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Veröffentlicht am 10.04.2020

Wenn die Worte nicht mehr greifbar sind

Dankbarkeiten
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Bis vor kurzem konnte Michka noch alleine in ihrer Wohnung leben, nun muss Marie, sozusagen ihre Adoptivenkelin, sie aber schweren Herzens in ein Altenheim bringen, da sie sich nicht rund um die Uhr um ...

Bis vor kurzem konnte Michka noch alleine in ihrer Wohnung leben, nun muss Marie, sozusagen ihre Adoptivenkelin, sie aber schweren Herzens in ein Altenheim bringen, da sie sich nicht rund um die Uhr um sie kümmern kann. Aufgrund der zunehmenden sprachlichen Probleme erhält Michka dort Unterstützung durch Jérôme, einen jungen Logopäden.

Dieses kleine, aber feine Buch schafft es, mit schlichten Worten eindrucksvoll die Entwicklung von Michka – und nebenbei auch die von Marie und Jérôme – zu beschreiben. Allen Beteiligten geht die Situation auf ihre Weise nah und de Vigan gelingt es auf einzigartige Weise, diese Gefühle einzufangen. Die rührenden Momente etwa, in denen sich Michka unvermittelt an aktuelle Probleme von Marie und Jérôme erinnert und sich danach erkundigt, wird wohl jeder wiedererkennen, der eine nahestehende Person mit Demenz erlebt hat.

Die Hintergrundgeschichten, wie Marie und Michka sich gefunden haben sowie die Suche nach dem Ehepaar aus ihrer Kindheit, dem Michka ihr Leben verdankt, fügen sich gut in die Erzählung ein und schaffen ein stimmiges Gesamtbild.

Aufgrund der zunehmenden Aphasie, an der Michka leidet, ist das Buch insbesondere sprachlich beeindruckend: Immer öfter fehlen ihr die Worte und häufig entscheidet sie sich dann für ein ganz anderes, so dass des Öfteren unfreiwillig komische Situationen, manchmal aber auch geradezu poetische Aussagen dabei herauskommen.

Ich habe das Buch unheimlich gerne gelesen und war fast ein bisschen traurig, als es so schnell vorbei war. Ich werde es auf jeden Fall uneingeschränkt weiterempfehlen und mir auch noch die vorherigen Bücher der Autorin ansehen.

Veröffentlicht am 01.04.2020

Wunderschön gestaltet und erzählt

Alfie und der Clownfisch
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Alfie ist schüchtern und stößt dadurch im Alltag immer wieder an seine Grenzen. Angesichts eines solchen schwierigen Moments denkt er an ähnliche Situationen in der Vergangenheit und wird verständlicherweise ...

Alfie ist schüchtern und stößt dadurch im Alltag immer wieder an seine Grenzen. Angesichts eines solchen schwierigen Moments denkt er an ähnliche Situationen in der Vergangenheit und wird verständlicherweise traurig. Seine Eltern reagieren aber sehr einfühlend und wunderschön entspannt auf diese Momente und können ihm so vermitteln, dass er - so wie er eben ist - genau richtig ist. Besonders schön: Es wird ihm nicht "vorgekaut" bzw. ausdrücklich gesagt, sondern er kommt bei einem Besuch im Aquarium selbst zu dieser Erkenntnis, als er einen scheuen Clownfisch kennenlernt.

Ich finde, die Geschichte wird wunderschön behutsam und in leisen Tönen, entsprechend der Thematik, erzählt. Eine große Rolle spielt hier auch die optische Gestaltung, die für mich ein absolutes Highlight ist: Die Farben sind wunderbar abgestimmt und sorgen für eine besondere Atmosphäre wie ich finde - insbesondere auch bei dem Besuch im Aquarium.

Meine fast 4jährige Tochter (die selbst eigentlich gar nicht schüchtern ist) wollte das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen und wir haben es direkt mehrmals hintereinander gelesen. Damit gibt es von mir eine uneingeschränkte Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 28.03.2020

Emotional packend

Die Geheimnisse meiner Mutter
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Die 35jährige Rose scheint in ihrem Leben nie richtig angekommen zu sein. Überraschend erhält sie neue Informationen über ihre Mutter, die verschwand, als sie noch ein Baby war, und macht sich auf die ...

Die 35jährige Rose scheint in ihrem Leben nie richtig angekommen zu sein. Überraschend erhält sie neue Informationen über ihre Mutter, die verschwand, als sie noch ein Baby war, und macht sich auf die Suche nach ihr.

Bei diesem Buch hatte mich das gesamte Äußere - von Cover bis Klappentext - angesprochen und ich wurde nicht enttäuscht: Das Buch hat mich wirklich gepackt und die zweite Hälfte habe ich, trotz des Umfangs, in einem Rutsch gelesen.

Die drei Hauptfiguren in diesem Buch sind allesamt Frauen, jede besonders auf ihre Art. Trotzdem fand ich es sehr einfach, mich in jede einzelne hineinzuversetzen. Das Thema der eigenen Identität auf der einen Seite und das Mutter-Sein oder Nicht-Mutter-Sein auf der anderen Seite ergab eine spannende emotionale Kombination, die sehr authentisch ist. Die Männer in der Geschichte bleiben durchweg Randfiguren, was auffällt, aber der Geschichte gar nicht abträglich ist. Authentisch fand ich außerdem auch die Entwicklung der Protagonistinnen - und dass nicht auf jede Frage eine eindeutige Antwort gegeben wird, so wie das eben im realen Leben auch ist.

Die Geschichte wird sowohl aus der Sicht von Rose in der Gegenwart als auch aus der Sicht ihrer Mutter Elise Ende der 70er/Anfang der 80er erzählt. Das funktioniert sehr gut und ich war positiv überrascht, wie spannend die Geschichte letztendlich bis zum Schluss war. Für mich gab es hier keinerlei Längen und ich hätte definitiv auch noch 200 Seiten mehr gelesen.

Veröffentlicht am 09.03.2020

Ein Krimi nicht nur für Krimifreunde (und besonders für Italienbegeisterte)

Der freie Hund
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Eher unfreiwillig wird der sizilianische Kommissar Antonio Morello aus seiner Heimat in den Norden, nach Venedig, versetzt. Wird er sich dort mit der Stadt und den Menschen anfreunden können?

Mit diesem ...

Eher unfreiwillig wird der sizilianische Kommissar Antonio Morello aus seiner Heimat in den Norden, nach Venedig, versetzt. Wird er sich dort mit der Stadt und den Menschen anfreunden können?

Mit diesem Buch musste ich gar nicht erst warm werden: Commissario Morello hat mich gleich im ersten Kapitel mitgenommen und schon nach der Hälfte des Buches habe ich mir gewünscht, es wäre doch noch ein bisschen länger. Als Sizilianer spielen für Morello (neben dem Essen und dem Espresso) die Emotionen eine große Rolle, was dem Buch sehr viel Leben verliehen hat, wie man es von anderen Krimis gar nicht kennt. Auf der anderen Seite hat er so einen Art siebten Sinn für das "Richtige", was ihn davor bewahrt, sich allzu sehr zu verrennen. Die zahlreichen Charakteren um ihn herum - sei es auf dem Polizeirevier, in der Nachbarschaft oder in der alten Heimat - tragen außerdem zur allgemeinen Sympathie bei.

Als sprachbegeisterte Person fand ich die Tatsache, dass immer wieder italienische (und auch regionale) Begriffe und Sätze fallen, sehr schön und amüsant. Gefallen haben mir außerdem die eingeflochtenen Hintergründe zur Geschichte und Politik Italiens im Allgemeinen sowie zur Mafia und Venedig im Speziellen.

Insgesamt hat mich dieses Buch bestens unterhalten und ich freue mich schon jetzt auf eine Fortsetzung mit Commissario Morello.

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Veröffentlicht am 03.03.2020

Eine Stadt im Ausnahmezustand

Der Sommer, in dem Einstein verschwand
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Der Sommer 1923 ist ein ganz besonderer für die Stadt Göteborg: Die langjährig geplante Ausstellung zum Stadtjubiläum versetzt alles in den Ausnahmezustand und die unterschiedlichsten Menschen treffen ...

Der Sommer 1923 ist ein ganz besonderer für die Stadt Göteborg: Die langjährig geplante Ausstellung zum Stadtjubiläum versetzt alles in den Ausnahmezustand und die unterschiedlichsten Menschen treffen auf dem Ausstellungsgelände und der restlichen Stadt aufeinander.

Wenn ich mir nach der Lektüre des Buches nun noch einmal Cover und Titel ansehe, dann finde ich diese wirklich treffend. Ähnlich wie beim Kettenkarussel nimmt das Buch zunächst gemächlich an Fahrt auf, aber nach dem ersten Drittel konnte ich es nicht mehr beiseite legen. Dabei muss ich sagen, dass ich – nicht wie sonst – eine Erzählperspektive bevorzugt habe, sondern alle Protagonisten sympathisch und interessant fand. Dass das Buch tatsächlich auch Einblick in Albert Einsteins Sicht der Dinge gibt und die Geschichte nicht nur um ihn als Prominenten herum erzählt wird, hat mir besonders gut gefallen.

Es war ein Genuss, zuzusehen, wie die unterschiedlichen Handlungsstränge zusammenliefen und auch sprachlich konnte mich das Buch sehr begeistern. Weder Spannung noch Humor hatte ich in diesem Maße erwartet, aber es hat die Geschichte perfekt abgerundet. Dieses Buch bekommt einen festen Platz in meinem Bücherregal und ich werde es sehr gerne weiterempfehlen.

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