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Veröffentlicht am 02.07.2017

Kleingartenidylle?

Unter allen Beeten ist Ruh (Ein Pippa-Bolle-Krimi 1)
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Pippa Bolle, Übersetzerin italienischer Fachtexte und von ihrem untreuen Mann getrennt lebend, bekommt ein ruhiges Plätzchen auf einer idyllischen Insel im Berliner Norden angeboten. Die Inselbewohner ...

Pippa Bolle, Übersetzerin italienischer Fachtexte und von ihrem untreuen Mann getrennt lebend, bekommt ein ruhiges Plätzchen auf einer idyllischen Insel im Berliner Norden angeboten. Die Inselbewohner begrüßen sie warmherzig, Pippa fühlt sich wohl, bis... eine liebenswürdige alte Dame in ihrer Badewanne ertrinkt. Unfall oder Mord? Alle vermuten Letzteres. Schmutz-Lutz könnte der Täter sein, will er doch unbedingt alle Parzellen aufkaufen, um Platz für ein weiteres Wellness-Hotel zu erlangen. Er kann sogar ein Testament, welches ihn als Erben der Verstorbenen einsetzt, vorweisen. Allerdings ein gefälschtes. Der echte Erbe, ein Halbbruder von Lutz, erleidet einen Tag später einen Badeunfall und verstirbt im Krankenhaus. Klar, dass die Polizei ermittelt und einige dunkle Geschichten aus der Vergangenheit ans Tageslicht bringt. Plötzlich ist jeder verdächtig. Pippa versucht in bester Miss Marple-Manier, den Fall aufzuklären. Sie steht zunächst aber auch vor nicht einem, sondern vielen Rätseln.

Das wenig überraschende Ende passt jedoch gut zu diesem in heiterer Schreibweise gehaltenem Krimi. Ausserdem werden auch ernste Themen wie Sterbehilfe, Hanflegalisierung als Schmerzmittel, Trends wie Geocaching und Lokalkolorit angesprochen.

Ein leicht und angenehm zu lesendes Buch mit liebevoll beschriebenen Charakteren, trotz Mord und reichlich Querelen gute Unterhaltung.

Veröffentlicht am 02.07.2017

Hölle

Staubige Hölle
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Action- und temporeich von der ersten Seite an. Südafrika. Rosie, Frau des Journalisten Dell, wird Zeugin eines Auftragsmordes und deswegen umgebracht. Ihre gesamte Familie soll getötet werden, Dell jedoch ...

Action- und temporeich von der ersten Seite an. Südafrika. Rosie, Frau des Journalisten Dell, wird Zeugin eines Auftragsmordes und deswegen umgebracht. Ihre gesamte Familie soll getötet werden, Dell jedoch überlebt verletzt. Der Mörder und seine Hintermänner, ranghohe Politiker, verurteilen Dell und hoffen, dass er im Gefängnis schnell stirbt, aber es kommt anders. Dells Vater befreit ihn und beide starten einen Rachefeldzug.

Der Mörder,Warlord und Vertrauter eines einflussreichen Ministers, geht brutal über Leichen, um eigene Ziele zu erreichen. An Aids im letzten Stadium erkrankt, glaubt er, durch eine Stammeshochzeit mit einem jungen Zulu-Mädchen geheilt zu werden. Dieses Mädchen, 16-jährig, wird von geldgierigen Verwandten an ihn, den Mörder ihrer Familie, verkauft.

Diese und andere Fakten spielen für Dell, seinen sterbenskranken Vater und einen zunächst erfolgreich im Großstadtdschungel angekommenen Zulu-Krieger eine wichtige Rolle bei der Verfolgung des Mörders. Wie machtlos erscheint Dell, wie mühsam sein Festhalten an Recht und Menschlichkeit. Kann er sein Ziel erreichen?

Der Schreibstil des Autors ist gut zu lesen, einfach, logisch und schlüssig. Geschickt wird Spannung aufgebaut, die Gefühle des Lesers angesprochen. Schnell und packend liest sich das Buch nur so weg, Nachdenken über Inhalte und Verhaltensweisen wird angeregt. Habe ich gern gelesen.

Veröffentlicht am 02.07.2017

Wunder geschehen

Das Wunder von Treviso
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Nichts, aber auch gar nichts passiert in Treviso. Flirrende Augusthitze, ein schlecht bezahlter Pfarrer, dem die Aufgaben und ein Hexenschuss über den Kopf wachsen, schläfrige Langeweile, die Jugendlichen ...

Nichts, aber auch gar nichts passiert in Treviso. Flirrende Augusthitze, ein schlecht bezahlter Pfarrer, dem die Aufgaben und ein Hexenschuss über den Kopf wachsen, schläfrige Langeweile, die Jugendlichen ziehen weg. Ein Wunder muss her!

Dank Don Antonio und einem pfiffigen Tischler gibt es tatsächlich Eines, Pilger kommen in Scharen, der Umsatz steigt, die Liebe blüht, die Nachbardörfler werden neidisch. Paradiesisch, oder? Aber: kann das Wunder auch der Vatikanischen Prüfung standhalten? Entführung, Erpressung und Fälschung folgen - so viel war hier lange nicht los.

Die liebevoll geschilderten Figuren mit Mutterwitz, bodenständig, geschäftstüchtig und ein wenig naiv wachsen Einem schnell ans Herz. Zum Teil kommen sie mir bekannt vor: die resolute ältere Dame mit Stützstrümpfen, der Kunsttischler, der in konjunkturarmer Zeit sogar ganz profan Türen richtet, der clevere Ladenbesitzer, der verliebte Neffe des Bürgermeisters und der geizige Bürgermeister selbst. Augenzwinkernd wird auch der Geist von Don Antonios Vorgänger bemüht. Kann er in höchster Not helfen?

Leicht und amüsant zu lesen, ist "Das Wunder von Treviso" passende Lektüre für einen lässigen Sommerurlaub.

Veröffentlicht am 02.07.2017

Raum

Raum
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Wahrhaft erschütternd, faszinierend, packend - dieses Buch legt man nicht beiseite! Wie kann ein Mensch einem anderen so etwas nur antun - auf knapp 16² m jahrelang eingesperrt sein, ohne Hoffnung, total ...

Wahrhaft erschütternd, faszinierend, packend - dieses Buch legt man nicht beiseite! Wie kann ein Mensch einem anderen so etwas nur antun - auf knapp 16² m jahrelang eingesperrt sein, ohne Hoffnung, total abhängig von der Gnade eines Monsters, zusammen mit einem Kind.... Ma ist unglaublich stark, sie lebt ihr Leben für ihren Sohn, lehrt ihn, schützt ihn, gibt nicht auf. Bewundernswert. Die Hauptperson, Jack, berichtet von seinem fünften Geburtstag an über sein Leben. Er kennt nichts Anderes als "Raum" und seine Ma. Für ihn ist das also normal, Sport macht er auch, es wird viel gebastelt, das Geschehen im Fernsehen ist für ihn eine erfundene Welt, Sonntagsguttis sind ein Höhepunkt. Er muss in einem Schrank schlafen, hungern, frieren, unsichtbar für Old Nick bleiben. Gerade, dass alles so normal für Jack ist, macht fassungslos. Was entgeht dem Jungen, wie tapfer ist seine Mutter, die zudem ständig unter Zahnschmerzen und einem gebrochenen Handgelenk leidet. Aber als der Junge jetzt \ geworden ist, ändert sich einiges, die Situation spitzt sich zu. Ich habe es nicht für möglich gehalten, aber Jack gelingt die Flucht und seine Mutter wird nach sieben Jahren befreit. Happy End? Bei weitem nicht. Für Jack ein ganz großer Schock. Trotz "Entlügens" seiner bisherigen Welt durch die Mutter als Vorbereitung auf die Flucht ist alles fremd, laut, ungewohnt, anders. Auch seine Ma, die zusammenbricht und einen Selbstmordversuch unternimmt. Aber Jack ist mutig, wissbegierig, er wird betreut und von Verwandten umsorgt, auch wenn diese teilweise gedankenlos und unüberlegt handeln oder überfordert sind. Verständlich, wenn er vertraute Dinge wie den stinkigen Teppich aus "Raum" vermisst. Unglaublich, was dieser kleine Kerl durchmacht. Zu seinem Glück stößt er aber auch auf viel Verständnis, seine Ma erholt sich, sie nehmen das Leben in Angriff. Man kann hoffen, dass sie ihren Frieden finden. Emma Donoghue hat ein großartiges Buch geschrieben. Wie sie Jack erzählen lässt, einfach nur erzählen ohne Wertung, ist absolut packend. Jack registriert ohne Kritik, ohne Verurteilung, ganz sachlich. Er erfindet Worte wie Mungst, zusammengesetzt aus Mut und Angst. Dinge sind seine Freunde. Man steigt ein in seine Welt und ist erschüttert. Ich habe selten ein so tolles Buch gelesen. Absolut empfehlenswert.

Veröffentlicht am 02.07.2017

Irgendwann werden wir...

Irgendwann werden wir uns alles erzählen
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Eine große Liebe im Sommer 1990...

Marie ist 17, DDR- Kind, lebt ein wenig planlos in einem kleinen Dorf, in dem die Zeit irgendwie stehen geblieben scheint. Sie wohnt mit Johannes bei seiner Familie ...

Eine große Liebe im Sommer 1990...

Marie ist 17, DDR- Kind, lebt ein wenig planlos in einem kleinen Dorf, in dem die Zeit irgendwie stehen geblieben scheint. Sie wohnt mit Johannes bei seiner Familie auf einem Hof, hilft in der Landwirtschaft, schwänzt die Schule - kurz: sie ist auf der Suche nach sich selbst.

Und dann passiert ihr: Henner. 40-jährig, eigenbrötlerisch, leicht verwahrlost, aber mit starker Anziehungskraft. Marie verfällt ihm. Haben sie eine Chance?

Sehr gefühlvoll beschreibt Daniela Krien Maries Weg vom Mädchen zur Frau, schildert das Gefühlschaos des sensiblen Teenagers, ihren Zwiespalt, wählen zu müssen zwischen Norm und dem Brechen der gesellschaftlichen Regeln, zwischen Loyalität und Lüge, zwischen Verträumtheit und Realität.

Man kann sich sowohl Marie als auch Henner sehr gut vorstellen, sie sind klar sensibel, / verletzlich / kantig beschrieben. Die anderen Personen bleiben ein wenig blass, aber vermutlich ist das gewollt.

Was aber außer anfänglicher Neugier und später dem Verlangen nach dem Einen Grundlage der Liebe bleiben könnte, ist ungewiss.