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Veröffentlicht am 12.06.2020

Eine Nuance schwächer als Band 1 - aber immer noch ein klares Highlight!

SommerSturm
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Vorweg: Die Autorin betont, dass man den zweiten Band problemlos ohne Vorkenntnisse lesen kann. Das kann ich nur bestätigen. Es ist eine komplett eigenständige, in sich abgeschlossene Geschichte. Allerdings ...

Vorweg: Die Autorin betont, dass man den zweiten Band problemlos ohne Vorkenntnisse lesen kann. Das kann ich nur bestätigen. Es ist eine komplett eigenständige, in sich abgeschlossene Geschichte. Allerdings empfehle ich trotzdem jedem, „Abendgewitter“ vorher zu lesen, weil man sich ansonsten sehr viel von Alessio und Samira vorwegnimmt. Und glaubt mir, wenn ihr erstmal ein Buch der Reihe gelesen habt, seid ihr süchtig genug, um alle anderen auch lesen zu wollen.

Die Reise zurück nach Panama beginnt, ganz wie wir es von der Autorin kennen, schon enorm packend. Die Prolog schildert, wie unsere Protagonistin kurz davor steht, sich das Leben zu nehmen. Keine Zeit, sich mit ihr auseinander zu setzen oder sie kennen zu lernen, sondern gleich die knallharte Wahrheit. Neben dieser erschreckenden Tatsache, dass ein 17-jähriges Mädchen Suizid begehen will, werfen wir aber auch gleich einen Blick auf den ominösen Schutzengel, der bereits auf der ersten Seite einfach neugierig zu machen weiß. Und diese Neugier wird gestillt, aber erst nach einem Zeitsprung von 7 Jahren. Nämlich dann, wenn die eigentliche Geschichte beginnt.

Wir begegnen Lilith erneut, bekommen erst einmal ein wenig Zeit und Raum, um uns ein Bild von ihr und ihrem Leben zu machen und einen Eindruck zu gewinnen. Lilith ist von der ersten Sekunde an unglaublich greifbar. Durch ihre schwere Vergangenheit erhält sie enorm vor Tiefgang und wurde von Seite zu Seite immer bewundernswerter. Was diese junge Frau bereits alles erleben musste, ohne daran zu zerbrechen, ist schockierend wie faszinierend zugleich. Ich konnte mich, trotz unserer unterschiedlichen Lebensweisen enorm gut mit ihr identifizieren und spürte von Beginn an eine Verbindung zwischen uns. Lilith ist nicht sympathisch im herkömmlichen Sinne, aber ihr freches Mundwerk und die Tatsache, dass sie ihr Herz am rechten Fleck trägt, machen sie liebenswert. Immer wieder brachte sie mich in den ungünstigsten Momenten zu Schmunzeln und erreichte mich so viel mehr, als es jede Art von Sympathie je gekonnt hätte. Ich fieberte mit ihr mit, fühlte ihre Gefühle am eigenen Leib und konnte ihre Handlungen und Gedankengänge problemlos zu jeder Zeit nachvollziehen. Lilith ist eine riesige Bereicherung fürs Geschehen und gerade ihr Charakterzug, dass sie eben nicht zu allem Ja und Amen sagte, spielte der Handlung perfekt in die Karten.
Eine wirklich passende Hauptfigur, die eine unterschwellige Entwicklung an den Tag legte und einfach zur Freundin für mich wurde.
Das männliche Gegenstück zu Lilith konnt in Form von gleich zwei Männern daher. Es gibt sowohl Zero als auch Iron, die beide gleichermaßen eine mehr als tragende Rolle spielen. Beide äußerst geheimnisvoll, aber ebenso ansprechend. Ich konnte mich bis zuletzt überhaupt nicht entscheiden, wen von den beiden ich lieber mochte. Während Iron wohl eine Spur näher am Leser war, war es Zero, der durch seine Durchtriebenheit überzeugte. Diese Undurchsichtigkeit der beiden erzeugte so viel Stoff zum Überlegen, zum Rätseln – es war nie sicher, ob man ihnen nun vertrauen konnte oder nicht und jedes Mal, wenn man meinte, man hätte sie durchschaut, wurde ich eines besseren belehrt. So; und nur so müssen Charaktere gestaltet und dargestellt werden.
Übrigens kennen wir Iron ja bereits aus Band 1 der Panama-Reihe, und auch einige andere Wiedersehen gab es. So freute ich mich irrsinnig, Samira und Alessio wieder zu sehen; und auch Ciprian und Zahra. Nichts desto trotz spielen alle, die wir schon kennen, eine absolut untergeordnete Rolle spielen und sich das Geschehen definitiv nur um die drei Hauptfiguren dreht. Besonders Samira und Zahra, die Protagonistinnen aus „Abendgewitter“, haben hier in „Sommersturm“ nur kurze Gastauftritte, was ich ein klein wenig schade fand.

Die Art, wie D.C. Odesza uns eine Geschichte erzählt, ist phänomenal. Mit einer Leichtigkeit baut sie eine derart gewaltige Spannung auf und erzeugt ganz nebenbei auch noch glasklare Bilder der Figuren, Kulissen, der Szenerien – einfach von allem. Es fühlt sich jedes Mal an, als würde man einen Film schauen; als wäre man mittendrin in Panama und ein Teil des Geschehens. Auch in Sachen Atmosphäre macht man der Autorin nichts vor. Die Stimmung schwankt zwischen absolut emotional und actiongeladen – nimmt einen aber zu jedem Moment komplett in Beschlag.
Gegliedert in wechselnde Perspektiven erlangt der Leser einen noch tieferen Einblick in die einzelnen Figuren und deren Beweggründe sowie in die einzelnen Erzählstränge. So erlangte nicht nur alles weitere Tiefe, sondern auch die Spannung wurde immens angekurbelt und weiter nach oben getrieben. Ideal gelöst!

Immer und immer wieder hört man, dass im Dark Romance Genre alles irgendwie gleich ist. D.C. Odesza zeigt, dass das nicht stimmen muss. Zwar greift auch sie auf durchaus bekannte Elemente zurück, setzt diese aber in völlig innovativer und erfrischender Art und Weise ein. Während man denkt, Band 1 seie schon an Genialität nicht zu überbieten, wird man von Lilith Geschichte wortwörtlich umgehauen. Die Autorin gewährt uns noch einmal einen Einblick in das Gangleben in Panama, bedient sich aber eines ganz anderen Blickwinkels, sodass die beiden verfeindeten Gangs noch einmal in ganz neuem Licht erstrahlen. Wieso stehen sie so auf Kriegsfuß? Wie weit gehen sie? Mord, Totschlag, Entführung, Folter – alles Alltag bei den Terequeraz und den Muerte Negras. Und mitten drin unseren Protagonistin. Keine Frage also, dass diese Geschichte einiges an Potential bietet – und so wie wir Odesza kennen, schöpft sie es aus, in vollen Zügen. Perfekt geplottete Twists, eine mehr als saubere Ausführung des roten Fadens und das Talent, das Interesse des Lesers immer weiter anzuheizen. Das ist das, was die Autorin ausmacht. Spannung von der ersten bis zur letzten Seite; interessante Randinformationen, etliche; ja unzählige überraschende Wendungen und immer wieder auftretende Richtungswechsel innerhalb der Handlung. Mehr kann man von einem Highlight-Buch nicht erwarten und mehr, als ich es getan habe, kann man nicht mitfiebern und sich fesseln lassen. Dabei muss ich aber zugeben, dass die Erotik, die ja doch eine tragende Rolle in diesem Genre spielt, gar nicht mal so präsent war, wie erwartet. Stört aber in diesem Fall überhaupt nicht, denn man ist gezwungenermaßen viel zu sehr damit beschäftigt, nach Atem zu ringen und zu hoffen und zu bangen. Allein wenn man mal drüber nachdenkt, wie oft unsere Protagonistin in Lebensgefahr schwebt .. da bleibt nunmal keine Zeit sich darüber zu wundern, dass es verhältnismäßig wenige Sex-Szenen gibt.
Das Ende bzw. die finale Auflösung toppte schließlich dann nochmal alles. D.C. Odesza schickte den Leser auf exakt den selben Holzweg wie Lilith; denn ich hatte während der ersten beiden Drittel exakt den Gedanken, den die Hauptfigur dann ebenfalls äußert – doch wir lagen falsch, alle beide. Das muss man erst einmal schaffen, denn die Überraschung hätte dadurch nicht größer sein können. Actionreich und spannungsgeladen abgehandelt wurde das Finale dieses Bandes zu einem wahren Pageturner. Das Buch nochmal schnell zur Seite legen um auf die Toilette zu gehen, was zu essen zu suchen – Fehlanzeige. Man muss – MUSS – einfach weiterlesen. Ein 100% rundes, zufriedenstellendes Ende, das alle Fragen zu dieser Geschichte beantwortet, aber noch genügend Spielraum für Band 3 offen lässt.

FAZIT:
„Sommersturm“ steht seinem Vorgänger in nichts nach. Eine wirklich packende, undurchsichtige Geschichte rund um drei vielschichtige, interessante Figuren, die zu überzeugen weiß; vor der traumhaften Kulisse Panamas. Neue, innovative Aspekte verbinden sich mit bekannten Elementen und ergeben eine Handlung, die nur wenig mit dem ersten Band der Reihe gemein hat und deshalb umso wendungsreicher ausfällt. Obwohl die Erotik deutlich hinten ansteht, ist dieses Buch trotzdem eins der besten Dark Romance Bücher, die ich jemals lesen durfte. Für mich persönlich zwar keine große Überraschung, dass D.C. Odesza wieder ein Highlight geliefert hat; aber allemal erwähnenswert. Ich möchte mehr, so viel mehr von der Autorin, von Panama, von Dark Romance. Vielleicht – aber nur vielleicht – eine winzige Spur schwächer als „Abendgewitter“, aber immer noch weit über allem, was sonst so am Markt zu finden ist.

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Veröffentlicht am 12.06.2020

Sehr atmosphärisch und gefühlvoll - aber der Einstieg bedarf Geduld

Boston Nights - Wahres Verlangen
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Schon während des Einstiegs passiert ein Großteil von dem, was der Klappentext verrät. Wir lernen Ava, die Protagonistin, also am Flughafen kennen und erleben sie nicht unbedingt von ihrer besten Seite. ...

Schon während des Einstiegs passiert ein Großteil von dem, was der Klappentext verrät. Wir lernen Ava, die Protagonistin, also am Flughafen kennen und erleben sie nicht unbedingt von ihrer besten Seite. Ihr abgekämpftes, zickiges und teils nervenaufreibendes Verhalten zieht sich über mehrere Kapitel und es wird dem Leser alles andere als leicht gemacht, sie zu mögen. Zwar erklärte sich vieles im Laufe der Geschichte, doch in den Momenten fragte ich mich ständig, was denn mit ihr los ist. Pampige Antworten, nicht nachvollziehbare Handlungen, übertriebene Reaktionen und eine allgemein sehr negative Ausstrahlung erschwerte es enorm, sich auf weitere Szenen mit Ava zu freuen.
Erst einige Zeit später fand ich einen Draht zu ihr, der sich aber weiterhin nur zögerlich aufbaute und ständig gefährlich ins Wanken geriet. Trotz steigendem Tiefgang und abfallendem Gezicke, gab es immer noch einige Passagen, in denen man schlicht den Kopf über sie schütteln muss. Keine, oder nur wenig Einsicht sorgte dafür, dass sie quasi blind war für gewisse Tatsachen und auch das zerrte an meinen Nerven. Für eine erwachsene, mitten im Leben stehende Frau war sie stellenweise doch sehr naiv; was wieder in purem Kontrast zu ihrem Auftreten stand. Ava neigt zu zu viel Selbstsicherheit und bekam dadurch manchmal einen beinah arroganten Zug. Das alles schmeichelte ihr nur wenig. Allerdings gab es auch Lichtblicke; wie beispielsweise ihre bedingungslose Liebe zu ihrer besten Freundin und ihr selbstloses Verhalten ihr gegenüber. Um es mal auf den Punkt zu bringen: das rettete Ava wirklich den Hintern. Ohne Harper hätte sie es viel schwerer gehabt, mich überhaupt zu erreichen; doch so klappte es überraschend gut. Ab dem zweiten Drittel besserte sich unser Verhältnis dann zusehends, bis es gen Ende wirklich gut war. Trotzdem hat es mir viel zu lange gedauert, bis ich sie mochte; immerhin war da schon der Großteil der Geschichte vergangen. Dass ich aber irgendwie doch mit ihr mitgefiebert habe, kann ich nicht leugnen – denn so groß unsere Probleme auch waren; ich gönnte ihr durchaus ihr Glück. Ganz seltsam, was ich da für diese Figur empfand; da kann ja nicht alles an ihr schlecht gewesen sein.
Mein Highlight in Sachen Charaktere war Ava also nicht; dafür glänzte Caleb auf ganzer Linie. Dieser ungehobelte Schotte mit seinem Wikinger-Aussehen, dem einzigartigem Anti-Charme und seinen Seitenhiebe gegen Ava war herrlich zu verfolgen und machten ihn von der ersten Sekunde an sympathisch. Er war also der Beweis, dass man nicht furchtbar nett sein muss, um den Leser bzw. mich zu begeistern; denn er schaffte es trotz allem problemlos. Vielleicht stimmte bei ihm auch einfach die Chemie deutlich besser als bei Ava. Oder ob er wohl den Hot-Guy-Bonus hatte? Wir werden es nie erfahren; aber Fakt ist, dass Caleb eine echte Bereicherung und quasi die Rettung für diese Geschichte war. Tiefgang, Humor, Attraktivität, Cleverness und ein souveränes Auftreten machten ihn aus und besonders seine Vergangenheit berührte mich zutiefst.
Randfiguren gab es verhältnismäßig wenige – doch trotzdem wissen sie zu gefallen. Ob es nun Stella, Ava’s Chefin, war oder Jamie, Caleb’s Bruder – sie alle waren ausreichend detailliert ausgearbeitet und dargestellt, allesamt greifbar und größtenteils sympathisch. Besonders positiv stach aber der „Bösewicht“ der Geschichte hervor. Perfekt getroffen und sämtliche negativen Eindrücke hervorrufend kommt dieser Charakter sehr gut zur Geltung und bringt Abwechslung mit sich.

Samantha Young hat einen ungemein leichten, lockeren und flüssigen Schreibstil. Sie erzählt die Geschichte ganz unaufgeregt, total lebendig und auf ganzer Linie glaubhaft. Schon in „Play On“ gefiel mir ihre Art des Schreibens sehr gut und das änderte sich auch in „Boston Nights“ nicht. Bildhaft, greifbar und emotional transportiert sie das Geschehen an den Leser und weiß ihn mit einer wunderbar angenehmen Atmosphäre einzuhüllen. Sie schafft es, sich als Teil des Ganzen zu fühlen, sich wunderbar wohl zu fühlen und der Handlung leicht folgen zu können.
Geschrieben ist das Buch übrigens rein aus Ava’s Sicht, was mir eindeutig gefallen hat. Es brachte, trotz meinen Differenzen mit ihr, die Protagonistin näher und ich glaube, das allein hat ihr noch mal gut getan.

Die Autorin legt es sicher nicht drauf an, das New Adult Genre zu revolutionieren; ihre Grundgedanken und Handlungen sind bekannt und sollen nicht durch Innovation und Frische überzeugen, sondern durch Gefühl, sympathische Figuren und einer heimeligen Atmosphäre – zumindest schätze ich sie so ein. Und genau da liegt der springende Punkt: „Boston Nights“ funktioniert. Trotz der allseits bekannten, stellenweise schon ausgelutschten Elemente unterhält Ava’s und Caleb’s Geschichte und fesselt. Ich fühlte mich wohl innerhalb des Geschehens, konnte mich treiben lassen und war sogar manchmal überrascht über gewisse Wendungen. Es gibt keinen großen Spannungsbogen, nur wenig actiongeladene Szenen und auch kein Wow-Effekt; aber es gibt Emotionen, und das ist wesentlich mehr wert als eine spektakuläre Handlung.
Der Einstieg in die Geschichte überzeugt nicht, anders lässt es sich nicht benennen. Zu viel Gezicke und Gezeter, zu viel Zufälle und zu wenig überzeugende Argumente, um am Ball bleiben zu wollen. Doch hat sich dieses Gefühl dann erstmal durch Erklärungen und Rückblicke in die Vergangenheiten der Figuren, verflüchtigt, erinnerte mich die Atmosphäre entfernt an Bücher wie Redwood Love, Prince of Passion; die ja auch alle von Gefühlen und Wohlfühl-Stimmung leben. Denn beides empfand ich als sehr intensiv und glaubwürdig eingefangen von Samantha Young und noch besser transportiert.
Der große Twist kam dann in Form einer überraschenden Wendung, die das Tempo ein erstes und letztes Mal ordentlich ankurbelte, die Geschichte mitreißender werden und die Action, die ansonsten ausblieb, kurzzeitig aufleben ließ. Unvorhersehbar, wie die Autorin schließlich alles auslöste bzw. wie sie diese Auflösung in Szene setzte. Ein Ende, mit dem man wohl nach dieser eher ruhigen Geschichte, definitiv nicht rechnet. Es hätte einige Wege gegeben, doch den, den Samantha Young hier wählte, war der mit Abstand richtigste. So wurde die Handlung rund, was mich sehr zufrieden auf darauf zurückblicken und beinahe vergessen lässt, dass ich und die Protagonistin nie beste Freunde wurden.

FAZIT:
„Boston Nights – Wahres Verlangen“ ist ein Roman, der durch Gefühle, Tiefgang und Atmosphäre überzeugt. Ein sehr angenehmer, bildhafter Schreibstil leitet den Leser und begeistert durch jede Menge nachvollziehbaren Emotionen. Leider war der Einstieg eine absolute Geduldsprobe, da viel zu viel zufällig geschah und alles etwas unrealistisch und überspitzt daher kam. Die Probleme mit der Protagonistin mal ganz außen vor gelassen. Dafür durchleben wir ab den zweiten Drittel mit einem deutlichen Wohlfühl-Faktor Ava’s Geschichte und werden am Ende sogar noch mit einem einfallsreichen Finale überrascht. Kein Highlight, aber eine wunderbare Geschichte für zwischendurch. Ideal zum abschalten, sich treiben lassen, den Alltag hinter sich zu lassen und der Realität zu entfliehen.

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Veröffentlicht am 12.06.2020

Nicht ganz perfekt, aber definitiv unterhaltsam und teilweise sehr düster

Lovely Curse, Band 1
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Ein neues Leben anzufangen ist nicht leicht; das zeigt die Protagonistin Aria hier ganz deutlich. Seit dem Tod ihrer Eltern lebt sie bei ihrer Tante, weit weg vom Großstadt-Trubel, inmitten der texanischen ...

Ein neues Leben anzufangen ist nicht leicht; das zeigt die Protagonistin Aria hier ganz deutlich. Seit dem Tod ihrer Eltern lebt sie bei ihrer Tante, weit weg vom Großstadt-Trubel, inmitten der texanischen Einöde. Der Umzug und die damit einhergehenden Veränderungen sind dementsprechend gravierend. Kira Licht hat die Empfindungen der 17-jährigen Schülerin gut eingefangen und wiedergegeben. Ich konnte den Schmerz und die Trauer gut nachempfinden und fand ganz allgemein sehr schnell einen Draht zu Aria. Ihre Gedankengänge und Handlungen waren zumeist nachvollziehbar und altersentsprechend; nur hin und wieder wirkte sie kurzzeitig mal etwas naiv und unerfahren – zu naiv und unerfahren für ein Großstadtmädchen von 17 Jahren. Trotzdem macht sie einem leicht, mit ihr mitfiebern zu können. Sie ist auf ganzer Linie sympathisch; wirkt greifbar und authentisch, lebendig und liebenswert. Durch gut gewählte Charaktereigenschaften wie Selbstzweifel, Mut und typisch pubertäre Ecken und Kanten bekam sie Tiefgang, was auch durch ihre Affinität und Leidenschaft zu einem bestimmten Hobby verstärkt wird. Aria entwickelt sich im Laufe dieser Geschichte, wobei mir ihre Genesung von dem Verlust und der damit einhergehenden Trauer ein wenig zu fix vonstatten ging. Obwohl immer wieder betont wurde, dass der Schmerz noch immer da war, verhielt sie sich teilweise nicht unbedingt wie eine Schülerin, die gerade ihre Eltern verloren hatte. Eine Tatsache, die auffällt; an der man bzw. ich mich nur wenig störte. Es war für die Handlung durchaus nötig, um die Geschichte voran zu treiben.
Auch die weiteren Beteiligten entsprachen genau meinen Vorstellungen. Jeder für sich einzigartig, teilweise viel tiefgründiger als man zu Beginn noch erwartet, teilweise komplett undurchsichtig und unscheinbar. Wie in jedem Buch trifft man auch hier auf Antagonisten, verschenkt sein Herz an die anderen; nur um irgendwann festzustellen, dass eben doch nicht alles so ist, wie es auf den ersten Blick wirkt. Die Autorin hat sich in Sachen Charaktergestaltung definitiv gesteigert – so war es in „Sunset Beach“ noch so, dass eine gewisse Eintönigkeit herrschte; die hier aber komplett ausbleibt und stattdessen durch abwechslungsreiche Charakterzüge ersetzt wurde.

Da ich die beiden so unterschiedlichen Bücher nicht weitervergleichen möchte, verzichte ich nun darauf, zu sagen, dass sich auch der Schreibstil verbessert hat – trotzdem ist es genau das, was mir als erstes auffiel. Es fällt einem leicht, ins Geschehen abzutauchen und sich die Begebenheiten und Kulissen bildhaft vorzustellen. Auch die aufkommende Atmosphäre hüllt einen problemlos ein und lässt einen Teil der Geschichte werden. Kira Licht schreibt ohne großen Schnickschnack; verzichtet auf unnötige Beschreibungen, sodass alles sehr einfach, nicht aber plump wirkt. Man kommt so viel schneller und leichter voran; ohne dass die Story an Lebendigkeit verliert.
Erzählt lediglich aus Aria’s Sicht bietet diese Perspektive einen sehr tiefen Einblick in ihre Gedanken und Handlungen, bleibt aber, zum Glück, undurchsichtig, was die anderen Charaktere im Schilde führen.
Die Sprecherin, Katja Sallay, war mir schon aus „Clans of London“ bekannt und schon da gefiel mir ihre Stimme enorm gut. Sie wirkt jung, frisch und dynamisch, ist dabei aber absolut verständlich und glaubhaft. Ich konnte ihr wunderbar folgen, erzeugte sie allein mit ihren unterschiedlichen Tonlagen bereits die verschiedensten Emotionen und gerade die spannungsgeladenen, actionreichen Szenen waren extrem gut vertont und absolut mitreißend erzählt. Großes Lob!

Die Idee hinter Lovely Curse ist endlich mal etwas, was man noch nicht tausende Male zuvor gelesen hat! Kira Licht hat sich hier etwas Besonderes einfallen lassen, das neu und erfrischend daher kommt. Trotz gewissen Passagen, die bereits schon mal irgendwo vorkamen, litt die Innovation des Buches überhaupt nicht darunter. Im Gegenteil. Es wurden allseits bekannte Elemente mit überraschend frischen Ideen kombiniert und so eine Geschichte geschaffen, die das Potential zu etwas ganz großem hatte.
Und dieses Potential wurde in meinen Augen auch gut ausgeschöpft. Nicht perfekt, nicht zur Gänze, aber doch sehr gut. Der Einstieg fällt nicht schwer. Sofort war ich im Geschehen drin und fand mich wunderbar leicht innerhalb von Aria’s Leben zurecht. Durch die aufkommenden Emotionen fühlt man sich schon früh gefesselt und alles in an Ort und Stelle. Leider aber braucht die Geschichte etwas, um in Fahrt zu kommen. Der Zeitraum zwischen Einstieg und den ersten seltsamen Entwicklungen bishin zum Aha-Moment zieht sich etwas, wodurch besonders der Mittelteil ein wenig an Spannung und Tempo einbüßen musste. Dan hätte ich mehr ein wenig mehr Plots gewünscht, die die Geschwindigkeit erhöhen und die Richtungen öfters in entgegengesetzte Richtungen lenkten. Man hätte also durchaus noch ein wenig aus dem Ganzen rausholen können.
Meine nächste Befürchtung, die Dreiecksgeschichte könne eventuell zu abgedroschen sein, bestätigte sich zum Glück nicht. Sie wirkte gut ausgearbeitet und glaubhaft abgehandelt. Selbst als Leser switcht man immer wieder zwischen den beiden Jungs hin und her und sich festzulegen fällt in der ersten Hälfte noch extrem schwer. Da hat die Autorin ein sehr glückliches Händchen bewiesen und die Lovestory sehr lebendig ausgearbeitet. Doch allgemein ist es nicht unbedingt die, die im Vordergrund steht – der Fantasyaspekt überwiegt eindeutig und nimmt wesentlich mehr Zeit und Raum ein, als die Dreiecksgeschichte. Sehr zu meiner Freude.
Der eher gediegene Start gipfelte dann schließlich in einem sehr mitreißenden Ende, das die ein oder andere Überraschung zu Tage föderte. Schon zuvor gab es ein paar wenige Szenen, die vor Spannung und sogar Grusel-Stimmung nur so strotzten, dann jedoch wieder etwas abflachten, ehe es das große Finale dieses ersten Bandes über mehrere Kapitel lang schaffte, mich mit Haut und Haaren zu verschlingen.
Noch gibt es einige offene Fragen, auf die man wohl erst in Band 2 und somit dem Abschluss der Dilogie, eine Antwort findet. Doch eins ist sicher: es bleibt extrem spannend und ich freu mich, wenn Lovely Curse – Botin des Schicksals dann endlich Ende März erscheint.

FAZIT:
Der erste Band der „Lovely Curse“-Dilogie wartet mit einer völlig erfrischenden, innovativen Geschichte auf und überzeugt durch sympathische Charaktere, einen atmosphärischen Schreibstil und einer mehr als überraschenden Auflösung. Leider war es der eher gediegene Einstieg und die Tatsache, dass stellenweise zu wenig passiert, der letztlich dafür sorgt, dass es nicht zum Highlight reichte. Trotzdem konnte mich Kira Licht überraschen und vor allen Dingen super unterhalten. Übrigens: die Grusel-Szenen haben es definitiv in sich – also lieber das Licht anlassen, wenn man abends liest/hört. Von mir gibt’s auf alle Fälle eine totale Empfehlung! Ich freu mich auf das Finale und bin gespannt, wie es mit Aria & Co. weitergeht. Der fiese Cliffhanger am Ende macht eindeutig neugierig.

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Veröffentlicht am 12.06.2020

Ein Meisterwerk, das seinesgleichen sucht!

Scythe – Der Zorn der Gerechten
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Das Wiedersehen mit Citra und Rowan verlief genau so, wie man es sich wünsch. Die beiden wieder zu treffen sorgte für den nötigen Flashback und ließ die Bilder, die in Band 1 der Reihe entstanden sind, ...

Das Wiedersehen mit Citra und Rowan verlief genau so, wie man es sich wünsch. Die beiden wieder zu treffen sorgte für den nötigen Flashback und ließ die Bilder, die in Band 1 der Reihe entstanden sind, wieder aufleben. Sofort hatte ich die Geschehnisse, die Kulissen und vor allem die Figuren wieder vor Augen und erinnerte mich problemlos an das imposante Finale des Auftakts. So hatte ich trotz der langen Zwischenzeit zwischen den beiden Büchern keine Probleme damit, in die Geschichte zurückzufinden. Ein absolut gelungener Einstieg also, der Spaß macht und die Neugier anfacht. Dennoch in es kein Geheimnis, dass die mittleren Bände von Reihen oft durchhängen und lediglich als Überbrückung zum Finale dienen. In diesem Fall aber beweist Neal Shusterman, dass das nicht sein muss. Mit „Scythe – Der Zorn der Gerechten“ liefert er eine mehr als geglückte Fortsetzung des bahnbrechenden Auftakts und zieht den Wow-Effekt, den vor allem das Ende von Band 1 erzeugte, einfach mit in den nächsten Teil. Wieder sind es mehrere Erzählstränge, die wir hier begleiten dürfen, wodurch die Spannung, die ohnehin bereits jede Skala sprengt, noch weiter anschwillt. Die verbauten Elemente und Einfälle unterscheiden sich wieder grundlegend vom Vorgänger und sorgen so dafür, dass der Grundgedanke zwar bekannte, die Geschichte an sich aber wieder völlig neuartig und erfrischend daherkommt. Durch geschickt platzierte Wendungen, undurchsichtige Handlungen und Vorkommnisse und einer Grundidee, die schon einmal überzeugte, fühlt man sich als Leser wortwörtlich an die Seiten gefesselt und fiebert in einem Ausmaß mit, das sprachlos macht. Immer und immer wieder denkt man sich, man hätte herausgefunden, worauf alles hinausläuft, doch jedes Mal belehrt einen die Handlung eines Besseren und überrascht so immer wieder aufs Neue. Unzählige, geschickt platzierte Wendungen machen die Geschichte unvorhersehbar und zu einem regelrechten Pageturner. Mir persönlich fiel es durchweg schwer, das Buch auch mal aus den Händen zu legen; zu groß war das Bedürfnis, endlich alles aufzudecken.
Dazu kommen die gesellschaftskritischen Aspekte, die vom Autor in Form von Passagen des Thunderheads eingebaut wurden. Während der „Computer“ im ersten Band eher einen Einblick in seine Gedankengänge gibt, gibt es hier einiges zwischen den Zeilen zu lesen, was definitiv zu Nachdenken und reflektieren animiert. Allgemein waren es besonders die Thunderhead-Abschnitte, auf die ich mich stets freute. Sie boten nochmal einen anderen Blick auf das, was in dem Kapitel zuvor passiert war, ließ es einen überdenken und das Geschehene nochmal anders wirken. Eine gute Möglichkeit, des Leser’s Kopf noch ein wenig mehr zu fordern, ohne sich wirklich zu wiederholen.
Während ich also im Laufe des Buches schon immer erstaunter und begeisterte wurde, katapultierte das Ende meine Meinung nochmal in die Höhe. Was für ein episches, unvergleichliches Finale dieses Bandes. Neal Shusterman hat noch einmal alles an Action, Spannung, Tempo, Brutalität und Kreativität in einen Topf geworfen und ein Ende geschaffen, das kein Leser jemals wieder vergisst. Überraschend und überwältigend in Szene gesetzt, detailliert ausgearbeitet und mit dem nötigen Cliffhanger versehen, um nicht anders zu können, als unverzüglich nach Band 3 greifen zu wollen. Ein regelrechter Kinofilm, der da über all die 544 Seiten in meinem Kopf ablief und mich schwer mitriss und überzeugte.

Auch in Sachen Figuren, gibt es nichts zu bemängeln. Citra und Rowan wieder zu treffen, erfüllte mich mit tiefster Freude, schon allein weil ich beide im Vorgänger sehr ins Herz geschlossen habe. Doch natürlich haben sich beide im Laufe der Zeit verändert und in gewisser Weise auch auseinander gelebt, immerhin haben sie nun komplett verschiedene Wege eingeschlagen. Während Citra als Scythe Anastasia ihrer Bestimmung nachgeht und dabei ganz deutlich zeigt, dass sie ein riesiges Herz hat und keineswegs die Ansichten der neuen Ordnung vertritt, ist Rowan ein wenig auf die schiefe Bahn geraten; aber nicht ohne nur das beste im Sinn zu haben. Ein Aufeinandertreffen von den zweien ist also eher selten, doch es kommt vor und sie zu beobachten macht einfach großen Spaß. Beide sind auf ihre Weise sympathisch, weiterhin absolut mitfiebernswert und ein wahrer Segen für die ohnehin schon großartige Geschichte. Sowohl Citra als auch Rowan sind greifbar, mit genügend Details und Tiefgang versehen und somit lebendig. Ich könnte, selbst wenn ich müsste, keinen benennen, den ich lieber habe, weil beide essentiell für das Buch sind und beide ihre Storys haben, die sie durchleben. Die Schnittstellen der beiden Erzählstränge sind nur kurz, aber dafür intensiv und die alten Gefühle, die ich für die beiden hegte und Wünsche, schlugen sofort wieder ein wie eine Bombe. Auch das Ende, an dem die beiden dann wieder zusammenkommen (im Sinne von Erzählstränge, die zusammenführen) war großes Kino in meinen Augen und einfach authentisch gegenüber der Geschichte UND dem Eindruck, den man im Auftakt gewann.
Doch neben Citra und Rowan spielen noch einige andere eine tragende Rolle. Vom höchsten Scythe bishin zum Straßenjunge bedient der Autor jede gesellschaftliche Schicht und gewährt so Einblicke in das Leben der unterschiedlichsten Menschen in Zeiten des Thunderheads. Während mir manche sofort sympathisch waren, fragte ich mich bei anderen, was sie überhaupt für die Geschichte tun sollen. Am Ende wird klar, dass nicht jeder mit offenen Karten spielt und dass auch der uninteressanteste Widerling am Ende einige Fäden in der Hand hält. Sehr gut gelöst und noch besser ausgearbeitet.

Zu Neal Shusterman’s Schreibstil bleibt aufgrund der vorangegangenen Lobeshymne also auch nicht mehr viel zu sagen. Dieser Mann hat ein unbeschreibliches Talent, Worte in Bilder, Sätze in Szenen und Bücher in Filme zu verwandeln. Wortgewaltig und dabei trotzdem bildhaft und vorstellbar erzählt er die Geschichte von greifbaren Figuren, die ein Leben in der Zukunft vor einer atemberaubenden Kulisse bestreiten. Für mich war es ein leichtes, in die Welt von Citra und Rowan abzutauchen, mich mitreißen und gefangen nehmen zu lassen und konnte das des Buches dem Alltag stundenlang entfliehen. Besonders die actionreichen Szenen sind dem Autor enorm gut gelungen, sodass die anhaltend spannende Atmosphäre einen dauerhaft und stetig intensiver werdend umgibt.
Dank der verschiedenen Erzählstränge bekommt der Leser einen klaren Einblick in das Leben aller beteiligten Figuren und obwohl Neal Shusterman sich für die dritte Person entschied, hatte ich kein Problem, die vorherrschenden Gefühle am eigenen Leib zu spüren. So macht Fantasy Spaß!

Fazit:
Auch der zweite Band von Scythe kann definitiv überzeugen. Obwohl der Grundgedanke durch den Auftakt der Trilogie bereits bekannt ist, schafft es Neal Shusterman wieder eine Menge Spannung und Action in die Geschichte zu packen und den Leser so abzuholen. Überraschende Wendungen sowie undurchsichtige Charaktere machen das Buch zu einem wahren Pageturner und das epische Ende dieses mittleren Bandes toppt einfach alles bisher gelesene um Längen. Was ein Erlebnis! Ganz klar wieder ein Highlight.

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Veröffentlicht am 10.03.2020

Überraschend mitreißend und ausgeklügelt - und poetisch!

Wenn das Feuer ausgeht
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Schon während des Prologs schafft es Colin Hadler, eine sehr beklemmende, düstere und vor allem packende Atmosphäre aufzubauen. Die Neugier des Lesers wird definitiv geweckt und ordentlich angekurbelt, ...

Schon während des Prologs schafft es Colin Hadler, eine sehr beklemmende, düstere und vor allem packende Atmosphäre aufzubauen. Die Neugier des Lesers wird definitiv geweckt und ordentlich angekurbelt, sodass aus meinem „kurz mal reinlesen“ schnell über 100 Seiten wurden. Das spricht auch definitiv für den Stil des jungen Autors. Mit einer gelungenen Mischung aus Bildgewalt, Sarkasmus, Humor und Tiefgang erzählt er uns von Camp Summerlake und bringt uns dabei auch noch die Charaktere näher. Es war beeindruckend zu verfolgen, wie gut sich die Szenen und Begebenheiten ineinanderfügten, ohne dabei überladen zu wirken. So verlor die Geschichte nichts an Glaubwürdigkeit durch den auftretenden Sarkasmus und auch die Figuren waren trotz tiefsinnigen Gesprächen größtenteils authentisch. Allgemein lässt sich das Buch unwahrscheinlich leicht und vor allem schnell lesen – man rauscht, nicht zuletzt auch wegen der immensen Spannung, nur so durch die Seiten. Ich für meinen Teil hatte dabei auch stets ein klares Bild vor Augen und konnte mich gut ins Geschehen hineindenken.

Ein weiterer Punkt, der ins Auge sticht, sind oben genannte Figuren. Grob betrachtet treffen wir auf 15 Jugendliche und 3 Teamleiter; doch die Geschichte an sich dreht sich eher um ein paar wenige – trotzdem fällt auf, dass selbst der unwichtigste Charakter seine eigene Geschichte bekam und so einiges an Tiefgang gewann. Das Augenmerk liegt aber definitiv auf Lukas, der uns als Ich-Erzähler durch die Geschichte führt. Lukas, der von der ersten Sekunde an als sehr sympathsich erscheint und den Leser problemlos für sich gewinnen kann. Seine Eigenschaften, seien sie auch noch so komplimentär, harmonieren miteinander und er wirkt glaubhaft und lebendig. Mir gefiel vor allen Dingen sein Mut, den er immer wieder an den Tag legte und so die Führung übernahm. Sein Background ist gut ausgeleuchtet worden, sodass er greifbar und authentisch war und seine Handlungen bzw. Gedankengänge nachzuvollziehen nicht schwer fiel. Die Entwicklung, die er ohne Frage an den Tag legte, machte Spaß – so blöd es auch klingen mag. Doch zu beobachten, wie aus leichtgläubig und unbefangen plötzlich misstrauisch und unsicher wurde, tat der Geschichte definitiv gut.
Gleich verhielt es dabei auch mit den anderen Jugendlichen bzw. eher mit dem Leser selbst. Während man anfangs noch alle als sympathisch und vertrauensvoll betrachtet, kommen recht schnell erste Zweifel auf. Mir gefiel die Vielschichtig,- und Undurchsichtigkeit aller enorm gut und es war beeindruckend zu sehen, wie Colin Hadler mit uns als Leser spielt. Am Ende tat man dann wohl dem ein oder anderen Unrecht, doch auch hier wurde eindeutig alles richtig gemacht und ausreichend falsche Fährten gelegt um die Spannung möglichst hoch halten zu können.
An dieser allerdings ein kurzer Kritikpunkt. Wie schon einmal angeteasert, herrscht in dem Buch eine Menge Tiefsinnigkeit. Dies drückt sich vor allem durch die Dialoge zwischen den Charakteren aus. An der ein oder anderen Stelle empfand ich es aber als zu viel. Die philosophischen Gespräche, die zum Teil doch sehr poetisch ausfielen, häuften sich und gerade wenn man sich mal vor Augen führt, dass diese Philosophen gerade mal 16-18 Jahre alt sind, erscheint es fragwürdig, ob sich Jugendliche in dem Alter wirklich so unterhalten. Trotzdem tat es dem Buch an sich keinen Abbruch, es fiel mir nur auf und ich wollte es der Vollständigkeit halber erwähnt haben.

Das Grundkonstrukt hinter „Wenn das Feuer ausgeht“ ist sicher bekannt – Sommercamp, Wald, ein paar Jugendliche, mysteriöse Vorkommnisse. Doch die Umsetzung, die glänzt! Nicht nur, dass sich der Plot enorm vielversprechend entfaltet und von Seite zu Seite mehr fesselt – er besticht durch jede Menge einfallsreiche Elemente. Immer wieder geschah unerwartetes, Wendungen an den unvorhersehbarsten Stellen und eine Atmosphäre, die einen mit Haut und Haaren umhüllt und nicht mehr loslässt. Die Spannung war also permanent, vom packenden Prolog bis zur überraschenden Auflösung, durchweg auf einem immens hohen Niveau gehalten und Ruhephasen wurden hier mit etwas ganz besonderem gefüllt: mit Dialogen, die an Tiefgang und Tiefsinnigkeit nicht zu überbieten sind. Immer wieder projezierte ich Gesagtes auf mich selbst und reflektierte; dachte nach und spürte den Nachhall des Ganzen. Während manche recht philosophisch ausfielen, waren manche einfach nur wunderschön und so aussagekräftig. Dazu kam, dass mich Colin Hadler mit seinen sarkastischen Beschreibungen immer wieder zum Schmunzeln brachte und so die Beklemmung kurzzeitig lösen konnte. Allerdings auch nur, um dann doppelt so hart zuzuschlagen und mich wieder erschrocken zusammenzucken und mit schreckgeweiteten Augen weiterhetzen zu lassen.
Neben der Spannung und dem sehr zügigen Erzähltempo gab es aber auch gruselige Momente, Horror-ähnliche Szenen, die mich, genau so wie der Rest auch, komplett abholen konnte. Die Gänsehaut die immer wieder entstand, spricht eindeutig dafür. Ein kalter Schauer jagte den nächsten und als Leser freute man sich einfach, wenn man wieder eine Nacht überstanden – oder sollte ich sagen überlebt – zu haben.
Nochmal alles etwas kompakter zusammengefasst: die Handlung baut sich sehr schnell und sehr einnehmend auf. Immer wieder kommen neue Fragen auf, die Zündstoff mit Miträtseln liefern. Fragen, die teilweise beantwortet, teilweise aber durch neue Fragen in den Hintergrund gerückt werden. Die dabei herrschende Atmosphäre spielt dem Buch ebenfalls in die Karten, denn loslassen tut sie einen während all den 328 Seiten keine einzige Sekunde. Man erwartet immer schlimmstes, erlebt dann aber einen noch viel schlimmeren Alptraum mit dem Figuren.
Letztlich gipfelt dieser Jugendthriller in einem atemberaubenden Showdown, der es definitiv in sich hat. An Überraschungen kaum zu überbieten, passiert plötzlich alles Schlag auf Schlag und schnürt dem Leser im wahrsten Sinne die Luft ab. Plötzlich scheint alles klar; wieso ist man nicht viel früher drauf gekommen – wieso ging man denn so blind durch das Buch? Ich verrate es euch: weil man viel zu sehr mit mitfiebern, mitzittern und mitdenken beschäftigt ist. Eine Auflösung, die überzeugt und ein würdiges Ende für diesen gelungenen Roman ist.

FAZIT:
„Wenn das Feuer ausgeht“ von Colin Hadler ist ein Jugendthriller, den jeder – wirklich jeder – gelesen haben sollte! Neben all der Spannung, der Action, dem Horror und den Geheimnissen, birgt die Geschichte so viel Tiefgang, so viele neue Ansichten und so viel Stoff zum Nachdenken. Auch Charaktere, Setting und Atmosphäre überzeugen! Außerdem ist der Stil des jungen Autors definitiv ein weiteres Highlight des Buches. Für mich eine riesige Überraschung, die noch lange – sehr lange – in mir nachhallen wird. Danke für dieses großartige Erlebnis – von mir zurecht die volle Punktzahl.

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