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Veröffentlicht am 02.02.2021

Zu Herzen gehend

Sprich mit mir
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Mein Lesejahr hat mit dem neuen Buch von T.C. Boyle ganz fantastisch begonnen. Zugegebenermaßen ist "Sprich mit mir" mein erster Roman von Boyle und ich bin restlos begeistert.

Der zweijährige Schimpanse ...

Mein Lesejahr hat mit dem neuen Buch von T.C. Boyle ganz fantastisch begonnen. Zugegebenermaßen ist "Sprich mit mir" mein erster Roman von Boyle und ich bin restlos begeistert.

Der zweijährige Schimpanse Sam lebt in einer Art WG mit Guy, Josh und anderen Betreuern. Umsorgt wie ein Kind ist er Teil einer Gemeinschaft, mit der er lernt, spielt, Fernsehabende verbirgt und feiert. Was Sam allerdings nicht weiß: Er ist ein Forschungsobjekt und dient letztlich nur den wissenschaftlichen Ambitionen seiner Mitbewohner. Guy ist Professor und erforscht in wieweit Schimpansen in der Lage sind, Sprache zu erwerben. Mit Sam hat er bereits einige Berühmtheit erlangt, da er mit ihm in einer Fernsehshow auftrat. Sam hat die Gebärdensprache erlernt und ist in der Lage zum Teil komplexe Sachverhalte zu kommunizieren.
Sam benötigt eine neue Betreuung, und somit kommt die schüchterne Studentin Aimee mit ins Team. Sie baut eine tiefe Beziehung zu dem Schimpansen auf. Am Ende ist sie diejenige, der Sam restlos vertraut.
Mit Aimee kommt sehr viel Gefühl und letztlich auch Dramatik in die Geschichte. Als Sam zu Tierversuchszwecken seinem rechtmäßigen Besitzer zurückgegeben wird, setzt Aimee alles daran ihrem Freund ein Leben im Käfig zu ersparen.
Mich hat die Geschichte von Sam sehr nachdenklich zurückgelassen. Zwar sind die Innenansichten Sams, die Boyle geschickt dadurch beschreibt, dass einzelne Kapitel aus Sams Sicht geschrieben sind, fiktiv, aber es braucht nicht viel Fantasie um sich das Leid eines Tieres in Käfighaltung vorzustellen. Woher auch immer Menschen das Recht nehmen, Experimente mit Tieren durchzuführen, T.C. Boyle stellt dies doch sehr in Frage.
Ein Buch, dass spannend, lustig und traurig zugleich ist.

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Veröffentlicht am 09.10.2020

Nervenaufreibende Schnitzeljagd

Baskische Tragödie
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In seinem vierten Fall gerät Luc Verlain, der sympathische Kommissar aus der Aquitaine, in einen rasanten Strudel von kriminellen Machenschaften, und am Ende ergibt alles einen Sinn.

Mittlerweile sind ...

In seinem vierten Fall gerät Luc Verlain, der sympathische Kommissar aus der Aquitaine, in einen rasanten Strudel von kriminellen Machenschaften, und am Ende ergibt alles einen Sinn.

Mittlerweile sind Luc und seine Kollegin Anouk ein Paar und erwarten bald ihr erstes gemeinsames Kind. Von idyllischem Familienleben sind beide allerdings weit entfernt, denn der nervenaufreibende Job bei der Polizei Bordeaux lässt dafür keine Zeit.
Ein kleiner Junge wird lebensgefährlich verletzt nachdem er am Strand von vermeintlichen Puderzucker probiert hat. Bei dem weißen Zeug handelt es sich um Drogen, und als Luc den den Fall übernimmt, beginnt eine Jagd, in der die Figur von Täter und Ermittler sich oft überschneiden. Luc muss im vierten Band fast vollständig ohne sein Team auskommen, allerdings ist es auch sein persönlichster Fall, denn es geht um seine Vergangenheit.

"Baskische Tragödie" ist aus meiner Sicht ganz anders als die Vorgänger-Fälle. Oft dachte ich beim Lesen an einen James-Bond-Film. Der Gute jagt den Bösen in haarsträubenden Manövern. Den Glauben an den Guten Luc habe ich allerdings so manches Mal verloren. Gab es doch zu viele Ungereimtheiten aus Lucs Vergangenheit. Puzzleteil um Puzzleteil wird aufgedeckt und erst ganz zum Schluss ergibt sich ein Bild.
Ich durfte ein super spannendes Buch vor wunderschöner Kulisse ( San Sebastian im Baskenland) lesen, in dem das Gute am Ende selbstverständlich siegt.
Alexander Oetker schreibt hoffentlich schon fleissig an Band 5 der Aquitaine-Krimis. Für meinen Geschmack darf es dann ruhig wieder mehr Teamarbeit geben.

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Veröffentlicht am 31.08.2020

Hambacher Forst - Heimat für drei Generationen

Jahresringe
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Andreas Wagner hat In seinem Buch „Jahresringe“ Themen wie Naturschutz, Heimatsuche, Familie und Tradition zu einer kurzweiligen Geschichte verarbeitet, die sehr zum Nachdenken anregt.

Das Flüchtlingsmädchen ...

Andreas Wagner hat In seinem Buch „Jahresringe“ Themen wie Naturschutz, Heimatsuche, Familie und Tradition zu einer kurzweiligen Geschichte verarbeitet, die sehr zum Nachdenken anregt.

Das Flüchtlingsmädchen Leonore Klimkeit kommt 1946 in dem kleinen Dorf Lich-Steinstraß an. Nach einer langen Flucht aus dem Osten soll der Ort mit seinen katholischen Bewohnern nun ihre neue Heimat werden. Heimisch wird Leonore, „die Evangelische“, hier nie werden, dafür lehnen die Einheimischen sie auch nach vielen Jahren noch ab. Bis auf den Bäcker Jean Immenrath: bei ihm und seiner Mutter findet sie ein Zuhause. Sogar die Bäckerei darf sie eines Tages übernehmen. Fremd wird Leonore aber immer bleiben, auch als dann ihr Sohn Paul geboren wird, lebt sie weiterhin ihr zurückgezogenes Leben. Einziger Trost für Leonore ist der Wald. Hierhin zieht sie sich immer wieder zurück und fühlt ein bisschen Geborgenheit. Doch unter dem Wald verbirgt sich die begehrte Braunkohle. Leonore wehrt sich lange gegen eine Umsiedlung, doch am Ende muss auch sie den zerstörenden Schaufelradbaggern weichen. Erneut verliert sie ihr Zuhause und die Natur, mit der sie sich verbunden fühlt. Der Raubbau an der Natur schreitet voran und doch arrangieren sich die Menschen damit. Sohn Paul arbeitet für den Energiekonzern und kann dadurch sich und seine Kinder ernähren. Zu großen Konflikten kommt es in der Familie, als sich Pauls Tochter den Umweltschützern anschließt und in ein Protestcamp in den Hambacher Forst zieht.
Einfühlsam und ruhig erzählt, zeigt „Jahresringe“, dass nichts nur schwarz oder weiß ist. Das Menschliche sind die Graustufen und nichts geschieht ohne Grund.
Leonores Verlust der Heimat wird an ihre Nachkommen weitergegeben, bis die Enkelgeneration bewusst versucht, sie zu bewahren und die Natur zu schützen.

Ich habe dieseS Buch sehr gerne gelesen. Auch weil im letzten Teil viel über die Protestbewegung im Hambacher Forst zu erfahren war.

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Veröffentlicht am 20.08.2020

Mit John auf dem Meer

Mein Vater, John Lennon und das beste Jahr unseres Lebens
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Alles ist besser auf dem Meer", denkt sich Anton , der mit seinem Nachbarn John Lennon einen Segeltörn unternimmt.

Für den Ex-Beatle ist die Tour mit dem Segelboot mit Sicherheit besser als so mancher ...

Alles ist besser auf dem Meer", denkt sich Anton , der mit seinem Nachbarn John Lennon einen Segeltörn unternimmt.

Für den Ex-Beatle ist die Tour mit dem Segelboot mit Sicherheit besser als so mancher Tag im Dakota-Building in New York, wo am Eingang seines Zuhauses oftmals hoffnungsvoll Fans warten, um einen Blick auf ihr Idol zu erhaschen.

Wie John Lennons Leben endete, ist bekannt: Ein irrer Fan erschießt ihn am Eingang vorm Dakota, womit dieses Gebäude endgültig genauso bekannt wurde, wie viele der Bewohner es schon waren.

Anton ist ebenso wie John Bewohner des Dakota, allerdings ist nicht er der Promi, sondern sein Vater Buddy Winter, der ein bekannter Fernsehmoderater ist. Nach einem Nervenzusammenbruch war Buddy für eine zeitlang abgetaucht, doch auch für ihn gilt: einmal Showbiz, immer Showbiz. Und hier kommt Anton ins Spiel: er hilft seinem Vater, wieder eine eigene Fernsehshow zu bekommen, und das im Prinzip so lange, bis er merkt, dass er endlich sein eigenen Leben finden muss.

"Mein Vater, John Lennon und das beste Jahr unseres Lebens" ist ein gekonnter Mix aus Vater-Sohn-Beziehungsdrama, Familiengeschichte und Promitalk. Viele Gerüchte und Geschichten die über Lennon und die Beatles kursieren, werden hier aufgegriffen, wie z. B. die Frage, ob Yoko Ono nun wirklich Schuld daran war, dass die Beatles sich getrennt haben.

Der Thema des Buches ist für mich die Erkenntnis, (fast hätte man es ja schon geahnt) dass ein Promileben nicht nur Zuckerschlecken ist. Tom Barbash bringt die Licht- und Schattenseiten des Berühmtseins auf sehr leise und einfühlsame Art und Weise zum Ausdruck. Obwohl ich einige Passagen des Buches etwas zu langatmig fand, hat mir die Geschichte um Anton, John und Buddy gut gefallen, nicht zuletzt weil das New-York-Feeling der damaligen Zeit gut eingefangen wurde.

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Veröffentlicht am 15.08.2020

Kleines Buch, großer Inhalt

Ein Sonntag mit Elena
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Fabio Gedas Buch "Ein Sonntag mit Elena" beginnt sehr melancholisch, sodass sich eine fast langweilige Sonntagsstimmung ausbreitet. Doch es lohnt sich, mit dem Protagonisten durch den Sonntag zu gehen, ...

Fabio Gedas Buch "Ein Sonntag mit Elena" beginnt sehr melancholisch, sodass sich eine fast langweilige Sonntagsstimmung ausbreitet. Doch es lohnt sich, mit dem Protagonisten durch den Sonntag zu gehen, denn am Ende - so muss es tatsächlich formuliert werden - ist alles gut.
Die Erzählerin der Geschichte ist Guilia. Sie berichtet über die lange zurück liegende Begegnung ihres Vaters mit Elena und deren Sohn Gaston an einem herbstlichen Sonntagnachmittag in Turin. Guilias Vater muss nach dem Tod seiner Frau sein Leben neu ordnen. Da er während seiner beruflichen Tätigkeit als Brückenbauer viel in der Welt unterwegs war und seine Frau sich um Guilia und die zwei weiteren Kinder kümmerte, scheint der Kontakt zu seinen Kindern sehr lose zu sein. Durch einen Zufall lernt er Elena und ihren dreizehnjährigen Sohn kennen. Zu dritt verbringen sie den Nachmittag und freunden sich an. Elena Leben verändert sich dadurch und auch in das Leben von Guilias Vater kommt Bewegung. Die Beziehungen zu seinen Kindern werden enger und erfreulicher.
Für alle, von Fabio Geda sprachlich sehr zart gezeichneten Charaktere der Geschichte, scheint der Sonntag ein Wendepunkt zu sein. Geda schafft es nach und nach zu verdeutlichen, worauf es ankommt, wenn Menschen einander lieben.
Ein wirklich schönes Buch, dass seine Stärke und Kraft erst im letzten Drittel entfaltet.

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