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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 10.04.2020

Mein fahler Freund

Warm bodies
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R. ist tot, aber er findet das nicht schlimm. Er verbringt seine Zeit mit anderen Zombies in einem Flughafen, erinnert sich nicht an sein früheres Leben, nicht einmal an seinen Namen. Graue Hautfarbe, ...

R. ist tot, aber er findet das nicht schlimm. Er verbringt seine Zeit mit anderen Zombies in einem Flughafen, erinnert sich nicht an sein früheres Leben, nicht einmal an seinen Namen. Graue Hautfarbe, schmerzunempfindlich, steht er nur irgendwie in der Gegend herum. In regelmäßigen Abständen muss er Menschenfleisch essen, vorzugsweise Gehirn. Dabei erhält er Einblicke in das Leben der Verspeisten.
Julie, lebendig, jung und schön, erlebt einen Zombieüberfall. Dabei wird ihr Freund von R getötet. R rettet sie , für sich selbst zunächst unerklärlich, warum, und nimmt sie mit zum Flughafen. Als Julie zurück in ihr "Zuhause", ein streng bewachtes Stadion, will, begleitet er sie ein Stück des Weges.

R und Julie - was liegt näher als Romeo und Julia, eine Liebesgeschichte also. Passend dazu zwei verfeindete "Familien", die diese Beziehung nicht akzeptieren wollen.
Aber: etwas Neues beginnt. Die Zombies werden langsam menschenähnlich, zeigen Gefühle und Willen zur Veränderung. Die "Knochen", Skelettwesen, die bisher über die Zombies herrschten, greifen diese an und wollen sie bestrafen.
Die Menschen in ihrem gesicherten Stadionkäfig begreifen, dass sie so, ständig von Angst bedroht, nicht weiterleben wollen. Man darf gespannt sein, wie die Konflikte gelöst werden und was mit Julie und R geschieht.
Mit "Mein fahler Freund" ist Isaac Marion ein Roman gelungen, der sich zunächst sperrig liest. Man ist fast geneigt, das Buch zur Seite zu legen. Überraschend wird es dann aber doch noch spannend und bietet viele Denkanstöße, bricht mit althergebrachten Vorurteilen und stellt Fragen nach dem Sinn des Lebens. Keine leichte Lektüre, aber durchaus lesenswert.

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Veröffentlicht am 09.04.2020

Kochen mit Liebe

Birne sucht Helene
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Paul Birnbaum, 29, Beamter und Aushilfsschäfer, sucht seine Traumfrau per Anzeige. Erfolglos. Er baut sich eine Taktik auf, liest Frauenzeitschriften, um Frauen besser zu verstehen, lernt kochen. Erste ...

Paul Birnbaum, 29, Beamter und Aushilfsschäfer, sucht seine Traumfrau per Anzeige. Erfolglos. Er baut sich eine Taktik auf, liest Frauenzeitschriften, um Frauen besser zu verstehen, lernt kochen. Erste Erfolge stellen sich ein, sind aber nur von kurzer Dauer. Und dann war da noch Elisabeth Spatzner, genannt Eli....

Ein wunderbarer Roman, mit leichter Feder geschrieben und zu lesen wie ein fluffiges Souflé: angenehm und erfreulich. Die beiden Hauptfiguren sind sehr sympathisch; teils schüchtern, teils tollpatschig und übereifrig, aber immer liebenswert. Gut gelungen sind auch die Beschreibung des Arbeitsalltages und verschiedener Kollegentypen.

Eine schöne Urlaubslektüre, mit leisem Humor und aktuellen Anspielungen auf derzeitige Kochsendungen ausgesprochen unterhaltsam. Einige Rezepte im Anhang runden den Geschmack ab.

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Veröffentlicht am 08.04.2020

Zu viel erwartet

Götter
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Göttinnen beherrschen ein Reservat, in dem ein wissbegieriges Mädchen die herrschende mittelalterlich anmutende Ordnung infrage stellt; ein renitenter Gymnasiast der Jetztzeit, ein aufmerksamer Marktverkäufer. ...

Göttinnen beherrschen ein Reservat, in dem ein wissbegieriges Mädchen die herrschende mittelalterlich anmutende Ordnung infrage stellt; ein renitenter Gymnasiast der Jetztzeit, ein aufmerksamer Marktverkäufer. Das war die Leseprobe. Gespannt wartete ich auf ...
das Buch: das Mädchen Agnes entwischt den Göttinnen. Der Gymnasiast übernimmt freudig das perverse Erbe seines Vaters, das mit den Reservaten zu tun hat, der Marktverkäufer hat eine mörderische Sektenvergangenheit und eine Beziehung mit einer Bundesagentin hinter sich.
Im Mittelpunkt steht Agnes, die schlau wie ein Fuchs autark in der Wildnis überlebt und im Schnelldurchlauf alle Erkenntnisse der Jungsteinzeit annimmt: sie jagt, erlernt Ackerbau, handwerkt, seziert oder domestiziert Tiere. Zeitsprung: nach drei Jahren fängt sie sich Günther, einen Entflohenen aus einem Männerreservat. Den klärt sie auf und gründet mit ihm eine Familie, bekommt fünf Kinder. Beide erkunden ihre Umgebung, gelangen in ein kleines deutsches Städtchen und wundern sich nur wenig über die Errungenschaften der Neuzeit. Agnes lernt autodidaktisch an einem Tag lesen, nur wenig länger braucht sie, um sich in der Marktwirtschaft zurecht zu finden. Zudem bekommen die beiden leicht vielfältige Hilfe und planen die Befreiung der im Reservat verbliebenen Menschen, die noch nicht einmal die Unterschiede zwischen Männern und Frauen kennen, in Unwissenheit gehalten und als Sexsklaven missbraucht werden.
Der Gymnasiast hat sich zu einem menschenverachtenden Offizier entwickelt, der Marktverkäufer hat nach der Bestrafung abtrünniger Sektenmitglieder ein Gewissen entwickelt. Irgendwie fügt sich jetzt alles zusammen.
Dieses sehr fantasievolle Buch zu lesen, war zunächst verwirrend. Erstaunt war ich über längere kleinkindangemessene Erklärungen, moralische Wertvorstellungen der doch eigentlich "Guten", hoffentlich nur im E-Book fehlende Worte, konstruierte Verträge zwischen Königen und Adligen.
Durchaus interessante Passagen haben auch meine Phantasie angestachelt, irritiert hat mich aber, dass das anfänglich gute Schreibniveau doch sehr abgeflacht ist.

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Veröffentlicht am 07.04.2020

Was sind Träume wert?

Die Traumdiebe
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In einigen Jahrzehnten sieht die Welt ganz anders aus, Überschwemmungen und Klimawandel haben zu einer Art Völkerwanderung geführt, die Menschen haben sich verändert. Bis auf Personen mit indianischen ...

In einigen Jahrzehnten sieht die Welt ganz anders aus, Überschwemmungen und Klimawandel haben zu einer Art Völkerwanderung geführt, die Menschen haben sich verändert. Bis auf Personen mit indianischen Genen kann Niemand mehr träumen. Und wieder werden die Natives gejagt. Beschworen werden Erinnerungen an die Vertreibung und Ausrottung der Ureinwohner Amerikas. Sie haben sich erholt, sie können aus Träumen Kraft und Überlebenswillen gewinnen. Jetzt sollen sie ausgeschlachtet werden, ihre Traumsubstanz soll ausgesaugt und vermarktet werden.
Wer kann, flieht. Frenchie, Teenie indianischer Herkunft, ist zunächst allein unterwegs. Halb verhungert, krank, wird er von einer zusammengewürfelten Truppe aufgesammelt. Alle haben Schlimmes erlebt und stehen einander bedingungslos bei. Eine starke, bewundernswerte Gemeinschaft. Jeder gibt sein Bestes in diesem gefährlichen Überlebenskampf. Das wird emotional und spannend geschildert. Viele Tücken lauern selbst in harmlos scheinenden Lagern, Fremde sind nicht vertrauenswürdig. Die Verfolger gehen skrupellos vor. In etwas entspannteren Momenten erfährt man viel über alte Sitten, deren Wert für die Flüchtenden, ihren Einfluss auf das Handeln der Verfolgten.
Sehr berührend, beeindruckend, packend.

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Veröffentlicht am 07.04.2020

Jüdische Geschichte in Berlin

AHAWAH. Das vergessene Haus
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AHAWA heißt Liebe. Was für ein Haus trägt diesen Namen? Nun, zum Beispiel befand sich die Schule der Autorin darin. Ein altes, verwinkeltes Haus mit ungewöhnlicher Raumaufteilung. Und mit ungewöhnlicher ...

AHAWA heißt Liebe. Was für ein Haus trägt diesen Namen? Nun, zum Beispiel befand sich die Schule der Autorin darin. Ein altes, verwinkeltes Haus mit ungewöhnlicher Raumaufteilung. Und mit ungewöhnlicher Geschichte.
Diese und die Schicksale vieler Menschen, die darin Zeit verbracht haben, möchte Regina Scheer aufarbeiten.
Was hat der Bau in der Berliner Auguststraße nicht alles hinter sich. Dort untergebracht waren eine Mädchenschule, ein Krankenhaus, eine Kinderkrippe, eine Kindervolksküche, eine Kleiderkammer, Obdachlose. Alles in jüdischem Glauben, mit selbstlosen Ideen gestaltet. Auch ein dunkles Kapitel wurde hier geschrieben: hier befand sich eine Sammelstelle für den Abtransport jüdischer Menschen.
Akribische Recherche in Archiven, Listen, Büchern und viele, sehr viele Gespräche mit Bewohnern dieser Gegend liegen zugrunde.
Sehr deutlich tritt der Wunsch der Autorin zutage, die Geschichte des vergessenen Hauses offen zu legen. Nicht nur dieses Hauses, auch umliegende Gebäude und Straßen werden mit historischen Fakten näher gebracht.
Fotos veranschaulichen ein wenig, wie das Leben in diesem Haus ablief.
Eine Aktualisierung bzw. Ergänzung vervollständigt das Geschriebene.
Verlegt vom Aufbau Verlag.

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