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Veröffentlicht am 06.05.2018

Spannender Thriller.

Blutmoor (Ein-Sarah-Spielmann-Krimi 2)
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Der zweite Fall für Sarah Spielmann. Fünf Jahre später.

Amelia, die Tochter des österreichischen Innenministers wird entführt, ihr Freund Maximilian ermordet. Ihr Vater setzt alles daran, das Leben seiner ...

Der zweite Fall für Sarah Spielmann. Fünf Jahre später.

Amelia, die Tochter des österreichischen Innenministers wird entführt, ihr Freund Maximilian ermordet. Ihr Vater setzt alles daran, das Leben seiner Tochter zu retten und beauftragt Sarah und ihren neuen Kollegen Fred mit den Ermittlungen, obwohl sie außerhalb des Zuständigkeitsbereich der Beiden liegen.

Sie beginnen damit, den Fall zu lösen und kurz darauf wird eine Lawine losgetreten - eine Moorleiche taucht im Bett von Sarah auf und ein Toter nach dem Anderen wird entdeckt. Immer fehlen den Opfern Herz und Leber und alles deutet auf ein und denselben Täter und eine Form von Knnibalismus hin.

Freds Partner wird ebenfalls entführt und ihm und Sarah läuft die Zeit davon, die beiden Entführungsopfer noch rechtzeitig zu retten.



In „Blutmoor“ folgen wir nicht nur Sarah und Fred - sondern auch den Opfern und dem Täter. Geschickt verwoben drei unabhängige Erzählstränge, die es dem Leser ermöglichen, sich zumindest teilweise hineinversetzen zu können in alle Charaktere des Buches.
Sprachlich dem atemlosen Tempo des Thrillers angepasst, sehr flüssig, in sich stimmig und sehr spannend zu lesen.

Die Protagonistin von „Blutmoor“ hat eine Beziehung - und das wundert einen fast. Der Partner muss gute Nerven haben. Sie ist aufbrausend, zynisch und teils extrem ruppig im Umgang mit Kollegen und Mitmenschen.
An sich ist ihr Charakter gut herausgearbeitet, klar, man muss sie nicht mögen, aber man hat eine Vorstellung von ihr und der Art und Weise, wie sie tickt.

Aber manchmal ist es etwas schwierig nachzuvollziehen, wie sie auf ihre gezogenen Schlüsse kommt, grade im letzten Teil des Buches. Es fällt etwas schwer zu verstehen, wie sie auf gewisse Lösungsansätze kommt und man bleibt ein wenig mit offenen Fragen zurück.

Der „Bodycount“ in diesem Buch ist enorm - es gibt mehr Leichen als in so manchem Actionfilm. Damit muss man erst einmal klarkommen, aber sie tragen ordentlich dazu bei, dem Ganzen seinen blutrünstigen und oft makaberen Wert zu geben.
Extrem gut beschrieben die grade morbiden Szenen, sehr spannend und in hoher Geschwindigkeit entwickelt sich der Fall.

Am Ende flacht es ein bisschen ab, aber allgemein ein sehr packender Thriller mit teils plötzlichen Wendungen, der einen mitreisst.

Veröffentlicht am 03.05.2018

Nachtlichter.

Nachtlichter
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Amy und ihr Bruder Tom wachsen auf den Orkney Inseln in Schottland auf. Einsame Weiten, unberührte Natur, viel Wildnis und eine bäuerliche Abgeschiedenheit.
Nach einer Kindheit geprägt durch einen streng ...

Amy und ihr Bruder Tom wachsen auf den Orkney Inseln in Schottland auf. Einsame Weiten, unberührte Natur, viel Wildnis und eine bäuerliche Abgeschiedenheit.
Nach einer Kindheit geprägt durch einen streng religiösen Mutter und einem psychisch labilen Vater verlässt Amy ihr Zuhause, um in London ein neues Leben zu beginnen.

Sie holt auf, was sie an Leben auf den einsamen Inseln bisher meint, versäumt zu haben.
Männer, Parties, Lichter, Krach, Menschen und viel viel Alkohol.

Sie wird abhängig, trinkt bis zum Exzess und driftet immer weiter ab. Amy verliert ihren Freund, schließlich ihren Job und entschließt sich, ihrer Sucht mithilfe eines Alkoholprogramms entgegenzutreten.

Schlussendlich kehrt sie nach zwölf Jahren Großstadt zurück auf die Orkney Inseln, sieht ihre Eltern wieder, arbeitet und hilft vor Ort. Eigentlich geplant als Zwischenstopp auf dem Weg zur Heilung werden die Inseln aufgrund mangelnder Alternativen erneut zur ihrer Heimat.

Sie lässt sich mitreissen von der Natur, der Wildnis, der rauen Umwelt und ihre Sehnsucht nach dem Alkohol nimmt langsam ab.



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So rau und natürlich wie die Gegend der Orkney Inseln, so schreibt auch Amy. Schonungslos und direkt, ohne Umschweife auf den Punkt.
Sie nimmt den Leser mit auf die Reise durch ihr Leben und manchmal kann man fast vergessen, dass es sich um einen autobiografischen Roman handelt, den man hier vor sich hat.

Die Beschreibungen der Natur, unfassbar plastisch, machen greifbar, was in Amy nach ihrer Rückkehr vorgeht und lassen ahnen, wie sie es schafft, langsam von der Sucht abzulassen.

Besonders faszinierend geschrieben auch die Erzählungen ihrer Zeit in London - man feiert mit, trinkt mit, leidet mit, lebt mit ihr die Sucht.
Sie beschönigt nichts, sie nimmt sich selbst nicht in Schutz. Sie erzählt. Dokumentiert quasi.

Manchmal meint sie es vielleicht etwas zu gut, wenn sie sich ausführlich auslässt über ihre Emotionen, wiederholend und detailliert - aber vielleicht gehört das einfach dazu, zur Aufarbeitung des Ganzen.
Sie springt hin und her, ihre Gedanken, grade zu Londoner Zeiten, sind flüchtig und schwankend. Manchmal ist es etwas schwer zu folgen, aber das macht es gleichzeitig auch greifbarer, das Ambivalente ihrer Situation in der Stadt.

Zurück auf den Inseln werden das Leben und die Sprache ruhiger, fliessender.
Die Natur rettet sie - jedoch nur bis zu einem gewissen Grad.

Das Suchtverhalten, der Wunsch nach dem Erleben von Grenzerfahrungen bleibt. Wird teilweise ersetzt. So gibt ihr das Schwimmen im eiskalten Meer einen ähnlichen Kick wie damals der Alkohol.

Man folgt Amy gebannt und gespannt durch ihr Leben, leidet mit ihr und hofft, dass sie den Absprung schafft. Man steht mit ihr in der wilden Natur Schottlands und versteht. Was sie erlebt und wie sie lebt.

Ein unglaublich greifbares, trotz rauem Schreibstil emotionales Buch, das einen begeistert und nicht so schnell wieder loslässt.

Veröffentlicht am 02.05.2018

Ein sehr spannendes Leben.

Es war einmal im Fernen Osten
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Xiaolus Leben beginnt holprig: Ihre Eltern, fanatische Anhänger Maos, geben ihre Tochter direkt nach der Geburt weg zu einem ärmlichen, kinderlosen Bauernpaar mitten in der Einöde der Berge. Halbverhungert ...

Xiaolus Leben beginnt holprig: Ihre Eltern, fanatische Anhänger Maos, geben ihre Tochter direkt nach der Geburt weg zu einem ärmlichen, kinderlosen Bauernpaar mitten in der Einöde der Berge. Halbverhungert und verwahrlost wird Xialou zwei Jahre später zu ihren Großeltern in ein Fischerdorf übergeben.
Kurz darauf stirbt Mao, der „Große Vorsitzende“ und ein rasanter gesellschaftlicher Wandel vollzieht sich in der Republik China.
Für Xialou ergibt sich die Möglichkeit, als Filmemacherin und Autorin aufzusteigen und ein Leben zwischen den Welten zu führen.

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Für mich eine zugegebenermaßen ziemlich unbekannte Person, Xiaolu Gu. Gehört hatte ich den Namen, in der Buchszene ist sie ja keine Unbekannte. Aber gelesen hatte ich noch nichts von ihr.

Biografien liebe ich - Leben sind so spannend. Egal ob Rockstars, Politiker, der „Unbekannte von nebenan“ oder eben eine Schriftstellerin und Regisseurin … man kann so viel mitnehmen aus den Geschichten anderer Menschen, erfährt so Vieles, was einem vorher unbekannt war.
Aus diesem Grund habe ich begeistert zugegriffen, als ich die Möglichkeit bekam, „Es war einmal im fernen Osten“ zu lesen.

Und ich wurde nicht enttäuscht.
Eine wahnsinnig spannende, oft herzzerreissende und sehr emotionale Reise, auf die man mitgenommen wird, wenn Xiaolu ihr Leben Revue passieren lässt.

Sprachlich sehr elegant, sehr persönlich wird man schnell reingezogen in die Erinnerungen der Schriftstellerinnen, lebt mit wenn sie berichtet.

Man erfährt viel über China, seine Politik und die Gesellschaft - und bekommt Einblicke in das oft so brutale kommunistische System Maos.
Unfreiheiten, Zwänge und grade die Rechtlosigkeit der Frauen werden einem sehr bewusst, wenn man liest und dann versteht, was Frauen wie Xiaolu mitgemacht haben.
Sie berichtet von Missbrauch, Armut und Gewalt, aus der sie sich nach und nach befreien kann, die sie aber für ihr Leben geprägt haben.
Grausam und faszinierend zugleich, die ersten Jahre in ihrem Leben, sehr gut geschildert und nachzufühlen.

Der Politik- und Machtwechsel in China eine Befreiung, nicht nur für Xiaolu. Man reist mit ihr über Peking und nach England, erlebt, wie sie zerrissen ist zwischen den Kulturen, fühlt ihr Heimweh und ihre Rastlosigkeit.

Ein bisschen flacht das Buch ab im letzten Drittel, es ist langatmiger und inhaltich weniger facettenreich.
Nichtsdestotrotz ist es eine wahnsinnig faszinierende Biografie einer spannenden Persönlichkeit und gleichzeitig ein sehr persönlicher und informativer Einblick in eine Kultur, die für uns oft fremd ist.

Veröffentlicht am 02.05.2018

Unglaublich bewegend.

Flüchtige Seelen
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Janie kam als kleines Mädchen aus Kambodscha nach Kanada.
Sie hat sich in Montréal ein Leben als erfolgreiche Neurologin aufgebaut, hat Mann und Sohn.
Als ihr Mentor und Kollege Hiroji urplötzlich und ...

Janie kam als kleines Mädchen aus Kambodscha nach Kanada.
Sie hat sich in Montréal ein Leben als erfolgreiche Neurologin aufgebaut, hat Mann und Sohn.
Als ihr Mentor und Kollege Hiroji urplötzlich und spurlos verschwindet, macht sich Janie auf die Suche.

Nach ihm und nach ihrer eigenen Vergangenheit - denn beides ist eng miteinander verknüpft.
Beide haben ihre Geschwister während der Zeit der Roten Khmer verloren, beide haben schlimmste Traumata erlebt und können nicht abschließen mit der Vergangenheit, die tiefe Wunden in ihre Seelen gerissen hat.

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Janie befasst sich beruflich mit Menschen, die ihre Erinnerung verlieren. Und kämpft selbst mit ihrer Vergangenheit, ihren Emotionen und vor Allem ihren Erinnerungen. Die Roten Khmer haben sie umgestrickt, die einzelnen Menschen. Haben die Geschichten neu geschrieben, Erinnerungen verändert, ganze Leben neu kreiert.
Janie hatte mal einen anderen Namen, war jemand Anderes. Sie wurde gerettet aus Kambodscha, bekam eine neue Chance bei einer Pflegefamilie. Aber ihr Bruder, der ist verschwunden.
Somit lebt ihre Vergangenheit in ihrer Gegenwart, denn sie kann nicht abschließen, ihre Fragen nicht klären - und ihre Scham darüber, dass sie, anders als vermutlich ihr Bruder, gerettet werden konnte zermürbt sie.

Man folgt Janie auf ihrer emotionalen Reise in ihre Vergangenheit und ihre Erinnerungen, man springt zwischen Kanada und Kambodscha, zwischen dem Heute und dem Vergangenen.
Manchmal ist es schwierig, sofort hineinzufinden in die Gedankengänge, in die Haken, die das Buch kapitelweise schlägt, in die Gedanken, die zwischen verlassenen Kindern, Gewalt und Schuldgefühlen springen.
Aber diese Schwierigkeit braucht das Buch, denn sie spiegelt die emotionale Verfassung der Protagonistin wieder. Das Zerrissene, das Wirre - das macht sie aus, die Menschen, die einen Krieg erleben mussten.

Sprachlich sehr leise aber unglaublich berührend erzählt Madeleine Thien von Schicksalen, die einen so schnell nicht mehr loslassen.
Eigentlich steht Kambodscha hier nur stellvertretend für alle großen Konflikte unserer Welt - und Janie und Hiroji nur Beispiele für so Viele, die traumatisiert und emotional zerstört sind von Kriegen. Das Buch und seine Botschaft ist zeitlos, ein Spiegel für jede Generation, die Gewalt und Zerstörung erleben muss und die Konsequenzen mitnimmt in die Zukunft.

Hier gibt es Krieg ohne plakative Gewalt, es wird nicht filmhaft gemordet, es fließt kein Blut. Poetisch und zwischen den Zeilen erlebt der Leser das Unfassbare, was Janie erlebt haben muss. Leise und emotional leidet man mit, erlebt die Qualen, die teils unglaublich grausamen Situationen, in denen die Protagonisten überleben mussten.

Die Zerrissenheit, die Schuldgefühle, die ungeklärten Fragen nach der eigenen Identität, man kann ihnen nicht entkommen beim Lesen dieses Buches.

Man kann es nicht weglegen, auch wenn es einem manchmal das Herz bricht. Und wenn man fertig ist, dann ist man trotzdem noch da, emotional gefangen von dem, was man dort mit Janie erleben musste.

Veröffentlicht am 02.05.2018

Auf der Suche nach einem Wunder.

Ein Wunder alle hundert Jahre
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Alle hundert Jahre geschieht ein Wunder in der Bucht von Olloo’et im Pazifik. Für genau sechs Tage ist die Insel von einem geisterhaft grün leuchtenden Band umgeben.
Auslöser für dieses Phänonem sind ...

Alle hundert Jahre geschieht ein Wunder in der Bucht von Olloo’et im Pazifik. Für genau sechs Tage ist die Insel von einem geisterhaft grün leuchtenden Band umgeben.
Auslöser für dieses Phänonem sind kleine Tiere - Artemia Lucis. Winzige Gliederfüßer, die nur einmal alle hundert Jahre schlüpfen. Sie leben nur sechs Tage, in denen sie sich paaren und neue Eier legen; und sie haben biolumineszierende Körper: sie leuchten fast neongrün.
Schon die Ureinwohner wussten um die schmerzlindernde Wirkung der kleinen Wesen - aber auch um die Nebenwirkungen.

Dr. Rachel Bell ist als Teil eines Forschungsteams aus Washington auf Olloo’et, um die Artemia Lucis zu erforschen. Jedoch hat sie auch ein persönliches Interesse an dieser Reise, denn sie leidet seit ihrem sechsten Lebensjahr unter fast unerträglichen Rückenschmerzen.
Sie scheut keine Selbstversuche, um die Gerüchte um die schmerzstellende Wirkung der Tierchen belegen zu können, wagt den Versuch, sie in künstlicher Umgebung heranzuzüchten.

Rachel hält ihre Forschungen geheim vor ihrem Team und ihrem Vorgesetzten, zieht bei einem Küstenbewohner, Harry Streatfield, ein und bringt sich und andere durch ihre Versuche in Gefahr.

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Das Buch wirft die Frage auf, inwieweit der Mensch zum eigenen Nutzen eingreifen darf in die Natur. Rachel bringt mit ihrem Versuch, für sich selbst Heilung und Hilfe zu finden, das System der kleinen Gliedertierchen durcheinander. Sie stört und verändert künstlich die Paarungszeit und gefährdet hierdurch den Bestand der sowieso schon raren Spezies - zum ausschließlichen Zweck, ihr eigenes Dasein lebenswerter zu machen.
Leider wird diese Frage nur oberflächlich angesprochen, die Auswirkungen werden nicht weiter ausgeführt oder überdacht. Das hätte ich spannend gefunden bei einem Thema, das so ja noch nicht wirklich in Büchern vorgekommen ist.

Rachel ist ein schwieriger Mensch, distanziert und oft kalt.
Natürlich ist das in gewisser Weise nachvollziehbar, immerhin ist sie chronisch krank und schleppt sich seit wirklich vielen Jahren mit unsäglichen Schmerzen herum.
Trotzdem ist es so etwas schwierig, einen emotionalen Bezug zu ihr aufzubauen, sie zu verstehen und mit ihr mitfühlen zu können. Man bleibt immer etwas distanziert.

Auch die anderen Charaktere bleiben etwas an der Oberfläche, es fällt schwer, einen wirklichen Zugang zu bekommen. Man bleibt immer - im negativen gesehen - Beobachter, versteht auch nicht immer wirklich, warum manche Entscheidungen getroffen werden.
Natürlich kann es gut sein, dass die Protagonisten des Buches deshalb so distanziert gehalten wurden um zu verdeutlichen, wie viel Egoismus in den Menschen sein kann; jedoch ist es wirklich schwierig, so das Verhalten einordnen und mit den Charakteren mitgehen zu können.

Der Schreibstil an sich ist passend pragmatisch, wissenschaftlich und distanziert.

Das Thema an sich ein sehr Spannendes, die Beschreibungen des Phänomens wirklich gut. Es gibt viele Ansätze im Buch, die einen weiterlesen lassen weil man wissen möchte, wie es ausgeht.
Aber durch das nicht weiter ausgearbeiteten Thema der Moral um das Verhalten des Menschen gegenüber der Natur bleiben am Ende des Buches viele unbeantwortete Fragen, was das Lesen etwas unbefriedigend macht.