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Veröffentlicht am 06.07.2020

Neustart mit Hindernissen

Jeden Tag ein neuer Himmel
5

Charlotte tritt nach einem Trauerjahr eine Stelle im Londoner Kinderhospiz an.
In der Nähe ihres Hauses hört sie oft Straßenmusiker Sam, der auf seine Entdeckung wartet und vorübergehend bei seinem Bruder ...

Charlotte tritt nach einem Trauerjahr eine Stelle im Londoner Kinderhospiz an.
In der Nähe ihres Hauses hört sie oft Straßenmusiker Sam, der auf seine Entdeckung wartet und vorübergehend bei seinem Bruder Marc untergekommen ist. Eines Tages singt er das Lied „Daisy“ über eine Verflossene und Charlotte ist zu Tränen gerührt, da ihre verstorbene Tochter so hieß. Sam entgeht diese intensive Reaktion nicht, er wird neugierig und nach und nach lernen die Beiden sich kennen. Doch Charlottes negative Erfahrungen mit Männern, ihre Trauer und auch Sams Karriereplanung legen den beiden ungeahnte Steine in den Weg.

Die Autorin wechselt die Erzählperspektive zwischen den beiden sympathischen, aber sehr unterschiedlichen Hauptfiguren regelmäßig, so dass deren Innenansichten gut sichtbar werden. Das Schicksal dieser kontrastierenden Personen wird auf diese Weise wirkungsvoll ineinandergeflochten.
Einige Nebencharaktere bereichern die Geschichte, auch sie werden so detailliert beschrieben, dass man sie lebhaft vor Augen hat. Die beste Freundin Charlottes und den empathischen Bruder Sams möchte man gleich in den eigenen Freundeskreis aufnehmen, den kleinen Hamish nur zu gerne in den Arm nehmen.
Der Erzählstil ist einfühlsam und leicht zu lesen, so dass man gut in die Geschichte eintauchen kann.
Der Titel ist ein zentrales Zitat aus dem Buch, der sich so auf sehr schöne Weise beim Lesen erklärt.
Es werden auch einige ernste Themen aufgegriffen
- Hospizarbeit mit Kindern,
- Erwartungsdruck durch Eltern,
- Straßenkinder und Obdachlose, die versuchen sich über Wasser zu halten,
- das Geschäft mit den Medien, das sich gerne um reißerische Geschichten balgt und wie das für die Betroffenen ist.
Diese ernsten Themen werden natürlich nicht vertieft, sondern nur oberflächlich angeschnitten, aber gerade für das Genre Happy-Tears ist das ein ziemlich bunter Strauß, der gut eingebunden wurde.
Mich hat das Buch sehr gut unterhalten und ich habe es gerne gelesen, obwohl einige Entwicklungen absehbar waren. Ich vergebe hier gerne 4 von 5 Sternen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Figuren
  • Atmosphäre
Veröffentlicht am 05.03.2024

schicksalshafte Augenblicke

Die Halbwertszeit von Glück
4

Luise Pelt hat hier eine tolle Idee umgesetzt. Sie erzählt über drei verschiedene Frauen, die zu unterschiedlichen Zeiten an weit voneinander entfernten Orten leben und die doch irgendwie miteinander verbunden ...

Luise Pelt hat hier eine tolle Idee umgesetzt. Sie erzählt über drei verschiedene Frauen, die zu unterschiedlichen Zeiten an weit voneinander entfernten Orten leben und die doch irgendwie miteinander verbunden sind. Bei allem geht es um das Glück, wie empfindet man es, wem steht es zu, wie vergänglich ist es und was passiert, wenn man es für immer verloren glaubt.

Die Wissenschaftlerin Johanna lebt 1987 nach einem persönlichen Schicksalsschlag als Einsiedlerin im Grenzgebiet der DDR. Sie findet eine verletzte flüchtige Jugendliche und hilft ihr.
Holly stellt ihr Leben 2003 in Los Angeles nach einem tragischen Unglück auf den Kopf und wirft ihre ursprünglichen Chancen über Bord.
Mylène steht 2019 in Paris kurz vor der Hochzeit mit einem reichen und allgemein begehrten Junggesellen. Sie hadert mit ihrem Leben nachdem sie ein überraschendes Erbe gemacht hat.
In recht kurzen Kapiteln erhält man abwechselnd Einblick in die Perspektiven der drei Frauen. Durch diese Abwechslung und den angenehmen Erzählstil fliegen die Seiten hier nur so dahin. Man möchte gerne erfahren, wie es ihnen weiterhin ergeht und was die Geschichten verbindet, wenn es denn so sein sollte. Hier kann man herrlich miträtseln und wird doch immer wieder von Wendungen überrascht.
Gut gefiel mir die Erklärung des Titels aus der Geschichte heraus.
Leider gibt es im Plot aber deutlich Luft nach oben, zu viel wirkt konstruiert. Einige Gegebenheiten waren schlicht unmöglich, u.a. die Regelungen zur Adoption. Vor allem die historischen Ungereimtheiten zur DDR sind ärgerlich, hier hätte besser recherchiert werden müssen.
Johannas Geschichte ist für mich die berührendste, die anderen Frauen wirken sehr überspannt und klischeehaft. Manche Verhaltensmuster bringen mich zum Kopfschütteln, auch dienen einige Entwicklungen nicht der Entwicklung der Geschichte, sondern eher als Seitenfüller. Die im Klappentext angekündigten starken Frauen habe ich vermisst. Nach der tollen Ausgangsidee, habe ich hier deutlich mehr erwartet. Die Verbindung der Frauen in unterschiedlichen Zeiten und Orten bietet soviel Potential.

Ein kurzweiliger Roman, der sich gut lesen lässt, jedoch mit Schwächen ausgeführt wurde.

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
  • Atmosphäre
Veröffentlicht am 01.11.2022

Unterhaltungsindustrie im viktorianischen Zeitalter

Zirkus der Wunder
3

Im „Zirkus der Wunder“ erschafft Elizabeth Macneal ein besonders Zeitzeugnis aus dem viktorianischen England, ihr Thema sind Kuriositätenshows. Damals ergötzten sich Massen an „Monstern“, die ausgestellt ...

Im „Zirkus der Wunder“ erschafft Elizabeth Macneal ein besonders Zeitzeugnis aus dem viktorianischen England, ihr Thema sind Kuriositätenshows. Damals ergötzten sich Massen an „Monstern“, die ausgestellt wurden oder Kunststücke vorführten.



„Ich gehöre der Öffentlichkeit!“ Lavinia Warren



Die junge Frau Nell ist am ganzen Körper mit Muttermalen übersät. Die Familie und die Dorfbewohner halten sie für einen Freak, sehen keinen vollwertigen Menschen in ihr. Nell versucht unter dem Radar zu bleiben und arbeitet hart ohne Perspektive auf eine eigene Familiengründung. Nur ihr Bruder Charlie versucht sie zu schützen und liebt seine kleine Schwester wie sie ist. Als Jasper Jupiters Zirkus der Wunder in den Ort kommt staunt das ganze Dorf. Nells Vater verkauft sie an Jasper, der großes Potential in ihr sieht. Allmählich gewöhnt sie sich an die neue Lage und sieht hier eine Perspektive für ihr Leben. Die Begeisterung der Menschen ist schwer erkauft, aber sie gibt ihr auch eine gewisse Macht und ermöglicht ihr einen Verdienst.

Toby, Jaspers Bruder, versucht Nell zu unterstützen und sieht die Frau in ihr. Sein Bruder Jasper will berühmt werden und sieht in ihr das Mittel zum Zweck, mit dem er nach Belieben verfahren kann. Die Brüder erlebten gemeinsam den Krim-Krieg, Jasper als Soldat, Toby als Fotograf. Der Tod eines Freundes überschattet noch immer ihr toxisches Verhältnis. Beide streben nach Anerkennung, jedoch auf sehr unterschiedlichem Niveau.



Die Autorin erzählt abwechselnd aus der Sicht von Nell, Toby und Jasper, so dass man sich in jeden gut hineinversetzen kann. Die Intentionen der Figuren sind sehr unterschiedlich, was auf diese Weise sehr gut herausgearbeitet wird. Es wird aufgezeigt, wie die Unterhaltungsindustrie in dieser Zeit funktionierte. Sie gab den Freaks manchmal auch eine gewisse Macht, letztlich wurden sie aber ausgebeutet. Die Impresarios waren skrupellos, Jasper hier ist ein Narzisst, der seine Kuriositäten zum Zweck der Unterhaltung zu Objekten macht. Diese Menschen konnten damals aber auch nur so ihr Auskommen finden.

Interessant fand ich als Leser die Parallelen der Figuren, die trotz der unterschiedlichen Intentionen vorhanden waren und die letztlich die Unterschiede der Figuren begründeten.

Durch die Entscheidung die Geschichte der Brüder in den Fokus zu rücken, kommen die Schicksale der „Freaks“ einfach zu kurz. Die Emotionen sind nicht ausreichend ausgearbeitet, letztlich fehlte mir der Funke der Begeisterung, dennoch habe ich die Geschichte gerne gelesen und auch noch im Nachgang viel über die geschilderten Verhältnisse nachgedacht. Das informative Nachwort sollte auf keinen Fall übergangen werden, es ermöglicht abschließend noch mal einen ganz besonderen Blick auf die Zeit und die Verhältnisse.

Von mir gibt es 4 Sterne und eine Leseempfehlung, insbesondere für Menschen die historische Romane lieben.

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
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  • Charaktere
  • Cover
  • Atmosphäre
Veröffentlicht am 05.05.2024

Eine Reise in die ukrainische Geschichte

Wären wir Vögel am Himmel
2

Auch in ihrem zweiten Roman verarbeitet Erin Litteken ein Stück ihrer ukrainischen Familiengeschichte. Diesmal wird der Zeitabschnitt 1941-49 behandelt. Erzählt wird abwechselnd aus den Perspektiven von ...

Auch in ihrem zweiten Roman verarbeitet Erin Litteken ein Stück ihrer ukrainischen Familiengeschichte. Diesmal wird der Zeitabschnitt 1941-49 behandelt. Erzählt wird abwechselnd aus den Perspektiven von Halya, Lilija und Vika, dadurch kann man sich dem Figuren gut nähern und die Handlung bleibt abwechslungsreich und wird von verschiedenen Seiten beleuchtet. Die Romane sind unabhängig voneinander.

Lilija hat bis auf den Vater ihre Familie verloren und ist traumatisiert. Ihr Vater überlässt den Familienhof dem Schwager Maksim und seiner Frau Vika. Er versucht mit Lilija in der Stadt neu anzufangen. Als er kurz darauf dort den Tod findet, schleppt sich Lilija zurück nach Hause und wird dort von der Familie aufgenommen wie eine Tochter. Diese kleine Gemeinschaft erlebt in kurzer Zeit sehr viel Leid, Angst und Not. Nachdem die Russen das Land verlassen haben und der Holodomor noch in den Köpfen ist, sind die deutschen Befreier doch keine Freunde, sondern schlimme Besatzer, die ebenso wie die Russen grausam gegen die Bevölkerung wüten. Die Polen im Land sind ebenfalls mit den anderen Parteien verfeindet und so kämpfen die unterschiedlichsten Gruppierungen gegeneinander. Freundschaft und Mitgefühl sind selten und daher besonders kostbar.

Lilija und ihr Cousin Slavko werden als Ostarbeiter nach Leipzig verschleppt, auf dem Transport lernen sie das 11-jährige Mädchen Halya kennen. Sie bilden bald schon eine Gemeinschaft, um einander zu stärken und zu stützen. Die Bedingungen im Arbeitsalltag sind grausam. Vika erfährt, wo die Kinder sind und macht sich mit der Familie auf den Weg nach Westen, um die Familie hoffentlich wieder zu vereinen und um den nahenden Russen zu entkommen. Auch ihre Erlebnisse sind hart mitzuerleben.

Die drei Frauen sind sehr starke Persönlichkeiten und versuchen jede auf ihre Art die kleine Sippe, die sie um sich haben zu schützen und zusammenzuhalten. Bis sich alle irgendwo in Deutschland wiedertreffen, neigt sich der Krieg dem Ende zu und die Lebensbedingungen für die Flüchtlinge werden immer prekärer. Die Autorin hat kein heftiges Gräuel aus dieser Zeit ausgelassen, was nur halbwegs auf den Weg und in die Zeit passt. Gegen Ende war es ein wenig viel des Guten, dass wirklich alles mitgenommen wurde. Sicherlich stellt dies gut die Situation dar, aber aufgrund der Masse ist es zu einem bestimmten Zeitpunkt eine Aneinanderreihung von schrecklichen Erlebnissen, die emotional nicht mehr transportiert wird. Hier wäre ein bisschen weniger vielleicht mehr gewesen, vor allem wenn man dies in die Ausgestaltung der Figuren investiert hätte, die teilweise etwas blass ausgestaltet waren. Sprachlich lässt sich der Roman trotz der heftigen Schilderungen gut lesen, teilweise geht es etwas zu poetisch zu, aber das ist Geschmacksache. Das Lektorat hat leider einiges an Fehlern übersehen, da muss man drüber weg lesen.

Insgesamt ein informativer Roman, der mit einer historischen Vorbemerkung der Autorin begonnen und ebensolchen Anmerkungen abgeschlossen wird, die viele relevante Fakten enthalten, die das Einordnen ins Zeitgeschehen erleichtern.

Trotz der kleinen Kritikpunkte habe ich den Roman sehr gerne gelesen. Der Titel erklärt sich im Verlauf der Handlung und auch die schöne Ausstattung des Buches mit Leseband gefallen mir gut. Tragisch ist der Bezug, der zu der heutigen Situation hergestellt werden kann. Unglaublich wie leidgeprüft dieses Land und seine Bewohner sind. Der Wille zum Widerstand spielt hier immer wieder eine Rolle und wird auch für das Heute verständlicher denn je.

Eine beeindruckende Familiengeschichte, die ausführlich ein Stück Zeitgeschichte der Ukraine vorstellt. Lesenswert

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Veröffentlicht am 08.04.2021

Roadtrip mit Hindernissen

Reise mit zwei Unbekannten
2

Alex ist trotz bester Vorbereitung bei einem Mädchen abgeblitzt, er kann dies schlecht verarbeiten und bekommt prompt die Diagnose Depression von seinem Arzt. Zur Ablenkung plant einen Trip nach Brüssel. ...

Alex ist trotz bester Vorbereitung bei einem Mädchen abgeblitzt, er kann dies schlecht verarbeiten und bekommt prompt die Diagnose Depression von seinem Arzt. Zur Ablenkung plant einen Trip nach Brüssel. Aus Kostengründen bietet er einen Platz in seinem alten Twingo über die Mitfahrzentrale an. Der Mitfahrer Max stellt sich als die über 90-jährige Maxine heraus, die dem streng reglementierten Seniorenheim entfliehen will, um in Brüssel Sterbehilfe in Anspruch zu nehmen.
Die beiden so unterschiedlichen Reisenden beschnuppern sich argwöhnisch und schließen schließlich Freundschaft. Jeder möchte dem anderen behilflich sein: Alex möchte Max neuen Lebensmut schenken und sie von ihrem Vorhaben abbringen. Max möchte Alex aufrichten, selbstbewusster und offener machen, damit er das Leben genießen kann. Aus unerfindlichen Gründen glaubt die Polizei, Alex hätte Max entführt, um ihr in seinem Wahn etwas anzutun. Die Medien springen auf die Falschmeldung mit großem Spektakel an und heizen die Stimmung mit Berichten und Interviews der Heimleiterin, Alex Eltern und der Angebeteten weiter an.
Auf unauffälligen Nebenstraßen versuchen die Beiden unertappt voranzukommen, lassen sich dabei gerne spontan treiben und ablenken und werden so in absurde Situationen verstrickt, durch die sie immer wieder Erkenntnisse gewinnen oder die zu Gesprächen führen, die sie ihre Situation überdenken lassen.
Wichtige Themen, wie Sterbehilfe, Depression, die Situation für alte Menschen in der Gesellschaft und in Altenheimen, Erwartungshaltungen und Selbstbewusstsein werden hier thematisiert. Leider gehen sie allesamt nicht in die Tiefe. Die Depression des jungen Mannes wird durch Maxines Lebensweisheit in zwei Tagen völlig beseitigt. Ob hier die tollen Erlebnisse der zweitägigen Reise, eine Fehldiagnose oder eine Kombination dieser Umstände ursächlich war, wird nicht erläutert. Maxines Sterbewunsch wird ebenso kurz abgehandelt. Diese unausgewogene Kürze fällt insbesondere deswegen auf, weil viele andere unwesentliche Wortwitze und Umstände häufig sehr ausführlich von einem übergeordneten Erzähler erläutert werden und sich wiederholen. Dieses Palavern hat meinen Lesefluss oft gestört. Die Autorin hat hier leider Potential der sehr schönen Idee durch ihre belehrende Erzählart verschenkt. Irgendwie war es für mich nicht Halbes und nichts Ganzes: für einen ernsten Roman war es nicht tiefgründig genug, für einen humorvollen Roman nicht lustig genug.
Das Buch ließ sich durch die schrullige Art Maxines und einiger witziger Begebenheiten lesen, hat mich aber, nach der tollen Leseprobe mit den interessanten Themen, insgesamt betrachtet leider doch eher enttäuscht.

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