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Veröffentlicht am 10.05.2021

Böse Männer

Verhängnisvolles Lavandou (Ein-Leon-Ritter-Krimi 7)
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Im nun bereits siebten Band der Reihe um Rechtsmediziner Leon Ritter wird ein toter Junge am Strand von Le Lavandou gefunden, dem malerischen Ort an der französischen Côte d’Azur. Eingewickelt in Plastiktüten ...

Im nun bereits siebten Band der Reihe um Rechtsmediziner Leon Ritter wird ein toter Junge am Strand von Le Lavandou gefunden, dem malerischen Ort an der französischen Côte d’Azur. Eingewickelt in Plastiktüten und in einem Kleid lässt dies auf eine grausame Art des Missbrauchs schließen - Leon Ritter vermutet gar einen Serientäter. Während die Polizei noch versucht, den Mord an dem Kind aufzuklären, wird ein Anwohner der Gegend tot aufgefunden - der erste von mehreren.

„Die schlimmsten Verbrecher sehen erschreckend normal aus.“ (Zitat S. 139)

Wieder äusserst spannend und bewegend geschrieben behandelt dieser Roman ein Thema, welches einen nicht kalt lässt. Während man als Leser im Prolog bereits von früheren Vergehen an Jungen erfährt und somit gewisse Rückschlüsse ziehen kann, inwiefern die Morde in Verbindung zueinander stehen könnten, tappt die Polizei zunächst im Dunkeln. Entscheidende Hinweise liefern die Ergebnisse aus der Rechtsmedizin ebenso wie Leons Spürsinn, die richtigen Schlüsse zu ziehen und an entsprechender Stelle zu suchen. Natürlich gemeinsam mit der Polizei, so mehr oder weniger.
Die Mischung im Roman ist auch diesmal wieder gelungen: Ein Krimi vor einer Kulisse, die von Urlaub träumen lässt, eine Prise Lokalkolorit, rechtsmedizinische Untersuchungen ohne allzu blutige Details und ein wenig Nebenhandlung, für welche man keine Vorkenntnisse früherer Bände benötigt. Der Roman bleibt durchgehend spannend und abwechslungsreich und obwohl ich durch den Prolog den Ermittlern um eine Nasenlänge voraus war, wusste ich dennoch beim Lesen nicht genau, wer der oder die Täter im Buch sind.

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Veröffentlicht am 06.05.2021

Eine Reisebegleitung nach Tibet, kein Reisebericht

Der Schneeleopard
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Der französische Autor Sylvain Tesson wurde vom Naturfotografen Vincent Munier eingeladen, ihn und sein kleines Team ins Hochland Tibets zu begleiten, um dort Film- und Fotoaufnahmen des seltenen Schneeleopards ...

Der französische Autor Sylvain Tesson wurde vom Naturfotografen Vincent Munier eingeladen, ihn und sein kleines Team ins Hochland Tibets zu begleiten, um dort Film- und Fotoaufnahmen des seltenen Schneeleopards zu machen. Von dieser völlig neuen Herausforderung berichtet der Autor in diesem Buch.

„Ich selbst hatte fünfundzwanzig Jahre lang die Steppen durchmessen, ohne auch nur zehn Prozent von dem wahrzunehmen, was Munier erfasste.“ (Zitat S. 46)

Manch einer hat bereits davon gehört, manche machen es selbst, nicht jeder hat dafür Verständnis: Naturfotografen harren oftmals stundenlang still bei Wind und Wetter aus in der Hoffnung, ein besonderes Motiv vor die Linse zu bekommen. Dass man durch langes auf der Lauer liegen manchmal Dinge entdeckt, welche man durch das Hasten durch den Tag und die Welt womöglich gar nicht bemerkt hätte, wird dem Autor auf dieser Reise bewusst. Neben dem Warten sind vor allem die winterlichen Temperaturen von -20°C und kälter eine immense Herausforderung für das Team, welche durch die besondere Natur teilweise wieder wettgemacht wird.

„Die Tinte gefror, hastig brachte ich die Sätze zu Papier: „Die Abhänge geriefelt von schwarzen Maserungen, Rinnsale aus dem Tintenfass Gottes, der nach der Niederschrift der Welt seine Feder ablegt.““ (Zitat S. 73)

Das Buch ist kein reiner Reisebericht, sondern mit den Augen und den Worten eines Autoren verfasst. Die Idee ist nicht neu, auch Douglas Adams war einst mit dem Zoologen Mark Carwardine unterwegs auf der Suche nach seltenen Tieren und hat sein Buch als biologischer Nicht-Profi mit britischem Humor versehen. Britischen Humor findet man hier herkunftsbedingt nicht, vielmehr ist das Buch laienhaft mit philosophischen Gedanken durchsetzt, woran der das Team begleitende Philosoph wohl nicht ganz unbeteiligt sein mag. Ebenso zieht Tesson Parallelen zum Dàodéjīng des Lǎozǐ, welchem die Philosophie Tibets zugrunde liegt. In meinen Augen eine im Ansatz interessante gedankliche Bereicherung.

„Die Tiere sind die Hüter der Grünanlagen, in denen der Mensch Reifentreiben spielt und sich als König gebärdet.“ (Zitat S. 47)

Neben Yaks, Blauschafen und Wölfen ist das Hauptanliegen natürlich, einen der letzten, verbliebenen Schneeleoparden zu entdecken. Bei geschätzten 5000 Exemplaren, verteilt auf ein riesiges Gebiet, gleicht dies fast einem Glücksspiel. Oder man übt sich in Geduld und genauem Hinsehen.

„Überlebende wovon?“, fragte ich.
„Von der Ausbreitung des Menschen“, sagte Marie. (Zitat S. 85)


Ohne zu spoilern kann ich sagen: Ja, sie sehen mehrfach einen Schneeleoparden. Im Buch selbst sind allerdings nur zwei Fotos in s/w abgedruckt, ein Bildband mit Reisejournal ist jedoch erhältlich.
Neben all den Worten des Lobes folgt meinerseits auch Kritik: Mir ist der Autor ein paar mal zu häufig gedanklich in private Erinnerungen abgeschweift, welche ich weder als relevant noch als bereichernd empfand. Welche Frau ihm einst warum den Laufpass gegeben hat muss ich nicht in allen Einzelheiten wissen. Mag sein, das einem beim Warten in Eiseskälte auch solche Dinge durch den Kopf gehen, aber was interessiert mich das als Leser? Derlei Dinge hätten zugunsten von mehr Eindrücken und Erlebnissen oder besonderen Details der Reise gestrichen werden können.

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Veröffentlicht am 03.05.2021

Vom Fallanalytiker zum Privatermittler – spannender erster Fall

Mörderfinder – Die Spur der Mädchen
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Fallanalytiker Max Bischoff hat seinen Job bei der Polizei an den Nagel gehängt, um als Dozent an der Hochschule Polizistinnen und Polizisten in der Fallanalyse auszubilden. Ein deutlich ruhigerer Job ...

Fallanalytiker Max Bischoff hat seinen Job bei der Polizei an den Nagel gehängt, um als Dozent an der Hochschule Polizistinnen und Polizisten in der Fallanalyse auszubilden. Ein deutlich ruhigerer Job als im aktiven Polizeidienst. Diese Ruhe wird jedoch gestört, als ein Mann ihn um Hilfe bittet: Die Schultasche seiner vor 6 Jahren spurlos verschwundenen 10jährigen Tochter Leni stand plötzlich bei ihm im Hausflur, als sei das Mädchen wieder da. Max zögert zunächst, den Fall anzunehmen, doch der Jagdinstinkt des 33jährigen Fallanalytikers ist geweckt.
Ein gelungener erster Fall als Privatermittler für den ehemaligen Fallanalytiker Max Bischoff, der gleich zu Beginn einige Fragen aufwirft: Was geschah damals wirklich mit Leni? Wer hat ihre Sachen bei ihrem Vater platziert und zu welchem Zweck? Warum geht Lenis Vater nicht zur Polizei? Und aus welchem Grund hat Max Bischoff mit Anfang 30 bereits dem Polizeijob den Rücken gekehrt, obwohl er als äußerst erfolgreich galt?
Der Roman lässt wieder den angenehm lesbaren Schreibstil Arnos Strobels erkennen: Unterhaltsam, spannend und thematisch gut recherchiert. Nicht nur die Psyche von Täter und Opfer, sondern auch von Angehörigen und Mitwissern wird hier recht gut dargestellt – bei einem Fall, bei dem es um verschwundene junge Mädchen geht, ein besonders heikles Thema, welches der Autor recht gut umgesetzt hat. Auch die Hintergründe von Max Bischoff und seine Bedenken, sich in laufende Polizeiarbeiten einzumischen, was nicht immer legal ist, wurde hier auf eine Weise gelöst, welche mir Max sehr sympathisch machte.
Ohne zuviel über den Inhalt zu verraten kann ich sagen, dass es sich definitiv lohnt, Max Bischoff kennenzulernen, ihn bei seinem ersten Fall als Privatermittler zu begleiten und den oder die Täter zur Strecke zu bringen. Durch einige geschickt platzierte Wendungen bleibt der Roman durchgehend spannend und ich freue mich bereits auf ein Wiedersehen mit Max.

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Veröffentlicht am 03.05.2021

Magische Spannung auf den Dächern von Paris

Valérie
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Die junge Pariserin Valérie hat ein fast schon magisches Talent, wenn es um Diebstahl geht: Sie weiß einfach im Voraus, was ihre Opfer tun werden, so dass sie geschickt und unbemerkt zugreifen kann. Ebenso ...

Die junge Pariserin Valérie hat ein fast schon magisches Talent, wenn es um Diebstahl geht: Sie weiß einfach im Voraus, was ihre Opfer tun werden, so dass sie geschickt und unbemerkt zugreifen kann. Ebenso scheint sie für die anderen dabei wie unsichtbar zu sein. Allerdings hat Valérie es sich zum Ziel gesetzt, den Opfern von Taschendieben, meist Touristen, die abgenommenen Sachen wieder zurückzustehlen und ihnen wiederzugeben. Geklaut oder „vorübergehend ausgeliehen“ wird von ihr nur das Notwendigste. Gemeinsam mit ihrem Vater lebt sie im Geheimen hoch über den Dächern von Paris. Dort versuchen sie, nicht ins Visier des IVM, dem magischen Institut der Diebe, zu geraten. Dessen Leiter und zugleich König der Diebe, Raoul Rabaqueur, hat ein ganz besonderes Auge auf die talentierte Valérie geworfen, weswegen ihr Vater einst mit ihr floh – leider wurde ihre Mutter damals bei der Flucht geschnappt, nur Valérie und ihr Vater konnten entkommen. Doch seit Kurzem sind Rabaqueurs Spione in Paris unterwegs. Vor ihnen ist auch der Junge Matteo auf der Flucht, ebenfalls ein talentierter Dieb. Kann Valérie ihm trauen?

„Denn das Institut Voleurs magique, das Magische Intitut der Diebe, fordert alle Kinder ein, die mit ‚der Gabe‘ geboren werden.“ (Zitat Kapitel 3)

Ein spannendes Abenteuer mit zwei aussergewöhnlichen Kindern, die sich schon bald als Team gegen den König der Diebe und dessen Spione stellen. Der gesamten Erzählung wohnt nicht nur eine gewisse Magie inne, sondern es gibt tatsächlich ein paar magische Details wie das sprechende Mäusepaar Edith und Piaf, welche bisher die einzigen Freunde in Valéries Leben waren. Spannende Abenteuer, gewitzte Pläne und ein böser Gegner, der die Kinder unbedingt in seine Fänge bekommen möchte machen das Buch ebenso lesenswert wie ein gewisses Geheimnis um Valéries Herkunft, welches sich zum Ende hin ein wenig lichtet. Ob auf den Dächern oder in den Katakomben von Paris, ein bis zuletzt spannendes und abwechslungsreiches Buch mit zwei sympathischen und cleveren Kindern.

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Veröffentlicht am 03.05.2021

Gute Idee, langweilig umgesetzt

Ravenhurst
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Man nehme: Die ewige Jugend des Dorian Grey, den Fluch aus ‚Die Schöne und das Biest‘, die innere Zerrissenheit von Dr. Jekyll und Mr Hyde, mixe das Ganze gut durch und garniere es mit altbritischem Landsitz-Charme ...

Man nehme: Die ewige Jugend des Dorian Grey, den Fluch aus ‚Die Schöne und das Biest‘, die innere Zerrissenheit von Dr. Jekyll und Mr Hyde, mixe das Ganze gut durch und garniere es mit altbritischem Landsitz-Charme – heraus kommt ein Dorian Graves, dessen Nachname Programm ist. Ihn soll die Londoner Vollwaise Lady Eleonore Warrington ehelichen, damit sie nicht, trotz ihrer bereits 24 Jahre, verarmt auf der Straße landet. Bereits kurz nach ihrer Ankunft auf Ravenhurst bereut sie ihre Entscheidung, doch dann kommt alles ganz anders….
Auch wenn die Idee im Ansatz gut ist, konnte ich beim Lesen keinen richtigen Gruselcharme feststellen. Erschwerend kommt hinzu, dass die Autorin sich dafür entschieden hat, Eleonore als Ich-Erzählerin zu verwenden. In meinen Augen ein Fehler, da mich der ausführliche Austausch von Höflichkeitsfloskeln oder die Dialoge, wenn der Bedienstete den Herrschaften Tee einschenkt, ebensowenig interessiert wie detaillierte Bekleidungsrituale oder sonstige Nebensächlichkeiten, die hier leider allesamt die Handlung unnötig in die Länge zogen. Da wäre es besser gewesen, sich mehr auf eine gruselige Atmosphäre zu konzentrieren und die Protagonistin auch entsprechend handeln zu lassen. Dass Eleonore sich hingegen nicht mal ihrer einzigen Freundin anvertraut aus Angst, man könne sie für verrückt halten, konnte ich nicht nachvollziehen, da die Freundin als Bedienstete wohl kaum anderen Menschen davon erzählt hätte. Überhaupt erschien mir Eleonore viel zu passiv und angepasst und ihre Enttäuschung, dass ein charakterliches Scheusal ihr das Bett verweigert, war mir einfach unverständlich – jede normale Frau wäre darüber froh gewesen, von eventuellen Übergriffen verschont zu bleiben. Das war mir zu sehr Bad-Boy-Schwärmerei, muss an seinen schönen blauen Augen gelegen haben, auf welche wiederholt hingewiesen wurde.
Gut, es gibt ein paar Wendungen, aber wirklich überraschend waren die einfach nicht. Zudem gestaltete sich das Buch durch die bereits oben erwähnten unnötigen Details eher als langatmig, ohne großen Grusel- oder Spannungsfaktor. Und das letzte Kapitel fällt in die Kategorie „diese Anspielung hätte man weglassen können“. Von mir keine Leseempfehlung.

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