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Veröffentlicht am 15.03.2018

Eine fantastische Reise in zauberhafter Sprache - Leseempfehlung für High-Fantasy-Fans!

Quendel (Quendel, Bd. 1)
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Caroline Ronnefeldt hat mit "Quendel" ein sehr fantasievolles und lesenswertes Début im Genre Fantasy verfasst, das sich zu lesen lohnt. Herausgegeben wurde das Buch, ein rechtes "Schwergewicht", im Verlag ...

Caroline Ronnefeldt hat mit "Quendel" ein sehr fantasievolles und lesenswertes Début im Genre Fantasy verfasst, das sich zu lesen lohnt. Herausgegeben wurde das Buch, ein rechtes "Schwergewicht", im Verlag ueberreuter: Das irrlichternde und wirklich zauberhaft gestaltete Cover hat meine Neugierde auf sich gezogen, auf den Innenseiten der Buchdeckel dieses HC ist eine Landkarte mit den Orten, die von Quendeln bewohnt werden, enthalten: Schließlich ist der Hauptprotagonist Hobby-Kartograf und die Autorin ihres Zeichens Illustratiorin. Dass sie nicht nur mit Farbe und Stiften sehr gut umzugehen weiß, sondern auch "mit Worten malen kann", beweist ihre wirklich sehr schöne, dem Genre angemessenen ausgefeilte und zauberhafte Sprache, in der "Quendel" verfasst wurde!

Bullrich Schattenbart, ein Hobby-Kartograf aus Grünlohe, sitzt bei seinem ausgiebigen Frühstück (das mich zusammen mit dem Dorf und den weiteren Beschreibungen durchaus an die Hobbits im Auenland erinnerte ;) und sinniert darüber, warum es ihm noch immer nicht gelungen ist, alles zu seiner Zufriedenheit zu vermessen: So beschließt er kurzerhand (ungewöhnlich für einen Quendel, der Gemütlichkeit und Ruhe liebt, jedoch keine Abenteuer), den nahegelegenen Wald Finster aufzusuchen - oder zumindest seine Randgebiete, um die Arbeit als Kartograf endlich fertigstellen zu können....

Da er am Abend nicht zurückkehrt und zuvor noch auf dem Heckenweg Vetter Zwentibold einen Bären aufband, den dieser gerne zu Hortensia trug, einer Nachbarin Bullrichs und aus der Familie der Samtfuß-Kremplinge stammend, machen sich Zwentibold, Hortensia, Beda und ihr Sohn Karlmann sowie Hulda große Sorgen um ihn und beschließen, ihn zu suchen. Zuvor holen sie sich noch Rat beim alten Pfiffer ein, der sich der Gruppe gemeinsam mit seinem roten Kater Reizker anschließt - sicherheitshalber, denn es ist schon dunkel und die Nacht naht...

Ein anderer Erzählstrang handelt von Fendel Eichhase, der ein Nachfahre des Ästigen Porlings ist, der einst im Wald Finster verschwand.. Er ist ein rechter Trunkenbold und dies bringt ihn eines Abends nach vielen Lorchelbechern vor die Stalltüre von Pirmin, der mit seiner Frau und seinen Kindern auf die Geburt eines kleinen Stieres wartet...
Hier gibt es viel Düsterkeit und Schatten, viel Schilf und Moor, die den gruseligen Anteil dieser Fantasy-Saga deutlich erhöhen. Auch Schrecknisse aller Art und fantastische Wesen lernt man in diesem Roman kennen, vor allem aber ist immer wieder ein unheimliches "silbernes Glitzern" im Nebel zu sehen, das von nichts Gutem kündet und nicht zu dieser Welt gehört...

Die Autorin haucht den Quendeln Leben ein und versteht es ausgezeichnet, eine Atmosphäre zu schaffen, die den Leser verzaubern: Die Bäume, die Wälder, die Natur überhaupt spielt ebenfalls eine Hauptrolle; einer Dorflinde kommt sogar eine ganz besondere Bedeutung zu. Auch gibt es zauberhafte Verbindungen zu der Welt der Pilze: "Heilige Hohltrüffel"!! ist neben anderen gängiger Ausdruck für großes Erstaunen in "Quendel-Sprache". ;) Die wundervolle Erzählweise und liebenswerten Charaktere der Quendel, die mit Hobbits durchaus verwandt sein könnten, aber auch charakterlich so manchem Menschen entsprechen und die fantastischen Beschreibungen der jeweiligen Umgebung, in der die Gruppe um den alten Pfiffer, Zwentibold, Hortensia und den anderen zahlreiche und gefährliche Abenteuer bestehen (müssen), haben mich gut unterhalten und mir sehr gefallen.

Ich kann "Quendel" allen Lesern (Kindern und Jugendlichen ab 12 Jahren sowie Erwachsenen) sehr empfehlen; allerdings würde ich eher ängstliche Kinder von der Empfehlung ausnehmen, da die Perspektive doch oftmals sehr düster ist. Hier hätte ich mir mehr Helligkeit gewünscht und vermisste den Fortgang der fantastischen Reisen von Bullrich wie auch von Fendel Eichhase: Diese beiden losen Erzählstränge könnten sich jedoch in einer Fortsetzung (bzw. zwei) weitererzählen lassen? Ich vergebe 4 fantastische * Sterne am Genrehimmel Fantasy und danke für spannende und schöne Lesestunden sowohl der Autorin als auch dem ueberreuter-Verlag!

Veröffentlicht am 07.03.2018

Hauptfach: Die Schule des Lebens!

Leben lernen - ein Leben lang
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"Leben lernen - ein Leben lang" von Albert Kitzler erschien (gebunden, HC) 2017 im Herder-Verlag und ist ein weiteres sehr empfehlenswertes Sachbuch des Autors, der seines Zeichens eine "Schule des Lebens" ...

"Leben lernen - ein Leben lang" von Albert Kitzler erschien (gebunden, HC) 2017 im Herder-Verlag und ist ein weiteres sehr empfehlenswertes Sachbuch des Autors, der seines Zeichens eine "Schule des Lebens" namens "Maß und Mitte" betreibt, in der er Menschen unterrichtet, Seminare und Workshops hält, die sich für praktische Philosophie interessieren - und sie, so möglich, in ihr Leben integrieren möchten (weitere Infos unter www.massundmitte.de).

"Mit Seneca das Leben meistern"; so der stimmige Wortlaut auf dem Buchrücken - und

"Glück und Unglück liegen in der eigenen Seele - das war die einhellige Überzeugung der großen Denker der Antike. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Wie immer die äußeren Umstände sind, wir können das Beste daraus machen. Je mehr uns das gelingt, umso zufriedener sind wir mit unserem Leben. (Quelle.Buchrückentext)

Dieses Sachbuch zur praktischen Philosophie, das weitestgehend auf den Überlieferungen Senecas gegründet ist, sich jedoch auch auf andere Philosophen z.B. der griechischen Antike bezieht, ist eine philosophische Anleitung zum glücklich(er) sein. Der Autor hat es auch hier wiederum verstanden, philosophische Texte gut verständlich darzulegen und anhand eigener nachfolgender Gedanken dazu dem Leser zugänglich zu machen: Das Buch gliedert sich in IV. wesentliche Kapitel, die das Leben eines jeden Menschen umfassen und nach dem Vorwort die "Vorschule", als sog. Hauptfächer den Umgang mit der Welt, den Umgang mit sich selbst und den Umgang mit anderen (Menschen) sehr spezifisch, doch leicht verständlich behandeln.Im Anhang erfolgen wertvolle Literaturhinweise und Anmerkungen des Autors.

Ich bin sicher, dass beim Studium dieses Werkes, das man 'häppchenweise' genießen sollte und dessen philosophischen Weisheiten so dargebracht werden, dass man durch Wiederholungen, die sich durchaus zum besseren sich-das-Gelesene-einprägen-und-verstehen-können eignen, jeder Mensch für sich sehr wertvolle Erkenntnisse - sowohl über sich selbst als auch über andere, über sein Leben und die Welt gewinnen kann. Für mich waren dies eigentlich alle Kapitel, jedoch im Besonderen die Unterkapitel "Besitz" und Freiheit. Das Hauptfach "Vom Umgang mit sich selbst" hat mich sehr überzeugen können und ich werde es mit Sicherheit immer einmal wieder lesen.
Hier sah ich auch durchaus Parallelen zur Psychologie, da es auch in der Philosophie um Resilienz geht; um seelische Kräfte, die jeder Mensch besitzt.

"Wenn wir (....) in uns selbst Geborgenheit und ein wohliges Selbstvertrauen hergestellt haben, dann werden unsere Seele, unser Charakter, unsere Persönlichkeit zu einer inneren Burg, die jedem Angriff von außen standhält" (Zitat S. 79)

Eines der vielen Zitate, die ich mir aus diesem Buch notiert habe - und zu verinnerlichen suche, da sie einen hohen Wahrheitsgehalt haben, gerade heute in dieser schnelllebigen und sich stets wandelnden, nicht sehr friedlichen Welt. Es geht wiederum um die Frage, "wie lebe ich ein gutes Leben?", was ist wirklich wichtig - und wie kann ich mir selbst dazu verhelfen, ein glückliches und erfülltes Leben zu führen. Wie kann ich mich weise und tugendhaft verhalten, Gefühle wie Zorn und Wut überwinden bzw. ihnen keine Bedeutung beimessen, die mir selbst Schaden zufügt; wie betrachte ich inneren Reichtum und äußeren Reichtum? Im Gegensatz zu innerem Reichtum kann der äußere stets abhanden kommen; es geht um ein gesundes Selbstwertgefühl und Achtung gegenüber anderen - und um so vieles mehr...

Ziel der Schulung in praktischer Philosophie, die mir wiederum sehr viel Positives brachte, ist es jedoch nicht, kritiklos zu sein - oder anzunehmen, dass man fortan sein Leben in absoluter Weisheit und Harmonie führen kann. Letzteres gelingt den Wenigsten, jedoch jeder Schritt dorthin fördert ein friedliches, menschliches und soziales Miteinander!

Mit bestem Dank an den Herder-Verlag für diese Publikation und besonders an den Autor, Dr. Albert Kitzler vergebe ich die volle Punktezahl und 5*.

Veröffentlicht am 07.03.2018

Fiktives, kriminalistisches "Kabinettstückchen" auf einem Luftschiff anno 1880 ....

Himmelsliebe
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"Himmelsliebe" von Gitta Edelmann erschien als TB, 2018 im Gmeiner-Verlag, München.

Es handelt sich bei dem Roman, der in der Reihe "Historischer Roman" und unter "Spannung" vom Gmeiner-Verlag verlegt ...

"Himmelsliebe" von Gitta Edelmann erschien als TB, 2018 im Gmeiner-Verlag, München.

Es handelt sich bei dem Roman, der in der Reihe "Historischer Roman" und unter "Spannung" vom Gmeiner-Verlag verlegt wurde, eher um eine utopische Alternativgeschichte, die bereits beim Vorgänger (Badisches Wiegenlied) begann und die Geschichte 'umschrieb': Die Länder Deutschland und Frankreich hatten in ein geeinigtes "Frankoallemannien" gemündet, in dem sowohl deutsch als auch französisch gesprochen wurde. Besonderen Wert legte man auf die Rechte der Frauen, die auch sprachlich ihren (etwas witzigen, wie ich finde) Ausdruck fand. So wurden aus "Luftschiffern und Luftschifferinnen" also Luftschifferi, aus Preußen, Briten und Russen beiderlei Geschlechts die Preußi, Briti und Russi.

"Die Welt der Himmelsliebe" klärt im Anhang über die Idee zum Roman auf, über die Sprache, die Frauen und den emanzipatorischen Ansatz, der zu dieser Zeit des ausgehenden 19. Jhd. wahrlich noch in den Kinderschuhen steckte bzw. kaum vorhanden war; über die Luftschifffahrt, andere Länder, die Sage um Rungholt und historische Figuren (ihres Adelstitels beraubt, die wurden in Frankoallemannien abgeschafft), die ohnehin spärlich in dem Roman vorkommen und die Utopie zu Himmelsliebe selbst.

Ich empfehle (so habe ich es praktiziert zum besseren Verständnis des Romans), den Anhang zuerst zu lesen, was den "Leseri" ein genaueres Bild vermittelt, was zu erwarten ist, ansonsten aber nichts vorwegnimmt.

Die Kapitänin Alberta Lefort begibt sich mit allerlei Bordpersonal, darunter die Kommunikatorin Annie Dupont, die eine wichtige Rolle spielen wird, aber auch Seitensteuerin Emma und einigen männlichem technischen wie wissenschaftlichem Personal auf eine Forschungsreise ins Wattenmeer - so die offizielle Version, in Wahrheit soll die "Himmelsliebe" den sagenumwobenen Schätzen Rungholt's auf die Spur kommen bzw. diese bergen, bevor es die Britis tun... Letztere werden durch den angesehenen Luftkapitän James MacAllister vertreten, der Alberta aus früherer Zeit durchaus zugetan ist.... Die Reise verläuft jedoch nicht wie vorgestellt, da Sabotageakte zur Zwischenlandung zwingen und es einen Mord an Bord der Himmelsliebe gibt, den Alberta, unter Berücksichtigung der Directiven, mit ihrem ersten Offizier Friedrichsen lösen muss, um die Fahrt fortsetzen zu können.

Der kriminalistische Teil des Romans sorgte in meinem Falle nicht unbedingt für Spannung; anfangs waren mir auch die technischen Details zu ausufernd. Hauptsächlich geht es im Roman um die Beziehung der Geschlechter, wobei ein emanzipatorischer Ansatz zu finden ist, der jedoch teils auch klischeehaft besetzt ist. Nur der Protagonist Friedrichsen, der eine sympathische Entwicklung nahm, konnte mich überzeugen, alle anderen Figuren blieben mir fremd und ich konnte keine wirkliche Nähe zu ihnen herstellen. Zu Beginn des Romans schienen mir (gewollt) die Geschlechterrollen eher ins Gegenteil verkehrt, so dass Männer allzu anhänglich beschrieben wurden...

Ich sehe den Roman weder in der Rubrik "historischer Roman" noch unter dem Untertitel "Spannung" als sehr gelungen gelistet. Er ist eher ein emanzipatorisches Schelmenstück auf einem Luftschiff, das natürlich von einer Kapitänin geleitet wird, in dem ich jedoch die eigentlich witzige Idee nicht sehr kunstvoll umgesetzt empfinde. Man hätte mit Sicherheit mehr daraus machen können. Mich konnte der Roman leider nicht überzeugen, daher vergebe ich 3 Sterne und 79° auf der Skala der "Histo-Couch".

Veröffentlicht am 27.02.2018

Ein Leben nach Maß

Ein Leben nach Maß
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Karl Dijk, vor seiner Zeit aus dem niederländischen Eichamt entlassen, kam nicht zu seiner eigenen Verabschiedung - was den Ich-Erzähler und Kollegen wie auch die Direktorin überrascht...

Dieser Roman, ...

Karl Dijk, vor seiner Zeit aus dem niederländischen Eichamt entlassen, kam nicht zu seiner eigenen Verabschiedung - was den Ich-Erzähler und Kollegen wie auch die Direktorin überrascht...

Dieser Roman, der mich sehr nachdenklich und teils betroffen zurücklässt, beschäftigt sich mit dem Fortschritt in einer sich stets wandelnden Welt und setzt den Protagonisten, der (leider) nie selbst das Wort führt, für die Tradition der Zuverlässigkeit, der Prinzipientreue und auch unverrückbarer Maßstäbe, die beide Eichbeamte 'kraft ihres Amtes' jeden Tag durchzuführen haben. Hinter der Dijk absolut steht und jeder Veränderung misstrauisch begegnet, ja eher negativ, während der Ich-Erzähler eher anpassungsbereit ist.

In der Abschiedsrede, die Kollege und Ich-Erzähler im Auftrage der Direktorin schreiben soll, lernt man Dijk besser kennen, Einiges jedoch bleibt auch im Dunkeln, etwa seine tatsächliche Herkunft und auch die Tatsache, dass er gegen Ende seiner Laufbahn öfter in die Schreibmaschine einhämmerte, wütend und auch polternd in Betriebsversammlungen auftrat und jede Veränderung als negatives Zeichen sah. Dies machte ihn nach und nach zum "unbequemen, wenn auch langjährigen und verdienten Mitarbeiter", den man nun zu entsorgen versuchte.

In Rückblicken auf die Zusammenarbeit und seinen eigenen Anteil an der Form der kollegialen Beziehung, die mit einer gewissen Verunsicherung einhergeht, erzählt nun der Kollege von seinem Berufsleben und den stetigen Veränderungen und Umzügen des Amtes. Man lernt auch die Ursprünge des metrischen Systems kennen, die ich persönlich sehr spannend fand. Aber auch in poetischer, leiser Sprache werden die Außendiensttermine beschrieben, die beide in entlegene Dörfer führen, wo die Waagen von kleinen Bauern oder auch Händlern nachgeeicht werden mussten, selten zu deren Freude. Messerscharf seziert werden die Unterschiede des Miteinander in-Beziehung-tretens: gestern und heute.
Interessant die Feststellung, dass Fortschritt in den 60er Jahren eine andere, positivere Bedeutung hatte als heute: Es geht um die Veränderungen des letzten halben Jahrhunderts, die hier anhand der Profession und auch der Persönlichkeit Dijks mehr als offensichtlich und auch durchaus widersprüchlich ist. Heute gibt es wieder Menschen, die verpackte Ware (die die losen Produkte und damit die Waagen in den Lebensmittelläden verdrängten) ablehnen und dazu übergehen, dass die Kunden ihre eigenen Behältnisse mitbringen, die Waren vor Ort abgemessen werden. Es waren de facto "noch andere Zeiten", als in den Läden noch Produkte in Papiertüten abgewogen wurden, bis die Tafel- und Balkenwaagen als Relikte einer vergangenen Zeit verbannt wurden. Die verpackten Waren revolutionierte den gesamten Einzelhandel - und veränderten auch die Verkäufer/-Kundenbeziehungen, deren Kommunikation sich mehr und mehr auf ein Minimum beschränkt....
Zum Romanende hin nimmt die Betroffenheit zu - nicht nur die des Ich-Erzählers und früheren Eichbeamten, sondern auch die des Lesers.

Fazit:

Ein in die Tiefe gehender Roman eines fiktiven Menschen, der für unverrückbare Maßstäbe steht, nicht nur kraft seines Amtes, sondern auch durch seine eigene Persönlichkeit und dennoch erkennt, dass auch diese einem Wandel unterworfen sind. Einem Menschen, der dennoch an seinen eigenen Grundsätzen festhält und dadurch womöglich Unsicherheiten bei anderen Kollegen auszulösen scheint.
Sehr nachdenklich stimmend, betroffen machend - aber auch augenzwinkernd lernt man zwei (fiktive) Mitarbeiter des niederländischen Eichamts und deren Arbeit (von 1961 bis heute) kennen, die gleichzeitig die Veränderungen des letzten halben Jahrhunderts subtil und dennoch sehr klar aufzeigen. Ich entwickelte große Sympathie für Dijk, der gewissermaßen außerhalb der Norm unverbiegbar war bis zu seinem Dienstende und dann spurlos verschwand. Es bleibt auch ein Nachgeschmack, der die schnellebigen Veränderungen der heutigen Welt betrifft, dem wir alle gewissermaßen unterworfen sind und dem Wissen, dass Fortschritt nicht immer zum Wohle der Menschheit geartet ist: Derjenige, der stehen bleibt und sich nicht den Veränderungen anpasst, den "entlässt" das System. Ich vergebe 4 starke Sterne am Literaturhimmel und eine Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 27.02.2018

Nicht nur für Sommeliers ; auch für genussfreudige & lebensfrohe KrimileserInnen bestens geeignet!

Château Mort
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"Chateau mort" ist der nächste Fall nach "Retour" aus der begnadeten Feder von Alexander Oetker; erschienen ist der Krimi im Verlag Hoffmann und Campe, tb, 2018.

"Hitzewelle im Aquitaine. Dennoch treten ...

"Chateau mort" ist der nächste Fall nach "Retour" aus der begnadeten Feder von Alexander Oetker; erschienen ist der Krimi im Verlag Hoffmann und Campe, tb, 2018.

"Hitzewelle im Aquitaine. Dennoch treten wieder Tausende zum weltberühmten Marathon du Médoc an, der mitten durch die Gärten der schönsten Chateaus führt. Doch während des Laufes stirbt ein angesehener Winzer - und ausgerechnet Lucs bester Freund Richard ist der Hauptverdächtige.
Der Kommissar entdeckt rasch, dass auch die nobelsten Weingüter der Welt ihre Schattenseiten haben. Je mehr Luc erfährt, desto verzwickter wird der Fall. Und der muss feststellen, dass selbst seine Partnerin Anouk seinen besten Freund für einen Mörder hält."
(Quelle: Buchrückentext)

Mit "Chateau mort" liegt nun der 2. Fall des Ermittlers (und Frauenhelds) Luc Verlain vor, der sich eigentlich um seinen erkrankten Vater kümmern will und sich aufgrund dessen ins beschauliche Aquitaine, dem er entstammt, aus Paris versetzen lässt.
Hatte er im ersten Fall schon mächtig (und für den Leser dennoch genussvoll) zu ermitteln, so sieht der Zusammenbruch Huberts, einem sympathischen Winzer während des Marathon du Médoc ebenfalls nach sehr viel Ermittlungsarbeit aus - hier wurde eindeutig nachgeholfen... Luc erhält jedoch tatkräftige Unterstützung von dem cleveren Freund und Kollegen Yacine sowie der Kollegin Anouk, in die er sich Monate zuvor verliebte...
Wieso brachen beim berühmten Marathon-Lauf zwei Läufer zusammen - ein gesunder Sous-Préfet und ein angesehener Winzer, der den Traum vom großen Wein, dem "Grand Cru" verfolgte??

Alexander Oetker legt Spuren und Fährten in die Dünen, in die kleinen Winzerdörfchen, in die Apotheken und Krankenhäuser - in die berühmten großen Chateaus gar selbst - lässt jedoch den Krimifan wie auch beim Vorgänger bis zum überraschenden Ende "miträtseln" - wer hat ein Motiv? Wer könnte es aus welchem Grund gewesen sein?

Luc Verlain muss man trotz seiner großen Liebe zu den Frauen einfach lieben - und "Chateau mort" ist mehr als nur ein (Regional)Krimi aus Frankreich: Es ist auch eine Liebeserklärung ans 'savoir vivre', an das Département Aquitaine, unweit von Bordeaux und inmitten der besten Weinanbaugebiete Frankreichs - ja der Welt! Kritisch lüftet Alexander Oetker trotz aller Liebe zur Rebe, zum Wein, die hier nicht zu kurz kommt, die Kulissen der Schattenseiten der großen Welt der Weine - und ihrer Klassifizierungen. Er bricht auch eine Lanze für die Menschen und auch die Schönheit der Landschaft und der Küste des Aquitaine (plusieurs d'informations: www.lucverlain.de)

Fazit:

Besser geht nicht! Ein spritzig (und zuweilen witzig) geschriebener und durchdachter Kriminalroman, dessen Ende überrascht. Eine absolute Leseempfehlung (siehe oben ;) und ein merci beaucoup an den Autor, der sich allen Fragen in der Leserunde stellte und ebenso begeistert ist vom Aquitaine, in der er Luc hoffentlich weitere Fälle lösen lässt wie der Ermittler selber. Alors, bien: Wann wird der "nächste Fall" erscheinen? En tous cas: A la prochaine!!!