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Veröffentlicht am 08.03.2020

Mühlenmagie

Die Mühlenkinder
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Ich bin so begeistert von Antonia Michaelis‘ märchenhaften Welten und ihrem bildhaften Erzählstil, dass ich auch als lange Zeit Erwachsene ihre Kinderbücher lese.Die Mühlenkinder sind etwas Besonderes. ...

Ich bin so begeistert von Antonia Michaelis‘ märchenhaften Welten und ihrem bildhaften Erzählstil, dass ich auch als lange Zeit Erwachsene ihre Kinderbücher lese.Die Mühlenkinder sind etwas Besonderes. Zum Geschichten Vorlesen zusammen zu kommen, spielt in ihrer Familie eine große Rolle. Aber noch besser: Von Zeit zu Zeit weht der Wind aus Nordost, danndrehen sich die Flügel ihrer alten Mühle und die Geschwister erleben ein gewaltiges Abenteuer. Die vier Schwestern werden zu Prinzessinnen und ihr Vater zum König mit der schiefen Krone. Als Jorunn,die zweitjüngste Schwester auf einmal verschwindet, müssen die beiden ältesten Schwestern zusammenhalten, um sie wiederzufinden. Denn Jorunn ist in die Fänge eines Wassertrolls geraten! Die Autorin schildert die Suche der Mädchen derartig einfallsreich und farbenprächtig, dass es eine Freude ist. In ihrer wunderbaren Sprache konnte ich mich wie immer verlieren. Manche Sätze haben sogar eine wohlige Gänsehaut bei mir ausgelöst. Schon der Buchbeginn ist herausragend. Klischees werden hier absolut nicht bedient, vielmehr ist nichts so, wie es anfangs scheint. Mit Ich-Erzählerin Liv gibt es eine Protagonistin, die alles andere als zart-mädchenhaft ist. Aber auch die älteste Schwester Merit ist eine starke Identifikaktionsfigur und alles andere als püppchenhaft.Eine wunderbare Ergänzung bieten die Zeichnungen und Ornamente in schwarz-weiß, die das schöneCover im Innern wieder aufgreifen. Das Ganze ist rundum so gelungen, dass ich mir noch mehr Abenteuer aus der Mühlenkinder-Welt wünsche!

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Veröffentlicht am 08.03.2020

London der Elfen

Der Onyxpalast 2
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„Feuer und Schatten“ ist der zweite Teil der Onyxpalast-Serie. Erneut verknüpft die Autorin virtuos die politischen Verhältnisse im London des 17. Jahrhunderts mit den Geschehnissen im Onyxpalast der Feen, ...

„Feuer und Schatten“ ist der zweite Teil der Onyxpalast-Serie. Erneut verknüpft die Autorin virtuos die politischen Verhältnisse im London des 17. Jahrhunderts mit den Geschehnissen im Onyxpalast der Feen, unterhalb der Mauern von London. Ihrem Motto „Wie oben, so unten“ bleibt sie dabei treu. Gerät beispielsweise der englische König in Bedrängnis, gilt dies auch für die Feen-Regentin Lune.Seit den Ereignissen des ersten Teils sind einige Jahre vergangen. Lunes menschlicher Gefährte Michael Devin ist daher Geschichte. Das ist in meinen Augen auch ein kleines Manko im Vergleich zum ersten Band. Zwar gibt es mit Anthony einen neuen sterblichen Prinzen vom Stein als Lunes Gefährten. Beide sind jedoch mehr durch Politik als durch Gefühle verbunden, was die Story für mich etwas nüchterner und blutleerer wirken ließ. Vor allem in den ersten zwei Dritteln nahmen die verschachtelten menschlichen Intrigen der Menschen einen zu breiten Raum ein. Personen des öffentlichen Lebens huschten teilweise vorbei, ohne wirklich Konturen zu gewinnen und bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Viel spannender blieb für mich die Feenwelt. Lune muss sich mit alten und neuen Feinden auseinandersetzen und sich einer Feuersbrunst stellen, die droht, London zu vernichten. Leider wurde letzterer, eigentlich in der Zukunft liegender Handlungsstrang immer wieder zwischendurch in den chronologischen Erzählstrang eingeflochten. Einen ähnlichen Kunstgriff benutzte die Autorin schon im ersten Band, wobei sie dort Ausflüge in die Vergangenheit unternahm.Irgendwie war die bei mir ausgelöste Verwirrung durch die Ausflüge in die Zukunft aber größer, weswegen „Feuer und Schatten“ für mich etwas anstrengender zu lesen war. Trotzdem freue ich mich auf den nächsten Teil sehr und hoffe, dass sich die Autorin dort wieder mehr auf die sowohl farbenprächtige als auch düstere Feenwelt konzentriert.

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Veröffentlicht am 01.03.2020

Büchse der Pandora

Ein feiner dunkler Riss
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Zweimal erklärt der Autor im Lauf des Romans den Titel "Ein feiner dunkler Riss". Einmal als Grenze, die die Lebenden von den Toten trennt. Dann als den Moment, als der dreizehnjährige Stanley ein Kästchen ...

Zweimal erklärt der Autor im Lauf des Romans den Titel "Ein feiner dunkler Riss". Einmal als Grenze, die die Lebenden von den Toten trennt. Dann als den Moment, als der dreizehnjährige Stanley ein Kästchen mit Briefen von "M" an "J" ausgräbt, und später das Gefühl hat, er habe damit die Büchse der Pandora geöffnet. Letztendlich markiert dieser Riss aber auch den Übergang von Stanley ins Erwachsenendasein. Vor kurzem war er noch untröstlich, als er erfuhr, dass der Weihnachtsmann nicht existiert. Und nun muss er sich mit einem alten Verbrechen und menschlichen Abgründen herumschlagen. Das Buch spielt 1958 und Stanley ist ein liebenswertes, behütetes Kind, das beobachten muss, wie sowohl die farbige Hausangestellte von ihrem Geliebten als auch sein Freund Richard von dessen Vater geschlagen wird. Verblüffenderweise hat mich die Geschichte sehr gefesselt, obwohl ich beinahe jede Wendung des alten Kriminalfalls lange im Voraus geahnt habe, wobei ich betonen muss, dass ich da wahrscheinlich kein Maßstab bin, ich würde den Plot nicht als generell zu durchsichtig bezeichnen. Der Roman ist atmosphärisch sehr dicht, die Figuren plastisch und man spürt, dass der Autor hier zum Teil aus alten Erinnerungen schöpft. Lediglich das Ende, in dem beschrieben wird, wie es für die Figuren in ihrem Leben über die Jahre weitergeht, war mir etwas zu sehr im Zeitraffer erzählt. So werden hier manche Figuren ausführlich betrachtet, über Stanley selbst erfährt man für meinen Geschmack aber etwas zu wenig. Das schmälert meinen sehr positiven Eindruck aber insgesamt nicht.

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Veröffentlicht am 01.03.2020

Geschichte aus dunlen deutschen Zeiten

Alles, was ich bin
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Dieser Roman atmet Authenzität, denn die Autorin Anna Funder erzählt hier die Geschichte ihrer Bekannten Ruth Blatt, der Cousine von Dora Fabian. Dora Fabian wiederum war die Sekretärin und wohl auch Geliebte ...

Dieser Roman atmet Authenzität, denn die Autorin Anna Funder erzählt hier die Geschichte ihrer Bekannten Ruth Blatt, der Cousine von Dora Fabian. Dora Fabian wiederum war die Sekretärin und wohl auch Geliebte des Revolutionärs Ernst Toller. Und so wird hier anhand dieses Personendreiecks ein Kapitel dunkelster deutscher Geschichte lebendig und ein Stück weit begreifbarer. Für zwei Personen diese Dreiecks endet sie tödlich, bekanntermaßen mit Tollers Selbstmord im Exil und auch mit Doras Tod, der von den Nazis als Freitod inszeniert wird. Nur Ruth ist es vergönnt, wirklich alt zu werden, nach den Jahren im Exil gründet sie eine zweite Existenz als Lehrerin in Australien. Doch die Ereignisse der NS-Zeit haben sie tief gezeichnet, vor allem der Verrat ihres Ehemannes Hans, der aus Geltungsdrang und Schwäche vom Regimekritiker zum Nazikollaborateur wird, und natürlich die Ermordung ihrer Cousine und besten Freundin Dora. Der Roman zeichnet sich durch zahlreiche Perspektivwechsel und Zeitsprünge aus und stellt daher gewisse Ansprüche an die Aufmerksamkeit des Lesers. Mir persönlich sind sowohl Toller als auch Dora, bei aller Verehrung durch Ruth, nicht so nahe gekommen, da sie mir nicht so sympathisch waren. Beide kennzeichnet bei aller Brillianz und allem Altruismus auch eine große Portion Rücksichtslosigkeit und auch Selbstherrlichkeit. Viel angenehmer war mir daher die ruhige und gutherzige Ruth. die der Leser bis zu ihrem Tod als sehr alte Frau begleiten darf. Auch die Liebesgeschichte zwischen Toller und Dora wird illusionslos dargestellt, handelte es sich hier doch um eine offene Beziehung, zumal Toller während ihrer Affäre eine andere heiratet. Viel mehr gelitten habe ich daher mit Ruth, habe ihre Angst selbst noch im Londoner Exil während der Jahre des geheimen Widerstandes mitempfunden und war wirklich erschüttert über den Verrat ihres Ehemannes Hans an ihr und dem gemeinsamen Kampf gegen Hitler. Allein in Australien hat dieser Roman sieben Literaturpreise bekommen. In meinen Augen wirklich verdient.

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Veröffentlicht am 01.03.2020

Mensch, das unbekannte Wesen

Ich und die Menschen
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So begeistert hat mich schon lange mehr keins der hier gewonnenen Bücher, und ich gebe aus vollem Herzen volle Sternpunktzahl. Der Roman ließ für mich nichts zu wünschen übrig. Der Autor berichtet hier ...

So begeistert hat mich schon lange mehr keins der hier gewonnenen Bücher, und ich gebe aus vollem Herzen volle Sternpunktzahl. Der Roman ließ für mich nichts zu wünschen übrig. Der Autor berichtet hier auf nicht nur geniale, sondern auch sehr witzige Weise von einem der Menschheit unendlich überlegenen Außerirdischen, der den Platz eines berühmten Mathematikprofessors einnehmen muss. Denn dieser hat eines der großen Rätsel der Mathematik gelöst, was für die Menschheit einen enormen Entwicklungsschritt bedeutet würde. Doch die Menschen sind nur "eine zweibeinige Lebensform von mittlerer Intelligenz", also muss das verhindert werden. Deshalb wird der Professor entführt, während der neue "Andrew" in die für ihn völlig fremde, regelrecht absoßende Form von dessen Körper schlüpft. Alles auf der Erde ist für ihn fremd, was zu sehr unterhaltsamen Missverständnissen führt. Eigentlich soll "Andrew" alle Menschen ausschalten, die von dem gelösten Räsel wissen könnten, aber immer tiefer lässt er sich ins Menschsein hineinziehen und versucht zu verstehen, was es mit einem Konzept namens Liebe auf sich hat. Schließlich ist er der Frau des Professors und ihrem Sohn ein viel besserer Ehemann und Vater als der es war. Doch ohne es zu wissen, begeht er dann einen entscheidenden Fehler...
Dieser Roman entzieht sich einfach allen Klassifizierungsversuchen, er ist auch absolut kein Science Fiction. Der Figur des Außerirdischen bedient sich der Autor nur, um die Menschheit quasi wie einen geheimnisvollen Käfer unter dem Mikroskop zu betrachten. Das gelingt ihm einzigartig, wohl auch, weil ihm die Idee zu der Geschichte kam, als er selbst unter Panikattacken litt und ihm einfach alles gerade zu extraterrestrisch erschien! Sehr sympathisch macht ihn auch, dass man an seiner Schilderung des Familienhundes Newton merkt, was für ein Hundefreund er ist. In diesem Roman geht es nicht um fremde Planeten, sondern darum, was es bedeutet, ein Mensch zu sein und darum, was es heißt zu lieben.

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