Stimmiges Portrait
SchuldackerMord und Todschlag in Westerwick, einem beschaulichen Dorf im Münsterland.
Kriminalrat Heinrich Tenbrink, ein schon etwas älteres Semester und Münsterländer Sturkopf, wie er typischer nicht sein könnte, ...
Mord und Todschlag in Westerwick, einem beschaulichen Dorf im Münsterland.
Kriminalrat Heinrich Tenbrink, ein schon etwas älteres Semester und Münsterländer Sturkopf, wie er typischer nicht sein könnte, ermittelt zusammen mit seinem aus Magdeburg zugezogenen Partner Maik Bertram in einem spannungsgeladenen Umfeld:
Da gibt es eine strenggläubige Familie, die der erzkonservativen Glaubensgemeinschaft der Täufer angehört. Und im Dorf mit Argwohn betrachtet wird.
Keine Sympathien bringen die Einheimischen auch den zahlreichen Heimatvertriebenen und Spätaussiedlern entgegen, obwohl die schon seit ewigen Zeiten im Dorf leben.
Sie werden immer noch als Flüchtlinge betrachtet, ebenso wie die, die erst mit der aktuellen Flüchtlingswelle ins Dorf gespielt wurden.
Dann gibt es da noch eine kleinkriminelle einheimische Jugend-Clique und natürlich die angestammten, überwiegend älteren Münsterländer, denen das Multikulti-Umfeld überhaupt nicht passt.
Letztere schließen sich unter Führung des rechtspopulistischen Lokalreporters Gerd Nollmann zur einer „Landwehr“ zusammen, der es vordergründig um Recht und Ordnung geht. Dahinter aber verbirgt sich kaum verhohlene Ausländerfeindlichkeit.
So ist es für Tenbrink und Bertram nicht leicht, zwischen ernstzunehmenden Zeugenaussagen und bloßen Vorurteilen zu unterscheiden.
Aber was war geschehen?
Im Dorf hatte Paul Winterpacht, Heranwachsender aus einer wenig angesehen, sozial schwachen einheimischen Familie, einen Jugendlichen aus der „Täufer-Familie“ im Streit derart heftig gegen den Kopf geschlagen, dass der an den Folgen verstarb.
Es kommt zum Gerichtsverfahren, bei dem Paul mit einer lächerlich geringen Strafe davonkommt: 18 Monate auf Bewährung.
Die Volksseele kocht: Da wurde ein Mensch erschlagen, und der Täter muss nicht einmal einen einzigen Tag im Gefängnis sitzen.
Kurz darauf wird Paul Winterpacht ermordet im nahe gelegenen Wäldchen aufgefunden.
Hat sich die Familie des Opfers gerächt? Hat die „Landwehr“ für „Recht und Ordnung“ gesorgt? Oder gibt es einen ganz anderen Grund für den Mord?
Dies herauszufinden sind Tenbrink und Bertram aus Münster nach Westerwick gekommen. Aber noch während die beiden Beamten ermitteln, geschieht ein weiterer Mord. . .
Vor dem Hintergrund dieses Kriminalfalls zeichnet Autor Tom Finnek detailliert und liebevoll ein stimmiges Portrait des Münsterlandes und seiner Menschen.
Da er selbst von dort stammt, macht es ihm keinerlei Schwierigkeit, regelmäßig Münsterländer Plattdeutsch einfließen zu lassen. Zum Kummer des zugereisten Kommissars Maik Bertram, der immer wieder die Dolmetscherdienste seines Vorgesetzten, Heinrich Tenbrink, in Anspruch nehmen muss.
Das alles ist sehr gelungen. Dabei verwendet Finnek, einen ruhigen, unaufgeregten Erzählstil, passend zur Mentalität der Region.
Nicht ganz so gut kommt der Krimi weg. Ihm mangelt es an Spannung.
Während die beiden Ermittler erfolglos von einer toten Spur zur nächsten hüpfen, will sich beim Leser so recht kein Nervenkitzel einstellen.
Schließlich kommt der Kriminalfall zu einem durchaus überraschenden, aber nicht sehr glaubhaften Ende.
Im Untertitel von „Schuldacker“ heißt es: Ein Münsterland-Krimi.
Für Fans des Münsterlandes, denen der Krimi nicht ganz so wichtig ist, ist das ein schönes, lesenswertes Buch; sicherlich auch für alle, die Land und Leute auf diese Weise besser kennenlernen wollen.
Für den hartgesottenen Krimi-Fan, den der regionale Aspekt nicht so sehr interessiert, drängt sich das Buch nicht unbedingt auf.