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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 10.10.2019

Berlin mal anders – lesenswert

Hinterhaus
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Caroline Königsforst. ohne Abi, ohne Ausbildung, aber schwer verliebt – in Dr. Jens Wächter. So folgt sie ihm blind nach Berlin, wo er als Arzt an der Charité seine Karriere forciert. Doch nach sieben ...

Caroline Königsforst. ohne Abi, ohne Ausbildung, aber schwer verliebt – in Dr. Jens Wächter. So folgt sie ihm blind nach Berlin, wo er als Arzt an der Charité seine Karriere forciert. Doch nach sieben gemeinsamen Jahren ist Jens plötzlich weg. Caro findet nur noch eine – ihre ehemals gemeinsame – leere Wohnung vor. Einzig sieben Umzugskartons mit ihren wenigen Habseligkeiten sind noch da. Der Mietvertrag ist gekündigt, Caro muss sehen wo sie bleibt. Damit beginnt für sie ein rasanter neuer Lebensabschnitt…
Trotz Carolines Verlustes bleibt sie noch lange naiv und ist handlungsunfähig. Sie reagiert auf neue Situationen unkontrolliert, wie fremdgesteuert und gerät dadurch immer mehr ins Chaos. Ich fand das Buch sehr unterhaltsam. Auch wenn der Erzählstil und die Handlung schon etwas anders war. Man muss sich darauf einlassen. So kam beim Ich-Erzählstil sehr gut Carolines Naivität zum Ausdruck. Auf der anderen Seite habe ich mich immer gefragt, was ist damals wirklich in Bergisch Gladbach passiert. Warum weigert sie sich so vehement verschlossene Türen zu öffnen? Es gibt viele Fragen, die den Leser zu weiterlesen anregen. Denn spannend fand ich das Buch schon. Sehr gelungen und zutreffend sind die Beschreibungen zu den Szene-Vierteln im Prenzlauer Berg wie auch die Beschreibungen zu den Berliner Hinterhöfen. Oftmals ist man da nämlich wirklich überrascht, was in den Hinterhöfen und -häusern alles zum Vorschein kommt.
Von mir gibt es 4 Lese-Sterne und eine uneingeschränkte Lese-Empfehlung.

Veröffentlicht am 17.09.2019

Frauen mit Courage - unterhaltsam, lesenswert

Die Charité: Aufbruch und Entscheidung
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Berlin zur Wende des 19./20.Jahrhunderts: Rahel Hirsch wird als erste Frau in der Charité als Assistenzärztin angestellt. Und natürlich arbeitet sie ohne Bezahlung und Überstunden sind selbstverständlich. ...

Berlin zur Wende des 19./20.Jahrhunderts: Rahel Hirsch wird als erste Frau in der Charité als Assistenzärztin angestellt. Und natürlich arbeitet sie ohne Bezahlung und Überstunden sind selbstverständlich. Als einzige Frau unter Männern muss sie sich beweisen, darf keine Müdigkeit oder gar Schwächen zeigen. Anerkennung findet sie trotzdem bei ihren Kollegen nicht. Einzig Ihr Chef Direktor Kraus und Dr. Brugsch ignorieren sie nicht und erkennen ihre Leistungen an. Nach der Arbeit mit den Patienten wird von den jungen Ärzten auch noch Forschungsarbeit erwartet, so dass der Arbeitstag täglich mehr als 12 Stunden lang ist. Doch Rahel gibt nicht auf. Einzig die sozialkritische Barbara Schubert, die sie durch Zufall kennenlernt, bringt ein wenig Abwechslung in Rahels arbeitsreichen Alltag.
Diese starke Frau hat mich schon beeindruckt. Setzt sie sich doch gegen die Ignoranz der Kollegen durch und geht ihren Weg. Der 1. Weltkrieg kommt ihr da auch etwas zu Hilfe. Da die männlichen Ärzte sich entweder freiwillig an die Front melden oder abberufen werden, herrscht Ärztemangel an der Charité. Der Direktor übergibt ihr daher einen eigenen Verantwortungsbereich und eine Professur. In dieser neuen Aufgabe und der damit verbundenen Verantwortung geht sie voll auf. Aber: nach dem Krieg wollen die Heimkehrer wieder in ihre alten Positionen zurückkehren. Für Rahel ein echter Rückschlag, den ich auch gut nachempfinden konnte. Auch ihr Zwiespalt, als sie sich in den Flieger Michael Frankl verliebt, konnte ich sehr gut verstehen. Natürlich will sie ihren Beruf deshalb nicht aufgeben. Hat sie es doch so viel Kraft und Entbehrungen gekostet bis sie sich als Ärztin etabliert hat. Soll sie das alles aufgeben und gegen die Rolle der Ehefrau und Mutter eintauschen?
Sehr gut gefallen haben mir die in einigen Kapiteln immer wieder auftauchenden Briefe, die Rahel ihrer Schwester Theresa schreibt und in denen sie ihre Konflikte und ihre Schwierigkeiten gegenüber der Schwester schildert. Darin kommt so viel Liebe zwischen den Schwestern zum Ausdruck. Was mich allerdings gestört hat, waren die Ausführungen zum Kino und zu Asta Nielsen. Das hat irgendwie nicht direkt zur Handlung gepasst und bei mir den Eindruck hinterlassen, dass die Autorin zu viele Themen aus der damaligen Umbruchszeit in ein Buch packen wollte. Denn schon die Ausführungen zu den Frauenrechtsbewegungen, für die Barbara gebrannt hat, waren schon recht ausführlich. Insgesamt betrachtet habe ich mich aber gut und kurzweilig unterhalten gefühlt. Darum gibt’s von mir 4 Lese-Sterne und eine uneingeschränkte Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 27.08.2019

Großartiges Jugendbuch über Gratwanderung zwischen Gerechtigkeit und Rache

The Black Coats - ... denn wir vergeben keine Schuld
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Thea, einst an der Schule wegen ihrer sportlichen Leistungen eine anerkannte wie beliebte Schülerin, kann nach dem gewaltsamen Tod ihrer innig geliebten Cousine Nathalie, mit der sie die Begeisterung fürs ...

Thea, einst an der Schule wegen ihrer sportlichen Leistungen eine anerkannte wie beliebte Schülerin, kann nach dem gewaltsamen Tod ihrer innig geliebten Cousine Nathalie, mit der sie die Begeisterung fürs Laufen teilte, nicht verkraften. Sie kapselt sich ab, wird zur Außenseiterin. Doch dann stellt sich ihr die Chance in einem Geheimbund für Mädchen die Rache an gewalttätigen Männern nehmen mitzumachen…..
Thea ist eine gelungene Hauptfigur. Die Trauer und den Schmerz, den sie durch den Tod ihrer Cousine empfindet, fand ich sehr gut wiedergegeben. Aber auch ihre Entwicklung zum verantwortungsbewussten Mitglied von Team Banner konnte ich beim Lesen nachempfinden, weil es Stück für Stück und damit glaubhaft erfolgte. Anfangs hätte ich ihr die Rolle als Teamleiterin gar nicht zugetraut. Sie ist ihr aber voll gerecht geworden.
Das Lesen hat mich auch nachdenklich gestimmt: Wie weit darf man gehen, um Gerechtigkeit zu erreichen? Ab welchem Zeitpunkt setzt man sich selbst damit ins Unrecht? Können sich Menschen durch grausame Strafe zum besseren Menschen ändern? All das ist mir durch den Kopf gegangen. Ich denke, auch Thea musste sich all diesen Fragen während ihrer Mitgliedschaft bei den Black Coats stellen. In meinen Augen hat sie dabei die richtigen Schlüsse gezogen.
Auch wenn ich sicher mit 60+ nicht unbedingt zur Zielgruppe dieses Romans gehöre, hat mir dieses Buch doch gefallen. Die Kampf- und Ausbildungsszenen, was die Mädels da aushalten mussten und konnten, fand ich etwas übertrieben, aber sonst hat es mit sehr gut gefallen. Besonders die Entwicklung der 5 Banner-Mädchen, jede ein Individuum mit besonderen Fähigkeiten, zu einem geschlossenen Team fand ich super dargestellt. Somit gibt’s von mir auch 4 Lese-Sterne.

Veröffentlicht am 12.08.2019

lesenswert und unterhaltsam

Als wir im Regen tanzten
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Berlin 1928: nach den entbehrungsreichen Nachkriegsjahren ist wieder Tanz, Unterhaltung und Film angesagt und mittendrin Recha Stechapfel. Als Königin des Stummfilms lebt sie gemeinsam mit ihrem Ehemann, ...

Berlin 1928: nach den entbehrungsreichen Nachkriegsjahren ist wieder Tanz, Unterhaltung und Film angesagt und mittendrin Recha Stechapfel. Als Königin des Stummfilms lebt sie gemeinsam mit ihrem Ehemann, dem Regisseur Willi zur Nieden, in Potsdam. Aber Deutschland befindet sich auch im Umbruch. Es zeichnet sich das Ende des Stummfilms ab. Außerdem werden die Nationalsozialisten immer lauter. Von beidem ist Recha, sie ist Jüdin, direkt betroffen...
Erzählt wird hier die Geschichte zweier Liebender die sich entfremden, sich ihren Problemen nicht stellen, sie totschweigen. Aber auch eine Geschichte von Schuld, der Schuld die Deutsche im 1. Weltkrieg auf sich geladen haben und an deren Auswirkung die Menschen noch immer leiden. Für mich war das eine wunderbare wie "runde" und nachdenklich stimmende Geschichte.
Recha, der gefeierte Star hat beruflich alles erreicht. Aber ihr Herzenswunsch, ein Kind zu haben, bleibt unerfüllt. So stürzt sie sich genau wie ihr Mann in die Arbeit. Sie reden nicht darüber was sie bedrückt, sie leben nebeneinander, nicht miteinander. Willi kommt beruflich nicht an sein Idol Wolfgang Vanselow heran. Erreicht nicht dessen Genialität, versucht sich zu verbiegen, verliert dadurch sein ICH.
Dabei hat die Autorin die Schicksale und Rückschläge der gesamten Familie um Recha und Willi sehr unterhaltsam in die Geschichte mit eingeflochten. Das macht das Lesen abwechslungsreich. Hat doch jeder andere Ziele, Prioritäten, Probleme und Lasten aus Vergangenem. Im Buch wird die Gefühlswelt der beteiligten Personen sehr intensiv und nachvollziehbar beschrieben. Das ist für den Leser nicht nur berührend, sondern an vielen Stellen konnte ich aus den Dialogen auch neue Sichtweisen auf Welt und Politik kennenlernen. Dialoge sind hier das Stichwort: zeigt doch das Buch auf, dass Menschen, die Gefühle füreinander haben sich auch geistig austauschen müssen. Nur an schöne Erinnerungen zu denken - wie z.B. den Tanz durch den Regen - da bleibt die Liebe und die Verbundenheit nicht erhalten. Da entfremdet man sich.
An vielen Stellen /Orten sind im Buch geschichtliche Hintergründe beschrieben. Auch wenn die Autorin hier sehr großes geschichtliches Wissen bewiesen hat und mit dem Buch an das im 1. Weltkrieg begangene Unrecht der Deutschen erinnern will, war mir das einfach etwas zu viel.
Insgesamt gesehen habe ich mich gut unterhalten gefühlt, gebe daher 4 Lese-Sterne und spreche auch eine uneingeschränkte Leseempfehlung aus.

Veröffentlicht am 07.07.2019

Familiengeschichte einer Kino-Besitzer-Dynastie – unterhaltsam geschrieben

Das Lichtspielhaus - Zeit der Entscheidung
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Die Münchner Kinobetreiber, Familie Donaubauer, haben nur ein Ziel, sie wollen in ihre vorhandenen Kinos viele Zuschauer locken, vielleicht auch noch 1,2 weitere eröffnen und versuchen darum alles, um ...

Die Münchner Kinobetreiber, Familie Donaubauer, haben nur ein Ziel, sie wollen in ihre vorhandenen Kinos viele Zuschauer locken, vielleicht auch noch 1,2 weitere eröffnen und versuchen darum alles, um immer am „Ball der Zeit“ zu bleiben. Nur das garantiert volle Säle und einen gesicherten Lebensunterhalt. Allen voran hat Zenzi als ursprüngliche Gründerin das Zepter in der Hand. Doch auch ihr Sohn Karl und dessen Frau Elsa bringen immer wieder publikumswirksame neue Ideen ins Unternehmen. Zenzis Tochter Ulla dagegen hat kein Interesse am Kinogeschäft, im Gegensatz zu ihrem Mann Heinrich. Als Karl Donaubauer klammheimlich Frau, Kinder und das gemeinsame Unternehmen verlässt und nach Amerika auswandert, sieht Heinrich seine Chancen im Unternehmen steigen…..
Wieder einmal entführt uns Heidi Rehn mit diesem Buch in vergangene Münchner Zeiten. Detailgenau schildert sie die Unterhaltungsbrache der damaligen 20er Jahre. Die Zeit als die Zuschauer zu Scharen in die Kinos geströmt sind um Stummfilme zu sehen. Gleichzeitig vermittelt sie dem Leser auch die Schwierigkeiten der Kinobetreiber immer am Zahn der Zeit zu bleiben. So muss sich Familie Donaubauer auch, nachdem sie mit dem Elvira-Palast ein luxuriöses, kostspieliges Kino im Herzen von München gebaut und eröffnet haben, der Tatsache stellen, dass dieses Kino mit Einzug des Tonfilms nicht mehr den technischen Anforderungen entspricht. Mittel und Wege, sprich Sponsoren müssen gefunden werden, um große Um- und Einbauten vornehmen zu können. Auch hier gehen die Vorstellungen von Elsa und ihrem Schwager Heinrich massiv auseinander. Ärger ist vorprogrammiert. Einzig Zenzi erschien mir im Buch wie ein Fels in der Brandung. Sie ließ sich weder von der Amerikaflucht ihres Sohnes Karl, noch von den Repressalien der aufstrebenden Hitleranhänger entmutigen und aus ihrer Ruhe bringen. Allerdings begreift sie im Laufe der Geschichte, genau wie Elsa, dass es neben der Firma wichtigere Dinge gibt. Eigentlich die Wichtigste: die Familie selbst. Denn beide Frauen haben bei ihren Kindern so einiges versäumt, dem Selbstlauf überlassen. Dieser Weg der beiden Frauen vom Workaholic zum Familienmenschen ist im Buch trefflich aufgezeigt.
Mich hat das Buch gut unterhalten. Allerdings fand ich einige Ausführungen zu den Sorgen und Ängsten der Familie Donaubauer etwas zu ausschweifend. Auch Wiederholungen gab es ab und an immer wieder. Schön fand ich, dass das Kaufhaus Hirschfelder mehrmals eine Rolle spielte, fühlte ich mich doch sofort an „Das Haus der schönen Dinge“ erinnert.
Von mir erhält das Buch 4 Lese-Sterne.