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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 03.07.2018

Was sind Spinster?

Spinster Girls – Was ist schon normal?
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Evie ist 16. Sie führt ein Normalwerdetagebuch. Das ist es, was sie sich sehnlichst wünscht: normal sein. Seit drei Jahren wird ihr Leben von Zwängen, unter anderem von einem Waschzwang, Angst vor Bakterien, ...

Evie ist 16. Sie führt ein Normalwerdetagebuch. Das ist es, was sie sich sehnlichst wünscht: normal sein. Seit drei Jahren wird ihr Leben von Zwängen, unter anderem von einem Waschzwang, Angst vor Bakterien, Angst vor verkeimten Lebensmitteln, beherrscht. Sarah, ihre Psychologin, steht ihr nicht immer hilfreich zur Seite. Evies Eltern sind überfordert, verharmlosen und wollen ihre Schwester aus allem heraushalten. Ihre ehemals beste Freundin ist verliebt und für Evie keine Ansprechpartnerin mehr. “Ungute Gedanken“ überfallen sie in vielen Situationen. Könnte Ethan, ein überaus sympathischer und witziger Mitschüler, die Lösung der Probleme sein?
Nein... Ab jetzt wird alles noch schlimmer. Lottie und Amber tun Evie gut, sie gründen den Club der Spinster Girls, wollen eigene Persönlichkeiten bleiben und sich nicht für Jungen verbiegen. Ihre größten Sorgen vertraut sie ihnen aber nicht an.
Die Symptome verstärken sich dramatisch. Ein normales Leben ist unmöglich, Zwangshandlungen bestimmen den Tagesablauf. Evie erlebt Phasen wie jede Pubertierende, kann damit aber überhaupt nicht umgehen. Da sie zudem ihre Medikamente verringert, alles in sich hineinfrisst, kommt es zu einem grausigen Showdown. Salzsäure spielt dabei eine Rolle.
Holly Bourne beschreibt die Gefühle der verletzlichen und unsicheren Evie mit schmerzhafter Genauigkeit. So allein, trotz vermeintlich intakter Familie, psychologischer Betreuung und guten Freundinnen.
Dieses beeindruckende Jugendbuch trägt dazu bei, die Leser zu mehr Sensibilität, Toleranz und Verständnis zu bewegen.

Veröffentlicht am 25.06.2018

Nichts ist so, wie es scheint

Der Sommer der Pinguine
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Eine phantasievolle Erzählung über einen Abschnitt im Leben von Mrs. Robington, einer Lehrkraft vom Lande.
Bei einem Londonbesuch entdeckt sie Faszinierendes: einige Menschen sehen nur wie Menschen aus, ...

Eine phantasievolle Erzählung über einen Abschnitt im Leben von Mrs. Robington, einer Lehrkraft vom Lande.
Bei einem Londonbesuch entdeckt sie Faszinierendes: einige Menschen sehen nur wie Menschen aus, sind aber in Wahrheit ... Pinguine! Gut getarnt führen sie ein anscheinend normales Leben als Buchhändler, Köche, Dirigenten und mehr. Nur wer genau hinsieht, erkennt ihre wahre Natur. Sie wollen weiterhin ungestört in der Menschenwelt leben, deshalb könnte der Fund von Briefen eines Forschers ihre friedvolle Lebensweise beenden.
Jetzt ist Mrs. Robington gefordert. Auf ungewöhnliche Weise kommt sie zu Helfern, entwickelt einen Plan. Der könnte auch Rache an einem früheren Liebhaber beinhalten.
Einschübe aus diversen Lexika, von Polbewohnern verfasst, bringen die Denkweise der Pinguine näher und zeigen erfrischende Sichtweisen.
Eine nette, märchenhafte Geschichte. Thomas Montasser spielt phantasievoll mit dem Gedanken, was wäre wenn vieles anders wäre, als es auf den ersten Blick erscheint.

Veröffentlicht am 19.06.2018

Seuchen, Krätze, Cholera

Die Charité: Hoffnung und Schicksal
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Seuchen, Krätze, Syphilis
Die Cholera ist in Berlin! Doch nicht nur mit dieser Seuche, auch mit Krätze, Syphilis, Brüchen, Verbrennungen, Amputationen werden die Ärzte in Berlin konfrontiert. Gegensätzliche ...

Seuchen, Krätze, Syphilis
Die Cholera ist in Berlin! Doch nicht nur mit dieser Seuche, auch mit Krätze, Syphilis, Brüchen, Verbrennungen, Amputationen werden die Ärzte in Berlin konfrontiert. Gegensätzliche Lehrmeinungen prallen aufeinander, von Hygiene kann keine Rede sein, Krankenwärter sind rar und unwillig. All diese Dinge und noch viel mehr spielen sich in der Charité ab. Folterhölle? Ort der Wissenschaft? Gesundwerde-Anstalt?
Ein spannender Einblick in die Geschichte dieses berühmten Hauses. Krankenhausalltag aus Sicht der Ärzte und Pfleger. Hierarchien behindern den Fortschritt. Arme Patienten werden zu Versuchskaninchen, aber auch wohlhabende Patienten erfahren oft die Schrecken unausgereifter Techniken. Depressiven Patienten werden bewusst heftige Schmerzen zugefügt, um ihren Geist zu wecken. Trotzdem: engagierte und wissbegierige Ärzte entdecken schonendere Verfahren, gehen neue Wege, tun alles zum Wohl der Kranken. Bessere Operationsmethoden werden durchgesetzt. Und auch bei den Pflegekräften gibt es Veränderungen: eine Art Ausbildung wird eingeführt. Gut für die meist rechtlosen Insassen. Die miserable Bezahlung aber bleibt, Personalmangel führt zu Pflegenotstand. Da hat sich bis heute nicht viel getan.
Natürlich kommt auch die Liebe nicht zu kurz.
Lest selber, es lohnt sich.

Veröffentlicht am 13.06.2018

Der Plan: 26 Morde

Der Alphabetmörder (Ein Grall-und-Wyler-Thriller 1)
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Das erste Opfer hatte ein A eintätowiert, das zweite ein B. Angekündigt wird, dass das Alphabet vervollständigt wird. Fallanalytiker Jan Grall wird angefordert. Er kommt mit Unbehagen, ist der Tatort doch ...

Das erste Opfer hatte ein A eintätowiert, das zweite ein B. Angekündigt wird, dass das Alphabet vervollständigt wird. Fallanalytiker Jan Grall wird angefordert. Er kommt mit Unbehagen, ist der Tatort doch sein Heimatgebiet, mit dem er schlimmste Erinnerungen verbindet. Seine Assistentin Rabea macht sich so ihre Gedanken.
Noch dringlicher wird die Klärung, als ein weiterer Toter auftaucht, zwei Frauen vermisst werden, ein Ermittler getötet wird und weitere Morde drohen. Die Ermittler erkennen einen Zusammenhang zu geschriebenen Worten, allerdings hilft ihnen das zunächst nicht.
Dem Fallanalytiker geht es nicht gut, Hypersensibilität, Hintergrundprobleme und ein Angriff auf seine Assistentin beeinflussen sein Handeln.
Was für eine Idee, ein Täter, der 26 Morde plant! Und es scheint, als ob er das auch durchführen wird.
Das Ermittlerteam gibt sich alle Mühe. Spät findet sich eine Spur....
Dieser Thriller beginnt rasant, verliert aber an Tempo. Vorhersehbare Unprofessionalität und unlogisches Verhalten nimmt Lesefreude. Stilistische Wiederholungen ebenfalls. Jedoch gibt es auch interessante Erklärungen zur Arbeit eines Profilers (ja, korrekterweise Fallanalytiker), einen Blick auf Probleme einer bestimmten Bevölkerungsgruppe und spannende Passagen.

Veröffentlicht am 31.05.2018

Siamesische Zwillinge

Eins
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Tippi und Grace sind hübsche und intelligente Mädchen, Zwillinge. Siamesische. An der Hüfte zusammengewachsen. Sie haben ihr Schicksal akzeptiert, mögen ähnliche Dinge, hassen es aber, angestarrt oder ...

Tippi und Grace sind hübsche und intelligente Mädchen, Zwillinge. Siamesische. An der Hüfte zusammengewachsen. Sie haben ihr Schicksal akzeptiert, mögen ähnliche Dinge, hassen es aber, angestarrt oder als Freaks fotografiert zu werden. Ärzte haben ihnen eine Lebenserwartung von zwei Jahren zugebilligt, inzwischen sind sie 16. Da Hausunterricht zu teuer und der Vater zudem arbeitslos ist, sollen Beide auf ein öffentliches Gymnasium. Wenig begeistert, finden sie in ihrer zugeteilten "Patin" Yasmeen und Jon Freunde. Yasmeen ist selbstbewusst, fürsorglich und HIV-positiv. Grace verliebt sich in Jon.
Das Geld wird immer knapper, der alkoholkranke Vater ist unberechenbar, die Mutter verliert einen ihrer zwei Jobs, auf alle Extras muss verzichtet werden, alles, was an Geld vorhanden ist, wird in die medizinische Betreuung der Zwillinge gesteckt. Was sie bisher vermieden haben - mit ihrem Aussehen Geld zu verdienen- soll jetzt umgesetzt werden. Grace und Tippi schließen einen Vertrag mit einem Fernsehsender. Reporterin Caroline soll ihren Alltag begleiten und dokumentieren.
Doch der Gesundheitszustand der Mädchen verschlechtert sich rapide, das Herz von Grace wird immer schwächer. Wie geht es weiter: nur eine chirurgische Trennung, ungewollt von Beiden, und eine Herztransplantation ermöglichen Weiterleben. Die Mädchen werden langsam auf diese riskante OP vorbereitet. Unerwartet mitfühlend und verständnisvoll werden sie von Caroline untertützt, die neugierige Kamera bleibt aussen vor.
Die Operation geht schief, Tippi stirbt. Grace, ihre Familie und Freunde bleiben in tiefer Trauer zurück. Diesen Verlust kann und wird Grace nie überwinden.
Sehr sensibel, aber ohne Pathos beschreibt Sarah Crossan das Leben der zusammengewachsenen Zwillinge, ihre Gedanken und Gefühle, die täglichen Schwierigkeiten, Reaktionen der Umwelt, die Liebe der Schwestern zueinander, die gegenseitige Rücksichtnahme. Schön, dass sie ihnen Freunde zur Seite stellt, die sie nicht als Monster ansehen.
Das Buch gibt durch Seitengestaltung, die nur wenig Text und viele Absätze enthält, viel Zeit für Gedankenpausen und zum Nachdenken.
Sehr anrührend, ein Plädoyer, Anderssein weder zu ignorieren noch abzulehnen, sondern einfach einzubeziehen in das alltägliche Leben.