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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 17.08.2022

Spannende, atmosphärische Sommerlektüre, die zum Miträtseln einlädt!

Das Hotel
0

Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Endlich Urlaub, endlich Zeit für Entspannung! Trotzdem kann Single Alice die schöne Zeit im luxuriösen Hotel nicht richtig genießen, denn die strengen Regeln und das ...

Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Endlich Urlaub, endlich Zeit für Entspannung! Trotzdem kann Single Alice die schöne Zeit im luxuriösen Hotel nicht richtig genießen, denn die strengen Regeln und das seltsame Verhalten des Personals lassen sie misstrauisch werden. Irgendwas stimmt hier nicht, oder?

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Einzelband
Erzählweise: Ich-Erzählerin, Präsens
Perspektive: weibliche Perspektive
Kapitellänge: kurz

Tiere im Buch: + Im Buch werden keine Tiere verletzt, gequält oder getötet.
Triggerwarnung: Tod von Menschen, Blut, Gewalt, Medikamente, Depression, Suizidgedanken, Krankheit
Bechdel-Test (zwei Frauen mit Namen sprechen miteinander über etwas anderes als einen Mann): bestanden!
Frauenfeindliche / gegenderte Beleidigungen: Weib

Kurzrezension

„Ich lächle. Dieser Urlaub ist alles, was wir wollten – und dieses Hotel scheint perfekt dafür.“ E-Book, Position 210

Da „Das Hotel“ mit seinem Urlaubssetting nach der perfekten, spannenden Sommerlektüre klang, konnte ich ihm nicht widerstehen. Der angeblich kreative Twist, der in vielen Rezensionen gelobt wurde, machte mich zusätzlich neugierig – denn welche Leserin weiß gut gemachte überraschende Wendungen nicht zu schätzen?

Doch wie gelungen ist dieser Thriller aus österreichischer Feder wirklich? Meiner Meinung nach macht das „Hotel“ tatsächlich sehr viel richtig: Der flüssige, extrem angenehme und anschauliche Schreibstil lässt einen nur so durchs Buch fliegen, auch die Atmosphäre ist dicht, kafkaesk und zunehmend beunruhigend. Sie nimmt einen schnell gefangen.

Überhaupt entwickelt der Thriller stellenweise so einen Sog, dass man ihn kaum zur Seite legen kann. Die mysteriösen Vorkommnisse und das seltsame Verhalten des Personals ließen nicht nur die Protagonistin, sondern auch mich als Leserin misstrauisch werden. Oft sind es nur kleine Details, die einen denken lassen: Hier stimmt doch etwas ganz und gar nicht! Die stufenweise Eskalation und die Protagonistin, die sich schon bald fragen muss, ob sie vielleicht langsam verrückt wird, haben mich an den Horrorfilm „Mother!“ erinnert.

Besonders viel Spaß hat mir das Miträtseln gemacht – jede Beobachtung lässt einen neue, immer ausgefallenere Theorien aufstellen und wieder verwerfen. Genau so wünsche ich mir das bei einem Thriller! Die ungewöhnliche Auflösung hat mich tatsächlich überrascht und überzeugt. Wichtig: Im Vorhinein sollte man am besten so wenig wie möglich über dieses Buch lesen – schon ein Stichwort zu viel könnte den Lesespaß erheblich schmälern!

Überzeugen konnte mich auch die empathische, intelligente, selbstbewusste Protagonistin, die sich nichts sagen lässt und deren Verhalten, Gedanken und feministische Kommentare ich immer sehr gut nachvollziehen konnte. Die meisten anderen Figuren nehmen nur kleine Rollen ein, aber auch sie wirkten auf mich echt und glaubwürdig. Überraschenderweise konnte mich auch die kleine „verbotene“ Liebesgeschichte begeistern (die zum Glück nicht zu viel Raum einnimmt). Ich mochte den Love Interest (spätestens nach seinem Plädoyer gegen das Slutshaming von Frauen hatte er sowieso mein Herz gewonnen! ♥) und fand die zwei echt süß zusammen! Für mich war es jedenfalls sicher nicht das letzte Buch der Autorin – ihren Fantasy-Roman „Das Herz im Glas“ möchte ich unbedingt auch noch lesen.

Lediglich zwei kleine Schönheitsfehler sind mir aufgefallen. Zum einen gibt es im Mittelteil durch ein paar inhaltliche Wiederholungen kleinere Spannungseinbrüche – hier hätte man die Geschichte sicher noch kürzen und dem Thriller so mehr Tempo verleihen können. Zum anderen wurden mir die Auflösung und das Ende (das ich aber trotzdem mochte) etwas zu schnell abgehandelt. Mein Lesespaß wurde dadurch aber zum Glück nicht getrübt!

„Als sich die Türen mit einem „Pling!“ öffnen, platzt die Familie raus wie Popcorn.“ E-Book, Position 108

Mein Fazit

Ich habe genau das bekommen, was ich mir vom „Hotel“ gewünscht habe: eine spannende, atmosphärische Sommerlektüre für den Strand oder den heimischen Balkon, die Urlaubsfeeling aufkommen lässt, sehr gut unterhält und zum Miträtseln einlädt. Die genau richtige Portion Liebe ist auch dabei. Daher empfehle ich euch dieses Buch gerne weiter!

Bewertung

Idee: 5 Sterne ♥
Inhalt, Themen, Botschaft: 4 Sterne
Tiefe: 4 Sterne
Umsetzung: 4 Sterne
Worldbuilding: 4 Sterne
Einstieg: 4 Sterne
Ende: 4 Sterne
Schreibstil: 5 Sterne
Protagonistin: 5 Sterne ♥
Figuren: 4 Sterne
Liebesgeschichte: 5 Sterne ♥
Spannung: 5 Sterne ♥
Tempo: 4 Sterne
Wendungen: 5 Sterne ♥
Atmosphäre: 5 Sterne ♥
Emotionale Involviertheit: 4 Sterne
Feministischer Blickwinkel: 4 Sterne
Einzigartigkeit: 5 Sterne ♥

Insgesamt:

❀❀❀❀ Sterne

Dieses Buch bekommt von mir 4 Sterne!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 15.08.2022

Verliebt, verlobt, vergewaltigt – DAS ist nicht romantisch!

Bridgerton - Der Duke und ich
1

Achtung: Die Rezension enthält Spoiler!

Inhalt

Daphne Bridgerton braucht dringend einen annehmbaren Ehemann, doch nur unpassende Kandidaten zeigen romantisches Interesse. Simon, der Duke, hingegen ...

Achtung: Die Rezension enthält Spoiler!

Inhalt

Daphne Bridgerton braucht dringend einen annehmbaren Ehemann, doch nur unpassende Kandidaten zeigen romantisches Interesse. Simon, der Duke, hingegen will nach seiner Rückkehr von einer Weltreise einfach nur den unerträglichen Kuppelversuchen verzweifelter Mütter entgehen und niemals heiraten.

Schnell schließen die beiden einen Pakt: Simon soll um Daphne werben, dadurch für sie eifersüchtige Konkurrenten anlocken und gleichzeitig endlich seine Ruhe haben. Eigentlich ist der Plan wasserdicht – nur haben Simon und Daphne nicht mit ihren eigenen Gefühlen gerechnet, die von Tag zu Tag stärker werden…

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Band #1 von 8
Erzählweise: Figurale Erzählweise, Präteritum
Perspektive: weibliche und männliche Perspektive im Wechsel
Kapitellänge: mittel
Tiere im Buch: +/- Aale (lebendige?) werden in ein Bett gelegt, ansonsten werden keine Tiere verletzt, gequält oder getötet.
Content Note / Inhaltswarnung: sexualisierte Gewalt (bis Vergewaltigung), Sexismus, Blut, Gewalt
Bechdel-Test (zwei Frauen mit Namen sprechen miteinander über etwas anderes als einen Mann): bestanden!
Frauenfeindliche / gegenderte Beleidigungen: Weib (mehrmals)

Warum dieses Buch?

Irgendwann ist der Punkt erreicht, an dem auch ich mich einem Hype nicht länger entziehen kann. Ich hatte im Vorhinein auch nur Gutes über die Bücher gehört – sogar von Leuten, von denen ich das niemals erwartet hätte! Deshalb musste ich mir unbedingt meine eigene Meinung dazu bilden.

Rezension

„London wimmelt dieser Tage nur so von Müttern, die ihre Töchter unter die Haube bringen wollen.“ E-Book, Position 964

Literarisches Fast Food (Schreibstil: 3 Sterne)

Gut gefallen hat mir, dass Julia Quinn so flüssig und angenehm schreibt, dass sich das Buch unglaublich schnell weg lesen lässt. Die Beschreibungen der Räume und Umgebung bleiben allerdings stets sehr, sehr oberflächlich, sodass man sich im Prinzip alles selbst ausmalen muss – hier hätte ich mir mehr Details und mehr Tiefe gewünscht. Nach der Lektüre fragt man sich dann schon, ob es das wirklich wert war (Antwort: nicht wirklich) – eben wie bei echtem Fast Food.

Enttäuschende Wortgefechte (Dialoge: 2,5 Sterne)

Was ich besonders an den historischen Romanen über diese Zeit schätze, sind die temporeichen, schlagfertigen, auf intelligente Weise humorvollen (engl. „witty“) Wortgefechte. In diesem Punkt hat mich das Buch (trotz ein paar gelungener Momente) enttäuscht, von Jane Austen und Oscar Wilde bin ich hier einfach etwas ganz anderes gewohnt. Mir fehlte hier das gewisse Etwas, mich ließen die Gespräche ernüchtert zurück, vor allem weil sie oft schlicht nicht witzig waren und sich immer wieder im Kreis drehten. In jedem zweiten Satz droht zum Beispiel jemand einer Person scherzhaft, sie „umzubringen“. Insgesamt enttäuschend!

Traumhaft oder ziemlich toxisch? (Liebesgeschichte: 1 Stern)

Die historischen Liebesromane von Julia Quinn werden ja immer wieder als hochromantische Wohlfühlbücher angepriesen – und das sind sie auch. Zumindest wenn man toxische Beziehungen, toxische Männlichkeit (er brüllt sie an, bedroht sie, droht ihr Vergewaltigung an, schüchtert sie ein), Gaslighting (= Wahrnehmung des Opfers wird infrage gestellt) und Vergewaltigung (einer sturzbetrunkenen, schlafenden Person) romantisch findet. Dann wird man beim Lesen großen Spaß haben! Ich jedoch fand die Lovestory einfach nur furchtbar – und so ein Happy End, bei dem die Vergewaltigerin ihren Willen bekommt und dann alle glücklich bis an ihr Lebensende leben, schmeckt dann doch nicht ganz so süß, sondern sogar ziemlich bitter. Wie soll ich so eine Beziehung feiern? Wo ist das noch ein Wohlfühlbuch? Seltsamerweise lese ich in kaum einer deutschen Rezensionen Kritik dazu. Warum? Meiner Meinung nach wäre der Aufschrei viel größer gewesen, wenn die Geschlechterrollen umgekehrt gewesen wären. Wichtig hierbei: Auch ein Mann kann zum Opfer werden, das macht eine Vergewaltigung nicht weniger schlimm!

Starre Geschlechterrollen & Doppelmoral (Feminismus: 2 Sterne)

Gefallen hat mir, dass Daphne als starke Frau dargestellt wird, die sich im Notfall selbst retten kann und die genau weiß, was sie will. Zudem gibt es noch einige weitere intelligente, starke Frauenfiguren im Buch. Dass die Geschlechterrollen in dieser Zeit natürlich viel starrer waren als heute und dass es damals eine große Doppelmoral in Bezug auf das Liebesleben gab (Männer sollten Erfahrungen sammeln, aber ein einziger Kuss konnte den Ruf einer Frau und ihrer gesamten Familie ruinieren), war mir im Vorhinein klar, deshalb gibt es hier auch keinen großen Punkteabzug. Mehr als zwei Sterne gibt es aber trotzdem nicht – die toxische Männlichkeit und die Vergewaltigung sind in meinen Augen nämlich unverzeihlich.

Rätselhafter Hype (Idee, Themen, Umsetzung: 3 Sterne)

Was mich bei diesem Buch so überrascht hat, ist nicht der Hype an sich, sondern eher welche Leute er erreicht hat: nämlich nahezu alle – auch solche, von denen ich nie gedacht hätte, dass ihnen dieser Roman gefallen würde. Irgendwann wurde ich neugierig und wollte selbst herausfinden, was hinter diesem Hype steckt. Die Grundidee und den Plot fand ich zwar vorhersehbar, aber durchaus charmant und gut gemacht und die Themen (Liebe, Intrigen, das Leben in der damaligen Zeit, Tratsch, Familie) wurden auch zumindest nicht ganz oberflächlich abgehandelt (auch wenn etwas mehr Tiefe natürlich trotzdem wünschenswert gewesen wäre). Tja, leider haben die toxische Beziehung und die Vergewaltigung (in meinen Augen) auf einen Schlag alles in Flammen aufgehen lassen, sodass am Ende nur noch ein rauchendes Häufchen Asche davon übrigblieb. Schade!

Uninteressanter, unnötiger zweiter Epilog voller Spoiler (Epilog: 0 Sterne!)

Ich bin ohnehin überhaupt kein Fan von Epilogen – sie sind meist einfach unerträglich langweilig und kitschig! Gegen den kleinen, aber feinen ersten Epilog habe ich nichts einzuwenden, aber dieser neue, im Nachhinein angefügte zweite Epilog ist in meinen Augen nicht nur unnötig und uninteressant (weil nichts Wichtiges passiert), sondern er spoilert sogar noch mit wem Colin einmal zusammenkommt und wie viele Kinder er bekommt. Was sollte das denn, Frau Quinn?! Ich kann euch jedenfalls nur raten, einfach so zu tun, als würde es diesen Epilog nicht geben und ihn auf keinen Fall zu lesen!

Nett, aber nicht mehr (Figurenzeichnung: 3 Sterne)

Die Figuren fand ich weder besonders schlecht noch besonders gut gelungen, sie waren schon okay ausgearbeitet, ganz sympathisch (hatte aber auch ihre unsympathischen Seiten, besonders der überhebliche Simon), hatten ein paar Stärken und Schwächen, manche auch eine dramatische Hintergrundgeschichte, aber mein Herz berühren konnten sie leider nicht und sie werden mir wohl auch nicht lange in Erinnerung bleiben. Obwohl… Moment! Colin muss ich hier ausnehmen, ihn fand ich sehr charmant und zauberhaft!

Vorhersehbar, aber ich bin trotzdem zufrieden (Spannung & Atmosphäre: 3 Sterne)

Damit, dass dieser historische Liebesroman vorhersehbar und nicht gerade atemlos spannend ist, war natürlich zu rechnen. Gelangweilt habe ich mich beim Lesen zumindest keine einzige Seite lang, denn die Geschichte ist in angenehmem Tempo erzählt und lässt sich (wie gesagt) schnell weglesen. Etwas atmosphärischer hätten die Beschreibungen der Umgebung aber schon sein dürfen!

Gelungene Verfilmung! (Netflix-Serie: 3,5-4 Sterne)

Überraschenderweise kann die Serie im Gegensatz zum Buch durchaus überzeugen! Sie hält das, was die Romanvorlage verspricht, aber nicht halten kann und begeistert mit: Romantik, besseren Wortgefechten, guter Chemie zwischen den Hauptdarsteller·innen, viel Diversität und einer echten Wohlfühlatmosphäre. Besonders positiv aufgefallen ist mir der „Female Gaze“ (= weibliche Blick) bei den Liebesszenen – hier gibt es viele Nahaufnahmen der Gesichter und der Fokus wird auf die Gefühle und das Erleben der Figuren gelegt. Die Vergewaltigungsszene wird übrigens deutlich entschärft (Simon schläft nicht und ist auch nicht betrunken oder wehrlos) und wird damit von einer glasklaren Vergewaltigung eher zu einem (für mich immer noch problematischen) Grenzfall, über den man streiten und mit dem ich zumindest leben kann.

Mein Fazit

Was der Hype um die „Bridgerton“-Reihe versprach, konnte der erste Band leider nicht halten. Auf hohe Erwartungen folgten zuerst Ernüchterung, dann Enttäuschung, später auch etwas Wut – und am Ende blieb ein sehr bitterer Nachgeschmack zurück. Die Autorin hat selbst gesagt, dass sie manche Szenen heute (das Buch ist im Jahr 2000 das erste Mal erschienen) nicht mehr so schreiben würde – und das ist auch gut so, denn toxische Männlichkeit und Vergewaltigung können niemals romantisch sein! Für mich endet jedenfalls der Ausflug in Julia Quinns Version der Regency-Ära genau hier – ich werde mich in Zukunft von ihren Büchern fernhalten und lieber die Serie verfolgen. Von mir gibt es daher leider keine Leseempfehlung!

Bewertung

Idee: 4 Sterne
Inhalt, Themen, Botschaft: 3 Sterne
Umsetzung: 2 Sterne
Worldbuilding: 2 Sterne
Einstieg: 3 Sterne
Ende: 3 Sterne
Schreibstil: 3 Sterne
Dialoge: 2,5 Sterne
Figuren: 3 Sterne
Liebesgeschichte: 0 Sterne
Spannung: 3 Sterne
Wendungen: 3 Sterne
Atmosphäre: 2 Sterne
Emotionale Involviertheit: 2 Sterne
Feministischer Blickwinkel: 2 Sterne
Einzigartigkeit: 2 Sterne
Serie: 3,5-4 Sterne

Insgesamt:

❀❀ Sterne

Dieses Buch bekommt von mir zwei Sterne!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 09.08.2022

Vielschichtiger, tiefgründiger Literaturklassiker, der zum Nachdenken anregt!

Der Vorleser
0

Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Als Michael sich krankheitsbedingt übergeben muss, kommt ihm eine fremde Frau zu Hilfe. Von der Familie wird er zu ihr geschickt, um sich mit Blumen zu bedanken. Er ...

Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Als Michael sich krankheitsbedingt übergeben muss, kommt ihm eine fremde Frau zu Hilfe. Von der Familie wird er zu ihr geschickt, um sich mit Blumen zu bedanken. Er ist 15 Jahre alt, sie ist 36 und wird seine erste Liebe / Affäre. Da sie selbst nicht lesen kann, liest er ihr jeden Tag aus Klassikern vor. Doch eines Tages verschwindet sie plötzlich. Jahre später sieht sie Michael sie unter unerwarteten Umständen wieder und erfährt, dass sie die ganze Zeit ein schreckliches Geheimnis hatte…

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Einzelband
Erzählweise: Ich-Erzähler, Präteritum
Perspektive: männliche Perspektive
Kapitellänge: sehr kurz

Tiere im Buch: + Im Buch werden keine Tiere verletzt, gequält oder getötet.
Triggerwarnung: NS-Zeit, Holocaust, Tod von Menschen, Beziehung zwischen einem Minderjährigen und einer Erwachsenen, toxische Beziehung, Gewalt
Bechdel-Test (zwei Frauen mit Namen sprechen miteinander über etwas anderes als einen Mann): nicht bestanden!
Frauenfeindliche / gegenderte Beleidigungen: ---

Kurzrezension

„Warum? Warum wird uns, was schön war, im Rückblick dadurch brüchig, dass es hässliche Wahrheiten verbarg?“ Seite 38

„Der Vorleser“ gilt als literarischer Klassiker, den man gelesen haben muss, und als beliebte Schullektüre. Pflichtbewusst gekauft, verstaubte das Buch aber zuerst einmal 2 Jahre in meinem Regal, bis ich in den Sommerferien dieses Jahres endlich Lust darauf hatte.

Zuerst: Hat mir das Buch gefallen? Ja, durchaus! Aber ist es auch so großartig wie angepriesen? Da bin ich mir nicht so sicher. Auf meine hohen Erwartungen folgten zwar ein paar unterhaltsame, interessante und tiefgründige Lesestunden, aber leider auch Ernüchterung. Den ruhigen, unaufgeregten Schreibstil mochte ich, die philosophischen und moralischen Fragen, die immer wieder gestellt werden, haben mich zum Nachdenken angeregt, was mir ebenfalls gefallen hat. Aber Achtung: „Der Vorleser“ ist ein Literaturklassiker, der zwar viele (und vor allem: die richtigen) Fragen stellt, der aber keine klaren, einfachen Antworten liefert!

Die ernsten Themen (NS-Vergangenheit, Literatur, Schuld, Erwachsenwerden, erste Liebe, Analphabetismus) und ihre tiefgründige Ausarbeitung haben mich ebenso überzeugt wie die komplexen, glaubwürdigen Figuren (besonders Hanna ist sehr gut gelungen) und der sympathische, selbstkritische, nachdenkliche Protagonist. Teilweise ist diese Mischung aus Liebesgeschichte, Roman und Justizkrimi wirklich spannend geschrieben und es gibt einige unerwartete Wendungen. Aus feministischer Sicht fallen die starken, intelligenten, beruflich erfolgreichen Frauenfiguren positiv auf (besonders da der Roman 1995 erstmals erschienen ist), auch die Darstellung von Frauen als Täter·innen ist außergewöhnlich und bemerkenswert. Die Verfilmung, für die Kate Winslet sogar einen Oscar erhalten hat, werde ich mir auf jeden Fall noch anschauen!

Leider enthält das vielschichtige Buch aber auch sehr langatmige, zähe, handlungsarme Passagen, bei denen ich nur im Schneckentempo vorangekommen bin. Ich kann mir gut vorstellen, dass Schüler·innen hier die Geduld verlieren und das Buch abbrechen könnten. Außerdem könnten ihnen die teilweise recht expliziten sexuellen Beschreibungen unangenehm oder peinlich sein.

Doch wenn man sich die Frage stellt, ob dieses Buch als Schullektüre (für die Oberstufe, früher würde ich das Buch mit einer Klasse nicht lesen) geeignet ist, muss noch ein Punkt angesprochen werden: Hochproblematisch ist natürlich die toxische, teilweise sogar gewalttätige Beziehung / Affäre zwischen dem Minderjährigen Michael (15 Jahre alt) und der Erwachsenen Hanna (Mitte 30). Gesetzlich wäre so eine Beziehung zumindest in Österreich erlaubt, moralisch bleibt sie trotzdem mehr als fragwürdig, ist in meinen Augen sehr problematisch und grenzt für mich an sexuellen Missbrauch wegen der unterschiedlichen Lebenserfahrung und des Machtgefälles (das Hanna bewusst ausnutzt). Wenn das Buch in der Schule besprochen wird, sollte dieser Aspekt auf jeden Fall nicht ignoriert, sondern klar angesprochen und diskutiert werden.

Mein Fazit

„Der Vorleser“ ist ein unterhaltsamer, tiefgründiger, interessanter Literaturklassiker, der zum Nachdenken anregt und mir trotz seiner langatmigen Passagen insgesamt gut gefallen hat. Wird das Buch als Schullektüre verwendet, sollte darauf geachtet werden, die ernsten Themen (NS-Vergangenheit, Schuld) altersgerecht aufzubereiten und auch die problematischen Aspekte der Geschichte (Altersunterschied in der Beziehung) nicht unter den Teppich zu kehren, sondern klar anzusprechen. Von mir gibt es jedenfalls eine Leseempfehlung!

Bewertung

Idee: 4 Sterne
Inhalt, Themen, Botschaft: 4 Sterne
Tiefe: 5 Sterne ♥
Umsetzung: 3,5 Sterne
Worldbuilding: 4 Sterne
Einstieg: 4 Sterne
Ende: 4 Sterne
Schreibstil: 4 Sterne
Protagonist: 4 Sterne
Figuren: 5 Sterne ♥
Spannung: 3 Sterne
Tempo: 3 Sterne
Wendungen: 4 Sterne
Atmosphäre: 3 Sterne
Emotionale Involviertheit: 4 Sterne
Feministischer Blickwinkel: 4 Sterne
Einzigartigkeit: 5 Sterne ♥

Insgesamt:

❀❀❀,5 Sterne

Dieses Buch bekommt von mir 3,5 Sterne!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 03.08.2022

Atemlos spannend, fesselnd und atmosphärisch – ein Thriller, der Spaß macht!

Meine beste Freundin
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Achtung: Die Rezension enthält Spoiler! Vor diesen wird aber im Text noch einmal gewarnt.

Inhalt

Nach einem schrecklichen Unfall bei einer Büro-Party ist Lizzies ehrgeizige Kollegin Becca ganz von ...

Achtung: Die Rezension enthält Spoiler! Vor diesen wird aber im Text noch einmal gewarnt.

Inhalt

Nach einem schrecklichen Unfall bei einer Büro-Party ist Lizzies ehrgeizige Kollegin Becca ganz von der Bildfläche verschwunden. Eines Tages findet Lizzie eine Instagram-Seite: Anscheinend hat Becca ein neues Leben begonnen, ist verheiratet und hat ein Kind. In einer Nachricht an ihre beste Freundin lästert Lizzie über das Baby ab – doch sie schickt die Nachricht versehentlich an Becca selbst. Ein folgenschwerer Fehler. Wozu ist Becca fähig?

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Einzelband
Erzählweise: Ich-Erzählerin, Präsens
Perspektive: weibliche Perspektive
Kapitellänge: mittel bis lang

Tiere im Buch: + / - Eine Katze wird einzeln gehalten (das ist Tierquälerei, Katzen bitte immer mindestens zu zweit halten!) und vernachlässigt und eine Katze und ein Hund werden getreten. Es wird kurz beschrieben, wie eine Ratte getötet wird.
Triggerwarnung: Tod von Menschen, Blut, Gewalt (auch gegen Frauen), Fehlgeburt, Tierquälerei, Alkohol, psychische Krankheiten
Bechdel-Test (zwei Frauen mit Namen sprechen miteinander über etwas anderes als einen Mann): bestanden!
Frauenfeindliche / gegenderte Beleidigungen: Zicke, Tussi, Miststück, Fo+++, Hu++

Warum dieses Buch?

Ich habe immer nur positive Rezensionen zum Buch gesehen, wodurch ich auch immer neugieriger wurde. Besonders das Fazit von @wiener_buchwurm (Instagram) ist mir da in Erinnerung geblieben, denn ihre Begeisterung ist sehr ansteckend! :)

Kurzrezension

Das mochte ich…

+ den starken, extrem spannenden, mitreißenden Anfang. Selten zuvor hat mich ein Thriller schon so früh gefesselt wie „Meine beste Freundin“! Ich konnte das Buch kaum weglegen.
+ den unglaublich angenehmen, flüssigen, anschaulichen Schreibstil, durch den man nur so durch die Seiten fliegt! Unglaublich, dass die Autorin dieses Buch in nur 6 Wochen geschrieben hat!
+ die authentische, durchaus charmante, , liebevoll ausgearbeitete Protagonistin, mit der ich trotz ihrer Schwächen und Fehler durchgehend mitgefühlt und mitgefiebert habe.
+ die unheilvolle, ja, fast schon unheimliche Grundstimmung, die das ganze Buch durchzieht und für Gänsehaut sorgt.
+ die anderen Figuren, die auch als dreidimensional und echt empfand.
+ das alltägliche Setting dieses „Domestic Thrillers“ (Haus, Arbeit, Alltag), aus dem die Autorin aber sehr viel gemacht hat.
+ den wendungsreichen Plot und die Themen (Eifersucht, Liebe, Ehrgeiz, Freundschaft, Geheimnisse, Rache), die die Autorin auch mit angemessener Tiefe behandelt.

„Ich werde das Gefühl nicht los, dass etwas Schlimmes passieren wird, etwas Schlimmeres als ohnehin schon.“ Seite 105

Das lässt mich zwiegespalten zurück…

~ der Spannungsbogen. Nach der atemlosen Spannung in der ersten Hälfte, kommt es zu einem Spannungseinbruch im Mittelteil, von dem sich die Geschichte aber später wieder erholt.
~ der Feminismus. Das Buch enthält zwar viele starke, intelligente Frauenfiguren und besteht den Bechdel-Test, leider gibt es aber auch einige gegenderte Beleidigungen, Stutenbissigkeit und ein paar Genderstereotype. Außerdem hat die Protagonistin ziemlich toxische, sexistische Vorstellungen von Dating (weil sie einfach zu viele „Frauenmagazine“ über dieses Thema gelesen hat).

„Die Schlaftablette verlangsamt mein Denkvermögen, als würde mein Gehirn mit einem veralteten Betriebssystem arbeiten, das dringend aktualisiert werden müsste.“ Seite 100

Das hat mir nicht gefallen…


Achtung: Spoiler!

- die Wendungen und die Auflösung am Schluss, die ich unglaubwürdig fand und die mir einfach „too much“ (= zu übertrieben) war. Zum Beispiel wird eine Figur von einem auf den anderen Moment so dermaßen comic-haft böse und „verrückt“, dass ich es ihr nicht abnehmen konnte. Außerdem verhält sich die Polizei derart unprofessionell und dilettantisch, dass es zum Haareraufen war. Warum wird Lizzie plötzlich alles (jede noch so unwahrscheinlich klingende Aussage) geglaubt, obwohl sie vorher schon als verdächtig galt? Warum wird die Polizei nicht misstrauisch, als sie die riesigen Urinpfützen im Obergeschoss findet und den Zustand bemerkt, in dem das Opfer ist (dehydriert, ältere Verletzungen, Spuren der Handschellen)? Warum werden keine DNA-Spuren und Urinproben genommen, obwohl alles darauf hindeutet, dass das Opfer längere Zeit in diesem Raum eingesperrt war? Warum wird Lizzie einfach geglaubt, dass die Urinpfützen von der Katze stammen (auch dann hätte die Polizei doch zumindest wegen Tierquälerei ermitteln müssen)? Fragen über Fragen! Doch auch wenn mich das Ende mit seinen Logiklöchern ziemlich enttäuscht hat, konnte es den Lesespaß, den ich davor hatte, natürlich nicht auslöschen. Deshalb ziehe ich auch nur einen Stern ab!

Spoiler-Ende!


Mein Fazit

„Meine beste Freundin“ ist in meinen Augen ein kleiner, aber feiner, atemlos spannender, sehr atmosphärischer und mitreißender „Domestic Thriller“, der wirklich Spaß macht! Besonders gut gefallen haben mir der fesselnde Schreibstil und die unheilvolle Grundstimmung. Ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen – und ihr werdet das auch nicht können. Von mir gibt es deshalb eine Leseempfehlung!

Bewertung

Idee: 4 Sterne
Inhalt, Themen, Botschaft: 4 Sterne
Tiefe: 4 Sterne
Umsetzung: 4 Sterne
Worldbuilding: 5 Sterne ♥
Einstieg: 5 Sterne ♥
Ende: 2 Sterne
Schreibstil: 5 Sterne ♥
Protagonistin: 5 Sterne
Figuren: 4 Sterne
Spannung: 4 Sterne
Tempo: 4 Sterne
Wendungen: 3,5 Sterne
Atmosphäre: 5 Sterne ♥
Emotionale Involviertheit: 5 Sterne ♥
Feministischer Blickwinkel: 3 Sterne
Einzigartigkeit: 4 Sterne

Insgesamt:

❀❀❀❀ Sterne

Dieses Buch bekommt von mir 4 zufriedene Sterne!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 28.07.2022

Vielversprechendes Setting und gute Grundidee, aber leider schwache Umsetzung (Logiklöcher, wenig Spannung, zu frühe Auflösung)!

Als das Böse kam
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Achtung: Die Rezension enthält Spoiler! Vor diesen wird aber im Text noch einmal gewarnt.

Inhalt

Die 16-jährige Juno wohnt mit ihrem Bruder und ihren Eltern isoliert und bescheiden auf einer Insel. ...

Achtung: Die Rezension enthält Spoiler! Vor diesen wird aber im Text noch einmal gewarnt.

Inhalt

Die 16-jährige Juno wohnt mit ihrem Bruder und ihren Eltern isoliert und bescheiden auf einer Insel. Die Familie lebt in ständiger Alarmbereitschaft und Angst vor den „Fremdlingen“. Doch Juno ist kein Kind mehr – sie beginnt, Fragen zu stellen und auf eigene Faust gefährliche Nachforschungen anzustellen…

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Einzelband
Erzählweise: Ich-Erzählerin, Präsens
Perspektive: weibliche Perspektive
Kapitellänge: kurz bis mittel

Tiere im Buch: + / - Im Buch werden Fische für Nahrung getötet. Ansonsten werden keine Tiere verletzt, gequält oder getötet.
Triggerwarnung: Tod von Menschen, Tod von Tieren, Gewalt (auch gegen Kinder), Blut, psychische Krankheiten
Bechdel-Test (zwei Frauen mit Namen sprechen miteinander über etwas anderes als einen Mann): bestanden!
Frauenfeindliche / gegenderte Beleidigungen: ---

Warum dieses Buch?

Ich habe diesen Thriller bei der diesjährigen Netgalley-Challenge entdeckt und wollte ihn unbedingt lesen, weil der Klappentext spannend klang. Zu diesem Zeitpunkt gab es noch keine Rezensionen dazu.

Kurzrezension

Das mochte ich…

+ den spannenden, mysteriösen Einstieg in die Geschichte, der neugierig und Lust auf mehr macht.
+ die Kürze des Thrillers, wodurch er sich sehr gut als Buchsnack für zwischendurch eignet.
+ die interessante Grundidee (aus der man allerdings mehr hätte machen können).

„Man muss die richtigen Entscheidungen treffen, wenn man angegriffen wird.“ Ich komme in Fahrt. „Falls die Fremdlinge auf unserer Insel auftauchen. Vater will, dass wir uns verteidigen können.“ E-Book, Position 38

Das lässt mich zwiegespalten zurück…

~ der einfache Schreibstil, der sich zwar flüssig und angenehm lesen lässt, der mir aber in manchen Momenten zu abgehackt war und zu oberflächlich blieb.
~ die jugendliche Protagonistin, die zwar mutig und stark, gleichzeitig aber auch sehr naiv ist und sich irrational verhält. Einerseits finde ich es wunderbar, dass immer mehr männliche Autoren sich an weibliche Hauptfiguren herantrauen, andererseits sollte man sich nur als Mann für eine so junge, weibliche Protagonistin entscheiden, wenn man sich auch gut in eine Person hineinversetzen kann, die von der eigenen Lebensrealität weit weg ist. Das ist Ivar Leon Menger leider nur bedingt gelungen. Sobald Juno auf einen anderen Menschen trifft, drehen sich ihre Gedanken zu oft um ihre Schönheit und ihre Wirkung auf Männer. Bei einer jungen Frau, die ohne soziale Medien, Zeitschriften und TV aufgewachsen ist – und damit ohne toxische Körperbilder - bezweifle ich, dass sie SO oberflächlich denken würde.
~ das vielversprechende Setting (isolierte Insel, Angst vor einer unbekannten Bedrohung, ständige Alarmbereitschaft), das unglaublich viel Potential hatte, aus dem man aber auch viel mehr herausholen hätte können.
~ die gelungene Wahl der Themen (Erwachsenwerden, Emanzipation von den Eltern, Familie, erste Liebe), die jedoch leider nicht tiefgründig genug ausgearbeitet wurden.
~ die Atmosphäre, die ich zumindest in den ersten Kapiteln (später leider nicht mehr) als sehr dicht und rätselhaft empfand.
~ den Feminismus. Wir haben zwar einerseits eine mutige, starke Hauptfigur und keinerlei gegenderte Beleidigungen (dafür ein Lob!), andererseits gibt es leider auch ein paar Geschlechterstereotype (Junge lernt fischen, Mädchen stricken, Gedanken des Mädchens kreisen um ihr Aussehen) und die Periode wird als etwas ganz Schlimmes, Peinliches, Ekelhaftes dargestellt, das unbedingt vor dem Bruder (der immerhin auch schon 12 Jahre alt ist) verborgen werden muss. 3 Sterne kann ich in diesem Bereich deshalb guten Gewissens vergeben, mehr aber nicht.

„Noch bis vor wenigen Tagen hätte ich genauso verängstigt reagiert wie Boy. Wie ein kleines Kind. Doch das bin ich nicht mehr. Ich stelle Fragen und finde Lösungen.“ E-Book, Position 492

Das hat mir nicht gefallen…

- die viel zu frühe Auflösung (schon im ersten Drittel!), durch die der Spaß am Miträtseln ein allzu frühes, jähes Ende fand. Es folgen dann auch keine unerwarteten Wendungen mehr – das Pulver ist an diesem Punkt schon verschossen, die Luft ist raus.
- der Spannungsabfall nach der Auflösung. Da habe ich dann leider nicht mehr so mitgefiebert wie noch am Anfang der Geschichte.
- die Vorhersehbarkeit, die sich nach der Auflösung ebenfalls einstellt.
- die Tatsache, dass das Printbuch den Leser·innen eine offene Frage beantwortet, die den E-Book-Leser·innen aber vorenthalten wird (Zettel). Hier hätte es doch sicher eine (wenn auch nicht ganz so elegante) Möglichkeit gegeben, diese Gruppe auch teilhaben zu lassen!
- die Nebenfiguren, die leider relativ eindimensional und blass bleiben.


Achtung: Spoiler ab hier!


- die großen Logiklöcher, die mir die Lektüre ab einem gewissen Punkt leider vermiest haben. Mit jeder Seite verhalten sich die Figuren dümmer und weniger nachvollziehbar – es war kaum auszuhalten! Dabei bin ich wirklich keine Person, der jeder Logikfehler sofort auffällt. Juno und ihr Bruder bringen sich so oft mit ihrem irrationalen Verhalten in Lebensgefahr, dass man meinen könnte, die zwei hätten einen Todeswunsch. Zum Beispiel sind beide in einer Szene im unterirdischen Bunker eingesperrt; sie schweben in Lebensgefahr und sind sich darüber bewusst, dass das Handy ihre einzige Rettung ist, trotzdem streiten sie darum, bis es runterfällt und kaputtgeht. Am schlimmsten fand ich aber das Verhalten der Polizei: Wenn sich die Polizei (es handelt sich sogar um eine Spezialeinheit der Interpol) wirklich in der Realität so derart dilettantisch und inkompetent verhalten würde, dann GUTE NACHT! Besonders unglaubwürdig fand ich den Polizisten Luca (Mitte 20), der hinter dem Rücken seines Chefs eigene Pläne macht und dadurch nicht nur die ganze Operation in Gefahr, sondern zwei Kinder mehrfach in Lebensgefahr bringt.

Beispiele: Er fährt zur Insel (unklug!), lässt sich vom Entführungsopfer, das gerettet werden soll, dabei sehen, flirtet mit dieser naiven 16-Jährigen (seiner Schutzbefohlenen!) (ekelhaft!) und erzählt ihr auch noch von den Rettungsplänen (ganz dumme Idee!), sodass sie überhaupt erst auf die Idee kommt, Nachforschungen anzustellen, und sich dadurch in Lebensgefahr begibt, weil die Eltern natürlich misstrauisch werden. Er gibt Juno ständig vollkommen unverantwortliche, lebensmüde Aufträge (besorg ein wichtiges Beweisstück, trag deinen kranken Bruder nachts ans Ufer, triff dich nachts heimlich mit mir) und bringt dadurch beide Kinder mehrmals in große Gefahr! Eines Tages beschließt er dann, die zwei Opfer auf eigene Faust zu retten (angeblich wird die Insel überwacht, wieso bemerken seine Kolleg·innen seine Alleingänge eigentlich nie?). Als sie endlich beide in seinem Boot sitzen – Luca weiß, dass sich gerade alle in absoluter Lebensgefahr befinden – beschließt er, anscheinend von allen guten Geistern verlassen, zum Haus zurückzulaufen und ein Beweismittel vor dem Regen zu retten, wodurch er das Leben aller 3 Menschen im Boot unnötigerweise riskiert (was dann auch entsprechend endet)! Luca verliert zwar irgendwann im Laufe dieser Vorkommnisse seinen Job, aber ich finde es einfach absolut unrealistisch, dass sich ein Interpol-Polizist überhaupt je so unprofessionell, inkompetent und stümperhaft verhalten würde. Wie ist der an seinen Job gekommen? Hat er den im Lotto gewonnen? Ich konnte an vielen Stellen nur den Kopf schütteln und frustriert aufseufzen. Die Logikfehler waren so zentral und groß, dass ich sie leider beim Lesen nicht mehr ausblenden konnte. Schade!

Spoiler-Ende!


„Aber Mutter versteht das nicht. Für sie zählen nur Gehorsam und Strafe, in ihrer Nähe fühle ich mich einsam und unverstanden.“ E-Book, Position 530

Mein Fazit

Nach einem mysteriösen, starken Beginn geht es leider nur noch bergab. Dieser Thriller hat mich leider sehr enttäuscht, denn aus dem vielversprechenden Setting und der guten Grundidee hätte man so viel mehr machen können! Besonders gestört haben mich die großen Logiklöcher, die viel zu frühe Auflösung, der daraus resultierende Spannungsabfall und die blass bleibenden Figuren. Von mir gibt es deshalb leider keine Leseempfehlung!

Bewertung

Idee: 4 Sterne
Inhalt, Themen, Botschaft: 2 Sterne
Tiefe: 2 Sterne
Umsetzung: 2 Sterne
Worldbuilding: 2 Sterne
Einstieg: 4 Sterne
Ende: 1 Stern
Schreibstil: 3 Sterne
Protagonistin: 3 Sterne
Figuren: 2 Sterne
Spannung: 2 Sterne
Tempo: 2 Sterne
Wendungen: 2 Sterne
Atmosphäre: 3 Sterne
Emotionale Involviertheit: 2 Sterne
Feministischer Blickwinkel: 3 Sterne
Einzigartigkeit: 3 Sterne

Insgesamt:

❀❀ Sterne

Dieses Buch bekommt von mir 2 Sterne!

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