Ein dritter Band hätte nicht geschadet
Beastmode 2: Gegen die ZeitTrotz der sieben Monate, die zwischen den beiden Bänden lagen, kam ich erstaunlich schnell und problemlos wieder in die Geschichte rein. Die ganzen Fakten zu den Figuren waren sofort wieder präsent und ...
Trotz der sieben Monate, die zwischen den beiden Bänden lagen, kam ich erstaunlich schnell und problemlos wieder in die Geschichte rein. Die ganzen Fakten zu den Figuren waren sofort wieder präsent und das Zurechtfinden fällt einem so leicht. Auch schließt der zweite Band nahtlos an den Vorgänger an, die Cliffhanger-Szene fortgeführt und der Autor gibt uns keinerlei Zeit, die Erinnerung nochmal aufzuwärmen; es geht direkt temporeich und actiongeladen los bzw. weiter. Der Spannungsbogen schoss so direkt in die Höhe, und zog sich, vom Geschehen her, durch die komplette Geschichte. Während anfangs also noch genau dieser Hype in mir herrschte, den ich aus Beastmode 1 kenne, ließ dieser recht schnell irgendwie nach. Im Grunde kann man sagen, dass sich die Handlung von einem Protagonisten zum nächsten hangelt. Es wird sich nacheinander mit jedem einzelnen der fünf Teenagern, inklusive deren Vergangenheiten, beschäftigt und jede Persönlichkeit bringt ihren Plot mit sich. Die erste Figur wird in Band 1 abgehandelt und auch noch ein Teil eines zweiten Charakters; der Rest findet hier in Band 2 statt. Keine Frage also, dass hier mehr geschieht und mehr Plots und Abwechslung herrschen – aber zieht man mal einen direkten Vergleich, wird hier vieles einfach heruntergeleiert. Als wäre alles Herzblut des Autors in Band 1 geflossen und er hätte einfach keine Lust mehr auf die Fortsetzung gehabt. Charakter A bekommt so viel Raum und Platz, so viel Aufmerksamkeit und Zeit, und der Rest passiert so Knall auf Fall und irgendwie lieblos. Zumindest kam es bei mir persönlich so an. Das heißt keineswegs, dass es handlungstechnisch hier nichts positives gab, aber es fehle etwas – etwas essentielles.
Trotzdem herrscht stets eine sehr rasante, dichte und spannungsgeladene Atmosphäre, die einen immer wieder animieren kann, weiterzulesen. Die Plots an sich sind abwechslungsreich und in sich stimmig und im Ganzen betrachtet sehr abwechslungsreich. Ich konnte trotz der Hindernisse immer wieder mitfiebern mit den einzelnen Charakteren, aber auch mit der Gruppe ganz allgemein. Ich hätte mir einfach vielleicht noch einen dritten Band gewünscht, um jedem von ihnen die Chance zu geben, sich zu entfalten und sein Schicksal offen zu legen. Einen tieferen Blick auf die Vergangenheit zu gewähren.
Das Ende war an und für sich rund, alle offenen Fragen wurden beantwortet und die Action nahm zum Ende hin nochmal ordentlich zu. Das Blatt schien sich nochmal komplett zu wenden und die Überraschung über die finale Auflösung war definitiv groß. Aber auch das alles ging mir zu schnell, zu überstürzt und es war streckenweise ein wenig chaotisch und übereilt; das alles hat sich überschlagen und der rote Faden war nicht so erkennbar, wie ich mir das gewünscht hätte.
Dafür gefiel mir der Schreibstil wieder umso mehr. Rainer Wekwerth schreibt angenehm locker, leicht und trotzdem bildhaft und detailliert. Die Szenen und Figuren sind bildhaft und leicht vorstellbar und die Atmosphäre stets dicht und packend. Ich konnte der Handlung, trotz gewissen Schwächen, problemlos folgen und fühlte mich an der Seite der fünf Protagonisten total wohl. Der Autor hat es geschafft, dieses Finale rasant und temporeich abzuhandeln, und zog mich, zwar nicht dauerhaft, aber doch oft, mitten hinein ins Geschehen. Die Dialoge die stattfinden, sind authentisch und vielschichtig, vor allem in Bezug auf die unterschiedlichen Charaktereigenschaften der beteiligten Personen. Auch diese Unterschiede wurden gut herausgearbeitet und klar und deutlich aufgezeigt. Dies lag wohl nicht zuletzt auch an den verschiedenen Blickwinkeln bzw. Perspektiven, die uns zugetragen werden. So können wir Leser auch jeden Abschnitt der Geschichte aus der jeweils nahesten Sicht betrachten und werden nochmal tiefer hineingesogen.
Um auch nochmal ein paar Worte zu den fünf Jugendlichen zu sagen: alle fünf hatten natürlich schon durch Band 1 einiges an Tiefgang und Lebendigkeit, doch die Entwicklungen, die ein jeder durchmacht, sind extrem bemerkenswert. Teilweise in ganz andere Richtungen als man hätte vermuten können. Und nicht jeder schlägt einen positiven Weg ein – zumindest nicht im herkömmlichen Sinne. Manche werden zu anderen Menschen, manche machen einen Schritt nach vorn und gleichzeitig drei Schritte zurück. Alles in allem gab es sehr viel Bewegung, nicht nur bei jedem einzelnen, auch in Bezug auf die Gruppe. Freundschaften zerbrechen, Ignoranz löst sich auf und Feindschaften vertiefen sich. Ich möchte hier gar nicht groß auf jeden einzelnen eingehen, das ergäbe wenig Sinn, wenn ich nichts verraten möchte. Fakt ist jedenfalls, dass Malcom wieder die für mich tragende Persönlichkeit in diesem Band ist und den größten Sympathiewert hat. Natürlich gefielen mir Damon, Amanda, Wilbur und Jenny genauso, nur eben nicht so sehr wie Malcom. Für mich hat er das größte Herz, den meisten Tiefgang und war alles in allem mein Liebling in diesem Geschehen. Damon war so herrlich echt und lebendig; so ganz anders als alles, was man je kennengelernt hat. Amanda übernimmt die Rolle der Zicke und der Diva, der Göttin quasi. Und als letztes Wilbur, der auf den ersten Blick die der schlimmste Bad Boy wirkte, aber tief in sich doch eine Menge Werte trägt, die so viel bedeuten. Und als letztes Jenny, zu der ich leider bis zuletzt keine richtige Bindung aufbauen konnte, weil sie mir einfach nicht so liebenswert vorkam, wie es sein sollte. Und sind wir mal ehrlich: man kann nicht immer alle lieb haben.
Ansonsten war aber, wie gesagt, alles sehr dynamisch und und lebendig, sehr authentisch und abwechslungsreich. Mir gefielen die Gespräche wie Interaktionen untereinander enorm gut und ich fand die Vielschichtigkeit mancher Personen einfach bemerkenswert. Kein Kritikpunkt also an dieser Stelle.
FAZIT:
„Beastmode: gegen die Zeit“ von Rainer Wekwerth kann leider nicht mit dem Auftakt der Dilogie mithalten. Trotz tollem Schreibstil, zahlreichen spannenden Passagen und fünf außergewöhnlichen Protagonisten überzeugt die Geschichte lange nicht so, wie ihr Vorgänger. Die einzelnen Plots bekamen in meinen Augen zu wenig Raum, um sich zu entfalten und wirken deshalb oft gehetzt und lieblos aneinander gereiht. Ich hab mir, nach dem grandiosen Highlight, welches „Beastmode: es beginnt“ für mich war, einfach einiges mehr gewünscht und wurde deshalb doch in gewisser Weise enttäuscht. Trotzdem kann dieses Finale unterhalten und mit ein paar bemerkenswerten Elementen und Überraschungen aufwarten. Rein aus dem Bauch heraus entscheide ich mich für den Mittelweg.