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Veröffentlicht am 08.05.2018

Eine andere Liebesgeschichte

Ich fühle so tief ich kann
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Lilly (Liane) ist 57 und gesundheitlich angeschlagen.
Nach mehreren Operationen landet sie bei Andreas, einem knapp 30jährigen Physiotherapeuten, der ihr helfen soll.
Trotz des Altersunterschieds entsteht ...



Lilly (Liane) ist 57 und gesundheitlich angeschlagen.
Nach mehreren Operationen landet sie bei Andreas, einem knapp 30jährigen Physiotherapeuten, der ihr helfen soll.
Trotz des Altersunterschieds entsteht eine Verbindung zwischen den Beiden und Lilly fühlt schnell mehr, als sie sich selber eingestehen möchte.

Zwischen den Beiden entwickelt sich eine seelische Verbindung auf einer Ebene, die nicht alltäglich ist; jedoch stößt Andreas sie immer wieder von sich.
Beide haben zu kämpfen mit Problemen aus der Vergangenheit und tragen emotionalen Ballast mit sich, der ihnen die Situation erschwert, sie aber gleichzeitig miteinander verbindet.

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Ein ungewöhnliches Buch mit einem ungewöhnlichen Thema. Eine Beziehung auf einer Ebene, die nicht alltäglich ist.
Man muss sich einlassen auf Lillys (Lianes) Geschichte, sich einfinden in das, was sie uns zu erzählen hat.

Und sie erzählt es uns direkt, aus ihrer Sicht, unverblümt und geradeaus. Der poetische Titel „Ich fühle so tief ich kann“ lässt eigentlich einen anderen Schreibstil erwarten, und man ist zu Beginn überrascht, wenn einem kurze, prägnante, oft sehr pragmatische Sätze entgegenkommen.
Das ist aber absolut nicht negativ zu sehen, denn genau das macht das Reiz des Buches aus. Wir erfahren die Geschichte von Lilly selbst und es wirkt, als würde sie einem gegenüber sitzen und erzählen. Man ist persönlich berührt und grade das oft kurze, pragmatische bewirkt, dass man selber emotional reagiert auf das, was sie uns zu sagen hat.

Allerdings ist das Erzählen „frei von der Leber weg“ manchmal auch etwas verwirrend, Lilly springt in ihren Gedanken, verwickelt, verschachtelt, wechselt das Thema. Es fällt nicht immer leicht, ihr zu folgen. Manchmal bleibt man auf der Strecke, muss den Faden neu suchen, was etwas schwierig im Lesefluss ist.

Es sind teils schlimme Dinge, die man erfährt, grade in der Retrospektive. Beide, Lilly und Andreas haben ihre Dämonen, die sie verfolgen, Traumata, die sie zu verarbeiten haben.

Dabei ist es faszinierend zu beobachten, welch starke Persönlichkeit sich bei Lilly vielleicht auch aus diesen Erfahrungen gebildet hat. Eine Frau, die immer wieder auf Hindernisse trifft aber eine innere Stärke hat, sie zu meistern und an ihnen zu wachsen.

Andreas wiederum ist ein schwieriger Fall. Das nicht nur aus Sicht eines Therapeuten vermutlich, sondern auch aus Sicht des Lesers. Natürlich wird einem schnell klar, was ihm alles aufgebürdet wurde in seiner Vergangenheit und man versteht, dass so manches an seinem Verhalten Resultat daraus ist. Jedoch rechtfertigt keine Vergangenheit der Welt das Manipulieren anderer Menschen zum eigenen Vorteil.

Die Beziehung der beiden findet auf einer Ebene statt, die für mich faszinierend aber nicht immer greifbar ist. Vermutlich fehlt mir das Hochsensible, um mich einfühlen zu können. Nichtsdestotrotz sind es spannende Aspekte, die einem beim Lesen bewusst und näher gebracht werden.

Ein gänzlich andere „Liebesgeschichte“, dieses Buch. Nicht für jedermann vermutlich, aber eine faszinierend Lektüre.

Veröffentlicht am 08.05.2018

Anfassen verboten.

Palace of Glass - Die Wächterin
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London in der Zukunft.
Es ist den Menschen bei schwersten Strafen untersagt, sich gegenseitig zu berühren. Hautkontakt, so regelt es ein Gesetz, gilt als schlimmstes aller Vergehen. Handschuhe, Kummerbünde ...

London in der Zukunft.
Es ist den Menschen bei schwersten Strafen untersagt, sich gegenseitig zu berühren. Hautkontakt, so regelt es ein Gesetz, gilt als schlimmstes aller Vergehen. Handschuhe, Kummerbünde und das Bedecken des gesamten Körpers gehören zum Alltag.
Es sind die Magdalenen, die das Königshaus und die Bevölkerung so fürchten. Menschen mit genetischen Mutationen, die durch Berührungen die Gedanken und Emotionen anderer sehen und auch manipulieren können.
Rea ist eine von ihnen. Tags arbeitet sie als Schneiderin, nachts legt sie Handschuhe und Verkleidung ab und steigt in den Ring. Sie schlägt Gegner, die ihr an Kraft und Größe weit überlegen sind, mit blossen Händen zu Boden - denn ihre Gabe hilft ihr, vorauszusehen, was geschieht.
Ihre Gabe ist es auch, die sie zwingt zu ihren nächtlichen Ausflügen in die Unterwelt, denn in ihr tobt die den Magdalenen gegebene Sehnsucht, andere Menschen zu berühren.

Einer ihrer Kämpfe erregt Aufmerksamkeit:
Sie wird engagiert als Leibwächter des Königssohns, ohne, dass der Hof eine Ahnung hat, mit wem er es bei dieser unschlagbaren Faustkämpferin zu tun hat.

Rea muss nun an dem Ort, von dem ihr die allergrößte Gefahr ausgeht dienen, immer in der Furcht, als Magdalena entdeckt zu werden.
Grade als sie beginnt, sich auch noch in den Prinzen zu verlieben wird ein Anschlag auf sein Leben verübt … wie wird sie reagieren, muss sie ihr Geheimnis preis geben?



„Palace of Glass“ gehört zu den Büchern, die seit Wochen durch die sozialen Kanälen schießen; kein Tag vergeht, an dem man nicht das rote Band auf einem Foto eines Buchbloggers sehen kann.
Und natürlich siegt die Neugierde - das Buch ist auch zum Hingreifen gemacht. Ich schreibe ja selten über die Optik eines Buches, aber wenn ich ehrlich bin bin ich natürlich auch sehr anfällig für schöne Bücher.
Das Cover ist wunderbar - das Einzige, was mich irre macht ist der Name der Autorin und der Untertitel … warum bloss hat man mit dieser Schrift das Gesamtbild zerstört?

Aber um die Optik des Buches soll es nicht gehen.
Ich habe das Buch an zwei Abenden beendet - es liest sich wahnsinnig flüssig und entspannt.

Das Thema ist sehr spannend, ich glaube, so etwas hat es bisher noch nicht gegeben.
Eigentlich haben wir hier eine wirklich rasante Mischung aus Dystopie, Fantasy und Romantik - eine sehr interessante Mischung.
Eins meiner absoluten Lieblingsbücher ist und bleibt „The Handmaid´s Tale“ - und ich habe mehr als einmal an diese patriarchisch geprägte Dystopie denken müssen, in der die Frauen in absurder Verkleidung ihr Dasein fristen.
Und dieser Vergleich ist es natürlich auch, was mich an diesem Buch fasziniert.

Die Idee, dass Berührungen, für uns Menschen ja das A und O, so komplett bis auf den letzten cm Haut unter Strafe stehen ist eine gruselig-faszinierende Angelegenheit.
Das absolute Grundbedürfnis der Menschen wird untergraben und es kann nur zu Revolten, Untergrundaktionen und Abtrünnigen kommen.

Und das nicht nur unter den „Magdalenen“, jenen, die die Berühungen als Manipulation benutzen können.

Rea ist ein spannender Charakter, wobei ich bis zum Ende des Buches absolut kein Bild von ihr im Kopf hatte. Ich hatte keine Anhaltspunkte, wie ich sie mir vorstellen kann, ausser, dass sie sehr schlank und sehr sportlich ist. Ein bisschen schwierig war es so für mich, sie als Person zu greifen. Auch ihre Emotionen, durchaus ja sehr oft ein Thema im Buch, blieben für mich etwas distanziert, etwas zu unausgereift.

Sehr schnell der Schritt vom Kennenlernen des Prinzen und ihr bis zum sehnsüchtigen Verliebtsein - sehr unemotional beschrieben, wie ich fand.

Das ist auch für mich soweit der größte Knackpunkt an der Geschichte: Sie hat unglaublich viel Potenzial, die Idee ist faszinierend, die Charaktere sehr vielschichtig … aber ich habe so oft beim Lesen gedacht: los, mehr! Gas geben. Als würde die Autorin mit angezogener Handbremse fahren. Sie könnte mehr, tiefer gehen, besser beschreiben, die Charaktere lebendiger machen. Vieles bleibt distanziert, etwas an der Oberfläche.
Ich hoffe, dass sich das im weiteren Verlauf noch verändern wird, denn an sich ist das Buch in meinen Augen, grade was die Geschichte angeht, wahnsinnig gut.

Die Handlung sehr gut und in sich spannend aufgebaut, mit einigen Wendungen, die man gar nicht wirklich erwartet hätte. Wenn man glaubt, den Attentäter erkannt zu haben … ist es eigentlich ganz anders. Kleine, winzige Anhaltspunkte geben schon im Vorfeld Aufschluss, sind aber mehr Brotkrumen auf dem Weg zu Lösung, was es wirklich spannend macht.

Das Finale wunderbar beschrieben und sehr gut gelöst. Es bleiben offene Fragen - geht es doch weiter mit Rea und Robin? Wie wird es mit Ninon weitergehen?
„Palace of Glass“ ist der erste Teil einer Trilogie, daher werden wir wohl sehr bald Antworten auf diese Fragen bekommen. Ich werde in jedem Fall weiterlesen.

Veröffentlicht am 07.05.2018

Der zweite Fall für Mara Billinsky

Lautlose Schreie
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Frankfurt.
Die Polizei macht auf einem Feld eine grausame Entdeckung: sieben Kinderleichen werden gefunden, allesamt in einem Zustand, der darauf schließen lässt, dass die Kinder vor ihrem Tod lange gelitten ...

Frankfurt.
Die Polizei macht auf einem Feld eine grausame Entdeckung: sieben Kinderleichen werden gefunden, allesamt in einem Zustand, der darauf schließen lässt, dass die Kinder vor ihrem Tod lange gelitten haben müssen - und alle Leichen haben frische Operationsnarben.

Mara Billinsky übernimmt den Fall zutiefst erschüttert und mit dem festen Entschluss, den Täter sobald wie möglich dingfest zu machen.
Mit ungewöhnlichen Ermittlungsmethoden - nicht immer zum Vergnügen ihres Vorgesetzten und ihrer Kollegen - deckt sie ein Verbrechen auf, dessen Ausmaße schockieren.

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„Lautlose Schreie“ ist der zweite Fall für Mara Billinsky, die unorthodoxe Ermittlerin aus Frankfurt.
Sie wird konfrontiert mit einem Fall, der in seinen immer größeren Dimensionen nicht nur ihr, sondern auch dem Leser sehr an die Nerven und an die Gefühle geht.
Sind es anfangs sieben Kinderleichen - ohnehin schon etwas, was einen nicht unbedingt schnell loslässt - befindet sie sich schnell in einem Fall von Organhandel.

Und der lässt einen ebenso fassungslos wie gebannt dastehen - und lesen. Mit extrem hohem Erzähltempo fegt die Geschichte durch die Seiten, der Leser kommt selten zum Durchatmen.

Das Thema Organhandel immer aktuell und nie emotionslos. Hier als zu lösender Fall und gleichzeitig aber auch einmal beleuchtet von der „Gegenseite“ - was ist, wenn das eigene Kind auf ein Spenderorgan angewiesen ist, aber keins bekommt?

Eine skrupellose Organmafia und eine Kommissarin, die alles dran setzt, ihr das Handwerk zu legen.
Eine unglaublich spannende Persönlichkeit, die Mara, auch genannt „die Krähe“. Relativ neu in Frankfurt und noch dabei, ihr Revier abzustecken. Und das mit eigenen Mitteln. Sie verbiegt sich nicht, sie ist sie selbst. Mit Ecken, Kanten und oft auch viel Witz.

Generell sehr gut ausgearbeitete und gut vorstellbare Charaktere, die sich im Verlauf des Thrillers entwickeln und gut greifbar sind. Es ist spannend, ihnen zu folgen, vor Allem auch, da niemand einfach platt „gut“ oder „böse“ ist, sondern jeder seine Facetten hat.

Ebenso vielschichtig die Geschichte an sich. Wenn man denkt, jetzt blickt man durch gibt es Wendungen, die man so nicht erahnen konnte, die einen als Leser immer wieder überraschen. Besonders spannend: auch Mara liegt gerne mal daneben.

Traurig auf der einen Seite, aber eine gute Wahl: es gibt kein Happy End. Schicksale und Fragen bleiben offen, nicht alles löst sich einfach und simpel auf.
In manchen Büchern der Supergau, hier in sich sehr stimmig und vor Allem auch Hoffnung auf einen weiteren Fall für Mara, in dem sich vielleicht so manche Frage noch klären lässt.

Veröffentlicht am 07.05.2018

Mrs Saint und ihre Mängelexemplare

Ein halbes Jahr zum Glück
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Nachdem Markie jahrelang weggesehen und den Schein einer intakten Ehe aufrecht gehalten hat wird sie irgendwann unausweichlich konfrontiert mit der Untreue und den Geldproblemen ihres Ehemannes.
Sie ...

Nachdem Markie jahrelang weggesehen und den Schein einer intakten Ehe aufrecht gehalten hat wird sie irgendwann unausweichlich konfrontiert mit der Untreue und den Geldproblemen ihres Ehemannes.
Sie zieht die Reißleine und verlässt fluchtartig mit ihrem Teenagersohn Haus und Heimatstadt; sie möchte nicht miterleben, wie das Umfeld reagiert, sie möchte neu starten und alles hinter sich lassen.
Der Neuanfang kommt in Form eines heruntergekommenen Bungalows, eines 0815-Jobs - und einer Nachbarschaft, die sie nicht erwartet hat.
Während sie ihr Leben erst einmal in Isolation bestreiten möchte rumpelt Angeline St. Denis, auch bekannt als Mr. Saint, unverhofft und mit viel TammTamm in ihren Alltag.
Mischt sich ein, bestimmt, hilft, fordert und bringt eine ganze Handvoll „Mängelexemplare“ mit in Markies Dasein, Menschen, denen sie unter die Arme greift und die für sie arbeiten.
Markie ist absolut nicht bereit und in der Lage, sich mit dieser neuen Situation und Mrs. Saint zu arrangieren und weigert sich, den Kontakt und die unerwünschte Nähe dieser Leute zuzulassen … oder wird sie sich ändern?

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Ein schwieriges Buch. Muss ich ehrlich sagen.
Es tut sich so viel - und eigentlich nichts. Wir lernen Menschen kennen - und können sie doch gar nicht verstehen. Wir erfahren Vieles - und haben noch mehr Fragen.
Wie rezensiert man ein Buch, das einem so viele Fragezeichen beschert hat? 

Ich habe gebraucht, um reinzurutschen in Markies Geschichte wobei mir der Schreibstil des Buches wirklich gut gefällt.

Ich habe lange gebraucht, um mit Markie, ihrem Charakter und ihrem Verhalten warm zu werden und hatte bis zum Schluss Probleme, sie als Person zu greifen.
Zu viel kann ich nicht nachvollziehen, wie sie schweigt statt zu reden, wie sie ablehnt anstatt zuzulassen - sie hat so viel Potenzial, wie man auch grade am Ende des Buches merkt, aber sie vergeudet es. Man möchte sie schütteln, wachrütteln … Mrs Saint versucht es ja quasi.

Ja, Mrs. Saint. So laut und poltrig wie sie in Markies Leben stürmt, so wirft sie einen als Leser um. Man wird konfrontiert mit einer Naturgewalt in Miniaturausgabe, einer kleinen alten Dame, die so unschuldig aussieht aber mit einem Fingerzeig ein Heer kommandieren würde.
Man hat direkt ein Bild im Kopf, wie sie da im Garten steht, weiss, wie sie aussieht und wie sie einen anguckt.
Verstanden habe ich sie bis zum Schluss nicht. Ich möchte nicht zu sehr in den Inhalt des Buches gehen, aber während sie bissig-liebevoll die Welt um sich herum rettet, die in Form von „Mängelexemplaren“ ihren Weg kreuzen, so distanziert und egoistisch tritt sie die Liebe ihrer eigenen Familie mit Füßen.
Diese Diskrepanz in ihrem Verhalten ist mir persönlich bis zum Schluss des Buches ein Rätsel geblieben.

Die meisten der „Mängelexemplare“ des Buches sind herrlich „andere“ Charaktere, Menschen, die nicht in ein Schema passen, Menschen, die anecken, ihre Probleme aber vor Allem ihre liebenswerten Seiten haben. Man versteht, warum Mrs. Saint sie „retten“ wollte - auch ohne von ihrer eigenen Geschichte erfahren zu haben.

Ihre Geschichte: das ist es auch. Plötzlich wird man nach Zwei Dritteln des Buches mit Mrs Saints Vergangenheit konfrontiert, die Geschichte schlägt Haken, die man so nicht erwartet hat. Spannend, absolut keine Frage - es entwickelt sich so anders, als man dachte.
Während ich im ersten Teil des Buches manchmal so meine Not hatte, am Ball zu bleiben habe ich ab der Hälfte in einem Rutsch gelesen, weil es mich doch gefesselt hat. Ich wollte wissen, wie es weitergeht und war so einige Male echt überrascht.

In der Tat aber nicht immer positiv überrascht, und das ganz besonders bezogen auf das Ende. Ich stehe mit Fragen da - nach dem Warum, dem Weshalb. Ich verstehe die Charaktere nicht, ihr Verhalten und ich weiss vor Allem nicht, was das Buch mir genau sagen wollte.

Das ist etwas unbefriedigend, insbesondere, da das Buch absolut das Potenzial hatte, diese Fragen auszuarbeiten und sie zu beantworten.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Charaktere
  • Geschichte
  • Humor
  • Gefühl
Veröffentlicht am 06.05.2018

Die perfekte Welle

Barbarentage
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William Finnegan lebt in den 60ern nach einem Umzug aus Kalifornien in Hawaii.
Seine große Leidenschaft ist das Surfen, für ihn nicht nur ein Sport, sondern seine Identität. Das Surfen bietet ihm die ...


William Finnegan lebt in den 60ern nach einem Umzug aus Kalifornien in Hawaii.
Seine große Leidenschaft ist das Surfen, für ihn nicht nur ein Sport, sondern seine Identität. Das Surfen bietet ihm die Möglichkeit, sich selbst und seinen Platz in der Welt zu finden.

Immer auf der Suche nach der „perfekten Welle“ zieht es ihn als jungen Erwachsenen durch die Welt. Er sieht Afrika, Asien und Australien, lebt ein unstetes Abenteuerleben. Finnegan lernt Menschen und Kulturen kennen, lebt Liebe und Freundschaft - existiert in erster Linie aber für seine große Leidenschaft, das Surfen.

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„Barbarentage“ ist die mit dem Pulitzerpreis ausgezeichnete Autobiografie des amerikanischen Journalisten William Finnegan.

Unglaublich sachlich und nüchtern nimmt er uns mit auf die Reise durch sein Leben.
Für mich faszinierend zu erleben, wie pragmatisch er schreibt - und wie emotional es trotzdem oder grade deswegen wirkt.
Seine Leidenschaft für das Surfen ist Dreh- und Angelpunkt seiner Erzählung - und es gibt für den Leser gar kein Vertun: die Liebe zum Surfbrett spürt man in jeder Zeile, sei sie auch noch so nüchtern.
Ich selber habe noch nie auf einem Surfbrett gestanden, aber nach diesem Buch würde ich es fast gerne tun.

Klar, die Fachtermini, die immer wieder auftauchen, die sind etwas anstrengend, das will ich nicht in Abrede stellen. Wer weiss, wovon er da schreibt, für den ist es perfekt, für mich sind es eben böhmische Dörfer. Aber ich möchte mich auch nicht festhalten an diesen Details - die Gesamtstimmung, das Gesamtbild des Themas Surfen als Lebensinhalt, das wirkt.

Finnegan hatte es nicht immer leicht, der Umzug und auch die Gewalt an der Schule haben ihn charakterlich geprägt. Er beschreibt das Aufwachsen und Leben in den 60ern und 70ern, es ist spannend, persönliche Einblicke in diese Zeit zu kriegen. Und ganz nebenbei erfährt man auch noch mehr über Vietnamkrieg und die Hippiezeit. Nie beschönigt, immer real.

Stringent erzählt er seine Geschichte, Schritt für Schritt folgen wir ihm auf seiner Reise durch die Welt und durch sein Bestreben, sich Abenteuer und Freiheit in seinem Leben zu bewahren.

Er hat viel erlebt, dadurch ist das Buch lang, keine Frage. Natürlich kommen einem bei der Länge auch manche Elemente etwas zu lang vor, aber Alles in Allem ist es wunderbar zu lesen.