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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 31.05.2018

Hilfreiche Geschichten?

Das Leben und Schlimmeres
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Behördenspitzfindigkeiten, Ökogase, Hunde, Krankenhäuser, Taschentücher, Schlagersänger... alles wird betrachtet, kein Thema - mag es noch so skurril klingen (nordische Hexen, Fledermäuslhäusl) wird ausgelassen. ...

Behördenspitzfindigkeiten, Ökogase, Hunde, Krankenhäuser, Taschentücher, Schlagersänger... alles wird betrachtet, kein Thema - mag es noch so skurril klingen (nordische Hexen, Fledermäuslhäusl) wird ausgelassen. Jedoch hat Herr Ringsgwandl ein Problem: er leidet an sich und an chronischer Übertreibung. Zuerst unterhaltsam und durchaus witzig, langweilen sie nach kurzer Zeit.

"Alltagssituationen" machen neugierig auf seine Geschichten, anschauliche Wortwahl verleiht Lebendigkeit. Manchmal sogar zu viel (Nachhaltig schnäuzen). Schade, dass das Niveau teilweise unter die Gürtellinie rutscht. Warum eigentlich "Hilfreiche Geschichten" (so der Untertitel) ?

Gut ausgewählt das kalte Blau und das entsetzte Gesicht des Autors auf dem Cover. Passt hervorragend zum Buch.

Nicht so mein Fall, aber für derben Humor liebende und schmerzresistente Leser sicher gute Unterhaltung.

Veröffentlicht am 31.05.2018

Was wäre, wenn...?

Endzeit
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Gabrielle Fox, Psychotherapeutin, ist nach einem mitverschuldeten Autounfall auf den Rollstuhl angewiesen., hat ihren Geliebten und ihr Baby verloren. Nach Behandlung und Reha wagt sie einen Neuanfang ...

Gabrielle Fox, Psychotherapeutin, ist nach einem mitverschuldeten Autounfall auf den Rollstuhl angewiesen., hat ihren Geliebten und ihr Baby verloren. Nach Behandlung und Reha wagt sie einen Neuanfang im weit entfernten Oxsmith Psychiatric Hospital, "dem Heim der hundert gefährlichsten Kinder im Land, einer Einrichtung, die als Mülleimer für Menschen" gilt. Ihr wird Bethany Krall, mit der niemand sonst arbeiten will, die als nicht therapierbar und extrem aggressiv gilt, zugewiesen. Bethany hat ihre Mutter brutal getötet. Jetzt bleibt sie meistens stumm, zeigt Verstörtheit und verletzt sich selbst. Einen sie provozierenden Jungen sticht sie mit einem Teil des von ihm zerstörten Globusses und interessiert sich nicht für die Folgen, nur dafür, welcher Erdteil die Wunden verursachte. Erinnert ein wenig an Hannibal Lector, den Psychopathen aus "Schweigen der Lämmer". Auf Elektroschockbehandlungen spricht Bethany an und verlangt danach. Sie hat Visionen von Naturkatastrophen, kann Ort und Zeit exakt voraussagen. Zunächst werden diese Prophezeihungen als Zufälle abgetan, Gabriella jedoch möchte die betroffenen Menschen warnen und wird als ebenso unglaubwürdig erachtet. Unterstützung bekommt sie von einem angesehenen Physiker, der seine Verantwortung erkennt und dafür seinen guten Ruf aufs Spiel setzt. Die Voraussagen von Bethany, \, erfüllen sich weiter auf grausame Weise. Für den 12. Oktober sagt sie einen riesigen Tsunami, der Dänemark, die Niederlande, Norddeutschland, Belgien und Großbritannien überschwemmen wird, voraus. Die Welt danach ist auf erschreckende Weise verändert: Klimaerwärmung, schmelzende Gletscher, sich ausdehnende Ozeane und ertrinkende Kontinente. Die Menschen kämpfen ums Überleben, viele verlieren diesen Kampf. Wird Bethany auch hier recht behalten? Können Gabrielle und der Physiker, inzwischen ein Liebespaar, einflussreiche Verbündete gewinnen? All das werde ich nicht verraten, nur so viel: ein faszinierender Thriller, packend geschrieben, befasst mit aktuellen Problemen der menschlichen Profitgier und gewissenloser Zerstörung der Umwelt, wartet hier auf Leser. Liz Jensen ist ein intelligentes, phantasievolles und packendes Szenario gelungen, ganz große Klasse.

Veröffentlicht am 31.05.2018

Nicht alles ist so, wie es scheint

Zeugin der Toten
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Ein faszinierendes Buch, wenn auch anders, als erwartet.

1985, in einem Kinderheim in Stralsund. Ein fünfjähriges Mädchen wird gegen ein anderes ausgetauscht und heißt ab sofort wie diese: Judith Kepler.

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Ein faszinierendes Buch, wenn auch anders, als erwartet.

1985, in einem Kinderheim in Stralsund. Ein fünfjähriges Mädchen wird gegen ein anderes ausgetauscht und heißt ab sofort wie diese: Judith Kepler.

Mehr als 20 Jahre später hat Judith einiges hinter sich; lieblose Kindheit und Jugend im Heim, Alkoholmissbrauch, Drogenabhängigkeit. Jetzt arbeitet sie als Cleaner in einem Gebäudereinigungsunternehmen, putzt in öffentlichen Einrichtungen oder reinigt Haushalte Verstorbener. Das ist bei weitem nicht so harmlos, wie sich das zunächst anhört. Nicht nur die Todesumstände werden ersichtlich, oft trifft Judith auf Verwesung und eklige Hinterlassenschaften, die beseitigt werden müssen. Die Beschreibung der Szene in der Wohnung der alten Frau ist besonders gelungen, hier wird ein Schicksal erzählt.

Im Haushalt einer ermordeten jungen Frau findet Judith ihre Heimakte. Warum und wieso bei einer Unbekannten? Warum wurde diese ermordet? Nach und nach findet Judith Spuren, die ins Jahr 1985 zurückreichen. An speziellen Dokumenten aus dieser Zeit haben mehrere Organisationen Interesse, der BND, ausländische Geheimdienste, die StaSi. Auf ihrer Suche erlebt Judith brisante Situationen, sie wird bedroht, entführt, als Mörderin hingestellt. Allmählich werden Zusammenhänge klar, im Dunkeln Liegendes wird erhellt. Hilfe bekommt Judith von einem Exagenten des BND, auch von ihrem väterlichen Chef.

Mit Mut, Glück und Dreistigkeit erreicht sie... ja was?

Elisabeth Herrmann schreibt spannend, die handelnden Personen werden anschaulich dargestellt, man empfindet auch für sperrige Charaktere Sympathie. Nicht alles ist glaubhaft, aber der Handlungsablauf ist nachvollziehbar.

Ein lesenswertes Buch, das die Zeit des Kalten Krieges und seine Auswirkungen bis heute erhellt.

Veröffentlicht am 31.05.2018

Ein Mann am Fluss

Die Freundin meines Sohnes
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Ein Mann am Fluss. Ein Zimmer über der Garage ist sein derzeitiges Zuhause, er wird beschimpft und mit Bierdosen beworfen. Unverständlich, hatte er doch über eine gutgehende Arztpraxis in einem besseren ...

Ein Mann am Fluss. Ein Zimmer über der Garage ist sein derzeitiges Zuhause, er wird beschimpft und mit Bierdosen beworfen. Unverständlich, hatte er doch über eine gutgehende Arztpraxis in einem besseren Viertel, über eine ihn liebende Ehefrau, über einen erwachsenen, künstlerisch begabten Sohn und über ein schönes Eigenheim in einem großen Garten berichtet.

Wehmütig beschreibt er sein Leben, seine Familie, seine Studienzeit, sein Zusammensein mit Freunden, die Geburt des lang erwarteten Sohnes Alec. All das hat er nicht gebührend geschätzt, ja als ihm zustehend angenommen. Seine Frau, die für ihn nicht die große Liebe war (diese konnte er nicht bekommen), ihn aber liebte und ihre Interessen stets zurückstellte, seine Freunde, denen er bei Problemen nicht beistand und sie sogar für erlittenes Leid verachtete, Kollegen, auf deren Rat er nicht hörte- das war für ihn normal.

Er ging sogar so weit, seine Wunschvorstellungen hinsichtlich des Sohnes mit enormem Druck durchsetzen zu wollen und maßte sich an, bei anderen Personen seine Wünsche rücksichtslos einzufordern. Gefühle und Interessen ihm nahestehender Menschen schätzte er gering ein und hielt sich für besser als sie.

Aber das war doch bisher gutgegangen - etwas Schreckliches musste geschehen sein. Auf jeden Fall etwas mit der titelgebenden Freundin seines Sohnes, die gleichzeitig die Tochter seines besten Freundes war. Sie erschien ihm nicht gut genug für seinen Sohn, ausserdem war sie wesentlich älter als der 21-jährige Alec. Er vergötterte seinen Sohn, aber der Junge sollte strikt den vom Vater gewünschten Lebensweg einschlagen, was dieser jedoch ablehnte. Aber Liebe oder Nicht-Liebe konnte Dr. Pete nicht befehlen, so sehr er das auch versuchte. Ebensowenig konnte er Alec auf ein College zwingen. Das hätte ihm gefallen: sein Sohn an einer berühmten Hochschule, mit Logo-Shirt und Uni-Kaffeebecher für ihn zum Renomieren.

Was ihm wirklich bevorstand : ein Kunstfehler-Prozess, eine -wenn überhaupt- abgelegene Praxis in einem ärmlichen Viertel, ein Scheidungstermin, Verachtung von Familie, Freunden, Bekannten. Kein bzw. ein bescheidenes Zuhause, ein altes Auto.

Langsam, aber unausweichlich steuert Lauren Grodstein auf die Katastrophe zu. Der Leser weiß, dass der große Knall kommt und ist doch über das "Wie" überrascht. Auch dieses Ende habe ich nicht erwartet.

Die Autorin erzählt ruhig, gleichsam dahinplätschernd, aber doch faszinierend. Ein Roman, der die Scheinheiligkeit des Protagonisten entlarvt und zum Nachdenken anregt.

Veröffentlicht am 31.05.2018

Sommerlektüre

Das Regenmädchen
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Regen.Autobahn.Früher Junimorgen. Ein Auto erfasst ein Mädchen, sie stirbt. Ein Unfall? Nein.

Franziska Oberwieser, genannt Franza, und Felix Herz übernehmen die Ermittlungen. Warum geriet Marie schwer ...

Regen.Autobahn.Früher Junimorgen. Ein Auto erfasst ein Mädchen, sie stirbt. Ein Unfall? Nein.

Franziska Oberwieser, genannt Franza, und Felix Herz übernehmen die Ermittlungen. Warum geriet Marie schwer verletzt auf die Autobahn? Wer hatte sie ihrem tödlichen Schicksal überlassen? Akribisch werden Hinweise gesammelt, in alle Richtungen wird ermittelt. Wer war Marie? Vom Großvater missbraucht, von den Eltern nicht beschützt, sich selbst verletzend, von einem Freund geliebt...?

Franza, Anfang 40, zehn Kilo zuviel, unzufrieden mit ihrem Ehemann, hat ein Verhältnis mit einem jüngeren Schauspieler. Bei ihm findet sie Kraft für ihren Beruf. Ihr Sohn Ben hat sich abgenabelt, sie vermisst ihn.

Felix Herz hat drei Kinder, seine Frau ist schwanger mit Zwillingen. Er hat Magenprobleme, liebt Franzas selbstgebackene Kekse, engagiert sich im Beruf.

Zusammen mit ihrem jungen Kollegen Arthur verfolgen sie die vielversprechendsten Spuren: in Maries Schule, im Wohnheim, mögliche Kunden.... Selbst Ben, Franzas Sohn, steht unter Verdacht als herauskommt, dass er Maries Freund war.

Das Erstlingswerk von Gabi Kreslehner ist ein teilweise neugierig machender Krimi, der leicht und flüssig zu lesen ist. Spannung ist durchaus vorhanden, manches wirkt aber arg bemüht, wie zum Beispiel die Szene im Haus des Autofahrers Bohrmann.

Die Figur Franza ist warmherzig geschildert, an ihrer Gedankenwelt kann der Leser ausführlich teilhaben. Was allerdings ihr jüngerer und erfolgreicher Liebhaber an ihr findet, erschließt sich mir nicht.

Der zweite Ermittler bleibt ein wenig blass, ebenso die Verdächtigen.

Über Marie hätte ich gern ein wenig mehr erfahren als in den kursiv gedruckten Gedanken ihrer "Bekannten" und in den sparsam gehaltenen Erklärungen ihrer Mutter. Andere Krimileser mögen das aber vielleicht nicht so gern.

Fazit: ein leichter Kriminalroman, auf Reisen oder zum Abschalten gut zu lesen.