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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.08.2019

Ein starker Thriller!

Opfer
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Stockholm. In einer Scheune kann das Team der Reichsmordkommission einen brutal gefolterten Mann knapp vor dem Tod retten. Ironisch, da das Opfer selbst ein bekannter Krimineller ist und die Ermittler ...

Stockholm. In einer Scheune kann das Team der Reichsmordkommission einen brutal gefolterten Mann knapp vor dem Tod retten. Ironisch, da das Opfer selbst ein bekannter Krimineller ist und die Ermittler nicht allzu verstört darüber sind – da wird wohl jemand der Gerechtigkeit nachgeholfen haben. Doch bevor er den Täter identifizieren kann, verstirbt er, und es werden weitere Gräueltaten an anderen Kriminellen verübt, die bis auf dieses eine Merkmal keine Verbindung zu haben scheinen.

Das Sonderermittlungsteam muss tief graben, um der Lösung auf die Spur zu kommen. Man findet heraus, dass es sich bei dem Scheunen-Toten um einen Schwerverbrecher handelt. De facto lässt sich Rache als Motiv nicht ausschließen. Man folgt also dieser und weiterer Spuren.
Angeleitet von Carl Edson als Ermittler gibt es im Team einige fein gezeichnete Charaktere. Besonders Lars-Erik Wallquist, der Kriminaltechniker, hat mir sehr gefallen. Ich musste schmunzeln, als ich las, dass er Menschen im Allgemeinen nicht besonders mag (Seite 9). Manchmal behaupte ich das von mir auch.
Carl selbst zeichnet sich durch eine fast typisch deutsche Eigenschaft aus: Er ist wahnsinnig genau, seine Arbeitstechniken sind penibel und er fühlt sich grundsätzlich von allen Menschen missverstanden. Doch auf den zweiten Blick ist er ein durchaus komplexer Charakter, der seine Fähigkeit zum analytischen Denken mit seinem Bauchgefühl kombiniert und so der Lösung einen Schritt näher kommt. Die Zeit rennt, denn immer mehr Details dringen nach draußen und werden zu einem gefundenen Fressen für die Presse.

Wie hatten sie nur so schnell Wind von der Sache bekommen?, überlegte Carl. Wer war der Maulwurf? (Seite 262)

Gut gewählt fand ich hier die Perspektiven und drei Hauptteile. Im ersten Teil steht der 51-jährige Ermittler Carl mit seinem Team sowie der Reporterin Alexandra Bengtssons im Vordergrund, während der Fokus im zweiten Teil auf den Mörder gerichtet ist und hier die Ich-Perspektive gewählt wurde. Wer jetzt denkt, dass das die Spannung nimmt, liegt völlig falsch. Gerade die Tätersicht finde ich ungemein spannend. Die Frage nach seinen Motivationen kann man so besser nachvollziehen. Ich nahm relativ früh an, die Lösung zu kennen, doch diese war ein ganzes Stück anders als erwartet. Bis man im Finale angelangt, liest man sich durch eine Wendung nach der anderen, verirrt sich, überlegt hin und her.

Der Schreibstil ist flüssig und so lässt sich das Buch gut lesen. Die detaillierten Beschreibungen der Tatorte waren für mich schon nah an der Grenze, denn ich persönlich mag es mehr psychologisch subtil als blutrünstig.

Am Ende werden alle offenen Fragen beantwortet. Ich bin nicht enttäuscht worden.

Persönliches Fazit: Konstante Spannung und viele Morde machen die Story zu einem außergewöhnlichen und typisch schwedischen Thriller, den man in einem Rutsch verschlingt.

Veröffentlicht am 05.08.2019

Solide Fortsetzung

Die letzte Witwe
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Das Buch ist bereits der 7. Teil der Reihe. Man sollte die vorherigen Bände gelesen haben, um die Entwicklung der Charaktere und ihre Beziehungen zu verstehen. Ohne diese Vorkenntnisse fehlen einem doch ...

Das Buch ist bereits der 7. Teil der Reihe. Man sollte die vorherigen Bände gelesen haben, um die Entwicklung der Charaktere und ihre Beziehungen zu verstehen. Ohne diese Vorkenntnisse fehlen einem doch erhebliche Zusammenhänge.

So fängt die Geschichte auch bereits ohne große Einleitung an und behandelt die schwierige Beziehung zwischen Sara und Will. Gleiche Situationen sind abwechselnd aus beider Perspektiven erzählt, sodass man als Leser gut verstehen kann, wo die Problematik und Missverständnisse liegen. Und auch Wills Kollegin Faith ist wieder mit von der Partie.

Die Charaktere werden aber nicht zu sehr thematisiert, denn der Spannungsbogen schnellt bereits nach wenigen Seiten nach oben, als plötzlich die Erde zittert und die Situation in kürzester Zeit aus dem Ruder läuft. In der Annahme, Menschenleben zu retten, versuchen Sara und Will zum Ort des Geschehens zu gelangen. Sie treffen auf mehrere Personen, die beim Versuch, sich in Sicherheit zu bringen, einen Autounfall verursacht haben. Sara will nach den Verletzten sehen, die berichten, dass an der Universität eine Bombe hochgegangen ist. Doch augenscheinlich stimmt etwas mit diesen Männern nicht. Als Will und Sara das begreifen, ist es aber bereits zu spät.

Er blickte hinter sich und rechnete damit, Saras Leiche zu entdecken. »Wo …?« »Sie ist fort.« Ein Schluchzen kam aus Cathys Mund. »Will, sie haben sie mitgenommen.« Zitat Position 803

Sara wurde entführt und Will ist körperlich stark angeschlagen. Das GBI (Georgia Bureau of Investigation) versucht verzweifelt, Saras Entführern auf die Spur zu kommen und kreuzt damit FBI Ermittlungen. Die Entführer sind eine rechtsradikale Gruppe, die mit grausamsten Mitteln auf sich aufmerksam machen wollen und dafür das Blut zahlreicher Unschuldiger vergießen. Die behördlichen Ermittlungen gestalten sich meiner Meinung nach dann jedoch viele Seiten lang etwas zäh und es fiel mir schwer, Zusammenhänge der Gruppierung um die es geht sowie Zuständigkeiten des FBI und GBI zu verstehen und nachzuvollziehen.

Weiterhin lässt die Autorin aus verschiedenen Perspektiven erzählen, was der jeweilige Protagonist erlebt. Hier fand ich Saras Erlebnisse teils sehr schockierend. Und endlich begreift man auch, um was es geht. Der Hintergrund der Neonazi-Gruppierung ist äußerst aktuell, interessant und könnte kaltblütiger kaum sein. Die Vorstellung, dass solch ein Szenario Realität würde, lässt einen bedrückt zurück.

Persönliches Fazit: Eine solide Fortsetzung der Reihe und Entwicklung der Hauptfiguren, abgerundet mit einem spannenden und mitreißenden Thema. Ein Muss für eingefleischte Fans, aber auch eine Empfehlung an Liebhaber des Genres, die anspruchsvollere Themen mögen.

© Recensio Online, 2019, Daniela

Veröffentlicht am 04.08.2019

Unausgeschöpftes Potenzial

Lieblingskind
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Mit „Lieblingskind“ habe ich mein erstes Buch von C. J. Tudor gelesen und muss leider gestehen, dass es mich nicht überzeugen konnte.

Der Klappentext verspricht zunächst eine interessante und spannende ...

Mit „Lieblingskind“ habe ich mein erstes Buch von C. J. Tudor gelesen und muss leider gestehen, dass es mich nicht überzeugen konnte.

Der Klappentext verspricht zunächst eine interessante und spannende Story. Auch das düstere Cover, auf dem ein kleines Mädchen in einem weißen Kleid auf einer Mauer sitzt, hat mich sofort angesprochen.

Der Leser begleitet im Buch Joe Thorne kennen, dessen Schwester Annie in jungen Jahren spurlos verschwand. Nach vierundzwanzig Stunden tauchte sie plötzlich wieder auf und war völlig verändert. Diese Veränderung machte sich auch in Joe bemerkbar – bis heute.

Jahre später kehrt er nun in sein Heimatdorf Arnhill zurück, um Antworten zu finden. Antworten darauf, was damals wirklich mit Annie passiert ist. Und es scheint, als hätte es zwischenzeitlich mehrere mysteriöse Vermisstenfälle gegeben, die dem von Annie ähneln.

Die Grundidee hätte an sich Potenzial, als Pageturner durchzugehen, und die Geschichte ließ sich stiltechnisch auch so flüssig lesen, dass ich das Buch in zwei Tagen verschlungen habe. Dennoch konnte mich die Handlung selbst leider nicht überzeugen und wich meiner Meinung nach sehr vom Klappentext ab. Denn es geht in der Geschichte nicht primär um Joe und seine Beziehung zu Annie. Nur in wenigen Kapiteln wird gezielt darauf eingegangen. Die restlichen Kapitel begleitet der Leser Joe einfach nur auf seiner Reise in die Vergangenheit. Die etlichen Rückblicke haben das Ganze zwar etwas aufgelockert, dennoch war die Story einfach ziemlich träge und teilweise nicht logisch nachvollziehbar.

Vom Schluss habe ich wesentlich mehr erwartet. Hier wurde ich am meisten enttäuscht, da ich auf eine Wende oder zumindest die Beantwortung meiner noch offenen Fragen hoffte. Stattdessen ließ mich der Epilog verwirrt und unzufrieden zurück.

Persönliches Fazit: Wie erwähnt, habe ich das Buch dennoch verschlungen, weil mir der Schreibstil absolut gefallen hat. Der Plot war leider nicht mein Fall bzw. hatte ich mir mehr davon erhofft – vor allem aufgrund der Empfehlung von Stephen King! Schade!

©Recensio Online, 2019, Sabrina

Veröffentlicht am 31.07.2019

Ausgefeilter Thriller

Silent Victim
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Das Buch beginnt recht harmlos, und beinahe schleichend erfährt man etwas über die schreckliche Kindheit und Jugend von Emma. Prompt wird man in den Strudel ihrer Erlebnisse hineingezogen. Ein wenig britisch ...

Das Buch beginnt recht harmlos, und beinahe schleichend erfährt man etwas über die schreckliche Kindheit und Jugend von Emma. Prompt wird man in den Strudel ihrer Erlebnisse hineingezogen. Ein wenig britisch unterkühlt, aber schon mit Nachdruck versteht es Caroline Mitchell, einem die Gefühlswelt der Figuren näherzubringen.

Erzählt wird die Story aus unterschiedlichen Perspektiven: mal ist es Emma, mal ihr Mann Alex und dann kommt auch der Lehrer Luke zu Wort. Letzterer hat sich an Emma, seiner Schülerin, herangemacht und sie missbraucht. Gerade als Frau leidet man schon sehr mit und möchte ihr helfen. An bestimmten Stellen entfleucht einem doch mal ein „Oh, nein!“ und das Herz schlägt etwas schneller.

Ab diesem Zeitpunkt kann man sich der Geschichte nicht mehr entziehen. Manchmal habe ich mich dabei ertappt, dass ich geflucht habe, wenn wieder ein Perspektivwechsel anstand. Beispielsweise wollte ich aus Emmas Sicht wissen, wie es weitergeht und hätte mir da dann gewünscht, dass ihr Mann mal den Mund hält. Aber es ist klar, dass das von der Autorin so gewollt war. Letztendlich treibt das die Spannungskurve nach oben und hält den Leser im Sog gefangen.

Allein durch die Beschreibung der Location fühlt man sich auf diese einsame Insel versetzt. Man spürt fast körperlich auch den Verfall des elterlichen Häuschens, in dem die junge Familie nun lebt und Emma weiterhin in den trüben Untiefen ihrer Vergangenheit verstrickt ist.

Ich bin ehrlich: Wenn ich nur das Cover gesehen hätte, wäre das Buch nie in meine Finger geraten. So bin ich aber froh, dass ich es lesen und dadurch wieder eine Autorin kennenlernen durfte, die mich mit ihrem Thriller sehr überzeugt hat. Trotz oder gerade aufgrund der britischen Unterkühltheit zu Beginn. Übrigens spielt Caroline Mitchell die Tatsache gut in die Karten, dass sie jahrelang als Polizistin gearbeitet hat und auf Fälle von häuslicher Gewalt und schweren sexuellen Verbrechen spezialisiert war.

Persönliches Fazit: Ausgefeilter Thriller mit dem ganz eigenen britischen Charme, der den Leser nach einem seichten Start schnell in einen Strudel aus Fragen zieht. Empfehlenswert für jeden, der gern miträtselt und -fiebert.


© Recensio Online, 2019, Sabine

Veröffentlicht am 27.07.2019

Solider Thriller mit Ekelfaktor

Er will sie sterben sehen
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Dieser Thriller kommt am Anfang eher als Krimi daher. Die Spannung hält sich in Grenzen, denn es geht erst einmal um Ermittlungsarbeit und Verhöre. Erst später im Buch nimmt die Story an Fahrt auf und ...

Dieser Thriller kommt am Anfang eher als Krimi daher. Die Spannung hält sich in Grenzen, denn es geht erst einmal um Ermittlungsarbeit und Verhöre. Erst später im Buch nimmt die Story an Fahrt auf und die Spannung steigert sich, so dass man dem Ende förmlich entgegenfiebert. Das Buch gliedert sich in fünf Teile, an deren Anfang jeweils ein Blick auf einen Jungen geworfen wird, der etwas Grausames erlebt, und im Laufe der Story wird klar, wie dies mit den furchtbaren Morden zusammenhängt. An dieser Stelle sei angemerkt, dass der Leser eine hohe Ekelschwelle haben sollte.

Der Junge stirbt. Sein Körper ist mit Maden überzogen. Wenn er an den Lippen ein Kitzeln spürt, streckt er die Zunge heraus und nimmt die Made in den Mund. Ihm gefällt das Kribbeln am Gaumen, bevor er sie schluckt. Manchmal streift er die Maden von seiner Wunde am Fuß, um zu sehen, wie weit sie mit ihrer zerstörerischen Arbeit gekommen sind. (Pos. 4119)

Carmen Mola hat einen flüssigen Schreibstil. Etwas gewöhnungsbedürftig fand ich jedoch, dass die Story in der Gegenwartsform geschrieben ist. Wer sich mit spanischen Namen und Orten schwer tut, der wird beim Lesen etwas holpern, aber das gibt sich, wenn man sich an die Namen gewöhnt hat. Die Protagonisten sind differenziert und authentisch beschrieben. Da ist einmal die Inspectora Elena Blanco, Chefin der Brigade de Análisis de Casos, Brigade für Sonderermittlungen (BAC), die an einem privaten Schicksalsschlag zu knabbern hat und deren Tage deswegen aus zu wenig Schlaf, zu viel Grappa, Karaoke-Singen und dem Abschleppen von One-Night-Stands besteht. Ihr Vorgesetzter Rentero kommt etwas überheblich daher, er will um jeden Preis glänzen und verhindern, dass Ermittlungspannen ein schlechtes Licht auf ihn werfen könnten. Dann gibt es noch den jungen, ehrgeizigen Polizisten Ángel Zárate. Er war dabei, als die Leiche von Susana gefunden wird, und er will unbedingt zum Team der BAC.

“Eine Frage noch: Warum nehmen Sie mich auf?" "Weil mir gefällt, dass du einer Kollegin die Brieftasche geklaut hast, die dir mit einem Schlag den Kopf abhauen könnte. Dafür verdienst du eine Belohnung ... und eine Strafe: Du wirst den Eltern die Todesnachricht überbringen. Ich war gerade unten und habe einen Grappa getrunken, um mir Mut zu machen, aber ich reiße mich immer noch nicht darum” (Pos. 557)

Ich fühlte mich durch die anschaulichen Ortsbeschreibungen direkt nach Madrid versetzt, und das Kopfkino tat sein Übriges, um mitzufühlen und dabei zu sein. Das Team der BAC hat mit den identischen Morden an Susana und ihrer Schwester Lara ziemliche Probleme, denn es geht darum, herauszufinden, ob der Mörder von Lara unschuldig hinter Gittern sitzt oder einen Nachahmer hat. Erschwerend kommt hinzu, dass die Familie der Schwestern zu den Roma gehören, denen der Ehrenkodex über alles geht und die mit der Polizei nicht kooperieren. Durch überraschende Wendungen erfährt man erst ziemlich spät, wer der Täter und was seine Motivation ist, und ein dramatischer Showdown lässt den Leser bis zum Schluss mitfiebern.

Persönliches Fazit: Dies ist ein solides Thrillerdebüt der Autorin, und der Cliffhanger am Ende verrät uns, dass es wohl weitere Fälle für Elena Blanco und ihr Team der BAC geben wird. Wer sich von kriechendem Gewürm nicht abschrecken lässt, dem gebe ich sehr gern eine Leseempfehlung!

© Recensio Online, 2019, Elisabeth