Außergewöhnlich
Wicker KingSchon als kleine Kinder waren August und Jack befreundet, auch wenn sie in der Schule eher völlig unterschiedliche Freunde haben. August nach außen hin immer top gestylt und lässig, verbirgt dahinter einen ...
Schon als kleine Kinder waren August und Jack befreundet, auch wenn sie in der Schule eher völlig unterschiedliche Freunde haben. August nach außen hin immer top gestylt und lässig, verbirgt dahinter einen Jungen, der sich schon früh um alles kümmern muss, denn sein Vater hat sich scheiden lassen und seine Mutter ist depressiv und zu Hause ist das Geld immer knapp. Jack ist cool, beliebt, eine Sportskanone und mit dem hübschesten Mädchen der Schule zusammen. Doch was keiner, außer August, weiß, sind die Halluzinationen, unter denen Jack leidet. Von Tag zu Tag sind sie stärker und in dieser Fantasywelt ist er der King, der Wicker King und August ist sein treuer Ritter. August spielt dieses Spiel mit, auch um Jack zu beschützen, doch dabei verliert nicht nur Jack immer mehr den Bezug zur Realität.
Meine Meinung
Ganz zu Beginn möchte ich betonen, wie genial gestaltet dieses Buch doch ist. Allein der Schutzumschlag macht schon von Weitem neugierig, doch auch das Innere ist absolut ungewöhnlich. Nicht nur, dass man hier kleinere Mitteilungen oder Fotos aus dem Leben der Jungs zu sehen bekommt, nein, auch die Farbe der Seiten wechselt. Zunächst noch weiß, danach nimmt es immer mehr Grautöne an, bis hin zum Schwarzen, passend zu dem, wie die beiden Jugendlichen immer mehr in ihrer Welt verschwinden.
Doch trotz der Gestaltung fiel es mir gar nicht so leicht, in die Geschichte hineinzukommen, denn Kayla Ancrum schreibt schon sehr eigenwillig, wobei sie hier durchaus eine Wirkung erzielen möchte, ohne direkt zu werden. Beinahe nüchtern erzählt sie in sehr kurzen Kapiteln von den Ereignissen. Ich muss zugeben, dass ich lange Zeit nicht wusste, was die Autorin mir eigentlich sagen wollte, bzw. worauf sie hinaus wollte. Durch diese minimalistisch gehaltenen Kapitel fiel es mir zunächst schwer, in die Welt der beiden abzutauchen und ich fühlte mich von einer Szene in die nächste geworfen. Doch das Durchhalten und sich an diesen eigenwilligen Stil gewöhnen lohnt sich durchaus, denn auch wenn es gedauert hat, so kommt es doch auch immer mehr dazu, dass man beginnt zu verstehen, was hier eigentlich los ist.
In erster Linie geht es hier um August und Jack, die beiden Protagonisten der Geschichte. Diese beiden Siebzehnjährigen wirken auf den ersten Blick verschieden und doch sind sie es nicht, denn bei beiden ist es zur Gewohnheit geworden, dass sie sich um sich selbst kümmern müssen. August auf Grund der unter Depressionen leidenden Mutter, Jack unter Eltern, die durch Abwesenheit glänzen. Außer August merkt niemand, was mit Jack wirklich los ist und an dieser Stelle spürt man deutlich, dass auch August noch nicht reif genug ist, um mit Jacks Problem umzugehen. Auf den ersten Blick wirken beide Jungs ganz normal, doch eigentlich sind sie ohne Bezugsperson, niemand, der sie unterstützt oder zu ihnen hält, niemand, der wirklich für sie da ist.
Auch mit den Charakteren warm werden ist nicht ganz leicht, was zunächst daran liegt, dass man immer nur kurze Momentaufnahmen der Beiden bekommt. Doch auch hier gilt, weiterlesen und zwischen den Zeilen lesen, denn vor allem August konnte mich letzten Endes berühren. Jack blieb mir da eher fremd, denn seine Art ist nicht immer leicht und ich hätte durchaus verstehen können, wenn auch August sich abgewandt hätte.
Neben Jack und August gibt es noch diverse Nebencharaktere, wobei es schon auffällig war, dass es auch hier eher die Jugendlichen waren, die eine Rolle in der Entwicklung der Geschichte spielten. Es wirkte schon fast so, als gäbe es hier gar keine Vertrauenspersonen.
Mein Fazit
Zunächst verwirrend, fast schon unnahbar wirkend und definitiv völlig anders erzählt Kayla Acrum hier eine Geschichte, von der ich beinahe das Gefühl hatte, nicht nur Fiktion zu lesen. Letzten Endes bin ich mir gar nicht so sicher, ob diese Geschichte wirklich ein Jugendbuch ist, denn durch diesen ungewöhnlichen Stil hat es auch einen gewissen Anspruch und ist mit Sicherheit nicht jedermanns Geschmack. Aber vielleicht unterschätze ich hier auch Jugendliche und es gibt einige, die sich in Augusts und Jacks Geschichte wiederfinden können. Man ist hier durchaus auch gezwungen, einmal zwischen den Zeilen zu lesen, denn die Botschaft hinter der Geschichte ist wichtig.