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Veröffentlicht am 14.12.2021

Historie und Kriminalistik in einem

Die Hafenärztin. Ein Leben für die Freiheit der Frauen (Hafenärztin 1)
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Dieser (Kriminal-) Roman spielt im Jahr 1910 im Hamburg der Kaiserzeit. Anne Fitzpatrick, eine der ersten studierten Medizinerinnen Deutschlands, kehrt aus England nach Hamburg zurück. Die ist Mitglied ...

Dieser (Kriminal-) Roman spielt im Jahr 1910 im Hamburg der Kaiserzeit. Anne Fitzpatrick, eine der ersten studierten Medizinerinnen Deutschlands, kehrt aus England nach Hamburg zurück. Die ist Mitglied der Frauenbewegung und kämpft für ein freies Leben ohne Unterdrückung und Armut. Sie eröffnet nach wenigen Monaten im Hafen "das grüne Haus", eine Anlaufstelle für geschundene, bedürftige Frauen, die Hilfe suchen.

Helene Curtius, eine wohlbehütete Pastorentochter, möchte nicht als Heimchen am Herd enden, sondern ein selbst bestimmtes Leben führen, sich engagieren. Ihr Weg führt sie in den Hafen, um ein Bild von der Arbeit der Frauenrechtlerinnen zu bekommen. Dabei entdeckt sie im Hafenbecken eine grausam zugerichtete Frauenleiche.

Der wortkarge Kommissar Berthold Rheydt, der selbst eine Tragödie in seiner Familie verarbeiten muss, bekommt den Fall übertragen. Zusammen mit Anne und Helene trägt er Puzzleteil für Puzzleteil zusammen. Damit begeben sich die drei selbst in große Gefahr.

Die Autorin erzählt in flüssigem Schreibstil bildhaft und sehr detailliert über die Frauenrechtlerin Anne, ihre Bekannte Helene und Kommissar Rheydt und ihre Zeit. Frauen waren damals minderwertige Lebewesen, es herrschte Armut, Mangel, Not. Die Oberschicht hatte kein Interesse an diesen Menschen, solange sie sie ausbeuten konnte. Vor dieser Kulisse lief die Geschichte wie ein Film vor meinem inneren Auge ab. Ich fühlte mich sofort mitten im Geschehen dabei. Die Charaktere der Protagonisten sind sehr gut zu tage getreten. Bis zum Schluss hält die Spannung an. Obwohl ich sonst kein Krimi-Fan bin, habe ich das Buch vollkommen gefesselt und fast in einem Rutsch gelesen. Jetzt freue ich mich auf Band 2 der Hafenärztin, der im Juni 2022 erscheinen wird. Das Cover mit dem Golddruck ist übrigens sehr edel. Ganz dicke Empfehlung!

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Veröffentlicht am 23.11.2021

Mütter und Töchter

Das Geheimnis
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München 2020

Die geschiedene Ulla ist eine gestandene Frau. Zu ihrer Tochter Sandra hat sie ein gespaltenes Verhältnis. Ulla wurde als neunjähriges Kind von ihrer Mutter Helga in die Obhut des Vaters ...

München 2020

Die geschiedene Ulla ist eine gestandene Frau. Zu ihrer Tochter Sandra hat sie ein gespaltenes Verhältnis. Ulla wurde als neunjähriges Kind von ihrer Mutter Helga in die Obhut des Vaters abgeschoben. Bis heute kann sie nicht verstehen, warum das so war. Sie hat sich immer nach der Mutterliebe gesehnt. Jetzt mit fast 60 Jahren kehrt sie auf den Hof zurück, auf dem ihre Mutter Helga lebte. Findet sie dort die Antworten auf ihre Fragen?

Moosleitn, Chiemsee 1975

Helga lebt in einer Kommune auf einem alten Bauernhof. Ihre Tochter wächst beim Vater auf, da man ihr kein Kind anvertrauen könne. Ihre Zeit verbringt sie mit dem Malen düsterer Bilder und der Darstellung künstlerischer Aktionen, die niemand versteht. Was will Helga damit ausdrücken und verarbeiten? Was quält sie?

Das Cover wirkt ziemlich düster und zeigt wohl einen Teil des Bauernhofes auf dem die Kommune lebte. Es ist Herbstzeit, wie in Ullas Leben.

Die Kapitel des Romans sind klar gekennzeichnet und gegliedert. Die Geschichte wird aus der Sicht der drei Protagonistinnen Ulla, Helga und Luise, einer Nachbarin, erzählt. Der Schreibstil ist fließend, die Spannung wird im Laufe der Handlung deutlich gesteigert. Der Einstieg in die Geschichte war für mich etwas holprig, sie hat mich nicht sofort gefesselt. Die Protagonistinnen sind realistisch dargestellt. Es ist leicht, sich in die Personen einzufühlen.

Die Autorin Sandberg erzählt über schwierige Mütter-Töchter-Beziehungen und wie traumatische Erlebnisse sich noch nach Generationen auswirken. Ein Buch, das betroffen und nachdenklich macht.

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Veröffentlicht am 20.11.2021

Viel Politik, wenig Manufaktur

Die Blankenburgs
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Sechs Jahre lang dürfen wir die Familie Blankenburg durch die schwärzeste Zeit der deutschen Geschichte begleiten. Die Familie und die 150-jährige Manufaktur mit ihrer Porzellanherstellung spielen eigentlich ...

Sechs Jahre lang dürfen wir die Familie Blankenburg durch die schwärzeste Zeit der deutschen Geschichte begleiten. Die Familie und die 150-jährige Manufaktur mit ihrer Porzellanherstellung spielen eigentlich eine untergeordnete Rolle, im Vordergrund steht die schwierige Zeit, in der sich die Nationalsozialisten etablieren und immer mehr Macht ausüben.

Durch den Selbstmord des Patriarchen Adalmar Blankenburg und seines Schwiegersohnes Richard Dobel am am Schwarzen Freitag 1929 erhalten die Töchter Elise und Ophelie die Macht über die Firma. Beide gönnen sich nichts und spielen ihre Trümpfe aus. Als Tankred, der uneheliche Sohn ihres Bruders Otto, auftaucht und der verschollene Bruder Wido mit seiner Familie aus China zurückkehrt, nimmt das Schicksal seinen Lauf und schlägt hart und unerbittlich zu. Zum Glück gibt es das noch Tante Arabella.

Die wenig sympathischen Charaktere sind gut ausgearbeitet und man erfährt sehr viele Hintergründe der deutschen Geschichte. Durch die vielen Zeitsprünge und die langen Kapitel ist konzentriertes Lesen nötig. Das Buch liest sich trotzdem gut, hat aber mit der angekündigten und erwarteten Familiengeschichte wenig gemein. Das enttäuscht! Hilfreich waren die Familienstammbäume am Anfang der Geschichte. Das Cover wirkt edel und zeigt wahrscheinlich Elise und das Familienzeichen der Manufaktur, die "Karolinenblume".

Da ich wissen möchte, wie es mit den Blankenburgs/Löwenkinds weitergeht, würde ich trotz aller Kritik auch die Fortsetzung des Romans lesen.

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Veröffentlicht am 20.11.2021

Liebe und Freundschaft in Kriegszeiten

Die Übersetzerin
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Die junge Jüdin Hedy flüchtet 1940 vor den Nazis aus Wien und findet auf der Kanalinsel Jersey einen Job als Hauslehrerin. Als die Familie die Insel verlässt, bleibt sie zurück und kämpft ums Überleben. ...

Die junge Jüdin Hedy flüchtet 1940 vor den Nazis aus Wien und findet auf der Kanalinsel Jersey einen Job als Hauslehrerin. Als die Familie die Insel verlässt, bleibt sie zurück und kämpft ums Überleben. Ausgerechnet bei der Deutschen Wehrmacht, die die Insel besetzt, findet sie trotz ihrer Herkunft Arbeit als Übersetzerin.

Kurt Neumann ist Leutnant bei den Besatzern, agiert aber, wie viele Soldaten nicht aus Überzeugung sondern gezwungenermaßen. Er verliebt sich in Hedy, ohne ihre Religionszugehörigkeit zu kennen. Als Hedy unterschlagene Benzingutscheine verliert, nimmt er die Schuld auf sich. Doch die Besatzer haben Hedy im Visier, sie muss untertauchen.

Das Cover ist etwas blass, Ton in Ton gehalten. Es zeigt den kopflosen Körper einer Frau, die Papiere in den Händen hält. Als Kaufanreiz würde ich es nicht sehen. Jedoch beschreibt die Autorin recht eindrucksvoll und fesselnd die Situationen von Angst, Hunger, Sorgen, Verfolgung, Hass, Verzweiflung und Intrigen während der langjährigen Besatzungszeit, aber sie schreibt auch von Liebe und wahrer Freundschaft.

Man leidet mit den Inselbewohnern, ob der gefühlten Ohnmacht den Besatzern gegenüber, die ihre ganze Härte ausspielen. Die Personen bleiben mir jedoch teilweise zu blass und distanziert.

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Veröffentlicht am 26.10.2021

Spannend und unterhaltsam

Die Teehändlerin
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Wir befinden uns in Frankfurt am Main während der Biedermeierzeit. Tobias Ronnefeldt hat einen Handel mit Tee und anderen Kolonialwaren aufgebaut. Seine Frau Friederike erwartet das 5. Kind. Trotzdem bricht ...

Wir befinden uns in Frankfurt am Main während der Biedermeierzeit. Tobias Ronnefeldt hat einen Handel mit Tee und anderen Kolonialwaren aufgebaut. Seine Frau Friederike erwartet das 5. Kind. Trotzdem bricht Tobias zu einer monatelangen Expedition nach China auf und stellt deswegen einen neuen Prokuristen für die Geschäftsführung ein. Doch kann man ihm trauen?

Die Geschichte der Familie Ronnefeldt kommt sehr authentisch rüber, man fühlt sich mitgenommen in die damalige Zeit und ihre Orte. Friederike wird durch die Chinareise ihres Mannes vom "Hausmütterchen" zu einer ernst zu nehmenden Geschäftsfrau, obwohl sie gegen manchen Widerstand ankämpfen muss. Alle Handlungen können gut nachvollzogen werden. Die Geschichte liest sich flott, ist spannend und unterhaltsam. Das Cover, eine junge Frau, die nachdenklich auf die Gassen Frankfurts blickt, passt gut zum Inhalt. Der Roman war genau meins. Daumen hoch!

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