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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 29.09.2021

Lesehighlight, so mitreißend wie ein Wirbelsturm

Die vier Winde
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Nach der Weltwirtschaftskrise sucht im Texas der 30er Jahre auch noch eine jahrelange Dürreperiode die Menschen heim. Elsa und ihre Familie kämpfen darum, trotz aller Widrigkeiten ihr Land zu erhalten ...

Nach der Weltwirtschaftskrise sucht im Texas der 30er Jahre auch noch eine jahrelange Dürreperiode die Menschen heim. Elsa und ihre Familie kämpfen darum, trotz aller Widrigkeiten ihr Land zu erhalten – und aufgrund von verheerenden Staubstürmen bald auch um ihr eigenes Leben.
Da dies mein erstes Buch der Autorin war, bin ich völlig unvoreingenommen und ohne Erwartungen an diese Geschichte herangegangen – und war geradezu überwältigt davon, mit welcher Sogwirkung mich die Erzählung in ihren Bann gezogen hat. Selten hat es ein Buch geschafft, dass ich so mitgefiebert und praktisch alles stehen- und liegengelassen habe, um zu erfahren, wie es mit der Protagonistin und ihrer Familie weitergeht.
Bei aller Spannung und allen Unwegsamkeiten, die Elsa in den Weg gelegt werden, wird die Geschichte niemals übermäßig dramatisch, sondern beinahe nüchtern erzählt, was sie umso eindrucksvoller macht. Elsa ist eine sehr starke und entschlossene, aber gleichzeitig sehr menschliche und eben nicht perfekte Frau, und war mir als Protagonistin unheimlich sympathisch. Aber auch die Nebenfiguren wirken durchweg sehr authentisch und plastisch und jede von ihnen nimmt ihren eigenen wichtigen Platz in der Geschichte ein. Der interessante historische Hintergrund ist wunderbar in die Geschichte eingebettet und bekommt ebenfalls genau das richtige Maß an Raum, um das Buch perfekt abzurunden.
Auch wenn das Jahr noch nicht zu Ende ist, kann ich definitiv sagen, dass dieses Buch zu meinen diesjährigen Highlights zählen wird. Meiner Meinung nach muss man es auch gar nicht in eine bestimmte Genre-Schublade stecken - es ist einfach nur grandios erzählt.

Veröffentlicht am 27.09.2021

Notting Hill für Buchliebhaber

Dein Herz in tausend Worten.
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Man kann gar nicht anders, als bei dem Untertitel dieses Buches an den Film mit Julia Roberts und Hugh Grant zu denken. Das Buch nutzt diese Assoziation aber nicht klammheimlich, sondern ganz offen und ...

Man kann gar nicht anders, als bei dem Untertitel dieses Buches an den Film mit Julia Roberts und Hugh Grant zu denken. Das Buch nutzt diese Assoziation aber nicht klammheimlich, sondern ganz offen und erwähnt den Film sogar. Abgesehen von der identischen Location sind die Geschichte und ihre Protagonisten aber ganz andere.

Die äußerst schüchterne Millie arbeitet als Assistentin in einem Verlag, aus dem sie jeden Abend heimlich abgelehnte Manuskripte mit nach Hause nimmt und liest. Eines Tages stößt sie dabei auf eine Geschichte, die sie nicht mehr loslässt. Da sie nicht möchte, dass die wunderbaren Zeilen ungelesen bleiben, verteilt sie Auszüge daraus. Wie es der Zufall jedoch will, gerät einer dieser Zettel an William, den unbekannten Autor des Manuskripts.

Millie und William sind sehr speziell, aber gleichzeitig auch sehr sympathisch – wobei man als Leser Millie doch um einiges besser kennenlernt, bevor die eigentliche Liebesgeschichte dann ihren Anfang nimmt. Ganz besonders mochte ich Millies Bruder und die enge Beziehung der Geschwister zueinander – diese Szenen wirkten immer sehr echt und ungekünstelt.

Insgesamt gefiel mir der Schreibstil der Autorin sehr und fand die Geschichte gerade deswegen so schön, weil die Entwicklungen Zeit und Raum bekamen. Trotz des geringen Seitenumfangs fühlte sich die Geschichte zu keinem Zeitpunkt gehetzt an. Das Setting ist stimmig und diverse sympathische Nebencharaktere bereichern die Geschichte außerdem ungemein – als kitschig empfand ich sie dabei nie.

Wer eine leichte, eher ruhige Liebesgeschichte mit sympathischen Charakteren sucht, der ist hier genau richtig.

Veröffentlicht am 17.09.2021

Eine tragisch-komische Geschichte

Barbara stirbt nicht
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Eines Morgens wacht Walter Schmidt auf und wundert sich über den fehlenden Kaffeeduft, der ihn sonst dank seiner Frau immer schon erwartet. Zunächst noch verärgert über den nicht vorhandenen Kaffee, ist ...

Eines Morgens wacht Walter Schmidt auf und wundert sich über den fehlenden Kaffeeduft, der ihn sonst dank seiner Frau immer schon erwartet. Zunächst noch verärgert über den nicht vorhandenen Kaffee, ist der aber bald sein geringstes Problem: Seine Frau Barbara steht nicht mehr auf und nichts ist mehr wie es einmal war.
Eigentlich möchte man Walter Schmidt am Anfang nicht mögen – seine Gedanken und Äußerungen, was die Situation und insbesondere seine kranke Frau angeht, sind einfach zu krass – aber im Laufe der Geschichte kann man gar nicht anders. Er ist ein schrulliger, alter Mann mit scheinbar verbohrten Ansichten und es macht großen Spaß, zu beobachten, wie er durch die neue Situation mehr und mehr Abstand zu diesen gewinnt und tatsächlich eine große Entwicklung durchläuft.
Es ist eine tragisch-komische Geschichte. Vor allem am Anfang habe ich, schon allein wegen der Episoden rund um seine Kaffeekochversuche (wer hätte gedacht, dass das so schwierig sein kann!), oft laut lachen müssen. Gleichzeitig gelingt es dem Buch aber, nicht nur mit schwarzem Humor an der Oberfläche zu kratzen, sondern Stück für Stück auch tiefer in das Leben und die Gedanken von Walter Schmidt vorzudringen.
Alina Bronsky hat diesen Protagonisten brillant geschrieben – ohne Schnörkel, aber unheimlich plastisch und authentisch. Die zahlreichen Nebencharaktere empfand ich als ebenso gelungen. Für mich war das Buch von Anfang bis Ende ein großer Lesegenuss und ich werde Walter Schmidt bestimmt nicht so schnell vergessen.

Veröffentlicht am 17.09.2021

Rasante Reise durch Europa

Midnight Chronicles - Dunkelsplitter
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Die Geschichte um Shaw und Roxy geht rasant weiter: Dank Wardens Erfindung können sie sich quer durch Europa gezielt auf die Suche nach den Spirits machen, die Roxy versehentlich freigelassen hat – zumindest ...

Die Geschichte um Shaw und Roxy geht rasant weiter: Dank Wardens Erfindung können sie sich quer durch Europa gezielt auf die Suche nach den Spirits machen, die Roxy versehentlich freigelassen hat – zumindest würde das in der Theorie so funktionieren, wenn alles glattliefe …
Ich gebe zu, nachdem mich im zweiten Teil der Handlungsstrang um Cain und Warden so begeistert hatte, wollte ich nur ungern zu Shaw und Roxy zurückkehren. Aber deren Geschichte kommt in diesem Buch nun definitiv in Fahrt und während ihrer aufregenden Reise durch Europa habe ich immer mehr Gefallen an den beiden gefunden.
Der Aufenthalt in Prag war auf jeden Fall mein Highlight: Tolle Kulisse, interessante Nebencharaktere und Spannung pur – hier wäre ich am liebsten gar nicht mehr weggegangen. Vor allem die für die Stadt eigenen übernatürlichen Wesen waren total faszinierend und ich fand es richtig spannend, dass hier tatsächlich regionale Folklore berücksichtigt wurde, von der ich zuvor noch nie gehört hatte.
Aber auch der Schluss hatte es in sich! Es gibt zahlreiche neue Entwicklungen, die ich so nicht hatte kommen sehen, die ich aber richtig gut und überzeugend fand. Das Ende verspricht auf jeden Fall eine interessante Fortsetzung der Geschichte um Roxy und Shaw in Buch 5.

Veröffentlicht am 08.09.2021

Wohlfühlgeschichte ohne Überraschungen

Das geheime Leben des Albert Entwistle
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Albert Entwistle, ein 64jähriger Postbote, der sehr zurückgezogen lebt und dem die Routinen des Alltags heilig sind, erhält selbst Post: Die Mitteilung, dass er in drei Monaten in Rente gehen darf. Das ...

Albert Entwistle, ein 64jähriger Postbote, der sehr zurückgezogen lebt und dem die Routinen des Alltags heilig sind, erhält selbst Post: Die Mitteilung, dass er in drei Monaten in Rente gehen darf. Das stimmt ihn allerdings alles andere als freudig und wirft ihn tatsächlich komplett aus der Bahn. Auf der Suche nach einer Antwort auf die Frage, was er im Ruhestand mit seinem Leben anfängt, werden mehr und mehr Erinnerungen an seine Jugendliebe, George, und deren jähes Ende wach.
Matt Cain hat hier eine Wohlfühlgeschichte geschrieben, die einem einige unterhaltsame Lesestunden beschert. Albert ist ein unheimlich sympathischer Protagonist und es gab etliche Szenen, die ich mir direkt filmisch ausgemalt habe. Insbesondere seine Bemühungen bzw. Schwierigkeiten mit den lieben Kollegen haben bei mir für einige Lacher gesorgt. Auch konnte man gar nicht anders, als mit dem liebenswerten Albert auf der Suche nach George mitzufiebern.
Alberts Entwicklung in der Zeit bis zu seinem Ruhestand ist beinahe eine Kehrtwende von seinem vorherigen Leben als zurückgezogener „Einsiedler“. Zwar empfand ich es schon als aufwühlend, Alberts Gedanken bzw. seinen inneren Zwiespalt zu verfolgen, aber hier hätte ich mir doch ein klein wenig mehr Drama oder zumindest ein paar überraschende Wendungen gewünscht. Auch sprachlich war für mich noch etwas Luft nach oben: Manche Dialoge wirkten etwas hölzern, was mich gelegentlich vom Inhalt abgelenkt hat.
Ich finde, dass man aus dieser tollen Grundidee noch mehr hätte herausholen können. Insgesamt funktioniert das Buch aber als Wohlfühlgeschichte wunderbar. Wer genau das sucht, wird hier bestens unterhalten.