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Veröffentlicht am 11.10.2023

Oh man, Passmann

Pick me Girls
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pick-me girl (plural pick-me girls) (slang, derogatory); A woman who asserts that she is unlike (and sometimes better than) most other women, in order to gain attention, approval, or validation from men. ...

pick-me girl (plural pick-me girls) (slang, derogatory); A woman who asserts that she is unlike (and sometimes better than) most other women, in order to gain attention, approval, or validation from men. (Quelle: Wikipedia.org)

Passmann ist immer noch ein pick me girl. Ihr ganzes Buch ist eine Anekdote vom vermeintlichen Anderssein. Und ist sie nicht gerade, weil sie dieses Buch geschrieben hat, weiterhin ein pick me girl? Das einzige pick me girl, das ihre pickigkeit in einem Buch thematisiert und den für sie einzig möglichen Titel draufschreibt?
Ich würde es gern wertfrei sagen, aber das ist ungemein schwer, denn Passmann baut ein ganzes Buch lang mit der eigenen Historie eine Abneigung gegen diese pick me girls auf, so dass ich selbst ein wenig Abneigung gegen diese Person da im Buch entwickle. Dabei attestiert Passmann ihrem Pickmedasein so eine Allgemeingültigkeit. Ich kriege auch ein bisschen das Gefühl, dass dies so eine Art Absolution sein soll. Sorry Feminismus, sorry an die Frauen, die ich stets ausgeklammert habe, here's the reason why. Und ihre große Überraschung, die für andere so überraschend nicht ist: Ihre Probleme, Ängste, Hindernisse sind genau dieselben wie bei anderen Frauen auch. Wow, was für eine Erkenntnis (nicht).

Als Biografie lässt sich das Buch ganz gut weglesen, man kann es allerdings nicht unter dem Anspruch lesen, wirklich einen gesellschaftlichen Mehrwert zu erhalten. Mehr Worte will ich eigentlich auch nicht investieren, weil ich das Buch als solche Zeit- und Energieverschwendung empfunden habe. Ich habs kurz vor Ende abgebrochen.

Veröffentlicht am 11.10.2023

Ein Familienmatriarchat

Die Mütter
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Seit die Schwestern Jessy und Clara Hofmann denken können, lebt Atscho bei ihnen in dem großen Haus in der Kirchgasse. Atscho vom Volk der Mosuo, einem matriarchal organisiertem Volk im Südwesten Chinas. ...

Seit die Schwestern Jessy und Clara Hofmann denken können, lebt Atscho bei ihnen in dem großen Haus in der Kirchgasse. Atscho vom Volk der Mosuo, einem matriarchal organisiertem Volk im Südwesten Chinas. Die Mutter der Hofmanns hatte das Matriarchat im Himalaya erforscht und die junge Mosuo als Nanny mit nach Zürich genommen. Atscho wird für die Mädchen eine zentrale Bezugsperson, sind deren Eltern doch eher ab- als anwesend im Leben der Kinder. Fasziniert von den Geschichten Atschos wachsen die Töchter gemeinsam mit ihrer Freundin Chloé unter der Vorstellung einer Familie auf, die sie als erwachsene Frauen umsetzen. Sie gründen ihre eigene Schwestern-Gemeinschaft. "Die Mütter" werden sie genannt und ziehen ihre Kinder ohne großen väterlichen Einfluss auf.
Anton, ältester Sproß der Mütter, sucht im Familienmatriarchat seinen eigenen Weg zu finden. Unter den Hänseleien seiner Mitschüler, die sich abfällig über die Familienverhältnisse äußern, leidet er und entfernt sich mit den Jahren mehr von seinen Wurzeln.

Stefan Gyjörke nimmt sich ein Stück Matriarchat und lässt es mitten ins wohlhabende Bürgertum fallen. Was macht es mit denen, die unter generationenlangem Patriarchat aufgewachsen sind? Manche seiner Protagonist:innen lässt es nach der fehlenden Vaterfigur fragen. Andere gedeihen in der Schwestern-Gemeinschaft, wie es in konservativen Familien sonst nicht möglich wäre.
Eine große Offenbarung birgt "Die Mütter" mit den traditionellen Mosuo-Frauen auf dem Titelbild nicht. Ebensowenig sollte man einen tieferen Einblick in die uns exotisch anmutende Matriarchatsgesellschaft erwarten, denn die Rückblicke in Atschos frühere Heimat bleiben überschaubar und ein wenig oberflächlich. Györke liefert mit seinem Setting für mich insgesamt eine unterhaltsame, unkonventionelle Familiengeschichte.

Veröffentlicht am 27.09.2023

Eine Freundschaft ungleicher Mädchen

Luftmaschentage
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Ricci ist seit zwei Wochen neu in der Klasse und das genaue Gegenteil der schüchternen Matea. Ricci ist laut und lässt sich nichts gefallen. Aus irgendeinem Grund freunden sie und Matea sich miteinander ...

Ricci ist seit zwei Wochen neu in der Klasse und das genaue Gegenteil der schüchternen Matea. Ricci ist laut und lässt sich nichts gefallen. Aus irgendeinem Grund freunden sie und Matea sich miteinander an, obwohl sie eigentlich nichts zu verbinden scheint. Aber Matea spricht nicht immer, ihre große Zaghaftigkeit setzt ihr einen Kloß in den Hals und verhindert bei den meisten Menschen in ihrer Umgebung, dass sie frei mit ihnen spricht.
Mats und Ricci verbindet schon bald ein Projekt und sie behäkeln Bäume und Zäune, so dass die Nachbarschaft ein richtiger Hingucker wird.
Mateas Mutter zeigt sich besorgt über die neue Freundschaft und mahnt zur Vorsicht. Mats hat keine Ahnung, warum ihre Mutter solche Vorbehalte gegen Riccarda hat. Eins jedoch ist komisch - immer dann, wenn Mats vorschlägt, dass sie doch auch mal zu Ricci nach Hause gehen könnten, reagiert die Freundin ablehnend und zieht sich zurück. Riccarda hat ein Geheimnis, in das sie Matea nicht einweihen kann oder will. Es folgt eine Auseinandersetzung, welche die beiden Mädchen entzweit.

Luftmaschentage ist eines dieser Kinderbücher, die man auch als Erwachsene:r gut lesen kann. Was genau Riccardas Geheimnis ist, wird im Buch nie komplett aufgeklärt. Das macht es unglaublich identifizierbar und regt an zu reflektieren, wie gut es einem möglicherweise geht und zu sensibilisieren für Kinder in beklagenswerteren Lebenslagen als man selbst, weil sie ärmer sind, Gewalt in ihren Familien erfahren, vernachlässigt werden oder ähnliches. Die Freundschaft zwischen Ricci und Mats überwindet auf heitere Weise soziale Unterschiede.
Eindringliches Buch, das ich mir an Schulen als Unterrichtslektüre gut vorstellen kann!

Veröffentlicht am 27.09.2023

Trotz Kritikpunkten ein sehr lesenswertes Buch!

Der letzte weiße Mann
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Anders wacht eines Morgens auf und erschreckt sich, als er seine Hand zum Nachttisch ausstreckt. Ein dunkelhäutiger Arm greift nach seinem Klugfon, als würde dieser Arm zu einem Fremden gehören. Anders ...

Anders wacht eines Morgens auf und erschreckt sich, als er seine Hand zum Nachttisch ausstreckt. Ein dunkelhäutiger Arm greift nach seinem Klugfon, als würde dieser Arm zu einem Fremden gehören. Anders hat sich verändert, ist von einem weißen zu einem schwarzen Mann geworden. Er schaut in den Spiegel und sieht einen Fremden. Auch von seinen Freunden wird er nicht mehr als der erkannt, der er ist. Einzig seine Freundin Oona hält zu ihm und ist ihm in seiner Aussätzigkeit eine Stütze. Von Bekannten wie Fremden wird Anders gleichermaßen gemieden, durch seine Hautfarbe ist er gleichzeitig sichtbar geworden für jene, die seine Dunkelhäutigkeit als Bedrohung wahrnehmen, und unsichtbar für alle, die den ursprünglichen Anders kannten.
In der ganzen Stadt gibt es weitere Fälle von spontaner Verwandlung. Genau wie Anders wachen morgens Menschen auf und haben dunkle Haut. Diese Veränderung wird als Bedrohung wahrgenommen. Die verbliebenen Weißen gründen Bürgerwehren, Geschäfte werden geplündert, Menschen trauen sich nicht mehr aus ihren Häusern. Wie sehr verändert sich die eigene Persönlichkeit durch eine solche Veränderung? Der einstmals weiße Anders bewegt sich seit seiner Veränderung zögerlicher, vorsichtiger durch die Welt, um nicht in den versteckten oder offenen Rassismus zu rennen, der ihm entgegenwabert. Von den Menschen in seiner Umgebung ist er zu der Bedrohung degradiert worden, die er nie war. Erst als die Majorität ins Gegenteil umschlägt und es mehr schwarze als weiße Menschen gibt, beruhigt sich zitternd die Situation wieder.

Ich bin bei diesem Buch etwas zwiegespalten. Der Grundgedanke der Idee hat mich zum Lesen verführt, der Schreibstil hingegen war für mich gewöhnungsbedürftig. Vor allem die in die Länge gezogenen Sätze fand ich recht anstrengend. Die Protagonist:innen des Buches bleiben ungewöhnlich distanziert. Ein wenig mehr Tiefe zum Aufbau einer emotionalen Bindung zu den Figuren wäre dem Buch sicher zugute gekommen, um das zu bewirken, was es vermutlich beabsichtigt hat – dass sich in diesem Perspektivwechsel jeder wiederfinden soll. Trotz der Kritikpunkte aber ein sehr lesenswertes Buch!

Veröffentlicht am 27.09.2023

EIn Manga ganz nach meinem Geschmack!

Eine Geschichte von sieben Leben 01
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Nanao und Machi sind zwei Straßenkatzen, die jeden Tag ums Überleben kämpfen. Nahrungsquellen werden immer weniger, die Menschen sind nicht gewillt die Streuner zu dulden. Nachdem Nanao von seinem früheren ...

Nanao und Machi sind zwei Straßenkatzen, die jeden Tag ums Überleben kämpfen. Nahrungsquellen werden immer weniger, die Menschen sind nicht gewillt die Streuner zu dulden. Nachdem Nanao von seinem früheren Besitzer ausgesetzt wurde, empfindet er Verachtung für die Menschen und findet in Machi einen Mentor, der ihn unter seine Pfoten nimmt und auf ihn aufpasst.
Mitten im Winter finden Nanao und Machi einen behaglichen Schlafplatz in einem warmen Badehaus. Als die Besitzerin die beiden Tiere entdeckt, greift sie zum Besen und verscheucht die unerwünschten Tiere. Sie hat nicht nur eine Abscheu gegen Katzen, sondern einen richtigen Hass. Am nächsten Tag sieht sie eine Gruppe von Katzen und erkennt den weißen Machi mit seinen strahlend blauen Augen wieder. Entgegen ihrer ursprünglichen Reaktion versöhnt sie sich mit Machi und füttert ihn. Sie scheint eigentlich ein gutes Herz zu haben, und doch muss sie in ihrer Vergangenheit etwas erlebt haben, dass sie Katzen verabscheuen lässt.

Eine Geschichte von sieben Leben verwebt die Lebenswege zweier Kreaturen, deren Wege sich zuvor nie gekreuzt haben, die jedoch durch eine gemeinsame Erfahrung miteinander verbunden sind. Machi und Nanao sind Teil einer größeren Katzengemeinschaft mit unterschiedlichen Charakteren, und ich freue mich auf ein Wiedersehen mit einigen von ihnen im zweiten Band. Besonders Machi wirkt auf mich geheimnisvoll, und ich hoffe, dass auch er seine Geschichte offenbaren wird. Wer Stories über Katzen mag, hier ist noch eine!