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Veröffentlicht am 27.01.2020

Spannender Plot

Das Gerücht
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Joanna zieht mit ihrem Sohn Alfie ins kleine Örtchen Flinstead, um wieder näher bei ihrer Mutter zu sein und die Großstadt Londons hinter sich zu lassen. Aber hier kommt Alfie nicht richtig bei den Kids ...

Joanna zieht mit ihrem Sohn Alfie ins kleine Örtchen Flinstead, um wieder näher bei ihrer Mutter zu sein und die Großstadt Londons hinter sich zu lassen. Aber hier kommt Alfie nicht richtig bei den Kids in seinem Umfeld an und Joanna beschließt, sich bei den Müttern beliebter zu machen. Alles beginnt mit einem kleinen Gerücht, das sie verbreitet, um die Aufmerksamkeit der Mütter zu erlangen. Und tatsächlich klappt die Taktik auch. Doch damit tritt Joanna eine regelrechte Hetzjagd los auf die Person, die die Einwohner von Flinstead beschuldigen, Sally McGowan zu sein. Jene Frau, die im Alter von 10 Jahren einen 5-jährigen Jungen erstochen hat und nun unter falscher Identität unter ihnen lebt. Als dann Joanna auch noch auf Twitter von der vermeintlichen Mörderin bedroht wird, bereut sie das Getratsche bald.

Zitat S. 126
Eine Lüge ist bereits um die halbe Erde gelaufen, während sich die Wahrheit noch die Schuhe anzieht. - Mark Twain

Und dann noch der allererste Tweet: "Gerüchte können töten."

Die Geschichte ist aus Joannas Sicht geschrieben, die als alleinerziehende Mutter alles versucht, um ihren Sohn glücklich zu machen und sich mit unbedachten Äußerungen in diese dumme Situation bringt.

In einem zweiten Erzählstrang meldet sich Sally McGowan zu Wort.

Zitat S. 9
Ich bin die Gejagte. Ich werde immer die Gejagte sein.

Während man anfangs mit der Angst, eine Mörderin unter sich zu haben, direkt mitgerissen wird, beleuchten die kurzen Kapitel von Sally, dass man auch über die Kehrseite nachdenken sollte. So spielt die Autorin immer wieder mit den Emotionen des Lesers. Ein Hin und Her aus Verurteilung und Verachtung, Mitleid und Verständnis. Lesley Kara schafft es durchweg, den Spannungsbogen zu halten und trumpft zum Ende noch einmal richtig auf. Man rätselt die ganze Zeit mit und ist zum Schluss ziemlich überrascht, wie sich die Geschichte entwickelte.

Fazit: Ein spannender und zum Nachdenken anregender Roman, der aufzeigt, wie Menschen auf Gerüchte reagieren und welche Konsequenzen das haben kann. Absolute Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 27.01.2020

Solide Fortsetzung

1794
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Liest man den zweiten Teil einer Reihe, hat der erste sein Ziel erreicht. Er hat neugierig gemacht auf mehr, den Leser in seinen Bann gezogen und war lesenswert. Vielleicht hat man die Figuren ins Herz ...

Liest man den zweiten Teil einer Reihe, hat der erste sein Ziel erreicht. Er hat neugierig gemacht auf mehr, den Leser in seinen Bann gezogen und war lesenswert. Vielleicht hat man die Figuren ins Herz geschlossen oder den Schreibstil? 1793 war so gut, dass ich direkt zum zweiten Teil um Michael Cardell greifen musste.

Der Einstieg ist spannend. Wir begleiten einen Jungen, der zu einem Mann heranwächst und sich auf die Sklaveninsel begibt. Dort bekommen wir das ganze Ausmaß der Sklaverei zu sehen bzw. zu lesen: die Bestrafungen und Demütigungen sowie den Missbrauch. Mit seinem eindringlichen Stil hat der Autor hier eine Atmosphäre geschaffen, die für uns Leser ungemütlich ist. Wir sollen die Story noch nicht genießen, müssen zuerst durch das Elend, welches so viele Menschen ertragen mussten. Allerdings war mir lange nicht klar, was das mit der eigentlichen Story zu tun hat.

Cardell ist nach dem Abschluss des ersten Teils wieder in ein tiefes Loch gefallen und sein treuester Freund ist im Moment der Alkohol. Er erhält einen neuen Auftrag, in dem er den wahren Mörder einer Braut finden soll. Cardell ähnelt seinem Ich vom vorigen Jahr, er hat sich nicht groß geändert und auch hier bleibt er der Alte. Das Buch hat ein Personenregister, in dem man zur Not noch einmal nachschauen kann, wer wer ist. Grundsätzlich sei aber angeraten, den ersten Teil zu lesen. Die Handlungen stehen unabhängig voneinander, für die Hintergründe der Charaktere ist es jedoch sehr interessant.

Die Geschichte ist als Roman gelistet, der Klappentext liest sich allerdings eher wie ein Krimi. Wer hier jedoch auf unterschwellige, atmosphärische Spannung á la Henning Mankell hofft, ist falsch. In vielen Dingen geht es hier brutaler zu als in einem Krimi. Detaillierte Beschreibungen geben den Schubs ins Grausame. Dazu macht der Schreibstil des Autors auch noch viel aus. Die schrecklichen Umstände, unter denen die normalen Bürger nach dem Krieg 1794 litten - Hunger, Schmutz, Gestank und Hoffnungslosigkeit - erscheinen insgesamt durch den anschaulichen Stil noch um einiges schlimmer.

Im Vergleich zum Vorgänger hat der Autor sich hier sehr viel Zeit gelassen, um die Handlungsstränge zusammenzuführen. Oftmals war der rote Faden nicht erkennbar und es schien, als ob die Handlungen nebeneinander laufen, ohne miteinander zusammenzuhängen. Das Ende war sehr abrupt, gibt zwar die Hoffnung auf einen weiteren Teil, war aber für mich etwas unbefriedigend.

Persönliches Fazit: Mit Niklas Natt och Dag durch die verwinkelten Gassen Stockholms zu ziehen ist fast so, als ob man vor Ort wäre. Wer vor Brutalität nicht zurückschreckt und gerne historische Kriminalistik damit verbindet, ist hier genau richtig!

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Veröffentlicht am 15.01.2020

Subtiler Horror

Der unsichtbare Freund
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Ich bin immer noch zwiegespalten diesem Buch gegenüber. Gut oder schlecht? Das ist die Frage, die nicht nur mich beschäftigt, sondern um die es auch in dieser Geschichte geht.

Mit knapp tausend Seiten ...

Ich bin immer noch zwiegespalten diesem Buch gegenüber. Gut oder schlecht? Das ist die Frage, die nicht nur mich beschäftigt, sondern um die es auch in dieser Geschichte geht.

Mit knapp tausend Seiten ist dieses Buch schon ein Klopper. Aber King & Co. haben ja bereits gezeigt, dass man diese Menge an Seiten auch mit viel Spannung füllen kann. Könnte. Hier ist das nicht so ganz gelungen. Die ersten zweihundert Seiten haben mich gefesselt, abgeholt, waren spannend. Nach zwei Dritteln hatte der Plot mehr was von einer Action-Story als von Horror. Inzwischen zog sich die Geschichte in die Länge, es gab viele unnötige Wiederholungen. Und was bitte hat sich der Autor gedacht, als er gegen Schluss völlig willkürlich Groß- und Kleinschreibung in den Worten gemixt hat? (Zitat: „unD deinE mutteR darF ihneN dabeI zuschaueN!“) Ein geheimer Code? Wenn ja, habe ich ihn nicht entschlüsselt. Vielmehr fand ich dieses Stilmittel nervig und anstrengend zu lesen.

Besonders Christopher und seine Mutter sowie die zischende Lady sind tolle Charaktere. Lediglich Christopher fand ich für sein Alter viel zu intelligent, schon fast altklug. Aber okay, das ist einer der weniger kritischen Punkte. Viel mehr hat mich gestört, wie der Autor Christophers besten Freund Eddie nennt. Dieser wird von den Mobbern „Special Ed“ gerufen, und dieser Spitzname wird durchweg genutzt – nicht nur, wenn er gemobbt wird, sondern auch wenn er ganz normal etwas sagt / denkt / macht. Das hat völlig unnötig den falschen Charakter in meinen Fokus gedrängt, und ich wollte eher Eddie zur Seite stehen als Christopher, weil ich viel mehr Mitleid damit hatte, wie er mit aller Macht für den Leser in eine Schublade gezwängt wurde.

Auch die Anspielungen auf die Bibel haben mich anfangs gestört, später haben sie sich jedoch besser in die Story eingefügt. Der Glaube spielt hier eine große Rolle. Die vielen bildhaften Beschreibungen stehen mir heute noch vor Augen, und sollte es mich einmal nach Mill Grove ziehen, werde ich mich dort sehr gut zurecht finden. Da macht dem Autor so schnell keiner was vor, er schreibt mit viel Liebe zum Detail und haucht so nicht nur den Figuren, sondern auch der Umgebung Leben ein. Da er sich so viel Zeit beim Erschaffen seiner Welt lässt, leidet die Atmosphäre ab und an ein bisschen. Die verschiedenen Sichtweisen haben mich aber dazu animiert, weiterzulesen und nicht aufzugeben.

Ist jetzt der Eindruck entstanden, dass ich das Buch schlecht fand? Beim Niederschreiben meiner Gedanken muss ich zugeben: Nein, schlecht war es nicht. Aber zu sehr in die Länge gezogen. Ich lese sehr gerne lange Geschichten, oft bedauere ich es, wenn ein Buch zu schnell zu Ende ist. Aber hier? Spannend am Anfang und am Ende, viel Füllmaterial in der Mitte. Da wäre weniger mehr gewesen.

Persönliches Fazit: Gemessen an der Gesamtlänge des Buches habe ich das Finale regelrecht herbeigesehnt. Ein solider Roman mit einigen Durststrecken. Dennoch ein Muss für alle, die gerne ruhigen und subtilen Horror lesen.

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Veröffentlicht am 15.01.2020

Spannender Plot

Leichenbraut
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Das Buch beginnt mit einer detailliert beschriebenen Sex-Szene, aber davon sollte sich der Leser nicht abschrecken lassen, denn der Thriller hat einiges mehr zu bieten - nämlich einen überaus spannenden, ...

Das Buch beginnt mit einer detailliert beschriebenen Sex-Szene, aber davon sollte sich der Leser nicht abschrecken lassen, denn der Thriller hat einiges mehr zu bieten - nämlich einen überaus spannenden, wendungsreichen Plot.

Verschiedene Handlungsstränge, die erst einmal nichts miteinander zu tun zu haben scheinen, bekommen im Laufe der Zeit eine entscheidende Bedeutung, und es stellt sich heraus, dass diese im Laufe der Story zusammenführen.

Stephen Lang, Leiter der neu gegründeten Spezialeinheit für Serienmorde, die landesweit agieren soll, hat noch immer mit den Folgen einer Schussverletzung zu kämpfen, die er sich vor kurzem bei der Jagd nach dem Themse-Killer zugezogen hat. Beim Lesen erfährt man, dass dies in einem vorangegangenen Buch der Autorin passierte, welches man aber nicht kennen muss, mir persönlich aber Appetit darauf machte. Lang muss aus Kollegen, mit denen er bereits zusammengearbeitet hat, und einigen neuen Kollegen ein Team formen.

Zitat:

Zwei bewährte, erfahrene Teams, einen Leiter, der keiner mehr war, und eine Außenseiterin, die diese Rolle lebte, zu einer Einheit zusammenzuschweißen schien ein schwieriges, wenn nicht gar aussichtsloses Unterfangen.
Pos. 659

Ein flüssiger und fesselnder Schreibstil zog mich sehr schnell in den Bann dieses Thrillers und ließ mich nicht mehr los, zumal sich die Spannung, je mehr ich in die Story eintauchte, immer weiter nach oben schraubte.

Die Protagonisten des Teams der Elitetruppe sind sympathisch und vor allem authentisch gezeichnet. Kaum, dass das Team die neuen Büroräume bezogen hat, werden sie zu einem bizarren Fall gerufen. Bei einem Erdrutsch kommt auf einem Friedhof ein beschädigter Sarg zum Vorschein, der, neben dem beerdigten Toten, auch eine Frau im Brautkleid zum Vorschein brachte, die scheinbar lebendig zu dem Toten in den Sarg gelegt wurde und zu der Zeit noch lebte. Was für eine furchtbare Vorstellung!

Zitat:

Seine Worte brennen sich durch ihr Hirn. Du wirst auf dem faulenden Leichnam deines Ehemannes sterben und verrotten, ungehört und unbetrauert von Freunden und Familie.
Pos. 1889

Gerade, als Stephen Lang dieses Verbrechen als persönliches Hassverbrechen eingestuft hat und einen Serientäter ausschließt, taucht eine weitere Leiche im Brautkleid auf. Zwei Jungen hatten nachts, bei einer Abkürzung über den örtlichen Friedhof, die "Beerdigung" einer Leichenbraut beobachtet. Fieberhaft beginnt das Team zu ermitteln und stößt dabei auf weitere doppelt belegte Gräber sowie viele Ungereimtheiten. Der Modus Operandi scheint nicht identisch zu sein, was die Suche nach dem Täter erschwert. Gekonnt wird der Leser durch unvorhersehbare Wendungen immer wieder auf falsche Spuren gelenkt, und der dramatische Showdown hat es wirklich in sich!


Persönliches Fazit: Dass mir dieser Thriller neben einem spannenden Plot auch das gut recherchierte Thema der "Geisterbräute" näherbrachte, einer inzwischen verbotenen chinesischen Tradition, fand ich sehr interessant und machte diesen Thriller zu einem besonderen Leseerlebnis. Dies ist der Auftakt einer vielversprechenden Reihe, auf deren Fortsetzung ich schon jetzt ganz gespannt bin. Brutal und eher nichts für zarte Gemüter ist dieser fesselnde Thriller aber dennoch u.a. allen zu empfehlen, die Ermittler-Reihen mögen!

© Recensio Online

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Veröffentlicht am 06.01.2020

Ein starker Thriller!

Missing Boy
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Wenn du nach dem Lesen der ersten beiden Teile dachtest, es gäbe keine qualitative Steigerung mehr, dann hast du "Missing Boy" womöglich noch nicht gelesen. Was habe ich den Ex-Cop Ted Conkaffey vermisst ...

Wenn du nach dem Lesen der ersten beiden Teile dachtest, es gäbe keine qualitative Steigerung mehr, dann hast du "Missing Boy" womöglich noch nicht gelesen. Was habe ich den Ex-Cop Ted Conkaffey vermisst mit seiner harten, rauhen und stoischen Art!


Die Atmosphäre von "Missing Boy" ist ähnlich packend wie in den vorherigen Bänden. Wir befinden uns an einem abgelegenen Ort, der viele Gefahren birgt. Ein heißes Pflaster. Crimson Lake ist die Art von Ort, an dem Kriminalität so selbstverständlich scheint wie die menschliche Existenz als solche.



Candice Fox besitzt die Fähigkeit, Action-, Thriller- und Mystery-Elemente miteinander zu vereinen und einen originellen Plot zu kreieren. Sie bietet den Lesern nicht nur haarsträubende Spannung, sondern eine gut gewählte Portion Humor. Immer nur so viel, wie die Story verträgt. Diese dreht sich um das Verschwinden eines Jungen aus einem Hotelzimmer. Niemand weiß etwas, keiner hat ihn gesehen. Auch beim Überprüfen der Aufnahmen von der Überwachungskamera findet man keine Spur. So bleibt der Mutter einzig die Hoffnung, dass die Ermittler Ted Conkaffey und Amanda Pharrell das Unmögliche schaffen und den Jungen finden - möglichst lebend, aber die Uhr tickt erbarmungslos.



Neben dem zentralen und kniffligen Rätsel um Richies Verschwinden, gibt es Nebenstränge mit Ted und Amanda, die ihre Privatleben unabhängig voneinander beleuchten. So darf der Leser die weitere Entwicklung beider Charaktere mitverfolgen. Inzwischen habe ich sie echt ins Herz geschlossen. Leider hat Ted immer noch mit der Verdächtigung zu kämpfen, eine Minderjährige vergewaltigt zu haben, aber zumindest wurde die Anklage fallen gelassen.

Amandas Markenzeichen waren und sind ihre taktlose Art sowie das fast schon stillose Auftreten. Genau das gefällt mir an ihr. Sie traut sich, anders zu sein. Gegen den Strom zu schwimmen. Ob das immer in dem Ausmaße sein muss, darüber lässt sich streiten. Zumindest bleibt sie eindrucksvoll in Erinnerung.



Nun möchte man meinen, dass dem Leser die Lust am Schmökern genommen wird, wenn man ihm relativ früh den Täter präsentiert. Vor allem Rätselfreunde dürfte das wenig erfreuen. Hier sei jedoch angemerkt, dass es durchaus spannend sein kann, dieses Wissen vor den Ermittlern zu haben und sie dabei zu beobachten, wie sie dem Bösen allmählich auf die Schliche kommen. Ich habe mich selbst dabei erwischt, wie ich hin und wieder mit ihnen sprach und ihnen Tipps gab. Dieser Spannungsbogen hielt mich bis zuletzt gefangen.

Persönliches Fazit: Ein Plot, der mich zwar nicht bis zur endgültigen Enthüllung im Dunkeln tappen ließ, aber dennoch stellenweise überraschen konnte. Starke Charaktere, ein kniffliger Fall und ein spannendes Setting - was will man mehr?

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