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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 04.07.2018

Düster und unheimlich

Bunker Diary
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So schwarz/ grau wie das Cover ist auch das Buch. Linus,16-jährig, findet sich in allein in einem Bunker gefangen. Warum wurde er entführt? Bald wird die ebenfalls entführte 9-jährige Jenny zu ihm geschickt. ...

So schwarz/ grau wie das Cover ist auch das Buch. Linus,16-jährig, findet sich in allein in einem Bunker gefangen. Warum wurde er entführt? Bald wird die ebenfalls entführte 9-jährige Jenny zu ihm geschickt. Linus verhält sich sehr fürsorglich und lernt ein sehr sympathisches Mädchen genauer kennen. Sein Leben bisher war nicht einfach, die Mutter verstarb früh, der Vater, durch Comics zeichnen reich geworden, hatte nie Zeit für ihn. So entschied er sich, auf der Straße zu leben und wurde dort auch gekidnappt. Im Bunker sucht er nach Fluchtmöglichkeiten oder wenigstens nach Verbesserung der Umstände. Dafür wird er jedes Mal bestraft. Von wem, warum - seinen Peiniger bekommt er nie zu Gesicht. Genau diese Anonymität und das Gefühl, wie eine Laborratte beobachtet und manipuliert zu werden, macht die Gefangenschaft so qualvoll.
Da der Bunker für sechs Personen hergerichtet ist, sind weitere Opfer zu erwarten...
Die Frage nach dem "Wieso?" bewegt Linus genauso wie den Leser. In einem Tagebuch hält der Teenager seine Gedanken fest, sucht den Kontakt zum Entführer. Entschlossen arbeitet er an Fluchtgedanken, kümmert sich mit erstaunlicher Reife um die Gruppe. Trotzdem wird die Situation immer abstrakter.
Kevin Brooks schreibt so eindringlich, dass das Buch volle Aufmerksamkeit fordert und kaum aus der Hand gelegt werden kann. Man wünscht den Romanfiguren alles Gute und ahnt, dass ein Happy-End unwahrscheinlich ist. Sehr emotional und erschütternd geschrieben.

Veröffentlicht am 04.07.2018

Unfassbar

Die unterirdische Sonne
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Dieses Buch zu lesen ist schwer, es spricht die Gefühle an wie selten eines. Jugendliche werden entführt, gefangengehalten und missbraucht. Das Leben im Keller wird beschrieben, der Missbrauch angedeutet, ...

Dieses Buch zu lesen ist schwer, es spricht die Gefühle an wie selten eines. Jugendliche werden entführt, gefangengehalten und missbraucht. Das Leben im Keller wird beschrieben, der Missbrauch angedeutet, allerdings auf so diffizile Art, dass man die Leiden der Opfer absolut nachvollziehen kann. Sie sind schwer traumatisiert, jedes von Ihnen versucht, wenigsten gedanklich aus dieser Realität zu entfliehen und kann doch nicht entkommen. Sie dürfen untereinander darüber und über vieles andere nicht sprechen. Bei Verstößen werden sie brutal bestraft. Fernsehen und damit Nachrichten über ihre Entführungen sind jedoch erlaubt; eine weitere Form zu sagen: ihr kommt nie wieder frei. Seelische und körperliche Gewalt führen so weit, dass die Kinder -jedes für sich- beschließen, Selbstmord zu begehen.

Mitreißend geschrieben, zum Nachdenken anregend und ein wichtiges Thema aufgreifend gehört dieses Buch zu den erschütterndsten, die ich in letzter Zeit gelesen habe.

Veröffentlicht am 04.07.2018

Die Eiskönigin

Die Königin der Orchard Street
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Als russische Juden in bitterer Armut leben - nein, das wollen Malkas Eltern nicht und beschließen, zu einem Onkel nach Südafrika auszuwandern. Durch Trickserei aber lotst sie der Vater aber nach Amerika, ...

Als russische Juden in bitterer Armut leben - nein, das wollen Malkas Eltern nicht und beschließen, zu einem Onkel nach Südafrika auszuwandern. Durch Trickserei aber lotst sie der Vater aber nach Amerika, dem Land, in dem "...die Pflastersteine aus Gold sind und Milch und Honig in den Bächen fliessen." Ernüchtert findet sich die sechsköpfige Familie in einem Zimmer einer Mietskaserne wieder. Das verzeiht Malkas Mutter ihrer Tochter nie. Sie zwingt die Mädchen, Geld zu verdienen - sonst gibt es nichts zu essen. Malka, gerade sechs Jahre alt, geht kreativ vor: sie singt, ihre jüngere Schwester tanzt, für je einen Penny; und für einen weiteren Penny hören sie damit auf.
Als sie wieder einmal ihren Vater sucht, wird sie von einem Eiswagen angefahren und wacht in einem Krankenhaus auf. Bis zur Hüfte in Gips. Der Vater bleibt verschwunden, die Mutter verstößt das Kind: "Sie ist häßlich, ein Krüppel, nutzlos." Letztendlich nimmt der Fahrer des Eiswagens, Mr. Dinello, sie zu sich. In seinem Heim wird sie als Arbeitssklavin ausgenutzt, ungeliebt, verspottet. Trotzdem lernt sie einiges über Eisherstellung und Vertrieb.
Den Kontakt zu ihrer Familie verliert sie bald ganz und lässt sich sogar taufen. Auf einen Gehstock angewiesen, unterernährt und unscheinbar kämpft sie sich durch. Als ihr die Liebe begegnet, heiratet sie den attraktiven, aber schüchternen und stotternden Bert trotz aller Widerstände. Hinter ihrem Rücken bootet Familie Dinello sie aus und lässt sie mittellos auf der Straße stehen.
Ehrgeizig und voller Wut schafft sie sich mühevoll und mit vielen Rückschlägen ein Eisimperium und wird zu Amerikas Eiskönigin, sogar mit eigener Fernsehshow. Alles gut? Nein....
Diese Malka, umgetauft in Lilian, macht es Einem nicht leicht, sie zu mögen. Von Menschen, von denen sie geliebt werden möchte, wird sie ausgenutzt. Den, der sie liebt, brüskiert sie. Erst im Alter lässt sie ein wenig Nähe zu. Herrschsüchtig, hartherzig will sie ihr Imperium nicht nur halten, sondern immer noch vergrößern. Sie nimmt Rache, verstösst gegen Gesetze, stets misstrauisch verprellt sie ihre Mitmenschen. Einzig ihr Enkel findet Zugang zu ihr. Auf eigene Art bedankt sie sich....
"Die Königin der Orchard Street" zeigt Amerika aus der Sicht europäischer Einwanderer von 1913 bis zum Ende der 80-er Jahre des 20. Jahrhunderts. Glanzvolle Fassaden, Not, Elend, davon geprägte Gefühle - authentisch und nachvollziehbar; ein spannendes Buch. Gut zu lesen, beeindruckend.

Veröffentlicht am 04.07.2018

Evas Geschichte

Die Geheimnisse der Küche des Mittleren Westens
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Ein guter Anfang: Drei Söhne, zwei davon vom Vater schikaniert und sozial ausgegrenzt. Einer, Lars, findet ein neues Leben; er wird Koch, sogar ein richtig guter. Die Liebe findet er auch, heiratet, wird ...

Ein guter Anfang: Drei Söhne, zwei davon vom Vater schikaniert und sozial ausgegrenzt. Einer, Lars, findet ein neues Leben; er wird Koch, sogar ein richtig guter. Die Liebe findet er auch, heiratet, wird mit Leib und Seele Vater. Bedauert nur, dass er sein Töchterchen Eva statt mit Säuglingsnahrung nicht mit kulinarischen Leckerbissen verwöhnen kann. Die Mutter möchte nicht Mutter sein und verlässt die Familie. Lars verunfallt, als Eva noch kein Jahr alt ist. Ihr Onkel und seine Frau adoptieren sie.
Eva, groß und kräftig, hat es schwer, sich durchzusetzen. Immer aber interessiert sie sich für die Zubereitung spezieller Gerichte und hochwertige Zutaten.
Jetzt werden viele neue Charaktere eingeführt, die alle etwas mit Eva zu tun haben. Ihre Cousine z.B. Nachdem ihre Geschichte interessant geworden ist, wird sie abgebrochen. Ihr Freund. Auch hier baldiger Themenwechsel. Seine Familie. Wechsel. Ein Küchenchef mit interessanten Dinnerparties. Seine Freundin.... Inzwischen ist Eva sehr erfolgreich, veranstaltet Kochevents. Immer mit exquisiten Zutaten.
Viele interessante Rezepte, dass ist schön. Backnatron könnte allerdings mit "Backpulver" übersetzt werden.
Mir hätten weniger Begleitpersonen, deren Leben aber ausführlicher gezeigt worden wäre, besser gefallen. So verliert man ein wenig die Übersicht, dabei sind die meisten der angerissenen Lebensverläufe verfolgenswert.
Das Ende versöhnt, ein insgesamt schönes Buch.

Veröffentlicht am 04.07.2018

Die Faszinierende

Die Spionin
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Mata Hari - geheimnisumwittert, faszinierend; ist im Gefängnis, wird abgeholt zu ihrer Erschießung.
Aufgewachsen in einem langweiligen holländischem Städtchen, missbraucht in einer Internatsschule, sucht ...

Mata Hari - geheimnisumwittert, faszinierend; ist im Gefängnis, wird abgeholt zu ihrer Erschießung.
Aufgewachsen in einem langweiligen holländischem Städtchen, missbraucht in einer Internatsschule, sucht sie ein besseres Leben durch eine Heirat mit einem älteren, sadistischen Offizier, der Dienst in Ostindien ableistet. Gedemütigt und misshandelt verlässt sie ihn und flüchtet nach Paris. Voller Ehrgeiz schreckt sie buchstäblich vor gar nichts zurück, um berühmt und reich zu werden. Mit erfundenen exotischen Tänzen erreicht sie ihr Ziel. Eine steile Karriere beginnt, auch in der Politik wird man auf sie aufmerksam.
Aber wieso wird sie verurteilt und hingerichtet? Als sie altert und keine absolute Sensation mehr ist, wird sie nach am Vorabend des Ersten Weltkrieges nach Deutschland engagiert und soll als Spionin tätig werden. Das offenbart sie den Franzosen. Sie liefert nichts, allenfall ein wenig Klatsch. Aber ein erfolgloser Minister braucht Erfolge und klagt sie als gefährliche Spionin an. Viel zu spät erfasst Mata Hari den Ernst der Lage, hat sie doch durch Geltungsucht und Arroganz ihren Ruf ruiniert. Vermag ein Anwalt zu helfen?

Spannend zu lesen, wusste ich doch bisher wenig über das Leben der berühmtesten Spionin ever. Geschickt, den Brief ihres Anwaltes zu nutzen, um die "Beweise", die gar nichts beweisen, offen zu legen. Berührend, wie diese Mata Hari, nicht unbedingt sympathisch, aber gefühlvoll und authentisch dargestellt wird.
Coelho hat seinen eigenen Stil, schreibt präzise und schafft es, hinter die Fassade seiner Figuren zu schauen. Ich meine, "Die Spionin" ist sein bisher gelungenstes Buch.