Unterhaltsame Geschichte in neuem Gewand
Herz aus SchattenKaylas Schicksal ist vorherbestimmt. Sie hat die Gabe, Monster zu bändigen und ist deshalb an der Akademie, wo sie lernen soll, die Stadt Praha vor den Gefahren zu schützen, die hinter der Mauer lauern. ...
Kaylas Schicksal ist vorherbestimmt. Sie hat die Gabe, Monster zu bändigen und ist deshalb an der Akademie, wo sie lernen soll, die Stadt Praha vor den Gefahren zu schützen, die hinter der Mauer lauern. Doch ihr Schicksal gefällt ihr nicht, sie möchte keine Bändigerin sein, denn nicht selten stirbt man bei dem Versuch, das eigene Monster zu beherrschen oder bringt andere Menschen damit in Gefahr. Schließlich beugt sie sich dem Schicksal und bindet einen Schattenwolf an sich, doch der ist gar nicht das, was er zu sein scheint…
Im neuen Design erscheint Laura Kneidls Roman beim Lyx Verlag, auf den ich ohne die Neuauflage vermutlich gar nicht aufmerksam geworden wäre. Ich bin froh, dass ich darüber gestolpert bin, denn der Schreibstil der Autorin ist gewohnt angenehm zu lesen mit ihrem typischen Humor in den Zeilen und der lockeren Art der Dialoge, die die Figuren immer liebenswert und sympathisch machen.
Und so mochte ich auch in diesem Buch die Protagonistin Kayla, aus deren Perspektive die Geschichte erzählt wird, sehr gerne. Sie sieht die Welt ein bisschen anders, aus mehreren Blickwinkeln und hat deswegen ganz eigene Ideale, von denen sie noch nicht so richtig weiß, wie sie sie umsetzen soll. Sie steht ein bisschen zwischen den Fronten und ist sowohl Bindeglied von Bändigern und Nicht-Bändigern als auch diejenige, die zwischen den Stühlen sitzt, wenn die beiden Gruppen aneinander geraten. So zerrissen ist sie auch in sich selbst, denn ihre Gabe fühlt sich für sie an, wie ein Fluch, den sie lieber loswerden will.
Die anderen Figuren konnte ich auch gut leiden, waren für mich aber nicht greifbar. Denn die Autorin hat sich mit ihrer Idee zu diesem Buch sehr viel vorgenommen. Die verschiedenen Monster - Knochenträger, Schattenläufer, Dunkelweber etc. - die Gabe des Bändigens, das zugehörige „Ritual“, um ein Monster an sich zu binden, die außergewöhnliche Welt, die politischen und persönlichen Verstrickungen im Dorf Praha, die wilde Jagd, die Akademie, die Liebesgeschichte und und und… All diese fantastischen Ideen mussten in diesem Einteiler ihren Platz bekommen, weswegen die Tiefe und die Entwicklungen der Charaktere und der Ereignisse zu wenig Raum bekamen.
Man erfährt einfach unheimlich wenig, dafür, dass eigentlich so viel Inhalt auf diesen wenigen Seiten steckt. Auch die Geschichte an sich hat nicht genug Platz gekriegt, um sich angemessen auszubreiten und in ihrer ganzen Größe und Tiefe erzählt zu werden. Deshalb werden unumstößlich geglaubte Dinge von den Figuren plötzlich einfach so hingenommen, kaum hinterfragt, weil wenn die Figuren erstmal auf die vielen unerwarteten Wendungen klarkommen müsste, wäre das Buch dreimal so lang. Was ich echt gut gefunden hätte, denn ich habe die Geschichte sehr gerne gelesen, ich hätte mir nur mehr Tiefe gewünscht und zwar in jeder Hinsicht: World-Building, Figuren und Charakterentwicklung sowie die Entwicklung der Beziehung zwischen einander und Storyline. Alle diese Dinge haben mir grundsätzlich sehr gut gefallen, es war nur von allem ein bisschen zu wenig.
Was ich sagen will ist, dass ich dieses Buch sehr gerne gelesen habe. Mir haben die Charaktere gefallen, ich mochte die Ideen, die Kreaturen (und die zugehörigen Zeichnungen) und die Geschichte. Ich fand die Wendungen spannend und war absolut begeistert von der Auflösung. Noch besser hätte es mir gefallen, wenn das alles nicht so überstürzt erzählt worden wäre. Ich hätte die Figuren und die Welt gerne besser kennengelernt und mehr Zeit für die Entwicklung der Geschichte und die Beziehungen gewünscht. Nichtsdestotrotz wurde ich sehr gut unterhalten und kann diese Geschichte als Buch-Snack (trotz der 480 Seiten liest sich das Buch sehr schnell) weiterempfehlen.