Kein Märchenwald
Der MädchenwaldTraue niemandem, schon gar nicht dem Erzähler. Diese bekannte Thriller-Konzept wird hier sehr raffiniert auf die Spitze getrieben. Ich-Erzähler Elijah lebt mit seinen Eltern sehr abgeschieden ...
Traue niemandem, schon gar nicht dem Erzähler. Diese bekannte Thriller-Konzept wird hier sehr raffiniert auf die Spitze getrieben. Ich-Erzähler Elijah lebt mit seinen Eltern sehr abgeschieden in einem Wald, in dem anscheinend fuchtbare Dinge geschehen. "Mädchenwald", nennt ihn Elijah, denn das junge Schachgenie Elissa, das er dort im dunklen Keller eines Abbruchhauses angekettet findet, ist anscheinend nicht das erste Mädchen, dem dieses Schicksal widerfährt. Und auch der Knöchelchen-See und Zauber-Annie, wie Elijah die Frau aus der nahen Wohnwagensiedlung nennt, verheißen nichts Gutes.
Die Geschichte wechselt zwischen Elijah und Elissa. Letztere Perspektive wird jedoch in der 3. Person berichtet, so dass man zunächst zu Elijah eine größere Nähe aufbaut. Obwohl man sehr bald bemerkt, dass an Elijah einiges äußerst seltsam zu sein scheint. Hinzu kommt noch Ermittlerin Mairead, die bei der Polizei den Entführungsfall Elissa leitet und verzweifelt spürt, dass ihr die Zeit davon läuft, je länger der geheimnisvolle Entführer, den Elissa nur den Ghul nennt, das Mädchen in seiner Gewalt hat...
Der Thriller bleibt tatsächlich durchgehend spannend und wartet mit mehreren Twists auf, von denen mich jedoch der erste leider kaum überrascht hat. Sehr gut gefallen haben mir die düsteren Märchenanklänge und Elissa, die ein ungewöhnliches, wenn auch in ihrer Stärke wohl kaum realistisches Entführungsopfer darstellt. Trotzdem habe ich nicht nägelkauend mitgefiebert, weil mir die Protagonisten wohl doch ein wenig fern blieben.