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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 21.03.2023

Für mehr Potenz beim weiblichen Geschlecht

Die potente Frau
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Wer in Svenja Flaßpöhlers „Die potente Frau“ eine klischeetriefende, geschlechtereinseitige Feminismusrede erwartet, wird erfrischenderweise enttäuscht.
Flaßpöhler geht es in diesem kompakten, meinungsangereichertem ...

Wer in Svenja Flaßpöhlers „Die potente Frau“ eine klischeetriefende, geschlechtereinseitige Feminismusrede erwartet, wird erfrischenderweise enttäuscht.
Flaßpöhler geht es in diesem kompakten, meinungsangereichertem Büchlein um Feminismus, vor allem aber darum Selbstbewusstsein und Souveränität an den Tag zu legen.

Flaßpöhler kritisiert die reproduzierte patriarchale Weltanschauung, dass Frauen per se hilflos sind und geschützt werden müssen, ihnen somit jede Selbstständigkeit im Hinblick auf die Durchsetzung der eigenen Sexualität und deren Grenzen abspricht. Gleichzeitig geht ihre Kritik ins Verständnis der Männer durch die Schwammigkeit von #metoo, auf die viele ohne Reflexion aufspringen, gleichermaßen die, die sexuellen Übergriff erdulden mussten wie die, die sich von sexuellen Avancen belästigt sehen und prangert die ausgehebelte Unschuldsvermutung an, die Männer in Fällen auch zu Unrecht ausgesetzt sind, wenn sie medial dem bloßen Verdacht sexueller Übergriffigkeit ohne Prüfung dieses Verdaches unterliegen.

Sie fordert, dass man sich als Frau nicht nur auf die Gesetzeslage zum Schutze verlässt, sondern autonom und nicht über sich ergehend und im Nachhinein bereuend seine sexuelle Selbstbestimmung positioniert. Es geht nicht um Schuldzuweisungen, sondern um die eigene Positioniertung und Verantwortung.

Die potente Frau, die Flaßpöhler sich für die künftige Gesellschaft wünscht, ist nicht reaktiv auf die Aktion des Mann wartend, sondern gleich aktiv wie der potente Mann. Flaßpöhler regt an mit dem sozialgesellschaftlichen Bildern von Mann und Frau aufzuräumen. Ihr Plädoyer, weibliche Lust zu leben und nicht passiv zu sein respektive sich auffordern zu lassen die eigene Lust zu aktivieren, weil ein althergebrachtes Rollenbild nach wie vor präsent ist, liest sich in aller Kürze leicht weg und kommt ganz gut als weitere Diskussionsgrundlage daher.

Veröffentlicht am 21.03.2023

日本 (Nihon)

Von Kirschblüten, Kimonos und Kintsugi
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Yutaka Yazawa erläutert in seinem Vorwort, dass es seine japanischen Wurzeln gekoppelt mit seinem jahrelangem Auslandsaufenthalt sind, die ihm die nötige Distanz zur Reflexion der Traditionen und Eigenheiten ...

Yutaka Yazawa erläutert in seinem Vorwort, dass es seine japanischen Wurzeln gekoppelt mit seinem jahrelangem Auslandsaufenthalt sind, die ihm die nötige Distanz zur Reflexion der Traditionen und Eigenheiten Japans geben.

In kurzen Abschnitten, die selten über eine Buchseite hinausgehen, bekommt man einen Einblick über die Regionen der japanischen Inseln, Kultur, Familienleben, Kunst, Freizeitgestaltunge und die Feste des japanischen Jahres. Altertum und Moderne werden gleichwohl thematisiert.
Es bleibt jedoch bei Einblicken, nie geht der jeweilige Text in die Tiefe. Dadurch erfährt man zwar über durchaus viele unterschiedliche Themen, von denen selbst eingeschworene Japan-Begeisterte noch überrascht werden können, man muss sich aber im Klaren darüber sein mit diesem Buch immer nur an der Oberfläche zu kratzen.
Bebildert ist die Lektüre mit Fotografien und Illustrationen.

Ich denke, dass ich selbst über Japan schon eine Menge weiß, dennoch konnte mich das Buch in einiger Hinsicht noch überraschen. Ein wenig enttäuschend war nur die fehlende Tiefe mancher Themen, die dem Untertitel „Die ganze Wahrheit...“ nicht gerecht werden konnte. Für die selbsternannte ganze Wahrheit haben mir da definitiv einige Seiten gefehlt.
Das Buch kann für mich trotzdem bestehen, ich finde es eine herrliche Ergänzung zum eigenen Wissen. Als zu verschenkende Alternative z.B. zu einem Reiseführer Japan für Japan-Fans kann ich mir dieses Buch gut vorstellen, da es auch eine sehr ansprechende, dabei jedoch dezente Aufmachung besitzt.

Veröffentlicht am 21.03.2023

Leben ist eine Ansammlung von Reisen

Ich komme mit
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Lazy ist ein junger Student mit Bock aufs Leben und vor allem Bock auf seine Freundin Elsie.
Vita ist eine alte Frau, die sich ihre Routinen mühsam zusammenklaubt, um ihre Tage zu füllen.
Beide sind das ...

Lazy ist ein junger Student mit Bock aufs Leben und vor allem Bock auf seine Freundin Elsie.
Vita ist eine alte Frau, die sich ihre Routinen mühsam zusammenklaubt, um ihre Tage zu füllen.
Beide sind das Gegenteil voneinander, jung und alt, Leben und Sterben, gemeinsam ist ihnen nur, dass sie im selben Haus in der Torstraße wohnen und kein Interesse aneinander haben.

Sie hören auf Gegenteile zu sein und desinteressiert aneinander zu sein, als das Leben dem Sterben weicht; Lazy erhält die Diagnose Leukämie. Vita sieht ihn hin und wieder im Treppenhaus, abgemagert, haarlos und leichenblass.
Lazy wurde von Elsie verlassen und macht sich auf eine Reise nach Mexiko, wo er eine junge Frau kennenlernt. Bei Blanka wäre er gerne geblieben, doch dann wird er erneut krank und beginnt eine weitere Chemo. Erneut begegnen sich Vita und Lazy im Treppenhaus. Vitas ständige Suche nach Beschäftigung hat sie eine Neugier an Lazy entwickeln lassen und so lädt ihn zum Essen in ihre Wohnung ein, von da an bekocht sie ihn täglich, obwohl er kaum etwas herunterbekommt. Auf ihr Angebot hin zieht er bei ihr ein. Vita, die von Lazy eigentlich nur Maier genannt wird, und der Kranke werden Kumpels.
Als die Chemo erneut nicht anschlägt, entschließt Lazy sich von der Welt zu scheiden, solange er noch die Kraft hat seinen Abgang selbst zu planen. Meier entscheidet sich mitzukommen. Vorher bereisen sie jedoch noch die Türkei, wo sie eine alte Ausgrabungsstätte besichtigen. Lazys letzter Wunsch. Hier lernt Lazy die junge Frau Aydan kennen. Bei Aydan wäre er gerne geblieben, aber es hat keinen Sinn und Lazy entsagt ihr und dem Leben.

Zurück in Deutschland planen Maier und Lazy gemeinsam ihr Verlassen von der Welt.
Es kommt jedoch anders, und mit von Meier geführter Hand greift Lazy erneut nach dem Leben.

Ich muss sagen, dass mir das Ende nicht so gut gefallen hat. Plötzliches, unpssendes Happy End, und dann so vage erzählt wie im letzten Moment unentschieden. Eigentlich ein gutes Buch mit allerdings einem höchst schwachem Ende. Man muss auch mal Mut zur Tragik haben, die man über so viele Seiten aufgebaut hat. Konnte mich dann durch den Schluss dann leider überhaupt nicht überzeugen.

Veröffentlicht am 21.03.2023

Aktueller denn je

Die verlorene Ehre der Katharina Blum
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Ich schreibe wahrscheinlich nichts neues, wenn ich über die verlorene Ehre der Katharina Blum berichte, es ist schließlich Heinrich Bölls bekanntestes Werk.

Der Einstieg in die Lektüre fiel mir nicht ...

Ich schreibe wahrscheinlich nichts neues, wenn ich über die verlorene Ehre der Katharina Blum berichte, es ist schließlich Heinrich Bölls bekanntestes Werk.

Der Einstieg in die Lektüre fiel mir nicht leicht. Man wird direkt mit reichlich Namen bombardiert in einem literarischen Szenario, das an Prozessakten erinnert. Abschnittweise wird die Vernehmung der Katharina Blum nacherzählt, die einem flüchtigen Verbrecher Hilfe geleistet hat dem Zugriff der Polizei zu entkommen. Den Mann lernte sie auf einer Feier kennen, nahm ihn mit nach Hause und verliebte sich Hals über Kopf nach einer gemeinsamen Nacht in ihn. Die Loyalität zu ihm zu halten ungeachtet des Verbrechens, das er begangen haben mag, wird ihr zum Verhängnis, als ein sensationsheischendes Tageblatt (im Buch nur die „ZEITUNG“ genannt) ihren Anteil an der Flucht nicht nur veröffentlicht, sondern ihr Privatleben auf eine pervers tatsachenverdrehende Weise ausschlachtet. Aus einer unbescholtenen, unscheinbaren Bürgerin wird dann eine Täterin, als ihr Hass auf den Verantwortlichen der verdrehten Berichterstattung sie dazu treibt den Journalisten der ZEITUNG zu töten.

Interessant ist wie wenig sich an manchen Methoden seit 1974 geändert hat, als Böll das Buch veröffentlichte. Sein in „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“ verarbeitetes Thema ist in einer Zeit, in welcher der Begriff „Fake News“ entstanden ist, aktueller denn je.
Ein wirklich gutes Buch trotz des gewöhnungsbedürftigen Anfangs!

Veröffentlicht am 21.03.2023

Ein literarischer Leckerbissen für kurze Lesestunden

Herr und Hund
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Hund: Liebster Freund des Menschen. Diese Kurzgeschichte zwischen dem Herrn und seinem Hund Bauschan sticht durch intensive und lebendige Beschreibungen heraus. Detailliert, zeitweise blumig, aber in wohldurchdachter ...

Hund: Liebster Freund des Menschen. Diese Kurzgeschichte zwischen dem Herrn und seinem Hund Bauschan sticht durch intensive und lebendige Beschreibungen heraus. Detailliert, zeitweise blumig, aber in wohldurchdachter Sprache beschreibt der Herr seinen durchaus liebgewonnenen Hund, der sich dem Urteil des Herrn nach aber auch oftmals ein wenig unbedarft zeigt, aber auch die Landschaft, welche Herr und Hund auf täglichen Spaziergängen bewandern.
Als der Hund eines Tages krank wird und für mehrere Tage in ein Tierklinikum muss, bestreitet der Herr seine Spaziergänge allein und erkennt anhand seiner Lustlosigkeit und mangelnder Freude die gewohnte Umgebung abzulaufen wie sehr ihm der Hund trotz seiner unperfekten Art doch fehlt.
Eine kurze Geschichte, die ich vor allem wegen des literarisch sehr gehobenen Sprachstils gern gelesen habe.