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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.01.2024

Nicht ganz rund

Die Postbotin
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Berlin im März 1919. Der Krieg ist zuende, die überlebenden Männer kehren zurück und sollen mit Arbeit versorgt werden, unter anderem bei der Reichspost. Um dies zu ermöglichen, sollen die Frauen, welche ...

Berlin im März 1919. Der Krieg ist zuende, die überlebenden Männer kehren zurück und sollen mit Arbeit versorgt werden, unter anderem bei der Reichspost. Um dies zu ermöglichen, sollen die Frauen, welche in den Kriegsjahren den Betrieb als Aushilfen am Laufen gehalten haben, gekündigt werden. Die junge Regine ist eine von ihnen und möchte sich nicht damit abfinden. Ihre Freundin Evi muss derweil damit zurechtkommen, dass sie von ihrem Liebhaber abserviert wurde, ihr Bruder noch nicht aus dem Krieg heimgekehrt ist, obwohl sie überzeugt davon ist, dass er noch lebt, und ihre Eltern keine Stütze sind, um die Lasten des täglichen Lebens zu schultern.

Der Roman ist abwechselnd aus der Sicht von Regine, Evi und etwas seltener auch aus der von Evis Mutter Bernardine geschrieben. Der Fokus liegt auf den Bemühungen dieser drei Frauen, das Leben zu meistern, diese sind erzählerisch zwar in die politische Situation eingebunden, letztere bildet aber lediglich den Rahmen, nicht den Schwerpunkt.

Die Erzählung ist durchaus lesenswert und vermittelt einen glaubhaften Eindruck der Sorgen, Nöte und Hoffnungen der Menschen, insbesondere der Frauen, in der beschriebenen Zeit. Regines Geschichte hat mich dabei mit Abstand am meisten interessiert, während Bernardine mir eher auf die Nerven gegangen ist. Außerdem hatte ich hin und wieder den Eindruck, dass möglicherweise einige Textpassagen dem Lektorat zum Opfer gefallen sind, ohne dass die verbliebenen ausreichend angepasst wurden – da wird Bezug genommen auf Gespräche, die nicht (oder „offstage“) stattgefunden haben, Beziehungen verändern sich ohne nachvollziehbaren Grund, und Vermutungen tauchen quasi aus dem Nichts auf. Ein paar Seiten mehr hätten die Geschichte aus meiner Sicht „runder“ werden lassen können.

So bietet sie zwar durchaus unterhaltsamen Lesestoff, bleibt aber leider hinter den Erwartungen zurück, welche durch die Leseprobe bei mir geweckt wurden, und es reicht insgesamt nur für drei Sterne.

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Veröffentlicht am 03.01.2024

Muss nicht sein

Spiegel, das Kätzchen
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In schöner bildreicher Sprache erzählt Gottfried Keller hier die Geschichte vom Kater Spiegel, der in großer Not einen verzweifelten Handel eingeht und sich dann mit List daraus befreit. Leider ist die ...

In schöner bildreicher Sprache erzählt Gottfried Keller hier die Geschichte vom Kater Spiegel, der in großer Not einen verzweifelten Handel eingeht und sich dann mit List daraus befreit. Leider ist die Sprache in meinen Augen auch schon der größte Pluspunkt, inhaltlich konnte mich dieses Märchen bedauerlicherweise weder berühren noch unterhalten, und ich war recht froh, dass es kurz ist und deshalb bald „überstanden“ war.

Nun bin ich insgesamt keine große Märchenfreundin, aber während zum Beispiel Hänsel und Gretel oder der gestiefelte Kater wirklich durch List ihr Ziel erreichen, agiert Spiegel zwar durchaus klug, erhält aber doch auch sehr viel Unterstützung durch den Zufall.Dadurch verliert die Erzählung, die „genre“bedingt ohnehin keine große Tiefe besitzt, noch weiter an Substanz.

Wer insgesamt Freude an Märchen hat und/oder Katzen(geschichten) liebt, kann hier dennoch auf seine Kosten kommen, alle anderen verpassen meiner Meinung nach nicht viel, wenn sie sich diese Lektüre sparen.

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Veröffentlicht am 01.01.2024

Lektüre mit Mehrwert

Good Inside - Das Gute sehen
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Grob gesagt gliedert sich dieser Ratgeber in zwei Teile. Im ersten erläutert Dr. Kennedy zunächst die Prinzipien, die ihren Ansätzen zugrunde liegen. Von besonderer Bedeutung sind hierbei die Betrachtung ...

Grob gesagt gliedert sich dieser Ratgeber in zwei Teile. Im ersten erläutert Dr. Kennedy zunächst die Prinzipien, die ihren Ansätzen zugrunde liegen. Von besonderer Bedeutung sind hierbei die Betrachtung aller Beteiligten als grundsätzlich gut, die Akzeptanz, dass mehrere unterschiedliche Wahrheiten nebeneinander bestehen können und das Verständnis von Verhaltensweisen als Symptome der zugrundeliegenden Gefühle.

Im zweiten Teil werden diverse Situationen aus dem Erziehungsalltag anhand dieser Prinzipien betrachtet und Handlungsmöglichkeiten unterbreitet.

Auch wenn für mich viele der hier als innovativ angepriesenen Ansätze nicht grundlegend neu waren, empfand ich es doch als hilfreich, sie mir in kompakter Form ins Gedächtnis rufen zu lassen. Manchmal profitiert man eben auch davon, an Dinge erinnert zu werden, die man eigentlich schon weiß. Und gerade die Sichtweise, dass es nicht primär um das Verhalten, sondern die dahinterstehenden Gefühle geht, ist in meinen Augen gesamtgesellschaftlich betrachtet durchaus noch nicht der Regelfall.

Die Beschäftigung mit verschiedenen Situationen im zweiten Teil ist klar und übersichtlich strukturiert. Es werden jeweils unterschiedliche Vorschläge gemacht, von denen ich den ein oder anderen sicher ausprobieren werde für die Bereiche, die unsere Familie betreffen. Hier habe ich die Reaktionen der Kinder in den Fallbeispielen aber doch einige Male als zu einfach empfunden.

Insgesamt sind die Werbeversprechen, dass hier etwas völlig Neues präsentiert würde, in meinen Augen ziemlich dick aufgetragen. Dennoch finde ich die Kombination aus Vermittlung der Grundlagen und einem „Katalog“ von Handlungsvorschlägen durchaus gelungen und denke, dass viele Erziehende von der Lektüre profitieren können.

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Veröffentlicht am 25.12.2023

Klassiker mit Höhen und Tiefen

Der geheime Garten / The Secret Garden
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In Teilen ist diese Geschichte, in der die 10jährige Mary nach dem Tod ihrer Eltern aus Indien auf das seltsame englische Anwesen eines ihr bisher unbekannten Onkels zieht, sehr zeitlos. Es geht viel um ...

In Teilen ist diese Geschichte, in der die 10jährige Mary nach dem Tod ihrer Eltern aus Indien auf das seltsame englische Anwesen eines ihr bisher unbekannten Onkels zieht, sehr zeitlos. Es geht viel um den ewigen Kreislauf der Natur, die mit liebevollem Blick und insbesondere bezogen auf das Erblühen im Frühling sehr poetisch betrachtet und beschrieben wird.

In weiteren Bereichen wirkt die Erzählung geradezu modern, insbesondere wenn es um den Zusammenhang von psychischem und körperlichem Wohlbefinden geht. Es gibt aber auch Aspekte, die aus heutiger Sicht problematisch sind, unter anderem betrifft das den Blick auf Indien, der deutlich durch den Kolonialismus geprägt ist.

Diese Stellen und die Tatsache, dass es doch einige Längen gibt, führen dazu, dass ich sehr gut nachvollziehen kann, dass die Geschichte für Kinder heutzutage üblicherweise gekürzt verlegt wird, obwohl es sich ja auch bei der ursprünglichen Version um ein Kinderbuch handelt.

Aus meiner Sicht als erwachsene Leserin ist es eine sprachlich sehr schöne Erzählung, die ich trotz einiger fragwürdiger Passagen für durchaus lesenswert halte.

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Veröffentlicht am 18.12.2023

Lohnt sich

Der Achte Tag
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Rund um seinen 13. Geburtstag wird Jax' Leben völlig auf den Kopf gestellt. Gerade erst hat er seinen Vater verloren und musste gegen seinen Willen zu dem nur wenige Jahre älteren Riley ziehen, der ein ...

Rund um seinen 13. Geburtstag wird Jax' Leben völlig auf den Kopf gestellt. Gerade erst hat er seinen Vater verloren und musste gegen seinen Willen zu dem nur wenige Jahre älteren Riley ziehen, der ein Fremder für ihn ist, und nun erfährt er auch noch, dass er ein „Wechsler“ ist, ein Mensch, der einen zusätzlichen achten Tag erlebt. Außerdem gibt es neben den „Normalen“, die in der bekannten Sieben-Tage-Woche leben, auch noch Personen, die nur am achten Tag existieren. Eine solche ist Evangeline, das Mädchen im Nachbarhaus. Zusätzliche Details und Informationen bekommt Jax erst nach und nach, und schon bald steckt er mitten in einem gefährlichen Abenteuer, das er nur bruchstückhaft überblickt …

Ich bin erstaunt, dass die englische Originalversion dieses Romans bereits seit fast 10 Jahren existiert und die Geschichte erst jetzt für den deutschsprachigen Markt entdeckt wurde. Umso besser, dass es endlich dazu gekommen ist.

Es wird überwiegend aus der Sicht von Jax erzählt, zum Teil aber auch aus der von Evangeline. Dadurch tappt man als Leser*in die meiste Zeit mit Jax im Dunkeln, lernt gemeinam mit ihm dazu und sieht auch die anderen Charaktere überwiegend aus seiner Perspektive. Er ist eine liebenswerte Figur, manchmal sehr reif für sein Alter, manchmal erstaunlich naiv.

Die Handlung verbindet unsere realistische Gegenwart mit fantastischen Elementen, die von der Artussage inspiriert sind. Gelegentlich hatte ich den Eindruck, dass ich der Geschichte besser folgen könnte, wenn ich vertrauter mit der Sage wäre, wirklich notwendig war das aber nicht. Einige altmodische Komponenten fand ich im modernen Kontext nur bedingt plausibel und gerade zum Höhepunkt hin waren die fantastischen Elemente für meinen Geschmack etwas dick aufgetragen. Insgesamt hat das dem Lesegenuss jedoch nicht geschadet.

Es ist keine fröhliche Geschichte, was angesichts des Settings nicht weiter überrascht. Während es anfangs jedoch durchaus humorvolle Passagen gibt, wird die Stimmung im weiteren Verlauf immer ernster und bedrohlicher. Da es sich um den ersten Teil einer Trilogie handelt, bleiben am Ende natürlich Fragen offen, es gibt aber erfreulicherweise keinen klassischen Cliffhanger. Ich freue mich auf die nächsten Bände im kommenden Jahr.

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