewusst wird, wie viel größer das Universum ist, als wir zu denken gewohnt sind."

Die Quintessenzen, die ich aus Sascha Michels Abhandlung über die Unruhe der Bücher mitnehme, ist dass Bücher ganz schön retro sind, wenn man sie nicht auf einem Screen liest, sie uns aus unserer Komfortzone herauszuholen vermögen, das empathische Empfinden fördern können, und dass das Gelesene mehr als eine Bedeutung haben kann.
Ich fühle mich in meiner Berufswahl zur nahezu vollständigen Buchhändlerin bestärkt! Wer sich mit dem, was das Lesen in einem selbst macht, auseinandersetzen will, dem sei dieses kleine Büchlein ans Herz gelegt!

Veröffentlicht am 31.07.2023

Mutter und Tochter zwischen Schuld, Sühne und Rache

Darling Rose Gold
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Rose Gold Watts ist ein fragiles und krankes Kind gewesen. Verdauungsprobleme, Untergewicht, verrottende Zähne, dutzende Krankheiten machten es der kleinen Rose Gold unmöglich weiter die Schule zu besuchen, ...

Rose Gold Watts ist ein fragiles und krankes Kind gewesen. Verdauungsprobleme, Untergewicht, verrottende Zähne, dutzende Krankheiten machten es der kleinen Rose Gold unmöglich weiter die Schule zu besuchen, so dass sie von ihrer Mutter zu Hause unterrichtet und weiterhin gepflegt wurde.


Viele Jahre später sitzt Patty Watts im Gefängnis wegen schwerer Kindesmisshandlung. All die Krankheiten – nur ausgedacht und mit Gift im Essen ihrer Tochter nachgeholfen. Fünf Jahre Knast für ein ruiniertes Kinderleben. Doch Rose ist gnädig, will ihrer Mom eine zweite Chance geben und nimmt sie nach ihrer Entlassung in ihr Haus auf. Rose ist nun ihrerseits Mutter, und die ganze Gemeinde fürchtet, dass die selbstgerechte Patty Watts dasselbe Spiel nicht nur bei ihrer Tochter wieder aufnehmen könnte, sondern auch den Enkel vergiften wird.

Patty umsorgt Rose nur zu gern wieder und kümmert sich nach Roses wiedergewonnenem Vertrauen um das Enkelkind, denn sie hat das Ziel die nach außen hin innig wirkende Beziehung zu ihrer Tochter wiederaufzunehmen – auch wenn sie es Rose Gold übel nimmt, dass sie das Elternhaus gekauft hat, in dem Patty eine leidvolle Kindheit verbracht hat. Doch ist Rose Gold wirklich so vergebend oder spielt sie vielleicht ihr ganz eigenes Spiel..?


Stephanie Wrobels Debüt schlug bei mir ein wie eine Bombe. Die Kapitel wechseln sich zwischen Rose Golds und Pattys Sicht ab, mal in der Gegenwart erzählt, mal von der Vergangenheit. Hinter jeder Seite vermutet man die Wahrheit, die plötzlich hervorspringt und aufdeckt, wer denn nun die Böse in dieser toxischen Beziehung zwischen Mutter und Tochter ist. Das Ende ist fulminant! Ein Psychothriller der ganz besonderen Art!

Veröffentlicht am 31.07.2023

The struggle is real!

Die letzten Tage des Patriarchats
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„Die letzten Tage des Patriarchats“ ist eine Textsammlung von Kolumnen und Essays aus dem Zeitraum zwischen 2011 und 2018.

Margarete Stokowskis Zeilen lesen sich ironisch, bissig, ehrlich, absolut unterhaltsam, ...

„Die letzten Tage des Patriarchats“ ist eine Textsammlung von Kolumnen und Essays aus dem Zeitraum zwischen 2011 und 2018.

Margarete Stokowskis Zeilen lesen sich ironisch, bissig, ehrlich, absolut unterhaltsam, dabei aber immer darauf bedacht, eine Message rüberzubringen. Während sie ihre Statements abgibt, lässt sie aber auch immer wieder die Stimmen der Kommentatoren ihrer Kolumnen zu Wort kommen, auch wenn sie – wie sie betont – das Lesen dieser üblicherweise zu vermeiden versucht. Wie schon in ihrem ersten Buch, „Untenrum frei“, rang mir „Die letzten Tage des Patriarchats“ immer wieder abwechselnd zustimmendes Nicken und lautes Kichern ab. Lehrreiche Unterhaltung – aber traurigerweise sind nach wie die aufgegriffenen Themen aktuell, und solange dies so ist, wünsche ich mir, dass Bücher wie dieses vielfach gelesen werden!