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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 06.06.2019

Ein berührender Sommerroman mit viel Humor

Hibiskusblütenmeer
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Inhalt:

Wenn man die ersten paar Seiten, auf denen Hannah sich wie ein peinlicher und komplett unselbstständiger Teenie benimmt, überstanden hat, wird man mit einer Geschichte belohnt, die nicht nur durch ...

Inhalt:

Wenn man die ersten paar Seiten, auf denen Hannah sich wie ein peinlicher und komplett unselbstständiger Teenie benimmt, überstanden hat, wird man mit einer Geschichte belohnt, die nicht nur durch die grandiosen Beschreibungen einer traumhaft schönen Region und fast schon auf der Zunge spürbaren kulinarischen Genüssen, sondern auch mit Beschreibungen von Menschen, die zweifeln, lachen, weinen, lieben, auf der Suche sind und dabei immer wieder etwas über sich, aber auch über das Leben lernen punkten kann.

Mojácar ist das Ziel des Filmteams, das einen Dokumentarfilm über Land und Leute drehen will und die Protagonistin Hannah geniesst diesen ersten Auslanddreh sichtlich, der sie in einen Ort, an dem sie viele Sommer ihrer Kindheit verbracht hat, zurückführt.

Schnell wird es chaotisch und kompliziert. Längst vergessene (oder verdängte) Menschen tauchen auf und an diesem magischen Ort scheinen sich Vergangenheit und Gegenwart zu vereinen, Träume werden plötzlich zu Möglichkeiten und einige neue Ausgangslagen und Situationen, in denen Hannah wichtige Entscheidungen treffen und Verantwortung für sich und andere übernehmen muss, treten ein.


Schreibstil und Handlung:

Noch nie habe ich den Pflanzennamen "Bougainvillea" öfter in einem Buch gelesen, als in "Hibiskusblütenmeer". Gefühlt nach jeder zweiten Seite umranken die üppigen Blüten der Bougainvilleen irgendwelche Balkongeländer, Fensterrahmen und Dächer. Und bei einer kleinen Recherche bei Google zeigt sich schnell, dass die Autorin nicht übertreibt, der Duft der Blüten liegt beim Lesen schwer in der Luft, die Hitze lässt die Seiten flimmern und wenn man dann noch von den Oliven und den Salzmandeln liest, ist man definitiv gefangen in dieser Geschichte, in der Regenbögen und das Meeresrauschen unsere Figuren täglich begleiten. Aber wisst ihr, wie oft ich das Wort "Hibiskus" gelesen habe? Wenn ich mich nicht verzählt habe, dann kam das Worte ganze....null Mal im Buch vor. Weil Hibiskus ja auch ursprünglich aus Asien stammt und nicht aus Spanien (obwohl er dort natürlich mittlerweile auch anzutreffen ist) und somit in diesem Buch - und schon gar nicht im Titel - nicht viel verloren hat. Dies aber nur als Amusement am Rande, kann doch die Autorin mit Sicherheit nichts für die unglückliche Titelwahl. "Bougainvilleenblütenmeer" wäre aber auch zu umständlich gewesen.

Viel passender dann waren die Personen gewählt, die Isabelle Broom Hannah an die Seite stellt und mit und dank denen die junge Frau eine riesige Entwicklung durchmacht und dabei eine neue Freundin gewinnt, ein Geheimnis lüftet, einige Küsse (davon ein ungeschickter Kuss) erlebt und stets ein wenig beschwipst von Sonne, Liebe und manchmal auch Sangria durchs Leben geht. Was uns aber, die wir gerade zuhause sitzen und uns in den Schlaf lesen, aber auch Hannah bald klar wird: wie in Spanien lässt es sich nicht ewig leben, Veränderungen müssen her, Entscheidungen gefällt und Herzen gebrochen und gekittet werden. Und wie Broom dies beschreibt, ist wundervoll einfühlsam, traurig, überraschend und immer wieder sehr humorvoll.


Meine Empfehlung:

Für dieses sommerlich leichte, aber stellenweise auch sehr anrührende und traurige Buch, das uns in eine verzauberte Region in Spanien entführt, gibt es von mir eine herzliche Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 04.06.2019

Brillant und sehr unterhaltsam

Schriftsteller!
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Inhalt:

"Schriftsteller!" habe ich aufgrund von Cover, Titel und natürlich Verlag aus dem offenen Bücherschrank mitgenommen. Wie sehr oft habe ich den Klappentext nicht gelesen und wusste deshalb nicht, ...

Inhalt:

"Schriftsteller!" habe ich aufgrund von Cover, Titel und natürlich Verlag aus dem offenen Bücherschrank mitgenommen. Wie sehr oft habe ich den Klappentext nicht gelesen und wusste deshalb nicht, was mich erwarten würde. Um so mehr hat mich dann das kleine Büchlein überrascht und begeistert. Jessica Durlacher gelingt es nämlich, mit viel Witz und Charme die Geschichte der Autorin Tirza Danz, die nach einem grossen Erfolg mit ihrem ersten Roman nun krampfhaft auf der Suche nach weiteren Inspirationen ist, zu erzählen. Dabei lässt Durlacher tief aber auch sehr selbstironisch in eine künstlerische Scheinwelt blicken und beginnt ihre Erzählung mitten im Leben, nach einer kläglich gescheiterten Dinnerparty. In den ersten Kapiteln erfahren wir zuerst schemenhaft und dann immer klarer, was sich an dieser Party zugetragen hat und weshalb die Protagonistin einen Groll auf gewisse Menschen und vor allem auch auf sich selber hegt. Nach und nach dröseln sich diese einzelnen Erinnerungsfäden auf und ein Gesamtbild, in dem die von Selbstzweifeln geplagte Tirza Danz sich mit einer skurrilen Interviewanfrage und einem störrischen Schüler konfrontiert sieht, während sie verzweifelt nach Worten für ihren nächsten Roman ringt, entsteht...


Lesegefühl:

Dieses Buch habe ich nur so inhaliert und auf einer Zugfahrt heute Vormittag gelesen. Die Unsicherheit der Autorin, aber auch die Absurdität der ganzen Handlung waren in jeder Zeile spürbar und obwohl teilweise sehr beklemmende Gefühle aufgekommen sind, hat mich dieses Buch in erster Linie unterhalten und immer wieder zum Schmunzeln gebracht. Grandiose und sehr überzeugende Beschreibungen von Figuren, die wir alle so oder ähnlich zu kennen glauben, ein wenig überspitzte Charakterstudien der Protagonistin und ihren vermeintlichen Widersachern und vor allem auch ein paar Einblicke in die Welt der Schriftsteller machen dieses Buch zu einem mitreissenden, spannenden und kurzweiligen Lesevergnügen.


Meine Empfehlung:

Für den erfrischenden Stil, die authentische und zugleich verzweifelte als auch geniale Protagonistin und die humorvolle, mitreissende, beklemmende und irrwitzige Handlung gibt es von mir eine ganz klare Leseempfehlung für "Schriftsteller!" von Jessica Durlacher.

Veröffentlicht am 02.06.2019

Leider zu flach, mit oberflächlichen Beschreibungen aber insgesamt eine interessante Gesellschaftsstudie

Effi Briest
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Meine Meinung und Inhalt:
"Effi Briest" habe ich eigentlich nur gekauft, weil ich es in einer Klassiker-Leserunde lesen wollte. Dann stiegen nach und nach alle aus und ich war alleine, weshalb das Buch ...

Meine Meinung und Inhalt:
"Effi Briest" habe ich eigentlich nur gekauft, weil ich es in einer Klassiker-Leserunde lesen wollte. Dann stiegen nach und nach alle aus und ich war alleine, weshalb das Buch dann lange vor sich hin schlummerte. Schon anfangs hat es mich nicht sonderlich gefesselt, weshalb ich es nicht sofort beendete, sondern eher mässig motiviert nebenher las. Nun aber wollte ich das Buch endlich beenden und sehen, welch übles Ende es mit Effi nehmen würde.
Zuerst einmal kann ich sagen, dass mir das Buch keine grosse Mühen bereitet hat, was sicher auch am Glossar im Anhang liegt, der durchaus hilfreich ist in dieser Ausgabe. Ausserdem habe ich schon einige Klassiker gelesen, deren Sprache wesentlich behäbiger war. Leider jedoch ist an Tiefgründigkeit nicht allzu viel zu erkennen, die Charakter sind insgesamt eher flach, Effi einfach nur kindlich und die Handlung ein wenig zu plakativ. Fontane versteht es definitiv nicht, sich in eine junge Frau hineinzuversetzen, ihre Gedanken und Gefühle wiederzugeben und sie als Figur fassbar zu machen. Vielmehr blickt er väterlich auf die Szenerie herab und beschreibt, was sonst im gesellschaftlichen Gefüge vor sich geht. Dies allerdings ist ziemlich spannend in einer Zeit, in der man nur mit Briefen und Telegrammen kommuniziert, in der man die Meinung der Nachbarn höher gewichtet als familiäre Banden und in der man einander gegenseitig zum Tee und zu Abendgesellschaften einlädt, um Beziehungen zu pflegen und Kontakte zu knüpfen. Interessanterweise treten dabei vor allem einige besonders pointiert dargestellte Nebenfiguren hervor, die für ein wenig Unterhaltung sorgen und die eigentliche Qualität des Schriftstellers zeigen.
Auf meinem SuB liegt noch "Der Stechlin" von Fontane, so schnell werde ich mir aber einen solchen Roman, der stets zwischen dröge, unterhaltsam und aufmerksam beobachtend schwankt, nicht mehr zumuten, wenn auch ich auf den letzten 70 - 80 Seiten noch einmal positiv überrascht worden bin, vom Tempo, das Fontane gegen Ende aufgenommen und auch gehalten hat.

Fazit:
Ob ihr dieses Buch lest oder nicht, wird eure Welt nicht verändern. Wenn ihr es aber lest, könnt ihr einiges darüber erfahren, wie man sich in der eher vornehmen Gesellschaft des 19. Jahrhunderst bewegt hat und welche Konsequenzen ein Seitensprung für eine verheiratete Frau hatte. Ausserdem werdet ihr vor allem von den Nebenfiguren positiv überrascht sein und immer wieder ein paar unterhalsame Lesemomente erleben.

Veröffentlicht am 02.06.2019

Eine märchenhafte, skurrile und abenteuerliche Geschichte

Kafka am Strand
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Inhalt und Lesegefühlt:
Erinnert an "Mister Aufziehvogel" von Murakami, startete auch beim Buch "Kafka am Strand" bei mir schon nach wenigen Seiten das wilde Spekulieren und Abwägen und ich liess mich ...

Inhalt und Lesegefühlt:
Erinnert an "Mister Aufziehvogel" von Murakami, startete auch beim Buch "Kafka am Strand" bei mir schon nach wenigen Seiten das wilde Spekulieren und Abwägen und ich liess mich von meiner Fantasie zu den verrückstesten Ideen und Erklärungen hinreissen. Aber was war denn nun alles zu erlesen? Abschliessend kann man es vielleicht gar nicht so genau definieren. Aber ganz kurz gesagt geht es um den 15-jährigen Kafka Tamura, der sich aufmacht, um Antworten auf grosse Fragen in seinem Leben zu finden. Es geht um das Erwachsenwerden, das Entdecken von eigenen Grenzen und Möglichkeiten, um Menschen, die sich immer wieder neu erfinden, um das Sterben und den Tod, verschiedene Zugänge zur Sexualität und der Liebe und darum, wie und als was wir uns definieren. Ebenfalls spielen Katzen (leider tot und lebendig) eine grosse Rolle, sowie Mysterien, unsere Kommunikation, eine grosse Bibliothek, das Lesen an sich, Rätsel, Musik und die Welt, die wir betreten, wenn wir schlafen.
Beim Lesen flog ich nur so durch die Seiten, amüsierte mich köstlich, ekelte mich, litt und fieberte mit und staunte über so viel sprachliche Schönheit, die atmosphärischen Beschreibungen und diese ganz eigene Welt, in der Traum und Wirklichkeit mühelos verschmelzen.

Schreibstil und Handlung:
Von der ersten bis zur letzten Seite war ich gefangen in einem Sog und einer Leichtigkeit, die ich von "Mister Aufziehvogel" nicht kannte. Was war anders? "Mister Aufziehvogel" habe ich nicht in einer Übersetzung von Ursula Gräfe, sondern in einer Übersetzung aus dem Amerikanischen gelesen. Also: wenn möglich, dann lest unbedingt eine Übersetzung der Grossmeisterin Ursula Gräfe, die Murakami direkt aus dem Japanischen ins Deutsche übersetzt hat. Was da nämlich an sprachlicher Möglichkeit entsteht und genutzt wird, kann man sonst gar nicht erfassen.
Schillernd, sehr leicht, wie ein Traumgebilde oder ein Märchen wird eine Geschichte aus verschiedenen Strängen gewoben. Die Geschichte um den klugen und trainierten Kafka Tamura, der sich aufmacht, um eine Prophezeiung zu erfüllen, aber auch die Geschichte um Nakata, der mit Katzen sprechen kann und sich selber als dumm bezeichnet. Es prallen Vergangenheiten und Gegenwarten aufeinander (zeitweilig fühlte ich mich an die Serie "Dark" erinnert) und immer mal wieder berühren die Fäden sich, laufen zusammen und entfernen sich wieder voneinander. In typischer Murakami-Manier werden alltägliche Handlungen bis ins kleinste Detail beschrieben und es werden Figuren immer wieder mit ganz neuen Versionen von aus den Fugen geratenen Welten konfrontiert. Dabei werden die schrägsten Metaphern konstruiert und nach und nach zeigt sich auf, wie alles zusammenhängt oder zusammenhängen könnte...
Zudem lässt sich in diesem skurrilen Roman auch einiges an Gesellschaftskritik finden. Da gibt es Passagen, in denen die Protagonisten (insbesondere Nakata, den ich sehr, sehr, sehr ins Herz geschlossen habe) über die Sinnlosigkeit des Kriegs, über die Liebe, Erinnerungen, das Verzeihen von Fehlern und das persönliche Glück philosophieren und ich habe oft einige Sätze mehrmals gelesen, weil sie einfach so schön waren.

Meine Empfehlung:
"Kafka am Strand" hat mich berührt und begeistert und in eine ganz eigene Welt entführt, auf die man sich einlassen muss, die aber - sobald man die Logik unserer Welt gedanklich ausser Kraft setzt - mit ganz eigenen Regeln und sehr spannenden Ereignissen überzeugen kann. Neben den äusserst detaillierten und stimmungsvollen Beschreibungen von Orten und Gebäuden, sind es vor allem auch die kunstvoll kreierten Figuren, die dieses Buch so lesenswert machen. Von mir gibt es deshalb eine nach wie vor überwältigte Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 28.05.2019

Unterhaltsam und ein wenig überspitzt

Betamännchen
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Meine Meinung:
Ich muss gestehen, dass ich am Anfang schon ein wenig skeptisch gegenüber diesem Buch war. Ich wollte aber unbedingt wissen, wie das Thema aufgegriffen und verarbeitet wird. Im Nachhinein ...

Meine Meinung:
Ich muss gestehen, dass ich am Anfang schon ein wenig skeptisch gegenüber diesem Buch war. Ich wollte aber unbedingt wissen, wie das Thema aufgegriffen und verarbeitet wird. Im Nachhinein muss ich sagen, dass ich sehr froh darüber bin, mich mit diesem Buch beschäftigt zu haben. Statt langweiliger Genderdiskussionen haben hier viele Erlebnisberichte und urkomische Gegenüberstellungen Platz. Statt den ewigen Streitereien um das "bessere" und "stärkere" Geschlecht wird einfach nur erzählt und frei von der Leber weg über Alltagssituationen geplaudert und philosophiert. Ich konnte das Buch fast nicht mehr aus der Hand legen und weil eine Wendung in der Geschichte die andere jagt, wollte ich unbedingt so schnell wie möglich das ganze Buch lesen und wissen, wie es mit dem Vaterkomplex des Autors und der Beziehungsstörung der Autorin weiter geht.

Schreibstil und Handlung:
Das Autorenteam berichtet abwechslungsweise von seinem Alltag. Die Texte ergänzen sich manchmal, sind häufig aber auch nur zwei in sich fortlaufende Erzählstränge oder sogar Einzelerzählungen. Jedes Kapitel wird mit einem passenden Zitat und einer amüsanten Illustration eingeleitet und die comicähnlichen Bilder schmücken auch so manche andere Seite. Spannende, nachdenklich stimmende und zum Brüllen komische Kapitel zum Thema Vater sein, Vater haben und Vater werden, Partnerschaft, Freundschaft, Liebe und das Verlassenwerden wechseln sich ab und machen dieses Buch zu einer ernsten, aber unterhaltsamen, kurzweiligen aber wertvollen Lektüre.
Der Stil ist trotz den zwei Autoren einheitlich gehalten und liest sich sehr flüssig. Stefan Bonner und Anne Weiss berichten intelligent, witzig, ehrlich und selbstironisch und dabei bleibt kein Auge trocken und keine Lachmuskel entspannt. Sie schreiben sympathisch und haben mir Lust auf mehr gemacht. Ich könnte mir gut vorstellen, mit den beiden Autoren einmal einen Kaffee trinken zu gehen und werde mich auf jeden Fall über weitere Bücher von ihnen auf dem Laufenden halten und vielleicht sogar das eine oder andere bereits geschriebene oder zukünftige Buch von ihnen lesen.

Fazit:
Ernst, nachdenklich stimmend, amüsant und ehrlich beschreibt dieses Buch Probleme und Situationen, die wohl jede Frau und jeder Mann unserer Gesellschaft aus seinem eigenen Leben oder zumindest aus dem Umfeld kennt. Dieses Buch ist kein Ratgeber und will es auch nicht sein. Es hat auch keinen Anspruch, gewisse Gegebenheiten zu erklären. Vielmehr berichtet es ehrlich von Problemen, die aber manchmal gelöst werden können und wird so zu einer wertvollen und sehr amüsanten Lektüre, bei der wir vielleicht manchmal auch noch etwas lernen können.