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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 18.04.2017

Geniale Geschichte, mittelmäßige Umsetzung

Die Erwählten von Aranea Hall
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Olivia Noack, eigentlich nur Liv genannt, wird von ihrer Mutter nach Aranea Hall geschickt. Liv ist davon nicht sonderlich begeistert, liegt das Internat Aranea Hall doch auf einer einsamen Insel, abgeschottet ...

Olivia Noack, eigentlich nur Liv genannt, wird von ihrer Mutter nach Aranea Hall geschickt. Liv ist davon nicht sonderlich begeistert, liegt das Internat Aranea Hall doch auf einer einsamen Insel, abgeschottet von der Umwelt. Sie fühlt sich abgeschoben und erwartet eine Art Jugendknast oder Besserungsanstalt. Umso erstaunter ist sie, dass es sich um ein äußerst luxuriöses Internat handelt, dass eigentlich alles zu bieten hat, was man sich vorstellen kann. Mal abgesehen von Internet oder Handy-Empfang, den Kontakt zur Aussenwelt ist verboten.
Liv merkt aber bald, dass es sich bei Aranea Hall nicht um eine normale Schule handelt. SIe hat komische Unterrichtsfächer, nachts wandeln seltsame vermummte Gestalten über das Gelände und es gibt eine Schülerin die ihr wie aus dem Gesicht geschnitten ist. Ob Liv die Geheimnisse von Aranea Hall entschlüsseln kann?
Genauso planlos wie Liv auf die Fähre nach Aranea Hall verfrachtet, startet auch der Leser in die Geschichte hinein. Es gibt keine Erklärungen oder einführenden Worte. Der Leser weiß den Großteil der Zeit immer genauso viel wie Liv und darf mit ihr zusammen die Insel und das Internat Aranea Hall entdecken.
Leider hat Liv über lange Zeit nur wenig Interesse an der Schule und den dortigen Geschehnisse worauf auch der Leser lange Zeit im Dunkeln tabt.
In den ersten zwei Drittel des Buches wird die Spannung langsam aufgebaut und man lernt sowohl Liv, als auch ihre Mitschüler Jayce, Kaj, Miki und Malik besser kennen. Wobei Liv die einzige Figur ist bei der man mehr über ihre Gedanken und Gefühle erfährt. Die anderen Personen bleiben bis zum Schlu sehr eindimensional und haben, obwohl sie wichtig für die Handlung sind, immer eine Statistenrolle. Auch über Professer X, den geheimnisvollen Leiter von Aranea Hall, erfährt man nur wenig.
In diesem Teil des Buches werden viele Geheimnisse angesprochen und offene Fragen aufgeworfen.

Leider werden die nicht alle im letzten Teil des Buches beantwortet. Dieser Abschnitt ist dafür geprägt von Action und Spannung und die Ereignisse überschlagen sich. Meiner Meinung nach wurde aber zuviel an Handlung hineingequetscht. Alles wirkt ein wenig überstürtzt und unausgereift. Ich persönlich hatte das Gefühl, dass Autorin Susanne Gerdom einfach nur zum Ende kommen wollte, was ich sehr schade finde. Die Geschichte hätte weitaus mehr zu bieten gehabt und viele Dinge wurden meiner Meinung nach nur unzureichend erklärt. Über lange Strecken des Buches war ich der Überzeugung, das es sich hier um den ersten Band einer Reihe um Aranea Hall handelt. Aufgrund des doch sehr raschen Endes bin ich mir jetzt aber nicht mehr so sicher. Verdient hätte es sich die Geschichte aber auf jeden Fall, den Potential war reichlich vorhanden. Genutzt wurde es aber nur unzureichend.

Der Grundgedanke des Buches und auch der lockere Schreib- und Erzählstil haben mich wirklich begeistert. Das Gesamtkonzept hat mich dann aber leider doch ein wenig enttäuscht. Zu viele Dinge sind für meinen Geschmack zu kurz gekommen oder einfach offen geblieben. Die hohen Erwartungen die am Anfang bei mir aufgebaut wurden, konnten leider nicht erfüllt werden.

Veröffentlicht am 13.04.2017

Macht der Geheimnisse

Nur ein kleiner Gefallen - A Simple Favor
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Als Stephanie eines Tages von ihrer Freundin Emily gebeten wird, dass sie nach der Schule deren Sohn Nicky mit nach Hause nehmen soll, denkt sie an nichts Böses. Nicky und ihr eigener Sohn Miles ...

Als Stephanie eines Tages von ihrer Freundin Emily gebeten wird, dass sie nach der Schule deren Sohn Nicky mit nach Hause nehmen soll, denkt sie an nichts Böses. Nicky und ihr eigener Sohn Miles sind gute Freunde und freuen sich immer wenn sie zusammen spielen können. Als Emily am Abend allerdings nicht vorbei kommt um ihren Sohn abzuholen kommen ihr die ersten Zweifel. Panik bricht bei ihr aus, als Emily tagelang weder vorbeikommt noch irgendein Lebenszeichen von sich gibt. Stephanie ist überzeugt, dass ihr etwas Schreckliches zugestoßen sein muss, doch niemand will ihr glauben.

„Nur ein kleiner Gefallen“ überrascht mit einem sehr speziellen Erzählstil. Ein Teil der Geschichte wird durch die Blogeinträge von Stephanie erzählt. Und auch beim restlichen Teil wird die Erzählperspektive mehrmals gewechselt. Dies ermöglicht dem Leser einerseits in das Innere der drei Protagonisten Stephanie, Emily und Sean zu blicken und andererseits auch die Rolle des außenstehenden Beobachters einzunehmen. Des Weiteren gibt es einige Rückblicke auf die Vergangenheit der handelnden Personen die vor allem dazu dienen die Verhaltensweisen der Hauptpersonen zu erklären.

Der Spannungsbogen baut sich eher langsam auf. Zu Beginn hat man eher das Gefühl, dass die Geschichte ein wenig vor sich hin plätschert und manchmal auch ein wenig langweilig und langatmig wird. Doch sobald man diesen Punkt überschritten hat geht es wirklich zur Sache und die Geschichte nimmt Fahrt auf. Durch die diversen Perspektivenwechsel und Rückblicke flaut die Spannungskurve aber immer wieder ein wenig ab.

Stephanie und Emily sind zwar Freundinnen könnten aber kaum unterschiedlicher sein. Seit dem Tod ihres Mannes Davis ist Stephanie allein erziehend und geht vollkommen in ihrer Rolle der „Supermom“ auf, unterbrochen wird ihr klassisches Hausfrauendasein nur von ihrer regelmäßigen Bloggerei. Emily ist beruflich sehr erfolgreich, ihr Mann Sean sehr viel beruflich unterwegs und Sohn Nicky ihr ein und alles. Gerade diese unterschiedlichen Charaktere machen „Nur ein kleiner Gefallen“ besonders interessant und spannend.
Besonders hervorheben möchte ich noch, dass es sich bei „Nur ein kleiner Gefallen“ um keinen blutrünstigen Thriller handelt. Explizite und ausführliche Gewaltszenen sucht man in diesem Buch vergeblich. Autorin Darcey Bell spielt eher kleine Psychospielchen mit ihren Hauptpersonen und natürlich auch mit Leser. Dies kann bei zartbesaiteten Lesern durchaus aber auch zu einem kleinen Unwohlsein beim Lesen führen.

Meiner Meinung nach handelt es sich bei „Nur ein kleiner Gefallen“ um einen soliden Thriller, der aber leichte Schwächen bezüglich der Aufrechterhaltung der Spannung hat. Sehr gut hat mir dafür gefallen, dass die Handlung nicht wirklich vorhersehbar war und auch die eine oder andere unerwartete Wendung aufwies.

Veröffentlicht am 12.04.2017

Ein Tagebuch kann ein Leben verändern

Die wundersame Reise eines verlorenen Gegenstands
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Der 30jährige Michele lebt ein sehr geregeltes und einsames Leben. Er ist der Bahnhofsvorsteher in Miniera di Mare und seine einzige Aufgabe besteht darin morgens den Zug abzufertigen und ihn abends wieder ...

Der 30jährige Michele lebt ein sehr geregeltes und einsames Leben. Er ist der Bahnhofsvorsteher in Miniera di Mare und seine einzige Aufgabe besteht darin morgens den Zug abzufertigen und ihn abends wieder in Empfang zu nehmen. Kontakte zu anderen Menschen hat er keine, zu tief sitzt der Schmerz über den Verlust der Mutter. Denn diese hat ihn als 7jährigen alleine mit dem Vater zurückgelassen.
Seine einzige Freude besteht darin den liegengebliebenen Gegenständen die er im Zug findet ein neues Zuhause zu geben. Doch eines Abends steht Elena vor der Tür und bringt seinen geregelten Ablauf durcheinander. Und dann taucht auch noch plötzlich sein Tagebuch auf, welches er zum letzten Mal in der Hand seiner Mutter gesehen hat, an dem Tag an dem sie ihn verlassen hat. Und Michele bricht zu einer Reise mit ungewissem Ausgang auf.

Michele ist nicht der klassische Held einer Geschichte. Ganz im Gegenteil, er ist introvertiert, lebt extrem zurückgezogen und will eigentlich mit der Welt rund um ihn nichts zu tun haben. Auf den ersten Blick wirkt er ein wenig befremdlich und seltsam. Doch schnell lernt man, dass ihm einfach zu viel Leid zugefügt wurde in der Vergangenheit und er sich aus Angst vor neuem Schmerz abgeschottet hat. Elena ist das genaue Gegenteil von ihm. Die lebensfrohe und quirlige 25jährige saust wie ein Hurrikan plötzlich in Micheles Leben und lässt keinen Stein auf dem anderen. Doch auch Elena scheint in ihrem Leben nicht nur die positiven Seiten erlebt zu haben und man bekommt das Gefühl, dass da vielleicht auch mehr dahintersteckt.

Auf seiner Reise trifft Michele auf die unterschiedlichsten Personen und erfährt mehr über deren persönliche Geschichte und im Zuge dessen auch über sich selber. Aus jeder dieser Begegnungen kann aber nicht nur Michele einiges lernen, sondern auch der Leser, falls er bereit ist sich darauf einzulassen. Für mich persönlich haben diese kleinen „zufälligen“ Zusammentreffen das Buch erst zu etwas ganz besonderem gemacht. Natürlich ist es so, dass wenn man rein rational an die Sache herangeht, die Zufälle in dem Buch ein wenig zu konstruiert sind und manche Teile ein wenig wie an den Haaren herbeigezogen klingen. Doch lässt man sich darauf ein und lässt für kurze Zeit die Vernunft Vernunft sein, wird man mit einem zauberhaften Leseerlebnis belohnt.
Der Schreibstil von Autor Salvatore Basile hat mir besonders gut gefallen. Seine Wortwahl ist äußerst gewählt, poetisch und er geizt nicht mit ausführlichen Beschreibungen. Trotz dieser Ausführlichkeit hatte ich nie das Gefühl, dass sich die Geschichte ziehen würde wie Kaugummi. Für mich hätte der Lesegenuss gerne noch etwas länger andauern können. Die einzelnen Handlungsfäden werden sehr geschickt miteinander verwoben und die meisten offenen Fragen beantwortet, dennoch bleibt genug Raum für die eigene Phantasie und Vorstellungskraft.

Eine fantastische und wundervolle Reise auf die Salvatore Basile Michele und die Leser schickt. Ein Buch das nachdenklich stimmt und zum Nachdenken anregt. Man darf Lachen und Weinen mit Elena und Michele, Staunen und sich wundern, sich selbst und das Leben in Frage stellen, in Erinnerungen schwelgen und sich vor der Zukunft fürchten und manchmal auch alles zur gleichen Zeit. Mich und mein Leben hat die Lektüre von „Die wundersame Reise eines verlorenen Gegenstandes“ auf jeden Fall bereichert.

Veröffentlicht am 10.04.2017

Geht unter die Haut

Ein Sommer in Corona del Mar
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„Ein Sommer in Corona del Mar“ erzählt die Geschichte der beiden Freundinnen Mia und Lorrie Ann. Unzertrennlich in ihrer Kindheit bzw. Jugend, verlieren sie sich im jungen Erwachsenenalter aus ...

„Ein Sommer in Corona del Mar“ erzählt die Geschichte der beiden Freundinnen Mia und Lorrie Ann. Unzertrennlich in ihrer Kindheit bzw. Jugend, verlieren sie sich im jungen Erwachsenenalter aus den Augen. Das Leben hatte für beide andere Wege vorgesehen. War es als Jugendliche noch Lorrie Ann die ihr Leben (scheinbar) im Griff hatte, so ist es später Mia die mit beiden Beinen fest im Leben verankert ist. Ein plötzliches Wiedersehen der beiden zwingt vor allem Mia dazu ihre Erinnerungen zu überdenken und zu hinterfragen.

Erzählt wird die Geschichte aus Mias Sicht und ist immer wieder durchsetzt von Rückblicken. Diese sind allerdings meiner Meinung sehr gut in die Geschichte integriert und wirkten nicht störend oder verwirrend. Wobei meiner Meinung der Schwerpunkt des Buches weniger auf der Handlung selbst sondern mehr auf den zwei Protagonistinnen liegt. Betrachtet man die Handlung isoliert von der Entwicklung der zwei Mädchen ist sie eigentlich relativ unspektakulär. Zwei Freundinnen die erwachsen werden, den einen oder anderen Schicksalsschlag zu verkraften haben und sich mit der Zeit entfremden. Interessant, spannend und vor allem berührend wird es meiner Meinung nach erst durch die Gedanken und Gefühle von Mia und Lorrie Ann. Dabei ist es aber so, dass man leider Lorrie Anns Gefühle nur aus zweiter Hand vermittelt bekommt. Da Mia die Erzählerin liegt über allen Handlungen eine Art Filter von Mia. Das merkt man vor allem daran, dass sie Lorrie Ann als Jugendliche als eine Art Göttin sieht und sich dann aber fragen muss, ob sie ihre Freundin eigentlich wirklich gekannt hat.
Beide Mädchen haben eine sehr starke Persönlichkeit und müssen in ihrem Leben einiges verkraften. Sie gehen jedoch sehr unterschiedlich mit ihren persönlichen Schicksalsschlägen um. Wie es halt auch im richtigen Leben ist, der eine wächst an seinen Herausforderungen, der andere geht dabei zu Grunde.

„Ein Sommer in Corona del Mar“ ist alles andere als leichte Kost. Wobei der Anfang eher noch dahin plätschert und man die beiden Mädchen erst einmal kennenlernt. Erst später wandelt sich die Geschichte, ebenso wie auch die zwei Freundinnen. Der Ton des Buches wird melancholischer und ruppiger, im Gegensatz zu dem doch eher sanftmütigen und teilweise lockeren Beginn. Mich persönlich hat das Buch sehr mitgenommen. Autorin Rufi Thorpe erzeugt mit teilweise wenigen Worten eine unglaublich düstere, deprimierende und melancholische Stimmung. Gerade die Stellen an denen sie viel der Phantasie des Lesers überlasst, haben mich besonders beeindruckt und zum Nachdenken angeregt.

Leser die sich gerne berieseln lassen und eine gute Zeit mit einem Buch verbringen möchten, sollten meiner Meinung nach lieber die Finger von „Ein Sommer in Corona del Mar“ lassen. Hier braucht es Leser mit starken Nerven, die sich gerne auch mit den nicht so sonnigen Seiten des Lebens beschäftigen. Es wird an den Grundfesten gerüttelt und Denkweisen aufgezeigt die man so vielleicht noch nie berücksichtigt hat.

Ein wenig irreführend ist für mich das angegebene Genre: Frauen-/ Liebesroman. Auch wenn die Protagonisten Frauen sind und das Thema Liebe natürlich behandelt wird, finde ich es doch äußerst unpassend gewählt. Das Buch hat so viel mehr zu bieten, als klassische Vertreter dieses Genres. Und dies vor allem nicht nur für Frauen, sondern auch für Männer.

Für mich persönlich ist dies ein Buch das lange bei mir nachwirken wird. Obwohl ich das Lesen an manchen Stellen abbrechen wollte, kann ich nur jedem der gerne ein wenig in die Psyche von Menschen blickt dieses Buch empfehlen. Die Gründe das Buch abzubrechen lagen für mich nämlich nicht in einer langatmigen Geschichte oder langweiligen Charakteren, sondern einzig und allein daran, dass das Buch mir ein wenig aufs Gemüt geschlagen hat. Denn langweilig wurde es mir mit Mia und Lorrie Ann kein einziges Mal.

Veröffentlicht am 06.04.2017

Klassischer Detektivroman mit dem gewissen Etwas

Es klingelte an der Tür
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Privatdetektiv Nero Wolfe und sein Assistent Archie Goodwin bekommen es mit einem ganz besonderen Auftrag zu tun. Die reiche Witwe Mrs. Bruner wird seit dem sie 10.000 Exemplare des Buches „Das ...

Privatdetektiv Nero Wolfe und sein Assistent Archie Goodwin bekommen es mit einem ganz besonderen Auftrag zu tun. Die reiche Witwe Mrs. Bruner wird seit dem sie 10.000 Exemplare des Buches „Das unbekannte FBI“ landesweit an diverse Persönlichkeiten verschickt hat vom FBI verfolgt. Laut ihrer Aussage wird ihr Haus beschattet, das Telefon abgehört und sie, wie auch ihre Familie und einige ihrer Angestellten, auf Schritt und Tritt überwacht. Und nun erwartet sie von Nero Wolfe und Archie Goodwin dies zu unterbinden. Ein wie es scheint ein sehr aussichtsloses Unterfangen. Doch ein Vorschuss in der Höhe von 100.000 Dollar, ein unbegrenztes Spesenkonto und ein irrsinniges Honorar ermutigt Nero Wolfe es zumindest einmal zu probieren.

Bei „Es klingelte an der Tür“ handelt es sich nicht um eine Neuerscheinung im eigentlichen Sinne. Der erste Nero Wolfe Roman wurde 1934 veröffentlicht und die Originalausgabe des vorliegenden Romans „The Doorbell rang“ stammt aus dem Jahr 1965; in diesem Jahr ist auch die Handlung der Geschichte angesiedelt.
Dies merkt man auch von Beginn an. Obwohl nur am Rande erwähnt in welchem Jahr die Geschichte spielt, schwingt in jedem Satz der Flair des Amerikas der 60er Jahre mit. Ohne explizit darauf einzugehen, ist dem Leser von Anfang an klar, wann und wo die Geschichte spielt. Selten habe ich einen Roman erlebt der mit so wenigen Details eine Stimmung so herrlich transportieren kann. Andere Autoren brauchen ausschweifende Erklärungen und detailgetreue Beschreibungen der Kleidung und der Umgebung und vermitteln trotzdem nicht ansatzweise das Gefühl das ich beim Lesen dieses Buches hatte.

Nero Wolfe ist ein sehr spezieller Charakter. Der stark übergewichtige Detektiv liebt seine Orchideen, gutes Essen und verlässt nur unter besonderen Umständen sein Haus. Alle Ermittlungen die außer Haus erledigt werden müssen, sind Aufgabe von Archie Goodwin, aus dessen Sich auch die ganze Geschichte erzählt wird. Aufgrund der Tatsache, dass Archie alle Aufträge ausführt, bekommt man teilweise das Gefühl, dass eigentlich er der geniale Ermittler ist. Doch man stellt bald fest, dass nicht nur Nero Wolfe von Archie Goodwin abhängig ist, sondern dies auch umgekehrt gilt. Das beste Ermittlerteam seit Sherlock Holmes und Dr. Watson.

„Es klingelte an der Tür“ ist kein Buch, das man einfach so zwischendurch lesen sollte. Es gibt verschiedene Handlungsstränge die immer wieder aufgegriffen und fallen gelassen werden. Mit der Zeit werden immer mehr Nebenfiguren eingeführt. Teilweise werden Namen genannt ohne wirklich genauer auf die Person einzugehen und erst etliche Kapitel später haben sie ihren Auftritt. Schlussendlich werden die einzelnen Handlungsstränge aber zusammen geführt und aufgelöst. Wie es sich für einen klassischen Detektivroman gehört darf die große Verhörszene bei der alle Verdächtigen versammelt werden auch nicht fehlen. Große Actionszenen sucht man dafür vergebens, was mich persönlich überhaupt nicht gestört hat. Teilweise verheddert sich der Autor ein wenig in langatmige Erklärungen was den Spannungsbogen ein wenig drosselte. Meiner persönlichen Lesefreude hat dies aber keinen Abbruch geleistet. Ungeduldige Leser könnten hierbei allerdings schnell die Lust am Lesen verlieren.

Für mich ist der vorliegende Nero Wolfe Roman ein Paradebeispiel an klassischer Detektivliteratur. Gekonnt kombiniert Autor Rex Stout Stilelemente des Genres mit für die damalige Zeit brandaktuellen Themen. An der einen oder anderen Stelle des Buches merkt man dass es sich eigentlich um eine Serie handelt. Da die Geschichte aber in sich abgeschlossen ist, muss man die anderen Bücher nicht gelesen haben um der Geschichte folgen zu können.
Seit der Lektüre des Buches bin ich zum Nero Wolfe Fan mutiert und hoffe sehr, dass der Klett Cotta Verlag auch noch weitere Romane neu auflegen wird.