Tiefe Schluchten (Arnaldur Indridason)
Tiefe SchluchtenDer pensionierte Kommissar Konrad nimmt zwar noch ab und an Aufträge als Detektiv an, doch die Bitte einer alten Dame schlägt er aus, die ihren vor 50 Jahren zur Adoption freigegebenen Sohn sucht. Der ...
Der pensionierte Kommissar Konrad nimmt zwar noch ab und an Aufträge als Detektiv an, doch die Bitte einer alten Dame schlägt er aus, die ihren vor 50 Jahren zur Adoption freigegebenen Sohn sucht. Der Mord an der Dame erschüttert Konrad so sehr, dass er nun doch auf die Suche geht, denn er vermutet einen Zusammenhang zu ihrem Anruf. Doch die Spur scheint im Sand zu verlaufen, als auch die Hebamme, die damals zur Adoption geraten hat, längst verstorben ist…
„Tiefe Schluchten“ ist wie seine beiden Vorgänger der Krimireihe von Arnaldur Indridason um den ehemaligen Ermittler Konrad zweigeteilt und setzt damit die Tradition fort: Einerseits wird die Rahmenhandlung der Serie fortgetrieben, in der Konrad den Tod seines Vaters aufklären möchte. Dabei gibt es auch hier wieder einige interessante Hinweise, erschreckende Details, geänderte Sichtweisen. Ich mag es, auf diese Weise noch weiter in die Hintergründe einzutauchen, die häppchenweise Entfaltung dieses besonderen Falles. Aber wieder liegt hier nicht der Fokus des Romans, vielmehr steht ein anderer, in diesem Band abgeschlossener Fall im Mittelpunkt. Auch dieser entwickelt sich langsam, bedächtig und wird ohne Hast erzählt, doch gerade dadurch entsteht eine besondere Spannung, die sich im Laufe der Zeit immer weiter intensiviert. Man bekommt die Gelegenheit, die vielen Details aufzusaugen und nicht nur reine Zusammenhänge zu sehen, sondern auch kleine Nebengeschichten, die umso mehr berühren. Und gegen Ende wird die Handlung dann noch einmal richtig packend und wird sehr gekonnt aufgelöst.
Verdichtet wird dieser Eindruck durch das bedrückende Thema des Falls, in dem psychische wie physische Gewalt eine gleichbedeutende Rolle spielen. Dabei wird nicht zu explizit erzählt, im Gegenteil wird vieles eher angedeutet. Und auch durch viele sehr real wirkende Hintergründe kann der Roman in seinen Bann ziehen. Die Figuren sind dabei sehr fein gezeichnet und mit glaubhaften Facetten versehen, sodass ich schnell eine Bindung zu ihnen aufnehmen konnte – und teilweise haben mich die Geschichten von Nebenfiguren besonders bewegt.
„Tiefe Schluchten“ ist kein Krimi, der um Aufmerksamkeit heischt, sondern der sich langsam entwickelt und dabei viele Nebenarme aufmacht. Dennoch ist alles an einem Platz und ergibt ein sehr gelungenes Gesamtbild, die Spannung steigt dabei immer weiter, die Atmosphäre wird immer intensiver. Und auch die Rahmenhandlung wird gekonnt weitergeführt.