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Veröffentlicht am 29.05.2022

Welche Zutaten braucht ein gutes Leben? u.a. den Mut zur Veränderung!

Der Geschichtenbäcker
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"Der Geschichtenbäcker" von Carsten Henn; der Nachfolger zum "Buchspazierer" sozusagen, dem wir auch anfangs kurz in diesem warmherzigen und berührenden Roman begegnen, erschien (HC, geb., 2022) im Piper ...

"Der Geschichtenbäcker" von Carsten Henn; der Nachfolger zum "Buchspazierer" sozusagen, dem wir auch anfangs kurz in diesem warmherzigen und berührenden Roman begegnen, erschien (HC, geb., 2022) im Piper Verlag. Dieses Mal begleiten wir eine frühere Tänzerin auf ihrem Weg, sich selbst so lieben und annehmen zu können, wie sie ist:


"Brot backen ist fast wie ein Tanz. Teig wird rhythmisch geknetet, die Drehung der Hände, der Schwung der Hüfte geben ihm Geschmeidigkeit. Fasziniert beobachtet die ehemalige Tänzerin Sofie den italienischen Bäcker Giacomo bei seiner Arbeit. Eigentlich wollte sie den Aushilfsjob in der Dorfbackstube gleich wieder kündigen. Zu sehr hat das Ende ihrer Karriere ihr Leben aus der Bahn geworfen. Wer ist sie, wenn sie nicht tanzt? Doch überraschend findet Sofie in er kleinen Bäckerei viel mehr als nur eine Beschäftigung: die Weisheit eines einfachen Mannes, das Glück der kleinen Dinge und den Mut zur Veränderung".

(Quelle: Buchrückentext des Verlages)


So einige sehr sympathische Figuren "bevölkern" diesen Roman von Carsten Henn, der es stilistisch zauberhaft versteht, seine Leser schon zu Beginn in seine Geschichte; hier dem kleinen Dorfbäckerladen, literarisch zu "entführen". Nicht ohne Grund, denn 'unterwegs' gibt es Vergleiche und Weisheiten zu entdecken, über die man staunt - und auch gelegentlich schmunzelt:

Giacomo Botura, aus Kalabrien stammend, sehnt sich nach seiner Heimat (besonders wenn er Orangen aus dem nahegelegenen Hofladen riecht) und braucht dringend Verstärkung: Als Aushilfe verdingt sich die seit Kurzem arbeitslose frühere Tänzerin Sofie, die nach Meinung Giacomo's Rhythmus hat (was der Teig mag) und so beginnt Sofie ihren nächtlichen Dienst in der Backstube, wobei sie denkt, dass sie wohl nach drei Tagen wieder kündigen wird - doch es sollte anders kommen.


Florian, Choreograf und Ehemann von Sofie, merkt, wie sich seine Frau von ihm entfernt und hat Angst, sie zu verlieren: Er hatte sich nicht in ihren Tanz verliebt (sie war die Beste), sondern in ihre dunkelbraunen Augen. Marie, Nachbarin der beiden und seit Langem in Florian verliebt, nutzt die Gunst der Stunde und versucht, Florian für sich zu gewinnen. Sehr nahe steht Sofie Franziska, ihre Schwester und deren kleine Tochter Anouk, die nicht nur ihre Tante davon überzeugt, dass sie Maria ist und daher alles 'segnen' muss, was ihr begegnet (Menschen, Pflanzen und Tiere). Eines Tages benötigt Franziska eine Kinderfrau und Sofie nimmt sie kurzerhand mit in die kleine Bäckerei, wo sie der griesgrämigen Elsa im Verkauf helfen darf - unter der Voraussetzung, dass sie nicht alle Kunden segnen sollte.... Wie durch ein Wunder (Freude war schon lange nicht mehr im Leben von Elsa) bringt das kleine Mädchen Elsa zum Lachen...


So geschieht Wundersames und im Vordergrund stehen immer Giacomo, sein liebevoll gebackenes Brot (incl. Geheimzutat, die Sofie dann doch unbedingt herausfinden möchte), Sofie und ihr Scheitern sowie ihr Wieder-Aufstehen: Sie schafft es in einem gelungen beschriebenen Prozess, ihr altes Leben abzulegen und sich in ihrem neuen Leben wohlzufühlen! Dies ist auch das Hauptthema des Buches: Veränderungen anzunehmen; Altem nicht hinterherzuhängen und Neues positiv aufzunehmen, denn das ganze Leben ist Veränderung und Menschen sollten sich nicht alleine durch ihren Beruf definieren: Genial fand ich die Vergleiche zwischen dem Zubereiten des Teiges und Menschen in ihrer Entwicklung:


Für gutes Brot und auch für eine positive Entwicklung eines Menschen benötigt man (fast) das Gleiche: Gutes Mehl und Zeit und Liebe!


Fazit:


Eine wunderschön choreografierte "Wohlfühlgeschichte" mit Tiefgang; die Wandlungen, Entwicklungen, Veränderungen (im Leben und auch in Beziehungen) zum Thema hat; aber auch andere menschliche Themen nicht ausspart; für Toleranz wirbt und das Annehmen der eigenen Persönlichkeit. Denn nicht nur Katzen haben 7 Leben, wie es heißt, sondern auch wir Menschen; wenn wir es erkennen - und es annehmen! Eine absolute Empfehlung dieses warmherzigen und gefühlvoll, sensibel geschriebenen Romans nicht nur für TänzerInnen und BäckerInnen. 4,5 *

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Veröffentlicht am 23.05.2022

Absolut Lesenswertes über sichtbare, unsichtbare und auch sonderbare Grenzen!

Atlas der Unordnung
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Der "Atlas der Unordnung" (UT: 60 Karten über sichtbare, unsichtbare und sonderbare Grenzen) von Delphine Papin/Bruno Tertrais erschien (HC, geb.) im wbg-Theiss Verlag, Darmstadt. Auf 175 Seiten entführt ...

Der "Atlas der Unordnung" (UT: 60 Karten über sichtbare, unsichtbare und sonderbare Grenzen) von Delphine Papin/Bruno Tertrais erschien (HC, geb.) im wbg-Theiss Verlag, Darmstadt. Auf 175 Seiten entführt dieses "Füllhorn an Informationen auf einer faszinierenden Reise durch die Welt" (Zitat Le Figaro).


Dieses Buch hat mich aufgrund seiner Aktualität und meiner eigenen Biografie, - 50 m vor der deutsch-französischen Grenze aufgewachsen zu sein - die anders als in meiner Kindheit nun als EU-Grenze 'durchlässig' ist; Grenzkontrollen wegfallen, sehr interessiert. Über Grenzen zu schauen, andere Sprachräume zu entdecken, kann den eigenen Blick (auch in kultureller Hinsicht) sehr erweitern, bisher "Fremdes", Unbekanntes erleb- und verstehbar machen. Doch sie können auch trennen, abriegeln und isolieren (siehe Nordkorea, Grenze USA-Mexiko, frühere Grenzziehung BRD-DDR usw.) und das Zusammenkommen verschiedener Menschen und Völker erschweren.


Die beiden französischen Autoren unterscheiden hier zwischen geographischen, kulturellen und ideologischen Grenzen; greifen auch Historisches auf, was sehr interessant und spannend aus den Karten zu ersehen ist. Von Kap. I bis C ist eines interessanter als das andere, faszinierend und sehr informativ:


- Grenzen als Vermächtnisse

- Meere und Grenzen

- Mauern und Migration

- Spezielle Grenzen

- umstrittene Grenzen


sind die Hauptkapitel, die sich in zahlreiche Unterkapitel gliedern, welche sich über den gesamten Globus erstrecken. Es wird auch der Frage nachgegangen, "wann ist ein Staat ein Staat": In Zeiten von Unruhen und Kriegen stehen Grenzen gerade jetzt - mitten im Ukrainekrieg und einigen anderen Kriegsgebieten auf der Welt - im Mittelpunkt der Geopolitik.


In diesem Zusammenhang fand ich (Kap. umstrittene Grenzen) "Russlands Comeback" (Wiedereroberung der alten Einflusssphäre) und "Ukraine gegen Moskau" äußerst interessant und politisch aufschlussreich. Auch das "Spinnennetz Chinas" ist sehr gut dargestellt und lässt einen (zumindest mich) aus guten Gründen erschaudern.

"Eine Welt voller Mauern" stellt graphisch die Barrieren dar, die überall auf der Welt vorhanden sind. Die europäischen Grenzen ("Todesfalle Mittelmeer") sind auch aktuell sehr verbesserungswürdig in Sachen Menschlichkeit.


Geschichtlich widmen sich die Autoren auch der wachsenden Zahl der Grenzen und der Verschiebungen im Laufe der Geschichte; auch den kulturellen Kulturkreisen weltweit, die sowohl mit der Geographie als oftmals auch mit Religionen verbunden sind. Auch das Kapitel "Pässe aus aller Welt" - unser aller 'Daseinsberechtigungsschein' - als Türöffner oder auch nicht - gibt zu denken. Der einzigartige, unglaubliche Bild- und Graphikenband endet mit dem Kapitel zur Zukunft Europas, umfasst auch die "50 Linien" (Verteidigungslinien) und zahlreiche weiterführende Literaturangaben.


Fazit:


Ein sehr empfehlenswerter, einzigartiger Bildband mit informativen, prägnant recherchierten, geopolitisch interessanten Inhalten zu Grenzen der Welt, die - menschengemacht - auch absurd sein können. Das Buch macht tatsächliche und auch absurde Grenzen auf faszinierende (und teils auch beklemmende) Weise sichtbar. Chapeau dem Autorenpaar und von mir 5*!


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Veröffentlicht am 07.05.2022

Wertvolle Anregungen zum Selberbacken

Selber backen statt kaufen
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"Selber backen statt kaufen" ist (Paperback, 2022) im smarticular-Verlag erschienen und enthält 77 einfache Rezepte für Brote, Brötchen, Kuchen und mehr, so der Untertitel: Mich begeistert die Vielfalt ...

"Selber backen statt kaufen" ist (Paperback, 2022) im smarticular-Verlag erschienen und enthält 77 einfache Rezepte für Brote, Brötchen, Kuchen und mehr, so der Untertitel: Mich begeistert die Vielfalt und die Anregungen für's (unkomplizierte) Selberbacken - versehen mit sehr gut beschriebenen Anleitungen und Fotos der Backwaren. Selbst Ungeübtere werden angeregt, selbst zur Tat zu schreiten, statt die Produkte (für viel Geld, Tendenz derzeit steigend) zu kaufen! Vor allen Dingen weiß man, was im Brot oder den Brötchen drin ist: Nämlich NUR das, was man selbst hineingetan hat!

Die vielfältigen und tollen Backideen sind das Ergebnis des Ideenportals smarticular.net, das Tipps und Anleitungen rund um ein einfacheres und nachhaltiges Leben gibt, bei denen viele Fans ihre Ideen und ihre Erfahrungen einbrachten. Dieses tolle und nachhaltige Backbuch bündelt sie!

Gegliedert ist das Sachbuch in 8 Kapitel (Brot, Brötchen, Kuchen, Gebäck, Kekse, Süße und herzhafte Knabbereien, Herzhaftes aus dem Backofen und Backen ohne Backen). Für Veganer ist dieses Buch ebenso empfehlenswert, da es Erklärungen liefert, was z.B. ein Hühnerei ersetzen kann und auch in Sachen Gesundheit Alternativen zu Zucker aufzeigt. Ebenso werden die Mehlsorten und deren Verwendungsoptionen bestens erklärt.

Uns hat das Fladen- und Olivenbrot sehr gemundet - es ließ sich fantastisch nachbacken und ist nicht schwer in der Zubereitung. Bärlauchbrot (hmmm...) wird noch getestet; das Pesto ist bereits vorhanden. Auch die bunten Burgerbrötchen finde ich sehr gelungen, z.B. für ein Gartenfest ein eyecatcher! Der österliche Rüblikuchen war ebenfalls ein Gedicht und einige Plätzchen werde ich in der Weihnachtsbäckerei testen. Besonders angetan hat es mir auch die türkische Pizza (hier vegan), die ich schon lange sehr mag, aber noch nie selbst produziert habe.

Fazit:

Eine handliche Sammlung köstlicher, vielfältiger und nachhaltiger Backrezepte, versehen mit tollen Fotos, die zum Nachbacken anregen und sehr gut umzusetzen sind. Auch für VeganerInnen und ungeübtere BäckerInnen sehr empfehlenswert! Ein "Antrieb" in Sachen gesunde und preiswerte Ideen zum Selberbacken vs. Kaufen. Von mir gibt es dafür 5*

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Veröffentlicht am 05.05.2022

Ein Frühlingsfest für die Sinne!

Frühlingserwachen
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"Frühlingserwachen" von Theresa Baumgärtner ist eines der bezauberndsten und hochwertigsten Bücher über die schönste Jahreszeit, den Frühling, das ich je in Händen hielt: Das (außen wie auch innen) wunderschön ...

"Frühlingserwachen" von Theresa Baumgärtner ist eines der bezauberndsten und hochwertigsten Bücher über die schönste Jahreszeit, den Frühling, das ich je in Händen hielt: Das (außen wie auch innen) wunderschön gestaltete und mit zahlreichen Fotografien versehene Sachbuch vereint viele hervorragende frühlingshafte Rezepte wie auch Inspirationen für Feste und Dekorationen. Es erschien (HC, geb.) im Brandstätter Verlag, Wien 2022.


Das schöne Buch (das auch Bildband/Sachbuch in einem ist) umfasst 237 Seiten voller Rezepte, Geschichten, Poesie und auch kreativen Anregungen, die sich allesamt um den Frühling drehen (z.B. Frühlingserzählungen, Spaziergang durch den Bärlauchwald), Gedichte, Lieder, Zitate zum Frühling sowie Ideen zum Basteln und Schmücken. Es besitzt zwei Lesebändchen, um z.B. mühelos eins der zahlreichen Rezepte oder Ideen wiederfinden zu können. Die Fotos sind stimmungsvoll, sehr gelungen und inspirierend für alle Sinne.


Wie der UT bereits verrät, geht es um "Blütenzauber und Rezepte aus dem Hazelnut House", dem Domizil und kleinem Hotel der Autorin, in Luxemburg gelegen und umgeben von zauberhafter Natur, in dem sie mit ihrer Familie lebt und arbeitet. An diesem magischen Ort (http://www.hazelnut-house.com) kann man private Events buchen, es werden auch Workshops zu besonderen Themen angeboten wie z.B. Jane Austen Tea Time, Automn Baking, Midsommer Festival; näher anschauen lohnt sich also, umso mehr nach dem Betrachten und Nachkochen und -backen der festlichen Rezepte, die Theresa Baumgärtner in diesem Band veröffentlicht hat (allesamt sehr gut beschrieben und gut umsetzbar, auch für Unerfahrenere). Thematisch ist der Frühlingsband in 4 Themenbereiche gegliedert:


- Von Pusteblumen und Himmelsschlüsseln

- Barfuss über Wiesen

- Willkommen im Rosengarten und

- wir feiern Mittsommer


Die zahlreichen Rezepte mit Wildkräutern und saisonalem Gemüse wie z.B. dem Spargel eignen sich sehr gut z.B. für Oster- und Pfingstmenüs; so gibt es von Salaten und festlichen Suppen über Fingerfood, Hauptgerichte, Vegetarisches, Desserts und Getränken bis hin zu frühlingshaften Rezepten für die Kaffeetafel so viele leckere Rezepte, dass die Autorin keine Wünsche offen lässt. Das Register am Buchende (nach Kategorien) und die Vorstellung des Teams, die an diesem großartigen Werk mitgearbeitet haben, sind am Buchende zu finden und runden diesen bild- und sinnenfrohen Frühlingsband optimal ab.


Fazit:


"Frühlingserwachen", in hochwertiger Ausstattung und stimmungsvollen Bildern sowie vielen leckeren Frühlingsrezepten kann ich allen ans Herz legen und weiterempfehlen, die nach langen Wintermonaten Inspirationen für Feste, tolle Rezepte und viel Frühlings(vor)freude entdecken möchten. Auch auf das "Hazelnut House" bin ich nun sehr neugierig geworden, das gar nicht so weit entfernt von uns ist. Gerne gebe ich eine absolute Empfehlung und die höchste Bewertung, 5*

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Veröffentlicht am 05.05.2022

Überflutungen....

Das versunkene Dorf
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Die Leiterin der Pariser Drogenfahndung, Noémie Chastain, wird bei der geplanten Festnahme eines Dealers in dessen Wohnung schwer verletzt: Eine Salve aus dem Jagdgewehr des Kriminellen trifft sie "mitten ...

Die Leiterin der Pariser Drogenfahndung, Noémie Chastain, wird bei der geplanten Festnahme eines Dealers in dessen Wohnung schwer verletzt: Eine Salve aus dem Jagdgewehr des Kriminellen trifft sie "mitten ins Gesicht", wie auch der erste (von vier) Teilen dieses spannenden Kriminalromans untertitelt ist. Sie überlebt den Angriff, ist jedoch trotz mehrstündiger OP in einer Gesichtshälfte für ihr weiteres Leben entstellt. Adriel, ihr Assistent und Lebensgefährte, schafft es nicht, an ihrer Seite zu bleiben. Nur Melchior, der erfahrene Psychologe, hilft ihr mit seiner Ausdauer, seinem Sarkasmus, mit Geduld und Fürsorge, ihr neues Leben anzunehmen.


Die Vorgesetzten Noémies, die baldmöglichst in den Polizeidienst zurück möchte, schieben sie in die Provinz ab: Noémie soll einen Monat im südfranzösischen Département Aveyron, genauer gesagt in Decazeville, eine ruhige Kugel schieben (und nebenbei herausfinden, ob das dortige Kommissariat geschlossen werden kann: Sparmaßnahmen stehen an!).

So trifft sie auf ihre zukünftigen Kollegen, für Paris "Dorfpolizisten", für den Leser wird jedoch schnell klar, dass auch im französischen Hinterland kriminalistischer Spürsinn vorhanden ist. Bousquet, Milk und Romain Valant sowie der dortige Commandant Roze, der kurz vor seiner Pensionierung steht, freuen sich, eine solch gestandene Polizistin aus Paris in ihren Reihen zu wissen, sichert dies doch die weitere Existenz ihrer Jobs und des Kommissariats in Decazeville; wenn auch Kriminalfälle sehr selten sind.


Doch ein Fischer findet eine Plastiktonne im Stausee, den es seit der Überflutung des alten Avalone seit 1994 gibt: Über den Inhalt erbricht er sich im nächsten Gebüsch: Ein zersetzter Leichnam, vermutlich der eines Kindes, findet sich im Inneren der Tonne, die in der Forensik untersucht wird: Handelt es sich etwa um eines der damals entführten drei Kinder, die seither spurlos verschwunden sind?


Da Noémie ihrem Beruf mit Leidenschaft und Herz nachgeht, rollt sie mit ihrem neuen Team Bousquet, Milk und Romain, der durch sein sonniges Gemüt besonders positiv auffällt, den "Cold Case" neu auf: Was hat es mit den verschwundenen Kindern auf sich? Was passierte damals während der Bauarbeiten des Stausees und kurz vor der Überflutung des alten Avalone, das entsprechend in der Nähe wieder aufgebaut wurde, die Menschen umgesiedelt wurden? Hat der Entführer Fortin die drei Kinder auf dem Gewissen, der dann ebenfalls spurlos verschwand?


Meine Meinung:


Olivier Norek hat einen sehr flüssigen, gut zu lesenden Schreibstil, der den Leser gleich abholt: Noémie, deren Verletztheit (physisch wie auch psychisch) während des ganzen Kriminalromans gefangen nimmt und die mit Hilfe eines Psychologen versucht, ihre Persönlichkeit so anzunehmen, wie sie jetzt ist, sich selbst zu mögen, trotz des entstellten Gesichts, hat mich zutiefst beeindruckt. Die Dialoge mit Melchior haben mich trotz der Schwere ihrer Verletzungen zuweilen sehr zum Schmunzeln gebracht, wie es auch an anderen Stellen nicht an Humor mangelte (entfernt erinnerte mich "la facon d'écrire" - der Schreibstil von Norek an meine Lieblingskrimiautorin, die ebenfalls Französin ist: Fred Vargas). Die Figuren und Hintergründe werden authentisch und nachvollziehbar beschrieben, besonders Noémie charakterlich sehr gut ausgeleuchtet: Sie ist lieber Kämpferin als Opfer und arbeitet daran, den Cold Case mit Erfolg abzuschließen, um Schlimmeres zu vermeiden (ihre Tätigkeit bei der Polizei ist ihr absolut wichtig) und evtl. sogar degradiert zu werden. Der "Fall" um das Verschwinden von Alex, Cyril und Elsa legt auch offen, durch welche Hölle Eltern gehen, deren Kind spurlos verschwunden ist oder entführt wurde. Wir lernen die Familien Dorin, Madame Saulnier und die Familie Casteran kennen, deren Leben auf die eine oder andere Weise im Jahre 1994 endete und die noch heute von dem Verlust und der Ungewissheit gezeichnet sind. Da auch die hinzugerufene Flussbrigade aus Paris unter dem erfahrenen Taucher Hugo Massey keine weiteren eindeutigen Beweise zutage fördert, trotz lebensgefährlicher Tauchgänge im See, wird der Stausee auf Weisung der Staatsanwaltschaft geleert: Nun wird sich zeigen, ob der See weitere Kinderleichen birgt - und auch, wer hier Blut an den Händen hat: Da Noémie, starrsinnig, stur und sehr vorsichtig in ihrem Job, in der weiteren Ermittlung niemandem trauen kann (es wurden mehrere Anschläge auf sie verübt), hält sie wichtige Informationen zunächst zurück, bis es zum shut down kommt, der absolut nicht vorhersehbar für mich war und mich überraschte.


Viele sozialkritische Aspekte habe ich in dem Krimi gefunden (z.B. wie ausländische Arbeitnehmer als Billigkräfte zum Hungerlohn schuften, Sékour war mit die tragischste Figur in diesem Krimi!; aber auch Rassismus, Ausgrenzung und auch Vorurteile der Städter gegenüber der Provinz: Trottel gibt es auch (in allen Diensten, nicht nur bei der Polizei) in Haupt- und Großstädten! Insofern ist der spannende, im Plot stimmige und sehr unterhaltsame Kriminalroman aus der Feder von Olivier Norek auch eine Hommage an das Aveyron im Herzen Frankreichs: Der Autor ist selbst dort aufgewachsen und daher "ortskundig". "Das versunkene Dorf" weckt in mir das Bedürfnis, diesen schönen französischen Landstrich, der mir selbst unbekannt ist, auch einmal sehen zu wollen!


Fazit:


Spannend, sozialkritisch, psychologisch raffiniert und auch humorvoll. Norek gelingt es, den Spannungsbogen bis zum Schluss zu halten; ein sehr lesenswerter Kriminalroman, dessen knifflige Lösung bis zum Schluss den Leser in Spannung hält. Gelungen! Kleiner Kritikpunkt: Ich bin sicher, dass Noémie (oder eine andere Person) viel längere Zeit benötigt, um nach einer Gesichtsentstellung wieder zu sich selbst zu finden. Ja stärker aus der Verletzung hervorzugehen, sich selbst wieder annehmen und lieben zu können, wie sie dies zuvor konnte. Dennoch eine Empfehlung und 4,5 Sterne am Krimifirmament!

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