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Veröffentlicht am 05.05.2023

Düster, mystisch, abenteuerlustig

Moorläufer. Im Reich des letzten Drachen
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Boris Koch hat mit „Moorläufer“ einen grandiosen Fantasy-Roman abgeliefert. Schon die ersten Zeilen haben mich gefesselt und in eine Welt gezogen, die so phantastisch und zugleich doch real erscheint. ...

Boris Koch hat mit „Moorläufer“ einen grandiosen Fantasy-Roman abgeliefert. Schon die ersten Zeilen haben mich gefesselt und in eine Welt gezogen, die so phantastisch und zugleich doch real erscheint. Menschen, zerfressen von Neid, Ungunst und Gier. Böse Blicke hier, Getuschel da. Alles nur dummes Gerede, oder steckt doch mehr hinter den düsteren Gerüchten? Und welche Gefahren lauern wirklich in der Nacht? Ist Milan der Wahrheit gewachsen?

Koch zeichnet wunderbar vielschichtige Charaktere und taucht dabei tief in gesellschaftskritische Strukturen ein. Milan, der sich nicht beirren lässt, auf sein Gefühl vertraut und sich einfach nicht anpassen will, habe ich sofort in mein Herz geschlossen. Aber auch Milans Familie, Khyra und die anderen Torfstecher sind einfach so vielseitig, dass beinahe niemand einfach nur gut oder böse zu sein scheint. Und genau das verleiht der Handlung diese realistischen Züge.

Auch sprachlich hat mich Koch absolut überzeugt. Er schafft wunderbare Naturbilder. Ohne Details zu beschreiben, hatte ich sofort Bilder von Nebelbruch und den Schwarzmooren im Kopf. Gleichzeitig hat sein Schreibstil mich enorm gefesselt und der „Moorläufer“ zu einem Pageturner par excellence gemacht. Von Seite zu Seite, von Kapitel zu Kapitel, steigert sich beinahe unmerklich die Spannung. Und das, ohne auf große Action oder Überraschungseffekte zu setzen.

In den letzten Nächten bin ich gefühlt gemeinsam mit Milan durch die Schwarzmoore gestapft, so sehr hat mich das magisch düstere Nebelbruch mit seinen mystischen Wesen und kauzigen Bewohnern in seinen Bann gezogen. Zudem hat mich auch die Coming of Age Story rund um Milan und Khyra einfach komplett abgeholt.

Fazit: Noch nie habe ich einen Fantasy-Roman dermaßen verschlungen. Und ich wäre durchaus begeistert, gäbe es in Zukunft mehr von Milan, dem Moorläufer, zu lesen. Also, egal wie das Wetter am Wochenende wird, sucht euch ein lauschiges Plätzchen und schnappt euch dieses Buch!

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Veröffentlicht am 30.04.2023

Blutige, außergewöhnliche Story

Unsterblich
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Nach dem Tod ihres Großvaters übernimmt Sonja die Präparierwerkstatt. Sie hatte schon als Kind Interesse und die nötige Begabung für diese spezielle Aufgabe, die es ihr nun ermöglicht, ihr Überleben zu ...

Nach dem Tod ihres Großvaters übernimmt Sonja die Präparierwerkstatt. Sie hatte schon als Kind Interesse und die nötige Begabung für diese spezielle Aufgabe, die es ihr nun ermöglicht, ihr Überleben zu sichern. Allerdings hat ihr Großvater ihr auch Schulden hinterlassen. So übernimmt sie den einen oder anderen Auftrag, der auf den zweiten Blick vielleicht nicht ganz legal ist.

Zitat Pos. 1320:
"Mein ganzes Leben wird sich zum Guten wenden, wenn ich nur durchhalte und diesen einen absurden Auftrag erledige. Ich muss es hinkriegen. Koste es, was es wolle."

Michaela Kastel ist mittlerweile bekannt für ihre außergewöhnlichen Stories, so dass es nicht überraschend ist, dass auch die Protagonistin Sonja ein besonderes Leben führt. Gefühlvoll erklärt die Autorin die widersprüchlichen Emotionen, die Sonja mit ihrer Lebensweise als Eigenbrödlerin in einer Hütte im Wald, ohne soziale Kontakte, beschäftigen. Und wie ihre Weltanschauung sich plötzlich verändert, als sie auf Jonathan und seine Tochter Klara trifft. Am liebsten möchte sie für eine neue Zukunft mit den beiden ihre dubiosen Aufträge beenden, in die sie so achtlos geschlittert ist, versinkt aber immer tiefer darin. Bis es zur Katastrophe kommt und Sonja kurz davor steht, alles zu verlieren.

Zitat Pos. 1947:
"Zum ersten Mal erkenne ich, dass die Freiheit, die ich so hochhalte, nicht existiert. Ich sitze in einem Gefängnis. Und bin darin zu einem Monster geworden."

Die Lage spitzt sich extrem zu und man verfolgt gespannt, wie Sonja versucht, mit allen Mittel ihr neues "normales" Leben zu schützen. Doch die Autorin hat noch eine Wendung im Gepäck und berührt so auch emotional mit der Geschichte, die kein richtiges Happy End aufweist.

Fazit: Ein erneut gelungener Thriller über eine einsame Protagonistin und deren verzweifelter Suche nach Glück, über Schuld und Sühne, blutig, spannend, absolut zu empfehlen.

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Veröffentlicht am 28.04.2023

Tiefgründig, emotional, temporeich

Mutterliebe
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Es ist ein Vorwurf, der nur schwer zu ertragen ist. Sylvia Bentz steht vor Gericht, weil sie ihre beiden Kinder im Wald zunächst betäubt und dann erstickt haben soll. Journalistin Kiki Holland hat im Laufe ...

Es ist ein Vorwurf, der nur schwer zu ertragen ist. Sylvia Bentz steht vor Gericht, weil sie ihre beiden Kinder im Wald zunächst betäubt und dann erstickt haben soll. Journalistin Kiki Holland hat im Laufe ihrer Karriere schon über viele Fälle berichtet, aber bei diesem Fall gefriert selbst ihr das Blut in den Adern. So verfolgt sie den Prozess hautnah und wird das Gefühl nicht los, dass da was ganz Anderes hinter der Sache steckt. Ihre Recherchen bestätigen sich und bringen Kiki in allerhöchste Lebensgefahr…

Was das Autorenpaar uns hier auftischt, ist wirklich harter Tobak. Schon auf den ersten Seiten, als die Anklageschrift gegen die Mutter verlesen wird, habe ich doch glatt vergessen zu atmen. So stark haben mich die Ereignisse und Vorwürfe gefesselt und bis zum Ende hin nicht mehr losgelassen. Der bedrückende und mitreißende Schreibstil lässt den Leser die Atmosphäre hautnah miterleben.

Mir hat sehr gut gefallen, dass die Story hauptsächlich aus Kikis Sicht erzählt wird. Das hat mir die ohnehin schon sympathische Protagonistin noch näher gebracht. Ich habe sie schnell ins Herz geschlossen und war begeistert von ihrem Enthusiasmus und ihrem Ehrgeiz. An ihr ist definitiv eine Ermittlerin verloren gegangen. Ihre Nachforschungen waren realistisch und nachvollziehbar. (Fun Fact: Ich war erstaunt, wie viele Kontakte man eigentlich haben kann.)

Es gibt ein paar wenige Kapitel, in denen wir den Gedanken der angeklagten Mutter lauschen dürfen. Diese gehen unter die Haut, machen wütend und traurig zugleich. Letztendlich sind diese Kapitel aber für den Leser unglaublich wichtig, um die Gefühle und Veränderungen von Sylvia nachempfinden zu können.

Spannungsmäßig fährt das Duo hier ordentlich auf, denn Kiki begibt sich immer wieder in brenzlige Situationen, denen die Autoren mit ihrer Dramatik genau die richtige Würze verliehen haben. Für mich war in der Handlung permanent Action angesagt, was mich noch neugieriger gemacht hat. Gerade im Schlussteil haben die Autoren für mich ihr ganzes Können gezeigt und die nervenaufreibende und emotionale Story mit einem unerwarteten Showdown beendet. Uffz!

Fazit: Mit ihrem Justiz-Krimi konnte mich das Autorenpaar vom Fleck weg überzeugen. Eine tiefgründige und emotionale Story, die einem Angst und Hoffnung zugleich macht. Ich bin bereit für Nachschub!

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Veröffentlicht am 27.04.2023

Gut konstruiertes Verwirrspiel

Erinnere dich!
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Arno Seitz ist Dozent an einer Berliner Uni und war schon lange nicht mehr in seiner Heimat Wendling nahe den Alpen. Denn die Erinnerungen an seine Schulzeit sind nicht die besten. Vor 20 Jahren verschwand ...

Arno Seitz ist Dozent an einer Berliner Uni und war schon lange nicht mehr in seiner Heimat Wendling nahe den Alpen. Denn die Erinnerungen an seine Schulzeit sind nicht die besten. Vor 20 Jahren verschwand seine Freundin - und der Fall wurde nie aufgeklärt. Als er unerwartet zum 20-jährigen Abiturtreffen eingeladen wird, ahnt er jedoch nicht, welche bösen Erinnerungen er damit heraufbeschwört...

Die Idee zu diesem Titel kam dem Autor Andreas Götz, der hier unter Synonym veröffentlicht, bei einem Klassentreffen. Man schwelgt in Erinnerungen, wird an vieles erinnert, das man schon ganz vergessen hatte. Doch was wäre, wenn dich jemand beschuldigt, etwas Schlimmes getan zu haben, und du selbst ins Wanken gerätst? Du dir selbst nicht mehr sicher bist, wie es in Wirklichkeit war? Dir alles schönredest? Hast du es nur schlichtweg vergessen, oder hat es dein Unterbewusstsein zu Recht verdrängt?

Der Autor spielt gekonnt mit der Psyche, und man kann als Leser die Verunsicherung von Arno hautnah miterleben. Ist hin- und hergerissen. Ein einziges Verwirrspiel, bei dem man nicht mehr weiß, was der Wahrheit entspricht. Und je mehr man ins Grübeln gerät, desto mehr steckt man mittendrin, wird förmlich mitgerissen. Ich liebe das!

Die Charaktere sind allesamt interessant, allerdings ist man immerzu auf der Hut und sich unsicher darüber, wem man über den Weg trauen kann. Natürlich ist die offensichtliche Wahrheit dann auch nicht so einfach, wie sie zunächst scheint, und man rechnet mit einer Wendung zum Ende hin. Mit dieser konnte der Autor mich trotzdem überraschen, und er klärt den alten Fall authentisch und lückenlos auf. Die psychologischen Erkenntnisse zu Erinnerungen eines Menschen sind meiner Meinung nach ein überaus faszinierendes Thema.

Fazit: Ein extrem spannender Thriller, der eher auf psychologischer Ebene interessant ist und daher keine großen Actionszenen braucht. Mir hat dieses Verwirrspiel sehr gut gefallen.

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Veröffentlicht am 19.04.2023

Perfider Thriller mit Sogwirkung

Diabolisch
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Willkommen in Holzausen, einem beschaulichen Ort im Schwarzwald. Hier kennt jeder jeden, und die Welt scheint in Ordnung. Doch was sich im Februar 1995 hier ereignet hat, steckt den Einwohnern noch immer ...

Willkommen in Holzausen, einem beschaulichen Ort im Schwarzwald. Hier kennt jeder jeden, und die Welt scheint in Ordnung. Doch was sich im Februar 1995 hier ereignet hat, steckt den Einwohnern noch immer in den Knochen. Heute, siebenundzwanzig Jahre später, treibt ein Mörder sein Unwesen. Auf grausame Art und Weise sterben innerhalb weniger Tage mehrere Bewohner. Larissa Flaucher nimmt die Ermittlungen auf und muss schon bald feststellen, dass der Mörder seine Opfer nicht zufällig auswählt. Je tiefer sie in der Vergangenheit gräbt, umso näher kommt sie der Wahrheit und auch der Gefahr, in die sie sich selbst begibt…

Jonas Wagner entführt den Leser hier in eine Story, die fassungslos macht und tief unter die Haut geht. Die Geschehnisse im Jahr 1995, zu denen wir kapitelweise zurückblicken, machten mich sprachlos, traurig und unglaublich wütend. Ein Mutterherz wird hier mitbluten und ordentlich mitleiden wegen dem, was dem kleinen Alex widerfahren ist. Schnell ist klar, dass die aktuelle Mordserie in unmittelbarem Zusammenhang steht und die Opfer alle mit den Geschehnissen 1995 zu tun hatten. Trotz dieses Wissens verliert die Handlung keinesfalls an Spannung – im Gegenteil, meine Neugier war geweckter als zuvor.

Der Schreibstil von Wagner ist brutal, direkt und ausgesprochen lebhaft. Die Kulisse des idyllischen Schwarzwalds zerstört er kurzerhand, indem er sie zu einem Schauplatz für eine grausame und blutige Mordserie macht. Das hat Wagner so authentisch umgesetzt, dass ich mich in meiner alten Heimat mitten im Schwarzwald nun eindeutig fürchten würde.

Die Charaktere sind grundverschieden und glaubwürdig. Larissa Flaucher war mir direkt sympathisch, und ihre Ermittlungsarbeit fand ich grandios. Der Spannungsbogen ist in dieser Handlung konstant oben, denn es gibt kaum Zeit zum Durchatmen. Ein Mord jagt den nächsten – einer grausamer als der andere. Die Geschehnisse, sowohl damals als auch heute, fesseln den Leser und halten ihn somit durchgehend in der Handlung gefangen. Das Buch weglegen – unmöglich! Das ist für mich die Definition von Pageturner.

Fazit: Ein intelligent ausgeklügelter Thriller, der mich emotional berührt und unglaublich gefesselt hat. Tolle Kulisse, perfide Story und Spannung von Anfang bis Ende. Das wird sicher nicht mein letztes Buch dieses Autors sein!

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